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OGH vom 17.10.1996, 8Ob2140/96f

OGH vom 17.10.1996, 8Ob2140/96f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton G*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Wolfram Themmer ua Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Gerhard K*****, 2. Johann R*****, 3. Eva K*****, 4. Gertraude H*****, alle vertreten durch Dr.Wilhelm Frysak, Rechtsanwalt in Wien, wegen Duldung und Feststellung sowie Zahlung von S 20.000,--, infolge außerordentlicher Revision des Erstbeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 41 R 1162/95a-18, womit infolge Berufung des Klägers das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom , GZ 7 C 1720/93b-14, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision des Erstbeklagten wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird in seinem Punkt 4 b) dahin abgeändert, daß Punkt 1 d) des Urteils des Erstgerichtes insgesamt wiederhergestellt wird.

Der Kläger ist schuldig, dem Erstbeklagten die mit S 6.001,25 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.980,-- Barauslagen und S 607,21 USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Erstbeklagte ist Miteigentümer der gegenständlichen Liegenschaft; der Kläger und der Zweitbeklagte sind Mieter je einer Wohnung in dem auf dieser Liegenschaft gelegenen Haus, hinter dem sich eine über den Gang des Hauses erreichbare Hof- und Gartenfläche befindet.

Der Kläger begehrte unter anderem, den Erstbeklagten zur Zahlung eines Betrages von S 20.000,-- sA, in eventu, zur Aufstellung einer der ausschließlichen Benützung durch den Kläger offenstehenden Gartenhütte im Garten des Hauses, in eventu, zur Einräumung der ausschließlichen Benützung der auf der gegenständlichen Liegenschaft befindlichen Gartenhütte zu verpflichten. Der Kläger brachte vor, er habe im Jahre 1958 eine Holzhütte, die im Garten des Hauses gestanden sei, erworben. Seit damals habe er sie zur Aufbewahrung seines Werkzeuges sowie zur Einstellung seines Fahrrades verwendet und neben der Hütte eine Holzbank aufgestellt. Dadurch sei zumindest schlüssig das vom Kläger in Bestand genommene Objekt auch auf das Recht erstreckt worden, im Garten eine Gartenhütte aufzustellen und zu benutzen. Am habe der Erstbeklagte die Gartenhütte, deren Wiederbeschaffungswert S 20.000,-- betrage, zerstört und dem Kläger und anderen Personen die Benützung des Gartens dadurch verwehrt, daß er einen Holzzaun errichtet habe. Die Hof- und Gartenfläche habe der Erstbeklagte an den Zweitbeklagten vermietet.

Der Erstbeklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte unter anderem ein, daß die vorliegende Klage gegen sämtliche Miteigentümer der Liegenschaft als notwendige Streitgenossen zu richten gewesen wäre; durch die Verbindung mit den gegen die übrigen Miteigentümer eingebrachten gesonderten Klagen werde keine einheitliche Streitgenossenschaft begründet.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren sowie die Eventualbegehren ab. Das Schadenersatzbegehren sei mangels Eigentumsnachweises des Klägers nicht berechtigt. Die auf das behauptete Bestandrecht des Klägers an der Gartenfläche und der Gartenhütte gegründeten Eventualbegehren müßten gegen alle Miteigentümer als einheitliche Streitgenossen geltend gemacht werden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge und änderte das Urteil des Erstgerichtes unter anderem dahin ab, daß es dem Eventualbegehren, der Erstbeklagte sei schuldig, dem Kläger die ausschließliche Benützung einer im Garten der gegenständlichen Liegenschaft befindlichen Gartenhütte einzuräumen, stattgab. Durch jahrelange, unwidersprochen gebliebene Benützung der Hof- und Gartenfläche und der Holzhütte sei es zu einer stillschweigenden Erweiterung des Mietrechtes des Klägers gekommen. Der Erstbeklagte habe durch sein Verhalten die ihm obliegenden Pflichten aus dem Bestandvertrag verletzt. Mit seinem Eventualbegehren strebe der Kläger die Zuhaltung des Vertrages durch den Erstbeklagten an; bei Geltendmachung derartiger Ansprüche aus dem Bestandvertrag sei § 14 ZPO nicht anzuwenden.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Erstbeklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es in Punkt 4

b) im Sinne der Wiederherstellung des Urteils erster Instanz abzuändern.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß für einen unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streit, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrages entschieden wird, gemäß § 502 Abs 3 Z 2 ZPO die Revisionsbeschränkung des Abs 2 dieser Bestimmung nicht gilt. Der Zweck dieser Ausnahmsbestimmung liegt darin, Entscheidungen über das Dauerschuldverhältnis selbst unabhängig von jeder Bewertung für revisibel zu erklären (RZ1991/21; Kodek in Rechberger Komm ZPO § 502 Rz 2), und zwar auch dann, wenn es um die Frage geht, wieweit das Gebrauchsrecht an einem bestimmten Bestandobjekt reicht (5 Ob 512, 1542/93; 1 Ob 2124/96 a) oder wenn sich der Streit nicht auf den Gesamtbestandgegenstand, sondern nur auf Teilflächen beschränkt (6 Ob 626/92). Das auf Einräumung der ausschließlichen Benützung der gegenständlichen Gartenhütte gerichtete Eventualbegehren zielt auf die Klärung der Frage ab, wieweit das Gebrauchsrecht des Klägers am gegenständlichen Bestandobjekt reicht; die Entscheidung des Berufungsgerichtes über dieses Eventualbegehren ist daher gemäß § 502 Abs 2 Abs 3 Z 2 ZPO unabhängig von einer Bewertung revisibel. Da das Berufungsgericht nach rechtskräftiger Abweisung des Hauptbegehrens über das unter diese Ausnahmsbestimmung fallende Eventualbegehren abzusprechen hatte, ist die Revision unabhängig davon, ob dies auch für das Hauptbegehren zutraf, jedenfalls zulässig (SZ 27/238; 5 Ob 577/78; 2 Ob 526/79; 6 Ob 1001/87).

Die außerordentliche Revision ist in diesem Umfang auch zulässig, weil das Berufungsgericht bei der Entscheidung über dieses Eventualbegehren von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist.

Während das von den Vorinstanzen rechtskräftig abgewiesene Begehren (Punkt 4 a) des Urteils des Berufungsgerichtes) auf Schadenersatz für die Zerstörung der Gartenhütte durch den Erstbeklagten darauf gegründet wurde, daß der Kläger Eigentum an der Hütte erworben habe, wurden die Eventualbegehren, der Erstbeklagte sei schuldig, im Garten des gegenständlichen Hauses eine Gartenhütte aufzustellen, die der ausschließlichen Benützung durch den Kläger offenzustehen habe, sowie, der Erstbeklagte sei schuldig, dem Kläger die ausschließliche Benützung der im gegenständlichen Objekt befindlichen Gartenhütte einzuräumen (Punkt 4 b) des Urteils des Berufungsgerichtes), aus der konkludenten Erweiterung des Bestandrechtes des Klägers durch Duldung der Benützung der Gartenhütte abgeleitet. Da sich der Kläger nicht etwa auf eine ihm nur vom Erstbeklagten erteilte, lediglich inter

partes wirksame Zusage beruft (MietSlg 21.155; SZ 45/49 = EvBl

1972/270 = JBl 1973, 48; 8 Ob 518/76), sondern eine gegenüber allen

Miteigentümern der Liegenschaft wirksame konkludente Erweiterung des Bestandrechtes behauptet, kann er diesen Anspruch nur gegen alle dieses Bestandrecht bestreitenden Miteigentümer als notwendige Streitgenossen geltend machen (siehe MietSlg 35.746; 4 Ob 572/95). Da die Verbindung mehrerer Prozesse zur gemeinsamen Verhandlung im Sinne des § 187 ZPO keine Streitgenossenschaft begründet (siehe ImmZ 1978, 171; SZ 51/4), ist die Sache im Sinne der Abweisung des Begehrens laut Punkt 4 b) sowie des weiteren Eventualbegehrens, der Erstbeklagte sei schuldig, im Garten des Hauses eine Gartenhütte aufzustellen, die der ausschließlichen Benützung durch den Kläger offenzustehen habe, und damit im Sinne der Wiederherstellung vom Punkt 1 d) des Urteils des Erstgerichtes spruchreif, ohne daß es einer Erörterung der vom Revisionswerber gegen die Exequierbarkeit des vom Berufungsgericht zuerkannten Eventualbegehrens geäußerten Bedenken bedürfte.

Eine Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichtes über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz konnte unterbleiben, weil das Berufungsgericht bei seiner Kostenentscheidung das teilweise Unterliegen des Erstbeklagten als geringfügig außer acht gelassen und ihm sowie den mit gesonderter Klage belangten, als dritt- und viertbeklagte Partei bezeichneten übrigen Miteigentümern die Kosten unter Zugrundelegung eines gänzlichen Unterliegens des Klägers mit den gegen diese Parteien erhobenen Klagebegehren zuerkannt hat.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahren beruht auf den §§ 41, 50 ZPO, wobei Kosten nur auf Basis eines Streitwertes von S 20.000,-- zuzuerkennen waren.

Fundstelle(n):
VAAAD-77477