OGH vom 05.03.1997, 13Os119/96
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel, Dr. Ebner, Dr. Rouschal und Dr. Habl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Miljevic als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johannes H***** wegen des Vergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und Abs 2 lit a, 13 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten und der Haftungsbeteiligten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom , GZ 14 Vr 1.067/91-68, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen gemäß § 390 a StPO, der Haftungsbeteiligten gemäß § 241 FinStrG die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johannes H***** des Finanzvergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und Abs 2 lit a, 13 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt, für deren Haftung gemäß § 28 Abs 1 FinStrG die H***** GmbH zur ungeteilten Hand mit dem Angeklagten verpflichtet wurde.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat der Angeklagte als kollektiv vertretungsbefugter Geschäftsführer der H***** GmbH in Breitenschützing
I vom bis unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht durch Abgabe unrichtiger Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 1988 und 1989 eine Verkürzung an Umsatzsteuer, und zwar
1) für 1988 in der Höhe von 1,343.596 S bewirkt und
2) für 1989 im Betrag von 541.324 S zu bewirken versucht, sowie
II vom bis unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von den in § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer im Betrag von 932.298 S dadurch bewirkt, daß er die am an die Stadtgemeinde Salzburg ausgestellten Schlußrechnungen Nr 1601/89 und 1602/89 im Gesamtbetrag von netto 4,661.495,34 S nicht der Umsatzsteuer unterwarf.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Z 4, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, während die Haftungsbeteiligte den Haftungsausspruch mit einer aus § 281 Abs 1 Z 3 und 8 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:
Der geltend gemachte Verfahrensmangel (Z 4), den der Beschwerdeführer in der Abweisung seines Antrags auf Einholung eines ergänzenden Gutachtens des Sachverständigen Dkfm D***** erblickt, haftet dem Urteil schon deshalb nicht an, weil der Antrag den formellen Voraussetzungen nicht gerecht wird. Denn um einen Beweisantrag im Sinne der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO rechtserheblich erscheinen zu lassen, genügt die bloße Bezeichnung von Beweismittel und Beweisthema im allgemeinen nicht. Vielmehr ist in der Regel der Fälle noch erforderlich, anzugeben und zu begründen, inwieweit von der Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis überhaupt erwartet werden kann. Die Begründung muß dabei um so eingehender sein, je fraglicher die Brauchbarkeit des geforderten Verfahrensschrittes im Lichte der übrigen Verfahrensergebnisse ist (vgl SSt XXXI 121; Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 19 c,o).
Im vorliegenden Fall hatte der Beschwerdeführer die Einholung eines "ergänzenden" Sachverständigen-Gutachtens zum Beweise dafür beantragt, daß die Ergebnisse der abgabenbehördlichen Betriebsprüfung unrichtig sind und "daß sich aus der Buchhaltung, der Beischaffung der jeweiligen Projekte und Einsichtnahme in die Mehrwertsteuerkonten der Firmen, die die Umsatzsteuer mittels "Überrechnung" bezahlen, ergibt, daß eine Abgabenhinterziehung weder im Bereich der Vollendung noch des Versuches in der in der Anklageschrift vorgebrachten Höhe vorliegt".
Abgesehen davon, daß damit Beweisthema und Beweismittel nur unzureichend bezeichnet sind, läßt dieser Antrag jegliche Begründung dafür vermissen, weshalb die begehrte Beweisaufnahme ein die Ergebnisse der Betriebsprüfung problematisierendes Resultat oder sonst eine erfolgversprechende Bereicherung der für die Entscheidung wesentlichen Prämissen hätte erwarten lassen. Die erst in der Rechtsmittelschrift vorgebrachten Gründe tatsächlicher Art (welche im übrigen den vorgenannten Erfordernissen ebensowenig entsprechen) können dabei keine Berücksichtigung finden, weil bei der Prüfung der Berechtigung des Beweisantrages stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Stellung des Antrags und den bei seiner Stellung vorgebrachten Gründen auszugehen ist (Mayerhofer aaO E 41).
Im übrigen wird im Beweisantrag nicht die Abgabenhinterziehung als solche, sondern nur die in der Anklageschrift angegebene Höhe des Hinterziehungsbetrages in Zweifel gezogen. Im Hinblick darauf, daß der strafbestimmende Wertbetrag im Faktum I 1 in einer gegenüber der Anklage geringeren Höhe festgestellt wurde, der Beweisantrag unkonkretisiert geblieben ist und sich das Beschwerdevorbringen hiezu jeglicher näheren Ausführung enthält, mangelt es an einer deutlichen und bestimmten Darlegung jener Tatumstände, die den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund bilden sollen, weshalb der Nichtigkeitsgrund insoweit nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gelangt.
Der in der Tatsachenrüge (Z 5a) erhobene Einwand mangelhafter Aufklärung zur subjektiven Tatseite ist nicht gerechtfertigt. Dieser Nichtigkeitsgrund ermöglicht nur einen Vergleich von aktenkundigen Umständen mit den entsprechenden Konstatierungen der, sofern damit erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit entscheidender Urteilsannahmen aufgezeigt werden können, die Nichtigkeit des Urteils bewirkt. Eine Bestreitung der von den Tatrichtern frei gewonnenen Überzeugung von der Beweiskraft einzelner Beweismittel ist dagegen unzulässig. Ebensowenig vermag eine unvollständige Ausschöpfung möglicher Beweisquellen diesen Nichtigkeitsgrund herzustellen, es sei denn, es wäre bereits aus der Aktenlage erkennbar, daß zufolge Unterbleibens einer amtswegigen Wahrheitsforschung die Sachverhaltsaufklärung mangelhaft blieb.
Diesen Erfordernissen wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.
Das Schöffengericht hat die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 14) aus der detailliert geschilderten Vorgangsweise des Angeklagten, insbesondere aus den von ihm veranlaßten, der Sachlage nicht entsprechenden Umbuchungen erschlossen (US 28). Weder durch die Spekulationen über die Motive dieses Vorgehens noch durch den Hinweis darauf, daß kein Zeuge bestätigte, daß der Angeklagte bei den Umbuchungen mit der "Absicht der Abgabenverkürzung" gehandelt habe, werden aktenkundige Umstände angeführt, die geeignet wären, erhebliche Bedenken im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 a StPO zu erwecken.
Ein Verstoß gegen die Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung hinwiederum liegt weder in der (bereits bei der Erledigung der Mängelrüge erörterten) Ablehnung des Antrags auf Einholung eines (ergänzenden) Sachverständigengutachtens noch in der Nichtbeachtung einer vom Angeklagten in seiner Verantwortung erwähnten, aber weder vorgelegten noch als Beweis beantragten "Umbuchungsliste", deren Relevanz für die dem Schuldspruch zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen vermag.
Die Tatsachenrüge, die im übrigen unter Einbeziehung teils nicht sachrelevanter abgabenrechtlicher Überlegungen den Versuch unternimmt, den Tatvorsatz des Angeklagten in Zweifel zu ziehen, damit aber in hier unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Tatrichter bekämpft, erweist sich demnach als unbegründet.
Auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a) versagt, übergeht der Beschwerdeführer doch mit der Behauptung von Feststellungsmängeln zur subjektiven Tatseite die diesbezüglich eindeutigen Urteilsannahmen (US 14) und verfehlt solcherart die prozeßordnungsgemäße Darstellung dieses Nichtigkeitsgrundes.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Haftungsbeteiligten
Der auf § 281 Abs 1 Z 3 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, mit der ein Abweichen der Urteilsausfertigung vom verkündeten Urteil insoweit geltend gemacht wird, als nach dem Beschwerdevorbringen ein Haftungsausspruch anläßlich der mündlichen Urteilsverkündung unterblieb, kann schon deshalb kein Erfolg beschieden sein, weil die behauptete Abweichung nicht vorliegt; wurde doch ein entsprechender Urteilsberichtigungsantrag der Haftungsbeteiligten abgewiesen (ON 82).
Die Beschwerde geht aber auch ins Leere, soweit sie das Haftungserkenntnis im Hinblick auf das Fehlen einer entsprechenden Antragstellung der Staatsanwaltschaft als Anklageüberschreitung (Z 8) releviert. Eine Anklageüberschreitung liegt nur in den im Gesetz (§ 281 Abs 1 Z 8 StPO) genannten Fällen, somit nur dann vor, wenn das Urteil die Anklage gegen die Vorschriften der §§ 262, 263 und 267 StPO überschritten, mithin die Identität zwischen Anklage- und Urteilsfakum mißachtet oder aufgrund einer nicht prozeßordnungsgemäß erhobenen oder ausgedehnten Anklage einen Schuldspruch gefällt hat. Diese Fallgestaltung ist hier jedoch nicht gegeben. Der in § 28 FinStrG vorgesehene Haftungsausspruch hängt vom Vorliegen bestimmter von der Beschwerde unangefochten gebliebener Voraussetzungen (= womit hier das Vorbringen als Nichtigkeitsbeschwerde überhaupt auscheidet und nur mehr die Berufungsmöglichkeit offen steht; s § 238 lit a FinStrG; Dorazil-Harbich FinStrG Anm 17 zu § 28 mit weiteren Nachweisen), nicht aber von der Stellung eines Antrages der Anklagebehörde ab.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren somit bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen, woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285 i StPO).
Die den Angeklagten treffende Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet, jene der Haftungsbeteiligten in der Sonderregelung (SSt 57/83) des § 241 FinStrG. Die Haftungsbeteiligte hat somit vorliegend allein die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels, die ohne ihr Einschreiten nicht entstanden wären, zu ersetzen.
Soweit die Verteidigung zu der ihr zugestellten kursorischen (ablehnenden) Stellungnahme der Generalprokuratur (worin ohnehin darauf hingewiesen wird, daß weitere Ausführungen zu den Rechtsmitteln unterbleiben) eine "Zustellung des Croquis" beantragt, ist der Oberste Gerichtshof nicht Adressat, weil ein solches dem Gericht nicht vorliegt und somit unbekannt ist.
Die Meinung, eine (formell) auf § 281 Abs 1 Z 4 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde erfordere jedenfalls die Anordnung eines Gerichtstages, ist auf 3 285 d Abs 1 Z 2 StPO (bezüglich Z 4) und § 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a StPO (bezüglich Z 9 lit a, s Mayerhofer StPO4 § 285 a ENr 61) zu verweisen.