OGH vom 21.03.2017, 10Ob10/17v

OGH vom 21.03.2017, 10Ob10/17v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Schramm, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen D*****, geboren am *****, vertreten durch den Kinder- und Jugendhilfeträger Land Wien (Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, Rechtsvertretung Bezirke 14, 15, 16, 1150 Wien, Gasgasse 8–10/1/3), wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Kindes gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 43 R 484/16v-20, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom , GZ 2 Pu 158/15t-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof ist an den Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts nicht gebunden (RISJustiz RS0107859). Die Zurückweisung eines ordentlichen Revisionsrekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 62 Abs 1 AußStrG) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG).

Der Vertreter des Kindes versäumte die vom Erstgericht gemäß § 17 AußStrG gesetzte Frist zur Äußerung zum Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters.

Nach Zustellung des dem Herabsetzungsantrag stattgebenden Beschlusses des Erstgerichts stellte der Vertreter des Kindes den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dieser wurde damit begründet, dass in der Kanzlei des Vertreters bei der Versendung der Stellungnahme offensichtlich ein (vermutlich durch Überlastung und Einschulung auf neue Arbeitsinhalte hervorgerufener) Fehler unterlaufen sei, sodass die Stellungnahme irrtümlich nicht oder falsch abgefertigt worden sei, jedenfalls aber nicht beim Erstgericht eingelangt sei.

Das Erstgericht wies den Wiedereinsetzungsantrag im Wesentlichen mit dem Hinweis auf die Feststellung ab, dass der Rechtsvertreter auf die Übermittlung der Äußerung an das Gericht vergessen hat.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss unter anderem mit der Begründung, dass der behauptete Wiedereinsetzungsgrund mangels Nennung tauglicher Bescheinigungsmittel nicht bescheinigt worden sei.

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung darüber vorliege, ob die von der ständigen Rechtsprechung entwickelten Sorgfaltsmaßstäbe, die hinsichtlich der Büroorganisation sowie der Überwachungs- und Kontrollpflichten an Rechtsanwalts und Notariatskanzleien gelegt werden, auch auf den Kinder und Jugendhilfeträger als gesetzlichen Vertreter minderjähriger Personen anzuwenden sein.

Die vom Rekursgericht bezeichnete Rechtsfrage, zu der im Revisionsrekurs auch ausgeführt wird, stellt sich nicht, nahm doch das Rekursgericht den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund nicht als bescheinigt an. Daran ist der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz und dem die Überprüfung der Beweiswürdigung entzogen ist (RISJustiz RS0006737), gebunden, sodass entgegen den Rechtsmittelausführungen der rechtlichen Beurteilung nicht zugrunde gelegt werden kann, dass der Fehler „unter Umständen außergewöhnlicher Be und Überlastung“ bzw „unter Umständen durch außergewöhnliche Be und Überlastung“ der für die Postabfertigung zuständigen Kanzleimitarbeiter zustande gekommen sei.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0100OB00010.17V.0321.000

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