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VfGH vom 14.03.2013, B1037/11

VfGH vom 14.03.2013, B1037/11

19741

Leitsatz

Verletzung der Versammlungsfreiheit durch Untersagung einer Versammlung gegen den Ball des Wiener Korporationsringes 2011; vorbeugendes Versammlungsverbot auf Grund eines Risikos von Auseinandersetzungen nicht verfassungskonform

Spruch

I. Die beschwerdeführende Partei ist durch den ange fochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt worden. Der Bescheid wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesministerin für Inneres) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.400,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exe kution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Mit Eingabe vom zeigte die "Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der Universität Wien" (im Folgenden: ÖH Uni Wien), vertreten durch ihre Vorsitzende, der Bundespolizeidirektion Wien die beabsichtigte Abhaltung einer Versammlung anlässlich des Balls des "Wiener Korporationsrings" (im Folgenden: WKR) am in der Hofburg an. Wörtlich lautete die Versammlungsanzeige – auszugsweise – wie folgt:

"Ort: Sigmund-Freud-Park, 1010 Wien

Datum:

Beginn: 18:00 Uhr

Voraussichtliches Ende: 22:00 Uhr

Veranstaltungshilfsmittel: Transparente, Infotische, Megaphone, Musikanlage, Regenschutz etc."

Daraufhin erging am Nachmittag des eine Ladung der Bundespolizeidirektion Wien an die ÖH Uni Wien für den um 9.00 Uhr.

Am Abend des kam es zwischen 21.00 und 21.55 Uhr zu einem unangemeldeten Demonstrationszug in der Wiener Innenstadt.

Am fand in der Zeit von 9.00 bis 9.15 Uhr jene Besprechung mit einer Vertreterin der ÖH Uni Wien statt, zu der die Bundespolizeidirektion Wien am Vortag geladen hatte. Der dabei verfassten, im beigeschafften Verwaltungsakt enthaltenen Niederschrift ist – auszugsweise – Folgendes zu entnehmen:

"Mir [Anm.: die Vertreterin der ÖH Uni Wien] wird zur Kenntnis gebracht, dass auf Grund der gewalttätigen Ausschreitungen anlässlich einer unangemeldeten Versammlung am beabsichtigt ist[,] die angemeldete Versammlung zu untersagen. Des Weiteren bestehen Aufrufe im Internet[,] für diese angemeldete Kundgebung 'gewaltbereite Proteste' durchzuführen. Es ist daher eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu befürchten.

Dazu gebe ich an:

Ich finde es sehr schade, dass das Versammlungsrecht nicht berücksichtigt wird[;] von Seiten der ÖH [Uni Wien] war beabsichtigt[,] eine friedliche Kundgebung durchzuführen."

2. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom wurde die für den Abend desselben Tages angezeigte Versammlung der ÖH Uni Wien gemäß § 6 Versammlungsgesetz 1953, BGBl 98 (WV), idF BGBl I 127/2002 (im Folgenden: VersammlungsG) iVm Art 11 Abs 2 EMRK untersagt und gemäß § 64 Abs 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen.

3. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien mit Bescheid vom keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Begründet wird die Untersagung wörtlich – im Wesentlichen – wie folgt:

"In dem angefochtenen Bescheid wurde die angezeigte Versammlung […] im Wesentlichen mit der Begründung untersagt, dass am selben Tag der 58. Ball des WKR in der Hofburg stattfinde, bei dem mehrere tausend Gäste erwartet würden. Diese Veranstaltung sei bereits in den Jahren 2008, 2009 und 2010 Ziel von teilweise gewalttätigen Protesten gewesen, die von Teilnehmern aus dem linken und linksextremen Lager ausgegangen seien.

Auch gegen den am abgehaltenen Ball gab es im Vorhinein zahlreiche Aufrufe im Internet. […] Geplant war, sich am um 18:00 Uhr am Praterstern zu sammeln.

Bereits am Vorabend, dem [,] versammelten sich ca. 100 zum Teil vermummte Personen am Stephansplatz […]. Diese Kundgebung setzte sich in Richtung Graben/Kohlmarkt in Bewegung und skandierte 'Alerta, alerta, antifaschista!' oder 'Wir demonstrieren, wo wir wollen!'. Der Zug bahnte sich seinen Weg über die Bognergasse zur Freyung. Dort kam es bei einem Mistkübel zu starker Rauchentwicklung. Auf der Kreuzung Schottengasse/Schottenring wurde auf der Fahrbahn ein Brandsatz gezündet. Der Demonstrationszug marschierte über die Universitätsstraße zur Landesgerichtsstraße. Bei Erreichen der Lichtenfelsgasse wurden Einsatzfahrzeuge der Polizei mit Eisbrocken beworfen. In weitere[r] Folge liefen die teilweise vermummten Kundgebungsteilnehmer über den Rathausplatz zum Dr.-Karl-Renner-Ring, wo gegen ein ziviles Einsatzfahrzeug der Polizei, welches durch das eingeschaltete Blaulicht zu erkennen war, ein Brandsatz geworfen wurde. Daraufhin wurde diese Versammlung um 21:49 Uhr vom Behördenvertreter der Bundespolizeidirektion Wien aufgelöst. Dennoch zerstreuten sich die Kundgebungsteilnehmer nicht, sondern marschierten in Richtung Schottentor weiter und warfen auch dort mit Steinen auf Polizeifahrzeuge. Bei der U-Bahn-Station Schottentor wurde ein weiterer Brandsatz entzündet und auch ein weiterer Mistkübel in Brand gesteckt[,] bis sich schließlich die Kundgebung gegen 21:55 Uhr auflöste.

Dem Verwaltungsakt war zu entnehmen, dass auch aus Graz ein Bus Kundgebungsteilnehmer nach Wien transportieren hätte […] sollen. Ein Teilnehmer informierte am abends per Email die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark, da er erfahren habe, dass andere Teilnehmer Sprengsätze oder Molotowcocktails anlässlich der für den angekündigten Kundgebung in Wien hätten zünden wollen.

Am wurde von der Erstbehörde mit der Vertreterin der BW, Frau J[…] K[…], eine Besprechung geführt. Ihr wurde vom Behördenvertreter bekannt gegeben, dass aufgrund der Vorfälle vom Vortag bzw. der Vorgeschichte zu den Korporationsbällen aus den Vorjahren beabsichtigt sei, die von der ÖH Uni Wien angemeldete Versammlung zu untersagen. Die Vertreterin der ÖH gab ihr Bedauern über die geplante Vorgangsweise der Erstbehörde zum Ausdruck, da diese eine friedliche Kundgebung hätte abhalten wollen.

Daraufhin wurde mit Bescheid vom die für denselben Tag angemeldete Versammlung der ÖH Uni Wien untersagt.

In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid fristgerecht eingebrachten Berufung brachte die BW, nunmehr rechtsfreundlich vertreten[,] vor, dass seitens der Erstbehörde die Interessensabwägung zwischen den öffentlichen Interessen und dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit mangelhaft und somit fehlerhaft sei.

Die BW bestritt[,] dass die von der Erstbehörde dargestellten Ausschreitungen in den Jahren 2008 bis 2010 im Zusammenhang mit Versammlungen standen, welche von der BW angemeldet worden seien. Sie bestritt auch, dass die BW für die Ausschreitungen im Vorjahr in auch nur irgendeiner Weise verantwortlich gewesen sei. Darüber hinaus betonte die BW, dass die Untersagung der Demonstration im Jahr 2010 erst zu den massiven Ausschreitungen geführt habe. Als nicht nachvollziehbar bezeichnete die BW, dass die am erfolgten Ausschreitungen in einem Zusammenhang mit dem für den Folgetag anberaumten Wiener Korporationsball gestanden haben.

Hierzu hat die erkennende Behörde erwogen:

Gemäß Art 11 Abs 1 EMRK haben alle Menschen das Recht, sich friedlich zu versammeln. Nach Abs 2 dieser Bestimmung darf die Ausübung dieser Rechte keinen anderen Einschränkungen unterworfen werden, als de[n] vom Gesetz vorgesehenen, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen und öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten andere[r] notwendig [sind].

Paragraph 6 des Versammlungsgesetzes normiert: 'Versammlungen, deren Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft oder deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet, sind von der Behörde zu untersagen.'

Die Behörde ist hierzu jedoch nur dann ermächtigt, wenn dies aus einem der in Artikel 11 Abs 2 EMRK genannten Gründe notwendig ist. Die Behörde hat, wenn sie eine Untersagung der Versammlung in Betracht zieht, die Interessen des Veranstalters an der Abhaltung der Versammlung in der geplanten Form gegen die in Artikel 11 Abs 2 EMRK aufgezählten öffentlichen Interessen am Unterbleiben der Versammlung abzuwägen (vgl. VfSlg 10.443/85). Ob die Abhaltung der Versammlung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährden werde, hat die Behörde aufgrund von konkret festgestellten, objektiv erfassbaren Umständen mit einer Prognoseentscheidung zu beurteilen. Hierbei kommt es auch nicht auf die Absichten des Veranstalters, sondern auf den tatsächlich zu erwartenden Geschehensablauf an (vgl. RGSlg 78/1875).

Ergibt die behördliche Überprüfung, dass Gründe im Sinne des § 6 VersG vorliegen, so liegt die Untersagung nicht im Ermessen der Behörde[;] vielmehr ist sie verpflichtet, die bescheidmäßige Untersagung vorzunehmen (vgl. VfSlg 254/19[23], VfSlg 4885/1964)[.]

Die Erstbehörde hat dazu erhoben:

Bereits am wurde [eine Versammlung] unter dem Titel 'Antinationale Demo zum WKR-Ball [ –] Jedes Jahr die selbe Scheiße' bei der Erstbehörde angemeldet, welche ebenfalls am stattfinden hätte sollen. Der Anmelder rechnete mit der Teilnahme von 400 Personen.

Aufgrund der Gefährdungseinschätzung des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung war mit einer gewaltbereiten Grundstimmung seitens eines Teils der potentiellen Teilnehmer zu rechnen und [waren] auch wie in den Vorjahren Ausschreitungen zu erwarten […]. Daraufhin teilte die Erstbehörde diesem Anmelder mit, dass geplant sei, diesen Demonstrationszug mit Rücksicht auf die öffentliche Sicherheit zu untersagen. Daraufhin zog der Anmelder die Anmeldung des Demonstrationszuges am zurück. De[r] Vorschlag der Erstbehörde, eine Versammlung im Sigmund-Freud-Park abzuhalten, wurde vom Anmelder nicht angenommen.

Diese dem Anzeiger mitgeteilte Vorgangsweise wurde daraufhin in diversen Internetforen umgehend publik gemacht. […]

[…]

Unzweifelhaft ist daher auch, dass die von der BW geplante Versammlung in einem zeitlichen, örtlichen und thematischen Zusammenhang mit dem Ball des WKR steht.

Vor diesem Hintergrund und aufgrund der Erfahrungen mit Demonstrationen gegen den Ball[…] des WKR aus den vergangen[en] Jahren ist auch die 'Spontandemonstration' vom in einem direkten zeitlichen, örtlichen und thematischen Zusammenhang mit dem Ball des WKR zu sehen.

Der BW ist jedoch Recht zu geben, dass die Ausschreitungen bei den Demonstrationen in den Vorjahren nicht bei Versammlungen, die von der BW angezeigt worden wären, stattgefunden hätten. Tatsache ist jedoch, dass seit dem Jahr 2008 regelmäßig Demonstrationen gegen den Ball des WKR stattfinden, die mit Ausschreitungen seitens der Demonstrationsteilnehmer enden.

Auf dem Blog http://antifaw.blogsport.de/2011/01/ wurde unter dem Titel 'Jedes Jahr dieselbe Scheiße' ein Thesenpapier zur diesjährigen Mobilisierung gegen den Ball des WKR vorgestellt.

Auch das am anlässlich der 'Spontandemonstration' zur Verwendung gekommene Transparent 'Bis die Scheisse aufhört! Gegen Staat, Nation und Kapitalismus' weist eindeutig auf einen inhaltlichen Zusammenhang mit dem Ball des WKR hin.

[…]

Ausgehend von dieser Rechtslage kann der Erstbehörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie zur Auffassung kam, dass die Abhaltung der von der BW angeziegten Versammlung die öffentliche Sicherheit gefährden würde und diese daher untersagte.

Die Erstbehörde führte in ihrem Bescheid aus, dass es erstmals im Jahr 2008 zu Potesten gegen den WKR-Ball [kam]. Zirka 400 Demonstranten zogen vom Museumsquartier[…] zur Hofburg[;] mit Feuerwerkskörpern und Steinen wurden einige Scheiben des Ballsaales zerstört. Im Bereich des äußeren Burgtores wurden Straßenblockaden errichtet, setzte man Müllcontainer in Brand und attackierte[…] Polizeibeamte. Auf der Mariahilfer[…] Straße wurden zahlreiche Sachbeschädigungen begangen.

Anlässlich des WKR[-]Balles im Jahr 2009 wurden im Bereich des äußeren Burgtores sogar Ballbesucher von Demonstranten attackiert. Im Bereich Operngasse/Ring wurden Exekutivbeamte mit Glasflaschen beworfen. Das Geschäft der Firma […] am Graben wurde mit Farbbeuteln und Eiern beworfen, das Innenministerium und das Bundeskanzleramt mit Farbbeuteln beworfen. Vor dem Burgtor wurden die dort eingesetzten Polizeibeamten von den ca. 400 bis 500 Demonstranten mit Schneebällen, Knallkörpern, Leuchtraketen, Eiern und Flaschen beworfen. Am Abend wurden die Polizeibeamten auch mit bis zu 15x10 cm großen Steinen beworfen.

[…] [A]nlässlich des WKR[-]Balls im Jahr 2010 wurde ebenfalls eine Demonstration angemeldet, welche aufgrund der Erfahrungen der Vorjahre von der Erstbehörde untersagt wurde, da mit gewalttätigen Ausschreitungen zu rechnen war. Diese Ausschreitungen erfolgten auch tatsächlich, wie dem Bescheid des UVS Wien zu entnehmen war (UVS-02/13/2247/2010). Demonstranten bewarfen die Beamten mit Flaschen, Bierdosen und Knallkörpern, attackierten diese und versuchten Tretgitter wegzureißen, um die Absperrungen zu durchbrechen. Außerdem wurde ein Polizeifahrzeug in Brand gesetzt.

Somit war die Annahme der Erstbehörde, es werde auch bei dieser Anti-WKR-Demonstration am zu Ausschreitungen kommen, auch wenn diese von der BW angezeigt worden war, schlüssig nachvollziehbar. Somit wurde die Prognose, dass die zu erwartende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit durch Ausschreitungen weitaus größer wäre[…] als die Interessen der BW an der Abhaltung der Demonstrationsveranstaltung, aufgrund von konkreten und objektiven Tatsachenfeststellungen erstellt (vgl. VfGH B1801/98).

Unerheblich war aber für die Beurteilung der Untersagung, ob die BW oder ein anderer Veranstalter für die Ausschreitungen in den Vorjahren verantwortlich war. Die Erstbehörde hat auch nicht festgestellt, dass die Ausschreitungen in den vergangenen Jahren im Zuge einer von der BW angemeldeten Veranstaltung erfolgten. Die friedlichen Absichten der BW werden auch durch die Untersagung der Versammlung nicht in Zweifel gezogen. Daher geht auch der Beschwerdepunkt […] der BW ins Leere, wenn sie meint, dass […] sie als Anmelder kein einschlägig bekannter oder verdächtiger Personenkreis sei, sondern eine gesetzliche Interessensvertretung (vgl. RGSlg 78/1875). Für die Beurteilung, ob Versagungsgründe vorliegen, war einzig und allein der tatsächlich zu erwartende Geschehensablauf [maßgeblich].

Aufgrund der dargestellten Vorgeschichte zu den Versammlungen de[s] WKR-Balles in den Tagen vor dem und aufgrund der Erfahrungen aus den Jahren 2008 bis 2010 vertritt auch die Berufungsbehörde die Auffassung, dass der Schutz der in Art 11 Abs 2 E[M]RK genannte[n] Güter (Interesse der nationalen und öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, der Gesundheit und der Rechte und Freiheiten anderer) die Untersagung der beabsichtigten Versammlung notwendig gemacht hat.

Dass die Erstbehörde der BW keinen alternativen Versammlungsort vorgeschlagen habe, wie die BW moniert, war auch nicht zu beanstanden, denn die Erstbehörde ist hierzu nicht berechtigt, von sich aus die Versammlungsanzeige zu ändern, zu modifizieren oder zu konkretisieren. Sie hatte die Versammlung – wie sie angezeigt wurde – entweder zur Gänze zu untersagen oder zur Gänze nicht zu untersagen.

Der Berufung war daher keine Folge zu geben." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde der ÖH Uni Wien, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Versammlungsfreiheit und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Die beschwerdeführende Partei führt hiezu – im Wesentlichen – wie folgt aus:

"[…] Nach ständiger Rechtsprechung der Verfassungsgerichtshofes ist eine bloß allgemeine Befürchtung, es werde bei einer Versammlung zu[…] Ausschreitungen und damit zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder des öffentlichen Wohles kommen, nicht ausreichend, um die Untersagung einer Versammlung zu rechtfertigen. Es ist vielmehr erforderlich, dass sich die Behörde mit den dem konkreten Versammlungsort inhärenten Sicherheitsrisiken auseinandersetzt (VfSlg 18.587).

Eine nicht bloß allgemeine Befürchtung, die zur Rechtfertigung einer Untersagung ausreicht, nahm der VfGH jeweils dann an, wenn konkrete Erfahrungswerte oder konkrete Hinweise, die sich aus der Versammlungsanzeige selbst ergeben (beteiligter Personenkreis, Ort bzw. Route der Versammlung, Thema und Zweck der Versammlung), eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder des öffentlichen Wohles wahrscheinlich erscheinen lassen:

1. So hielt der VfGH die Untersagung einer Versammlung für zulässig, die aufgrund des Versammlungsorts eine Konfrontation mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern einer anderen Versammlung wahrscheinlich erscheinen ließen (VfSlg 17.116).

2. Weiters hielt der VfGH die Untersagung einer Versammlung für gerechtfertigt, weil sich bereits aus der Versammlungsanzeige ergab, dass es im Zuge der Versammlung zu strafgesetzwidrigen, im konkreten Fall nationalsozialistischen Äußerungen kommen würde, auch aufgrund des angesprochenen Teilnehmerkreises (VfSlg 18.114).

3. Für gerechtfertigt hielt der VfGH die Untersagung einer Versammlung auch dann, wenn sich die drohende Gefährdung öffentlicher Interesse[n] aus der Route des Demonstrationszuges ergab und die Versammlungsanzeigenden trotz Aufforderung nicht zur Abänderung der Route bereit waren, zumal die Versammlungsbehörde eine Modifikation der Versammlungsanzeige nicht vornehmen darf (VfSlg 15.362).

[…] Im vorliegenden Fall sprach jedoch schon der Versammlungsort, der sich weit entfernt und außer Hör- und Sichtweite vom WKR-Ball in der Hofburg befindet, gerade gegen eine Wahrscheinlichkeit der Konfrontation. Ein Demonstrationszug war zudem gar nicht vorgesehen, sondern war die Versammlung als Standkundgebung angemeldet.

Anmelderin der gegenständlichen Versammlung war eine durch Bundesgesetz eingerichtete juristische Person des öffentlichen Rechts, die von Gesetz wegen zur Vertretung der Interessen der Studierenden der größten österreichischen Universität berufen ist. Gerade weil es sich dabei nicht um einen in irgendeiner Weise einschlägig bekannten und verdächtigen Personenkreis handelt, sondern um eine gesetzliche Interessenvertretung, durfte nicht willkürlich und vorverurteilend angenommen werden, die angezeigte Versammlung wäre mutmaßlich gewalttätig geworden oder hätte in anderer Weise gegen Strafgesetze verstoßen.

Somit lagen die typischen Gefährdungsmuster, die nach der VfGH-Judikatur die Untersagung einer Versammlung rechtfertigen können, im konkreten Fall gerade nicht vor.

[…] Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB [VfSlg] 15.170/1998) ist jede Verletzung des Versammlungsgesetzes, die unmittelbar die Ausübung des Versammlungsrechtes betrifft und damit in die Versammlungsfreiheit eingreift, als Verletzung des durch Art 12 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes zu werten. So verletzt etwa jeder Bescheid, mit dem österreichischen Staatsbürgern gegenüber die Abhaltung einer Versammlung untersagt wird, das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Versammlungsfreiheit schon dann, wenn das – im Einklang mit Art 11 Abs 2 EMRK auszulegende (VfSlg 12.155/1989, 15.362/1998 und 17.259/2004) – Gesetz unrichtig angewendet wurde. Bei ihrer Entscheidung hat die Behörde die Interessen des Veranstalters oder der Veranstalterin an der Abhaltung der Versammlung in der geplanten Form gegen die in Art 11 Abs 2 EMRK aufgezählten Interessen am Unterbleiben der Versammlung abzuwägen. Diese Entscheidung ist von der Behörde auf Grundlage der von ihr festzustellenden, objektiv erfassbaren Umstände in sorgfältiger Abwägung zwischen dem Schutz der Versammlungsfreiheit und den von der Behörde wahrzunehmenden öffentlichen Interessen zu treffen.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde die Untersagung der gegenständlichen Versammlung damit begründet, dass vor dem Hintergrund der Ausschreitungen anlässlich der Proteste gegen den WKR-Ball in den Jahren 2008 bis 2010 und unter Bedachtnahme auf die Aufrufe im Internet zur Teilnahme an der Demonstration mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch anlässlich des WKR-Balls 2011 mit Ausschreitungen von gewaltbereiten Demonstrantinnen und Demonstranten zu rechnen sei. Dass die Erfahrungen der Vorjahre in keinem Zusammenhang mit der Beschwerdeführerin standen, gestand die belangte Behörde zwar zu, wertete diesen Umstand jedoch als unerheblich, weil es nach ihrer Ansicht allein auf den tatsächlich zu erwartenden Geschehensablauf ankomme.

Die Prognoseentscheidung der belangten Behörde ist jedoch falsch, zumal es sich bei der Anmelderin der Versammlung nicht um eine Verantwortliche der Ausschreitungen der Vorjahre handelt, die Versammlung nicht wie jene der Vorjahre als Demonstrationszug in unmittelbarer Nähe zum WKR-Ball vorgesehen war und sich der Versammlungsort vielmehr außer Hör- und Sichtweite des WKR-Balls befunden hätte.

Die belangte Behörde hat sich mit dem vorgesehen[en] Versammlungsort tatsächlich nicht auseinandergesetzt, sondern war offenbar gewillt, jegliche Versammlung in ihrem Wirkungsbereich in allein zeitlicher Nähe zum WKR-Ball schon aus Prinzip zu untersagen. Diese Entscheidung ist jedoch zweifellos überschießend und verstößt gegen § 6 VersammlungsG, weil die Interessenabwägung den Anforderungen des Art 11 Abs 2 EMRK nicht gerecht wird. Interessenabwägung bedeutet stets eine Abwägung der Umstände des Einzelfalles, wovon aber nicht mehr gesprochen werden kann, wenn Versammlungen, die sich gegen ein bestimmtes Ereignis richten, pauschal untersagt werden.

[…]

Schließlich ist zu bedenken, dass die überschießende Präventivuntersagung jeglicher Versammlungen gegen eine bestimmte Veranstaltung in allein zeitlicher Nähe ohne Abwägung auch örtlicher und sachlicher Kriterien (etwa Erfahrungswerte mit dem oder der Anmelder/in) die Ermessensbefugnisse der belangten Behörde klar überschreitet. Dadurch verletzt das Verhalten der belangten Behörde auch das Willkürverbot und damit die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz, das ihr als in Österreich gesetzlich eingerichtet[er] juristischer Person des öffentlichen Rechts mit Sitz in Österreich jedenfalls zukommt." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragte im Übrigen, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, in eventu deren Behandlung abzulehnen.

II. Rechtslage

1. Die belangte Behörde hat den Bescheid, mit dem sie die angezeigte Versammlung untersagte, auf § 6 VersammlungsG gestützt. Diese Bestimmung lautet:

"Versammlungen, deren Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft oder deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet, sind von der Behörde zu untersagen."

Die Bestimmung des § 6 VersammlungsG ist angesichts des materiellen Gesetzes vorbehalts in Art 11 Abs 2 EMRK im Einklang mit dieser Verfas sungsnorm zu interpretieren. Die Behörde ist daher zur Unter sagung nur dann ermächtigt, wenn dies aus einem der in Art 11 Abs 2 EMRK genannten Gründe notwendig ist (vgl. dazu etwa VfSlg 10.443/1985, 12.155/1989, 12.257/1990).

2. Die beschwerdeführende Partei verweist hinsichtlich ihrer Beschwerdelegitimation auf das Bundesgesetz über die Vertretung der Studierenden (Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998 – HSG1998), BGBl I 22/1999 (im Folgenden: HSG1998). Dieses lautete in seiner – im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung geltenden – Fassung BGBl I 2/2008 auszugsweise:

"Errichtung der Österreichischen Hochschülerinnen- und

Hochschülerschaft und der Hochschülerinnen- und

Hochschülerschaften an den Universitäten

§2. (1) Die Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft und die Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften an den Universitäten sind Körperschaften öffentlichen Rechts und verwalten ihre Angelegenheiten im Rahmen dieses Bundesgesetzes selbst.

(2) […]

[…]

Mitglieder und Aufgaben der Hochschülerinnen- und

Hochschülerschaften an den Universitäten

§9. (1) […]

(2) Den Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften an den Universitäten obliegt die Vertretung der allgemeinen und studienbezogenen Interessen ihrer Mitglieder gegenüber staatlichen Behörden und universitären Organen […]

(3), (4) […]

[…]

Organisation der Vertretungseinrichtungen

[…]

Vorsitzende und ihre Stellvertreterinnen und Stellvertreter

[…]

Bezeichnung der Vorsitzenden und ihrer Stellvertreterinnen und

Stellvertreter

§25. (1), (2) […]

(3) Die Vorsitzenden der Universitätsvertretungen führen die Bezeichnung Vorsitzende oder Vorsitzender der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft mit einem die Universität kennzeichnenden Zusatz und vertreten diese nach außen.

(4), (5) […]

Aufgaben der Vorsitzenden und ihrer Stellvertreterinnen und

Stellvertreter

§26. (1) Die oder der Vorsitzende hat für die Durchführung der Beschlüsse des jeweiligen Organs und für die Erledigung der laufenden Geschäfte zu sorgen. In dringlichen Angelegenheiten ist sie oder er allein entscheidungsbefugt.

(2) – (6) […]"

3. Zudem verwies die beschwerdeführende Partei hinsichtlich ihrer Beschwerdelegitimation auf § 12 der Satzung der ÖH Uni Wien in seiner zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung geltenden Fassung. Dieser lautet auszugsweise:

"die Vorsitzende und ihre Stellvertreterinnen

(1) Die Vorsitzende der Universitätsvertretung und ihre Stellvertreterinnen vertreten die Hochschülerinnenschaft nach außen. Ihnen obliegt die Sorge für die Durchführung der Beschlüsse der Universitätsvertretung, die Leitung der Sitzungen der Universitätsvertretung und die Erledigung der laufenden Geschäfte.

(2) – (6) […]"

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

1.1. Als Veranstalter einer Versammlung kann nur auftreten, wer Rechtspersönlichkeit besitzt (vgl. zB VfSlg 11.258/1987). Gemäß § 2 Abs 1 HSG1998 sind die Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften an den Universitäten als Körperschaften des öffentlichen Rechts ausgestaltet und besitzen somit die für die Veranstaltung einer Versammlung erforderliche Rechtspersönlichkeit (vgl. auch VfSlg 14.869/1997).

1.2. Die Außenvertretung der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften an den Universitäten obliegt, sofern – wie im vorliegenden Fall (vgl. § 12 Satzung der ÖH Uni Wien) – keine hievon abweichenden Regelungen bestehen, alleine der Vorsitzenden bzw. dem Vorsitzenden der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften an der jeweiligen Universität. Im Hinblick auf die konkrete Rechtsache erfolgten nachweislich sowohl die Einbringung der Versammlungsanzeige vom als auch die Einbringung der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof durch die – zu diesen Zeitpunkten gewählte – Vorsitzende der ÖH Uni Wien.

1.3. Die beschwerdeführende Partei ist zur Einbringung der – auch ansonsten zulässigen – Beschwerde legitimiert.

2. In der Sache:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die angezeigte Versammlung untersagt, weshalb zu prüfen ist, ob die beschwerdeführende Partei in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt wurde (vgl. VfSlg 15.170/1998, 15.952/2000, 17.120/2004).

2.1. Im vorliegenden Fall hat die beschwerdeführende Partei am eine Standkundgebung angezeigt, die – auf das Wesentliche zusammengefasst – am mit der Begründung untersagt wurde,

"dass die von der BW geplante Versammlung in einem zeitlichen, örtlichen und thematischen Zusammenhang mit dem Ball des WKR steht.

Vor diesem Hintergrund und aufgrund der Erfahrungen mit Demonstrationen gegen den Ball[…] des WKR aus den vergangen[en] Jahren ist auch die 'Spontandemonstration' vom in einem direkten zeitlichen, örtlichen und thematischen Zusammenhang mit dem Ball des WKR zu sehen.

Der BW ist jedoch Recht zu geben, dass die Ausschreitungen bei den Demonstrationen in den Vorjahren nicht bei Versammlungen, die von der BW angezeigt worden wären, stattgefunden hätten. Tatsache ist jedoch, dass seit dem Jahr 2008 regelmäßig Demonstrationen gegen den Ball des WKR stattfinden, die mit Ausschreitungen seitens der Demonstrationsteilnehmer enden."

Ihre Prognoseentscheidung gründet die belangte Behörde einerseits auf Erfahrungen aus den Vorjahren, andererseits aber auch auf Vorkommnisse bei einer Spontandemonstration, die am Vorabend der von der beschwerdeführenden Partei angezeigten Standkundgebung stattgefunden hat.

2.2. Wenngleich der Auffassung der belangten Behörde nicht entgegenzutreten ist, dass es für die von ihr zu treffende Prognoseentscheidung auf eine realistische und nachvollziehbare Einschätzung des zu erwartenden Geschehensablaufs ankommt und nicht bloß die auf eine – wie im vorliegenden Fall – friedliche Standkundgebung gerichtete Intention des Anzeigers Grundlage der Prognoseentscheidung sein kann (vgl. VfSlg 17.120/2003), hat die zu treffende Abwägung jedenfalls im Sinne der verfassungsrechtlich garantierten Versammlungsfreiheit zu erfolgen. Damit scheidet eine quasi "vorsorgliche" Untersagung einer Versammlung auf Basis einer allgemeinen Prognose bloß zur Vermeidung von Zusammenstößen von vornherein aus.

Dass die Untersagung einer Versammlung nur ultima ratio sein kann, haben der Verfassungsgerichtshof wie auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mehrfach dargelegt, und der Verfassungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen auch ausgesprochen, dass eine bloß allgemeine Befürchtung, es werde im Fall der Abhaltung einer Versammlung möglicherweise zu Ausschreitungen und damit zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und des öffentlichen Wohles kommen, für sich alleine noch nicht ausreicht, um die Untersagung jedweder Versammlung zu rechtfertigen (vgl. VfSlg 17.259/2004, 17.873/2006, 18.572/2008, 18.587/2008). Die Behörde hat ihre Prognoseentscheidung vielmehr auf Grund von konkret festgestellten, objektiv erfassbaren Umständen zu treffen (so ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofs beginnend mit VfSlg 5087/1965).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR , Fall Öllinger , Appl. 76.900/01, ÖJZ2007, 79 [Z36]) hat zur Untersagung einer Versammlung aus Gründen des Art 11 Abs 2 EMRK insbesondere erklärt:

"Wenn jede Wahrscheinlichkeit einer Spannung oder einer hitzigen Auseinandersetzung zwischen gegnerischen Gruppen während einer Demonstration deren Untersagung verlangte, wäre die Gesellschaft damit konfrontiert, dass sie der Gelegenheit beraubt wäre, unterschiedliche Anschauungen kennenzulernen."

In einem jüngeren Urteil (EGMR , Fall Christian Democratic People's Party , Appl. 25.196/04, Z 23 und 28) hat der Gerichtshof diesen Gedanken noch wie folgt präzisiert:

"The right to freedom of peaceful assembly is secured to everyone who has the intention of organising a peaceful demonstration. The possibility of violent counter-demonstrations or the possibility of extremists with violent intentions joining the demonstrations cannot as such take away that right. […] The court considers that even there was a theoretical risk of violent clashes […], it was the task of the police to stand between the two groups and to ensure public order."

[Übersetzung des Gerichtshofes: "Das Recht auf Versammlungsfreiheit ist jedermann gewährleistet, der die Absicht hat, eine friedliche Demonstration zu veranstalten. Die Möglichkeit von gewaltsamen Gegendemonstrationen oder die Möglichkeit, dass sich Extremisten mit gewaltsamen Absichten den Demonstrationen anschließen, vermag als solche nicht, dieses Recht zu schmälern. […] Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass – selbst wenn das theoretische Risiko gewaltsamer Zusammenstöße bestehen sollte – [...] es Aufgabe der Polizei wäre, sich zwischen die beiden Gruppen zu stellen und die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten."]

2.3. Unter Beachtung dieser Rechtsprechung und dieses Verständnis vorausgesetzt haben die Prognose und die darauf folgende Abwägung stattzufinden. Der Verfassungsgerichtshof verkennt dabei nicht, dass – insbesondere dann, wenn (wie im vorliegenden Fall) die Gruppe derjenigen, die im Rahmen einer oder mehrerer Versammlungen auftreten, sehr breit gefächert ist – die Gefahrenpotentiale auch entsprechend differenzierter sein können.

Es ist auch auf die Pflicht des Staates hinzuweisen, die Ausübung des Versammlungsrechtes zu gewährleisten (vgl. u.a. VfSlg 12.501/1990).

Würde nämlich allein der Umstand eines Risikos von Auseinandersetzungen bereits in jedem Fall erlauben, eine geplante Versammlung zu untersagen, liefe dies auf ein – mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht zu vereinbarendes – vorbeugendes Versammlungsverbot hinaus.

Ein solcher Verstoß ist der belangten Behörde im vorliegenden Fall vorzuwerfen.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die beschwerdeführende Partei ist somit durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt worden.

Der angefochtene Bescheid ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,– enthalten.

Der Ersatz der entrichteten Eingabengebühr ist nicht zuzusprechen, da die beschwerdeführende Partei zur Vergebührung ihrer Beschwerde nicht verpflichtet war (§17a VfGG iVm § 2 Z 3 GebührenG; dazu VwSlg 14.875 A/1998).