OGH vom 07.05.1997, 10ObS2315/96f
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ehmayr und Dr.Danzl als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Wilhelm Jezik und Dr.Martin Gleitsmann (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Prof.Dkfm.DDr.Erich I*****, vertreten durch Dr.Erich Hämmerle, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner-Hauptstraße 84-86, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 25 Rs 49/96h-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 33 Cgs 155/95m-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
1. Der Antrag der klagenden Partei auf "Übermittlung des Rechtsmittels an den Verfassungsgerichtshof zur Prüfung der Verfassungskonformität der für diesen Fall maßgeblichen Bestimmungen des GSVG und des ASVG" wird zurückgewiesen.
2. Der Revision des Klägers wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am geborene Kläger bezieht seit von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten laut Bescheid vom eine Alterspension gemäß § 270 iVm § 253 ASVG (Blatt 22 des Pensionsaktes).
Vom bis war er infolge einer Weiterversicherung in der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten von der Pensionsversicherung nach dem GSVG bzw vor Inkrafttreten desselben (am ) nach dem GSPVG befreit. Vom bis war er aufgrund seiner Tätigkeit als Gesellschafter einer Wirtschaftstreuhändergesellschaft nach dem GSVG pflichtversichert und entrichtete die vorgeschriebenen Pensionsbeiträge.
Am beantragte er bei der beklagten Partei die Rückzahlung dieser von ihm eingezahlten Beträge und teilte gleichzeitig mit, daß er ab 1992 keine Zahlungen mehr an die Beklagte leisten werde. Die beklagte Partei stellte daraufhin mit Bescheid fest, daß der Kläger nach § 3 Abs 3 Z 1 GSVG pflichtversichert ist und daher Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen hat; einem hiegegen erhobenen Einspruch wurde vom Landeshauptmann von Vorarlberg gemäß § 194 GSVG iVm § 413 Abs 1 Z 1 ASVG keine Folge gegeben (im Pensionsakt ohne Seitenbezeichnung eingereiht).
Mit Schreiben vom beantragte der Kläger bei der beklagten Partei die Zuerkennung ebenfalls einer Alterspension, welcher Antrag (im Bescheid der beklagten Partei allerdings als solcher vom [= Datum des Einlangens des Antrages laut deren Eingangsvermerk] datiert) mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom im wesentlichen mit der Begründung abgelehnt wurde, daß nach dem Anfall einer bereits bezogenen Alterspension kein weiterer Anspruch auf eine solche nach dem ASVG, GSVG, FSVG oder BSVG entstehen könne, da der Versicherungsfall des Alters nicht mehrfach realisiert werden könne, da es sich hiebei um ein singuläres Ereignis im Leben eines Menschen handle.
In der hiegegen erhobenen Klage stellte der Kläger primär das Begehren auf ersatzlose Aufhebung dieses Bescheides und Zuerkennung einer Alterspension nach dem GSVG, allenfalls (als erstes Eventualbegehren) anstelle einer Alterspension einer "Invaliditätspension ohne Beschränkung seiner künftigen Tätigkeit", schließlich für den Fall der Abweisung den weiteren Antrag auf "Rückzahlung aller seit 1980 einbezahlten Pensionsbeiträge" (weil die Einhebung derselben verfassungswidrig gewesen sei, wenn ihm keine entsprechende Pensionsleistung zugestanden werde).
Das Erstgericht wies das Begehren, dem Kläger die Alterspension nach dem GSVG, in eventu aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit zu gewähren, mit Urteil ab, sowie das Eventualbegehren auf Rückzahlung aller seit 1980 einbezahlten Pensionsbeiträge mit in die Entscheidung aufgenommenem Beschluß zurück; letzterer Teil der Entscheidung blieb unbekämpft und ist damit in Rechtskraft erwachsen.
Die rechtliche Beurteilung des erstinstanzlichen Urteils läßt sich wie folgt zusammenfassen:
Für einen Versicherten, der Versicherungsmonate sowohl in der Pensionsversicherung nach dem ASVG, dem GSVG und/oder nach dem BSVG erworben habe, hätten die Leistungen aus derjenigen Pensionsversicherung in Betracht zu kommen, der er zugehörig sei. Für Leistungen aus den Versicherungsfällen des Alters, der geminderten Arbeitsfähigkeit und des Todes richte sich diese Zugehörigkeit danach, in welcher Pensionsversicherung er die größere oder größte Zahl von Versicherungsmonaten in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag erworben habe. Diese "Methode der Leistungszugehörigkeit" habe 1979 die aus dem zwischenstaatlichen (Sozialversicherungs-)Recht bekannte "pro-rata-temporis-Regelung" abgelöst. Seit diesem Jahr würden daher sämtliche erworbenen Versicherungszeiten vom zuständigen Pensionsversicherungsträger so behandelt, als ob sie bei ihm erworben worden wären. Die entsprechende gesetzliche Regelung hiefür seien die §§ 251a ASVG, 129 GSVG und § 120 BSVG. Darüber hinaus schloß sich das Erstgericht der in SSV 25/110 (unrichtig zitiert als "SSV 25/1985") veröffentlichten Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien an, stellte sodann die Entwicklung der Rechtslage seit 1985 - ausgehend vom Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom betreffend die Aufhebung der Ruhensbestimmungen nach § 94 ASVG über das Sozialrechtsänderungsgesetz 1991 sowie die 19. GSVG- und 51. ASVG-Novelle - dar und kam abschließend zum Ergebnis, daß sich an der grundsätzlichen Auffassung des Gesetzgebers, daß innerhalb des Pensionsversicherungssystems (unter Einbeziehung der Selbständigenpensionsversicherung) eine zweite Alterspension nicht vorgesehen sei, bis heute nichts geändert habe. Es sei lediglich unter bestimmten Voraussetzungen möglich, daß nach Anfall der Alterspension erworbene Versicherungszeiten zu einer Erhöhung der Pension führten, wobei es der Gesetzgeber auch in Kauf genommen habe, daß unter gewissen Voraussetzungen geleistete Beiträge nicht mehr leistungswirksam werden könnten. Da solche nach dem Stichtag für die Alterspension erworbene Versicherungszeiten beim Eintritt des nächsten Versicherungsfalles, nämlich des Todes, bei der Höhe der Hinterbliebenenpension Berücksichtigung finden können, scheine auch die Äquivalenz und damit Verfassungskonformität der Regelung gewahrt.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes vollinhaltlich bei. Zusätzlich verwies es - unter Hinweis auf die Entscheidung SSV-NF 8/34 - darauf, daß der Versicherungsfall des Alters im Leben eines Menschen ein singuläres Ereignis sei, das nur einmal eintreten könne, sodaß für diesen Versicherungsfall ein weiterer, späterer Stichtag nicht mehr zur Prüfung anstehen könne.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt. Schließlich wird auch - innerhalb der Ausführungen zur Rechtsrüge - der Antrag gestellt, "dieses Rechtsmittel dem Verfassungsgerichtshof zur Prüfung der Verfassungskonformität der für seinen Fall maßgeblichen Bestimmungen des GSVG und des ASVG vorzulegen".
Rechtliche Beurteilung
Das von der beklagten Partei unbeantwortet gebliebene Rechtsmittel ist gemäß § 46 Abs 3 Z 3 ASGG auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof hat hiezu folgendes erwogen:
1. Vorauszuschicken ist, daß der Antrag auf Befassung des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen war, weil den Parteien diesbezüglich kein Antragsrecht zukommt (9 ObS 2/88, 8 ObS 27, 28/94, 9 ObA 74/94). Im übrigen hat der Verfassungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom , veröffentlicht in Slg 12.739, mit ausführlicher Begründung (auf welche der Rechtsmittelwerber verwiesen werden kann) ausgesprochen, daß in der Beitragspflicht nach dem GSVG bei bereits eingetretener Versorgung nach dem ASVG - hier wie dort ging es um eine Alterspension - keine Verfassungsmäßigkeitsbedenken rechtfertigende Unsachlichkeit zu erblicken ist. Erst jüngst hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , G 392, 398, 399/96-18 (= RdW 1997, 245 betreffend den Regelungskomplex der Werk - sowie entgeltlichen freien Dienstverträge) - unter Hinweis auf zahlreiche Vorjudikate - erneut darauf hingewiesen, daß in der Sozialversicherung nicht der Grundsatz der Äquivalenz von Beitragsleistung und Versicherungsleistung gilt, sodaß auch - ohne daß dies verfassungsrechtlich auf Bedenken stoße - in Kauf genommen werden müsse, "daß es in manchen Fällen trotz Leistung von Pflichtbeiträgen zu keiner Versicherungsleistung kommt", sodaß auch gegen eine sich aus der Zugehörigkeit einer Person zu mehreren Berufen ergebende Mehrfachversicherung keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Aus dieser Judikatur folgerte der Verfassungsgerichtshof weiters, daß der Gesetzgeber auch nicht von Verfassungswegen gehalten wäre, Beiträge zurückzuerstatten, die aus mehreren versicherungspflichtigen Beschäftigungen zu Beitragsleistungen geführt haben. Angesichts dieser aktuell bestehenden Verfassungsjudikatur erachtet auch der Oberste Gerichtshof keine Anhaltspunkte für das Vorliegen verfassungsgesetzlicher Bedenken und damit für eine von Amts wegen zu veranlassende diesbezügliche Antragstellung als gegeben.
2. Ebenfalls vorauszuschicken ist, daß das zur "Moral im Sozialversicherungsrecht" zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1849, 1850/59-3, schon deshalb auf den vorliegenden Fall nicht angewandt werden kann, weil sich dieser Gerichtshof in der genannten Entscheidung mit einem völlig anderen Sach- und Rechtsproblem, nämlich der Rechtmäßigkeit eines Rückerstattungsanspruches der öffentlichen Verwaltung für das Österreichische Rundspruchwesen bezüglich einer nach dem Wiener Ankündigungsabgabegesetz von 1948 (zu Unrecht) bezahlten Ankündigungsabgabe, - also mit Fragen des Abgaben-, nicht jedoch des Sozialversicherungsrechtes zu befassen hatte. Soweit der Revisionswerber unter Bezugnahme auf die in diesem Erkenntnis enthaltenen Ausführungen zur "ungerechtfertigten Bereicherung" auch außerhalb des Privatrechts im Geltungsbereich der Abgabenordnung beim Bund, aber auch bei anderen Gebietskörperschaften - offensichtlich - auf sein in der Klage gestelltes (zweites) Eventualbegehren auf Rückzahlung aller seit 1980 einbezahlten Pensionsbeiträge zurückkommt, kann es genügen, ihn auf die Rechtskraft des diesbezüglichen Zurückweisungsbeschlusses des Erstgerichtes zu verweisen.
3. Im übrigen erschöpft sich das Rechtsmittel im Rahmen seiner allein erhobenen Rechtsrüge auf gleichfalls weitgehend nicht sachbezogen gehaltene, den fundierten Stellungnahmen der Vorinstanzen keinerlei Rechtsargumente entgegenhaltenden Ausführungen.
4. Auf dem Boden der sachlichen Argumentation hat der Senat folgendes erwogen:
a) Nach § 111 GSVG trifft dessen Pensionsversicherung ua Vorsorge für den Versicherungsfall des Alters. Nach § 130 Abs 1 GSVG (in der hier maßgeblichen Fassung der 19. Novelle, Art I Z 50 BGBl 1993/336) hat Anspruch auf ("normale": Teschner in Tomandl, System, 7. ErgLfg 361 f; Grillberger, Sozialrecht3 85; SSV-NF 8/34) Alterspension ein Versicherter nach Vollendung des 65. Lebensjahres (was beim Kläger unstrittig zutrifft), eine Versicherte nach Vollendung des 60. Lebensjahres, wenn die Wartezeit (§ 120 GSVG) erfüllt ist - was ebenfalls unstrittig ist -; nach Abs 3 ist ein Antrag auf Alterspension nach Abs 1 nicht zulässig, wenn bereits Anspruch auf eine vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit (§ 131a GSVG), eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer (§ 131 GSVG), eine Gleitpension (§ 131b GSVG) oder eine vorzeitige Alterspension wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (§ 131c GSVG) besteht.
b) Grundsätzlich kommt die Gewährung einer Sozialversicherungsleistung in Frage, wenn alle im Gesetz oder in der Satzung (§ 453 ASVG,§ 225 GSVG) vorgesehenen materiellen und formellen Voraussetzungen erfüllt sind (ausführlich Schrammel in Tomandl, aaO 5. ErgLfg 135 ff). Die Anspruchsvoraussetzung "Erreichung eines bestimmten Lebensalters" beruht auf der Zweckbestimmung der Pensionsversicherung(en), einen Ersatz für den durch das Absinken der Arbeitskraft bedingten Entfall des Arbeitseinkommens zu schaffen (Teschner in Tomandl, aaO 359; Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 85 BlgNR 18. GP. 2 [zum Sozialversicherungs-ÄnderungsG 1991]; zur Einkommensersatzfunktion einer Alterspension aus der Sozialversicherung jüngst auch ausführlich 10 ObS 2064/96v). In der bereits vom Erstgericht unter ausführlicher Wiedergabe der Entscheidungsgründe zitierten und daher hier im einzelnen nicht mehr zu wiederholenden Entscheidung 32 R 217/85 (= SSV 25/110) ist das OLG Wien - als damals in Leistungstreitsachen letzte Instanz - mit auch vor allem ausführlicher rechtshistorischer Begründung zum Ergebnis gelangt, daß der Gesetzgeber der österreichischen Sozialversicherungsgesetze keinesfalls die Erwerbung einer weiteren (neben einer bereits bestehenden) Alterspension ermöglichen habe wollen.
Der Oberste Gerichtshof - als seit zuständiges Höchstgericht in Sozialrechtssachen - hat in der (vom Berufungsgericht in seiner Begründung bereits hervorgehobenen) Entscheidung vom , 10 ObS 15/94 (veröffentlicht in SSV-NF 8/34), ausgesprochen, daß "die Erreichung eines bestimmten Alters ein singuläres Ereignis im Leben eines Menschen darstellt, das nicht mehrere Male eintreten kann. Ist der Versicherungsfall des Alters durch Erreichung des Anfallsalters einmal eingetreten, so ist ein Abgehen hievon denkunmöglich; das Anfallsalter steht an einem späteren Stichtag nicht mehr zur Prüfung an, weil es ohne dessen Erreichen und demgemäß ohne Eintritt des Versicherungsfalles gar keinen Stichtag gäbe." Diese - dort entscheidungswesentliche - Begründung ist insoweit auch auf den vorliegenden Fall übertragbar. Der Eintritt des Alters (hier: des 65. Lebensjahres) ist tatsächlich ein singuläres Ereignis im Leben eines Menschen. Dementsprechend bestimmt etwa § 223 Abs 1 Z 1 ASVG (und wortgleich auch § 113 Abs 1 Z 1 GSVG), daß der Versicherungsfall des Alters mit der Erreichung des Anfallsalters eingetreten ist; gemäß § 223 Abs 2 ASVG (bzw § 113 Abs 2 GSVG) ist Stichtag für die Feststellung, ob, in welchem Zweig der Pensionsversicherung und in welchem Ausmaße eine Leistung gebührt, der Eintritt des Versicherungsfalles, wenn er auf einen Monatsersten fällt; wird jedoch der Antrag auf eine Leistung nach Abs 1 Z 1 (beider Gesetzesstellen) - also aus den Versicherungsfällen des Alters - gestellt, so ist Stichtag für diese Feststellung der Zeitpunkt der Antragstellung. Versicherungsfall und Stichtag können hiebei durchaus auseinanderfallen und letzterer auch erst nach Eintritt des Versicherungsfalles gelegen sein. Bereits die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung des ASVG (RV 599 BlgNR 7. GP, 69; abgedruckt auch in Teschner/Widlar, MGA ASVG, Band 2, 1087 f [Anm 7 zu § 223]) führen dazu aus, daß es "dem Versicherten nicht verwehrt werden soll, einen Leistungsanspruch aus einem Versicherungsfall des Alters.... nicht gleichzeitig mit dem Eintritt des Versicherungsfalles, sondern erst später geltend zu machen", etwa "weil er zur Verbesserung der Rente noch Versicherungszeiten erwerben will oder dgl".
Wird aber durch einen derartigen Antrag auf Pensionsgewährung ein Stichtag ausgelöst und damit ein Leistungsanspruch erworben, so ist der Versicherungsfall damit konsumiert. Es ist ausgeschlossen, daß jemand der - wie hier - bereits einen Pensionsanspruch gemäß § 253 ASVG (Alterspension) realisiert hat, auch dann, wenn er später entsprechende Zeiten erworben hat, neuerlich einen Anspruch auf Alterspension (nunmehr nach § 130 GSVG) geltend machen kann. Die Voraussetzung (nämlich Erreichen des 65. Lebensjahres) ist in beiden Fällen dieselbe; es handelt sich um einen identen Versicherungsfall, über den bereits entschieden wurde.
c) Für dieses Ergebnis spricht auch das dem österreichischen Sozialversicherungsrecht immanente System der Wanderversicherung. Von einer solchen spricht man dann, wenn Versicherungszeiten in verschiedenen Versicherungen vorhanden sind und die einzelnen Versicherungsträger auf die in der anderen Versicherung erworbenen Versicherungszeiten in irgendeiner Weise Bedacht nehmen, um zu verhindern, daß einem Versicherten beim Wechsel der Versicherung (etwa beim Übergang von der Selbständigkeit zur Unselbständigkeit und zurück) ein Nachteil in dem Sinne erwächst, daß die in vorangegangenen Versicherungen erworbenen Anwartschaften verlorengehen oder bei der Renten(pensions)leistung nicht berücksichtigt werden. Hat danach ein Versicherter Versicherungsmonate sowohl in der Pensionsversicherung nach dem einen (oder anderen) Bundesgesetz als auch in der Pensionsversicherung nach dem jeweils anderen erworben, so kommen für ihn die Leistungen (nur und ausschließlich) aus der Pensionsversicherung in Betracht, der er zugehört; dies gilt ua auch für den Versicherungsfall des Alters (§ 251 a Abs 1 ASVG bzw § 129 Abs 1 GSVG [jeweils wortgleich]; gleichermaßen im übrigen auch § 120 Abs 1 BSVG). Die Zugehörigkeit richtet sich dabei im einzelnen nach den Abs 2 bis 4 der jeweils zitierten Gesetzesstellen. Der Gesetzgeber hat damit die Frage der Leistungszuständigkeit der Pensionsversicherungsträger innerhalb der verschiedenen Zweige der Pensionsversicherung dahingehend gelöst, daß ein nicht nur nach nach dem ASVG, sondern auch nach GSVG oder/und BSVG versicherter Pensionswerber Leistungen nur aus jener Pensionsversicherung erhalten kann, in der er in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag die größere Anzahl von Versicherungsmonaten erworben hat, ohne daß wechselseitige Ausgleichszahlungen vorgesehen sind (Grillberger, aaO; Brodil/Windisch-Graetz, Sozialrecht in Grundzügen2, 124).
Daß der Kläger eine Pension nach dem ASVG bezieht und nachfolgend Versicherungszeiten nach dem GSVG erworben hat, führt demnach auch zu keinem anderen Ergebnis. Nach der wiedergegebenen Wanderversicherungsregelung wird (nur) der leistungszuständige Versicherungsträger bestimmt, der dann alle Zeiten zu behandeln hat, wie wenn sie bei ihm (allein) zurückgelegt worden wären. Grundsätzlich gebührt demnach nur eine Pension, auch wenn Versicherungszeiten nach verschiedenen Systemen erworben wurden. Daraus, daß für einen solchen Versicherungsfall nur ein (nämlich der leistungszuständige) Versicherungsträger zuständig ist, der auch die in anderen Zweigen erworbenen Zeiten zu berücksichtigen hat, ergibt sich, daß dieser diesen Versicherungsfall mit Wirkung für alle Versicherungsträger zu entscheiden hat. Ein Versicherungsfall kann daher nicht nur in einem Zweig der Pensionsversicherung, sondern in allen Zweigen der Pensionsversicherung nur einmal eintreten.
b) Aus Regelungsinhalt und Systematik auch mehrerer sonstiger Bestimmungen ergibt sich die eindeutige Absicht des Gesetzgebers, Tatbestände, die in verschiedenen Versicherungssystemen verwirklicht werden, weitgehend gleich zu behandeln. So ist zunächst aus der Bestimmung des § 100 Abs 2 ASVG (ident zu § 68 Abs 2 GSVG) - jeweils betreffend das Erlöschen von Leistungsansprüchen aus der einen Pensionsversicherung mit dem Anfall von Leistungen aus einer anderen - nichts Gegenteiliges abzuleiten. Beide Regelungen beziehen sich nämlich auf Leistungsansprüche, die - zwar theoretisch - von einem Versicherten nebeneinander erworben werden könnten, wenn verschiedene Versicherungsfälle vorliegen. Da jedoch (wie bereits dargestellt) aus einem Versicherungsfall die Leistung nur einmal erworben werden kann, kann dieser Fall hier nicht eintreten. Jedenfalls war es der Wille des historischen Gesetzgebers wiederum zur Stammfassung des ASVG (RV 599 BlgNR 7. GP, 44 und Bericht des Ausschusses für Soziale Verwaltung 613 BlgNR 7. GP, 15), daß der Zweck des Abs 2 des § 100 ASVG nicht darin liegen könne (und dürfe), mehrere Direktrenten nebeneinander auszubezahlen, vielmehr jeder Anspruch auf eine laufende Leistung aus eigener Pensionsversicherung mit Anfall einer anderen derartigen Leistung erlischt; mehrere direkte Renten können also nicht nebeneinander gebühren. Diese Absicht hat der Gesetzgeber im Rahmen der Neufassung des ersten Satzes des § 100 Abs 2 ASVG durch die 32. Novelle (BGBl 1976/704) nicht nur wiederholt, sondern auch dahingehend verstärkt, daß das Erlöschen eines solchen Leistungsanspruches beim Anfall eines anderen Leistungsanpruches auch wechselseitig zwischen den verschiedenen Pensionsversicherungen zur Wirkung kommen sollte (RV 181 BlgNR 14. GP, 65; in diesem Sinne auch Scherff/Tuma, ARD-ASVG, Handbuch, 156 [Anm zu § 100 ASVG, zweiter Abs]). Idente Regelungen über das Erlöschen von solchen Leistungsansprüchen finden sich übrigens auch - wie bereits hingewiesen - in § 68 Abs 2 GSVG (siehe hiezu auch Teschner/Widlar, GSVG Anm 11 zu§ 68) sowie § 64 Abs 2 BSVG. Soweit aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg 12.739, abgeleitet werden könnte, daß es bei Erreichen der Wartezeit zu einer zweiten Pension kommen könnte, handelt es sich im wesentlichen um ein nicht näher begründetes und sich auch nicht mit den damit im einzelnen zusammenhängenden Fragen auseinandersetzendes obiter dictum, wobei die entsprechenden Passagen in den Entscheidungsgründen des Erkenntnisses - im Gesamtzusammenhang gelesen - auch nur als denkbare Möglichkeiten (Konjunktivformulierung!) in den Raum gestellt, jedoch keineswegs einer abschließenden (bejahenden) Fallösung zugeführt worden sind.
Gemäß § 253 b Abs 1 Z 4 ASVG (§ 131 Abs 1 Z 4 GSVG) ist schließlich ua Voraussetzung für die vorzeitige Alterspension (bei langer Versicherungsdauer), daß der Versicherte weder der Pflichtversicherung nach dem jeweiligen Bundesgesetz noch einem anderen Sozialversicherungsgesetz unterliegt. Auch die durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 1991 BGBl 157 eingeführte "Bonifikation" durch Erhöhung der Alterspension bei Aufschub der Geltendmachung des Anspruches im § 261 b ASVG war von diesem Gedanken getragen (Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, 85 BlgNR 18. GP, 4).
5. Aus all dem folgt - zusammenfassend -, daß der Versicherungsfall des Alters durch die Entscheidung der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten über die Gewährung der Alterspension des Klägers ab gemäß § 253 ASVG nicht nur für den Bereich dieses Sozialversicherungsgesetzes, sondern auch für den Bereich der anderen Sozialversicherungsgesetze, speziell des GSVG, konsumiert worden ist. Der Umstand, daß der Kläger die Zeiten nach dem GSVG erst nach Gewährung der ASVG-Pension erwarb, vermag daran nichts zu ändern; der Versicherungsfall des Alters kann nach allen Systemen nur einmal eintreten (SSV-NF 8/34). Nur dann, wenn der Kläger nach Vollendung seines 65. Lebensjahres die Alterspension seinerzeit nicht beantragt hätte (siehe oben zu Punkt 4. b), wäre nunmehr die Leistung aus dem Versicherungsfall des Alters von der hier in Anspruch genommenen beklagten Partei als leistungszuständigem Versicherungsträger - freilich unter Berücksichtigung der seither erworbenen Versicherungsmonate und der sich aus den in dieser Zeit geleisteten Beiträgen ergebenden veränderten Bemessungsgrundlage - zu gewähren. Da er jedoch nach Vollendung des 65. Lebensjahres sogleich die Alterspension gemäß § 253 ASVG in Anspruch nahm, ist es ihm verwehrt, aus demselben Versicherungsfall (nunmehr eben gestützt auf den inhaltsgleichen § 130 GSVG) einen identen Anspruch geltend zu machen (so auch 10 ObS 2427/96a). Daß dies auch verfassungsrechtlich unbedenklich ist, wurde bereits einleitend zu Punkt 1. ausführlich begründet.
6. Da die Entscheidung des Berufungsgerichtes mit allen diesen Grundsätzen in Einklang steht, war der Revision keine Folge zu geben. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.