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OGH vom 30.01.1989, 10Ob519/87

OGH vom 30.01.1989, 10Ob519/87

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier, Dr. Angst, Dr. Bauer und Dr. Kellner als weitere Richter in der Abhandlungssache nach der am verstorbenen Hermine P***, Pensionistin, zuletzt 8010 Graz, Lessingstraße 6, infolge Revisionsrekurses des Siegfried N***, Kaufmann, und der Maria N***, Hausfrau, beide 8010 Graz, Liebiggasse 17, beide vertreten durch Dr. Hans Wulz, öffentlicher Notar in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom , GZ 3 R 84/87-51, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 13 A 184/79-48, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die am verstorbene Hermine P*** war ua Eigentümerin der Liegenschaft EZ 5 KG Jakobsberg.

In ihrem Testament vom setzte sie ihre Tochter, Maria N***, zur Erbin ein. Deren Ehegatten, Siegfried N***, vermachte sie 65,005 % ihrer Einlage als Komplementärin der Fa I K K***, Josef H***s Erben und bestimmte, daß dieser Legatar als persönlich haftender Gesellschafter an dieser Fa beteiligt sein sollte. Hinsichtlich der Liegenschaft EZ 5 KG Jakobsberg enthält das Testament unter III/2 folgende Bestimmung:

(Meine Tochter.....Maria N***.....erbt) "die Liegenschaft in Jakobsberg.....mit der fideikommissarischen Substitution, daß diese Liegenschaft nach dem Ableben meiner Tochter Maria N*** dem jeweiligen Komplementär bzw Majoritätsinhaber der Fa I K K*** zufallen soll und mit der weiteren Auflage, daß diese als ständige Erholungsstätte für die Angestellten der Fa zu dienen hat, wobei die Räume im ersten Stock vorwiegend der Geschäftsleitung zur Verfügung stehen sollen. Das auf der Liegenschaft befindliche Haus soll nach meinem Ableben den Namen "Professor Dr. P***-H***" führen. Mein Wunsch geht dahin, daß die Liegenschaft Jakobsberg in gutem Erhaltungszustand, besonders der Häuser, verbleibt."

Mit Beschluß vom ON 6 wurde der auf Grund des Testamentes unbedingt erbserklärten Maria N*** die Besorgung und Verwaltung ua der Liegenschaft EZ 5 KG Jakobsberg überlassen. Maria und Siegfried N*** schlossen ein "Erbübereinkommen", in dem Siegfried N*** der Erbin die ihm auf Grund des Testamentes zufallenden 65,005 % Anteile an der Fa überließ und Maria N*** als Kommanditistin in diese Fa eintrat. Weil die mehrfach erwähnte Liegenschaft nach dem Willen der Erblasserin dem jeweiligen Komplementär bzw Geschäftsführer der Fa zufallen soll, überließ Maria N*** diese Liegenschaft Siegfried N*** als Komplementär und Geschäftsführer der Fa. Dieser nahm den oben zit Punkt III/2 des Testamentes und auch zur Kenntnis, "daß sein Eigentumsrecht durch die im Testament zu Gunsten der persönlich haftenden Gesellschafter oder der Majoritätsinhaber der Fa.....angeordnete fideikommissarische Substitution beschränkt ist und daß diese Beschränkung sohin auf ihn als Legatar übergeht."

Dieses der Abhandlung zugrunde gelegte "Erbübereinkommen" wurde mit Beschluß vom ON 19 "verlaßbehördlich" genehmigt. Mit Einantwortungsurkunde vom ON 20 wurde der Nachlaß der unbedingt erbserklärten Testamentserbin Maria N*** zur Gänze "unter Hinweis auf das außergerichtlich vor der Einantwortung getroffene Erbübereinkommen vom " eingeantwortet. Mit Amtsbestätigung vom ON 21 wurde auf Grund des in der letztwilligen Verfügung vom enthaltenen Legates in Verbindung mit dem Erbübereinkommen vom " bestätigt, daß das Eigentumsrecht an der in den Nachlaß gehörigen Liegenschaft EZ 5 KG Jakobsberg mit der Beschränkung durch die im Testament der Hermine Juliane P*** vom zu Gunsten des jeweiligen Komplementärs bzw Majoritätsinhabers der Fa I K K***, Josef H***s Erben angeordneten fideikommissarischen Substitution für den Vermächtnisnehmer Siegfried N*** einverleibt werden kann.

Am schlossen die Ehegatten Siegfried und Maria N*** ein "Übereinkommen", in dem sie ua erklärten, daß die in der erwähnten Amtsbestätigung vom verfügte Beschränkung der fideikommissarischen Substitution zugunsten des jeweiligen Komplementärs bzw Majoritätsinhabers der Fa I K K*** hinsichtlich des Komplementärs, Siegfried N***, durch Zusammenfallen von Recht und Pflicht untergegangen sei, während die Majoritätsgesellschafterin, Maria N***, auf die Ausübung dieses Rechtes für sich und ihre Erben, insbesondere ihre Rechtsnachfolger im Besitz ihrer Gesellschaftsanteile ausdrücklich verzichte, weshalb sie und der Komplementär für sich und ihre Rechtsnachfolger dahin übereinkommen, dieses Substitutionsband aufzuheben und daher auch auf die Eintragung deselben zu verzichten. Dieser Vertrag bedürfe zwar grundsätzlich keiner behördlichen Genehmigung, werde jedoch unter der auflösenden Bedingung seiner "nichtsubstitutionsbehördlichen Genehmigung" abgeschlossen. Mit in Notariatsaktsform errichtetem Ehepakt samt Erbvertrag und wechselseitigem Testament vom vereinbarten Siegfried und Maria N*** über die Liegenschaft EZ 5 KG Jakobsberg eine partielle Gütergemeinschaft und ein wechselseitiges Belastungs- und Veräußerungsverbot und beriefen einander wechselseitig zu Alleinerben ihres gesamten Vermögens, und zwar zu 3/4 kraft des Erbvertrages und zu 1/4 kraft des wechselseitigen Testamentes. Am beantragten Siegfried und Maria N***, ihr Übereinkommen vom substitutionsbehördlich zu genehmigen, wobei sie die Meinung vertraten, falls nicht ohnehin ein Zusammenfall von Vor- und Nacherbschaft vorliege, hätten Vor- und Nacherbe die fideikommissarische Substitution einvernehmlich aufgehoben, so daß sie erloschen sei. Überdies hätten sie ihre ausdrückliche Einwilligung zur Löschung des Substitutionsbandes erteilt (ON 38).

Dieser Antrag wurde den Einschreitern zunächst zur Beachtung des Umstandes zur Verbesserung zurückgestellt, daß derzeit nicht gesagt werden könne, wer bei Eintritt des Nacherbfalles (Tod von Siegfried N***) Komplementär und Mehrheitsgesellschafter der mehrfach genannten Fa und daher Nacherbe sein werde.

Mit am in Notariatsaktsform errichtetem Nachtrag zu den Ehepakten (samt Erbvertrag und wechselseitigem Testament) vom vereinbarten Siegfried und Maria N*** für den Scheidungsfall anstelle der im § 1266 ABGB festgestellten Bestimmung und ohne einer Teilung des sonstigen Gebrauchsvermögens iS der §§ 81 ff EheG und bzw oder einer Alimentationsregelung vorzugreifen, daß das Aufgriffsrecht Maria N*** mit der Maßgabe zur Ausübung zusteht, daß sie verpflichtet ist, ihrem weichenden Ehegatten den Nettoschätzwert seiner Liegenschaftshälfte zu zahlen. Dieses Aufgriffsrecht wurde auch auf die Geschäftsanteile bzw Vermögenseinlage Siegfried N***s an der KG I K K*** ausgedehnt. In einem solchen Fall werde Maria N*** Alleineigentümerin der EZ 5 KG Jakobsberg und Mehrheitsgesellschafter der genannten Fa und nach Inkrafttreten der mit allen übrigen Kommanditisten abgeschlossenen Abtretungsverträge auf den Todesfall vom Alleineigentümerin der KG. Sollte das vereinbarte Aufgriffsrecht nicht innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Berechtigung in Anspruch genommen werden, verpflichteten sich die Ehegatten, die genannten KG innerhalb eines weiteren Jahres zu liquidieren und die Aufteilung des Erlöses in Entsprechung der gesetzlichen Vorschriften über die KG vorzunehmen.

Unter Vorlage dieses Nachtrages wiederholten Siegfried und Maria N*** am den am gestellten Antrag (ON 40). Dabei vertraten sie die Meinung, daß die im Testment angeordnete fideikommissarische Substitution unwirksam, jedenfalls aber erloschen sei.

Auch am wiederholten sie ihre Rechtsansicht, daß gar keine Substitution vorliege (ON 44).

Das Erstgericht wies den Antrag der Erbin Maria N*** und des Vermächtnisnehmers Siegfried N*** auf substitutionsbehördliche Genehmigung des zwischen ihnen geschlossenen Übereinkommens vom einschließlich der damit zusammenhängenden Notariatsakte vom , und auf Aufhebung der fideikommissarischen Substitution und Löschung der diesbezüglichen Beschränkung im Grundbuch BG Neumarkt EZ 5 KG Jakobsberg ab.

Nach Ansicht des Erstgerichtes seien die Behauptungen der unverständlichen bzw unmöglichen Bedingung iS der §§ 697 und 712 ABGB nach der rechtskräftigen Einantwortung verspätet. Hinsichtlich des Übereinkommens vom und der damit zusammenhängenden Verträge könne die Aufhebung des Substitutionsbandes nicht genehmigt werden, weil diese Verträge nicht unauflöslich und unwiderruflich seien. Deshalb könne nicht gesagt werden, wer zur Zeit des Substitutionsfalles Majoritätseigentümer und Komplementär der Fa I K K*** und damit Nacherbe sein werde. Maria N*** könnte den Substitutionsfall nicht erleben, so daß derzeit nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden könne, daß sie die Nacherbin sein werde. Deshalb könne sie auch keinen Verzicht abgeben.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Die fideikommissarische Substitution sei zulässig. Der Nacherbe sei auch dann bestimmt eingesetzt, wenn seine Person im Zeitpunkt des Anfalles bestimmbar sei.

Diesbezügliche Zweifel würden durch Auslegung zu klären sein. Die Erlöschungsgründe einer fideikommissarischen Substitution seien im § 615 ABGB nicht erschöpfend aufgezählt. Die Nacherbschaft ende etwa auch, wenn sie Vorerbe und Nacherbe einvernehmlich aufheben, wobei jedoch alle möglichen Nacherben zustimmen müßten. Das Verlassenschaftsgericht habe zwischen der Einantwortung des Nachlasses und dem Eintritt des Substitutionsfalles als Substitutionsbehörde die allfällige Aufhebung des Substitutionsbandes zu genehmigen, wobei sich die Prüfung im allgemeinen darauf zu beschränken habe, ob alle diese Nacherben zugestimmt haben. Derzeit sei Maria N*** iS des Testamentes Majoritätsinhaber, Siegfried N*** hingegen Komplementär der Fa I K K***. Wer aber eine oder beide dieser Rechtsstellungen zur Zeit des Todes Maria N***s einnehmen werde, sei derzeit selbst mit Rücksicht auf die zwischen den Rekurswerbern getroffenen Vereinbarungen ungewiß. Bei der Beteilung ungewisser Nacherben sei die gerichtliche Genehmigung nur zu erteilen, wenn die Veräußerung oder Belastung den Interessen dieser Anwärter nicht widerstreite. Nun liege auf der Hand, daß der ungewisse Nacherbe, der zum Zeitpunkt des Todes der Vorerbin die Stellung eines "Komplementärs bzw Majoritätsinhabers" haben werde, - eine nachträgliche Auslegung dieses Begriffes sei der Substitutionsbehörde versagt - durch die Beseitigung seines aufschiebend bedingten Erbrechtes jedenfalls als beschwert anzusehen sei.

Dagegen richtet sich der mit offenbarer Gesetzwidrigkeit begründete außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, die vorinstanzlichen Entscheidungen "aufzuheben und das Übereinkommen vom substitutionsbehördlich zu genehmigen", richtig also, den angefochtenen Beschluß in diesem Sinne abzuändern.

Durch die Einsetzung des "jeweiligen" Komplementärs bzw Majoritätsinhabers würde eine immerwährende Substitution angeordnet, was gegen § 612 S 2 ABGB verstoße. Eine solche Einsetzung wäre ungültig, weshalb der wahre Wille der Erblasserin zu erforschen gewesen wäre. Nacherbe sollte jene Person sein, die am Todestag des Vorerben Komplementär oder Majoritätsinhaber der Fa ist. Deshalb sei § 149 AußStrG verletzt. Die Meinung des Rekursgerichtes, es genüge, daß der Nacherbe bestimmbar sei, gelte nur, wenn es sich um bestimmbare Personen eines bestimmten Personenkreises handle und verstoße daher gegen die §§ 564, 565 und 608 ABGB. Sei ein erblasserischer Wille nicht erweislich, gelte für die terminisierte Nacherbfolge § 615 Abs 2 iVm § 551 ABGB. Läge eine "zweifelhaft" ausgedrückte Substitution vor, dann wäre durch die Auslegung § 614 ABGB verletzt. § 615 ABGB sei auch durch die Annahme verletzt, daß seine Aufzählung nicht taxativ sei. Auch die §§ 547 und 551 ABGB seien nicht beachtet worden.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig. Bei der im Punkt III/2 des Testamentes vom getroffenen Anordnung, daß die der Tocher vererbte Liegenschaft EZ 5 KG Jakobsberg nach dem Ableben der Erbin dem "jeweiligen Komplementär bzw Majoritätsinhaber der Fa I K K***" zufallen soll, handelt es sich um eine - im Testament zutreffend als solche bezeichnete - fideikommissarische Substitution.

Weil diese Anordnung nur eine einzelne Nachlaßsache betrifft, liegt ein "uneigentliches Nachlegat" vor, für das sinngemäß § 652 ABGB gilt. Danach kann der Erblasser auch bei einem Vermächtnis eine gemeine oder fideikommissarische Substitution anordnen, wobei die im Zehnten Hauptstück des ABGB ("Von Nacherben") gegebenen Vorschriften anzuwenden sind. Die Rechtsstellung des Erben entspricht in einem solchen Fall der eines Vorlegatars (SZ 24/227; EvBl 1957/347 und 1967/234; NZ 1983, 126 und 1985, 188; Welser in Rummel ABGB Rz 4 zu § 652). Wenn es sich um eine unbewegliche Sache handelt, ist das Substitutionsband von Amts wegen zu verbüchern (RZ 1967, 164; Welser aaO Rz 7 zu § 652). Mit dem Eintritt des Substitutionsfalles hat der Nachlegatar gegen den Vorlegatar oder dessen Erben einen schuldrechtlichen Herausgabeanspruch (Weiß in Klang2 III 522 f; Welser aaO Rz 8 zu § 652).

§ 565 ABGB, nach dem der Wille des Erblassers bestimmt sein muß, bedeutet nicht, daß die Person des Erben oder Legatars - hier des uneigentlichen Nachlegatars - namentlich bezeichnet sein muß. Es genügt ihre Bestimmbarkeit. Auch diese muß nicht schon bei der Errichtung der letztwilligen Verfügung sondern erst beim Anfall gegeben sein. Nur ganz unbestimmte oder in sich ganz widersprüchliche Anordnungen, die durch Auslegung nicht klärbar sind, sind ungültig (EvBl 1980/59; EvBl 1986/175 = JBl 1986, 379; Welser aaO Rz 5, 7 zu §§ 564, 565 mw Judikaturhinweisen). Auch wenn es sich bei dieser Person um keinen "Zeitgenossen" iS der §§ 611 und 612 ABGB handeln sollte, würde dies nicht gegen den

2. Satz der letztzitierten Bestimmung verstoßen, weil danach die fideikommissarische Substitution bei unbeweglichen Gütern jedenfalls für den ersten Grad gilt.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich auch, daß von einem offenbaren Verstoß gegen den die Auslegung einer zweifelhaft ausgedrückten Substitution regelnden § 614 ABGB und gegen den die Erlöschungsarten der Substitution regelnden § 615 ABGB keine Rede sein kann.

Die Rechtsmittelausführungen zum angeblichen Verzicht des uneigentlichen Nachlegatars gehen daran vorbei, daß dessen Person erst im Zeitpunkt des Todes der unechten Vorlegatarin bestimmt werden kann.

Damit erweist sich der außerordentliche Revisionsrekurs mangels der darin behaupteten offenbaren Gesetzwidrigkeiten als iS des § 16 Abs 1 AußStrG unzulässig, weshalb er zurückzuweisen war.