OGH vom 12.07.2000, 9Ob127/00t
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Kraftloserklärungssache der Antragstellerin Mag. Heidrun M*****, Lehrerin, *****, vertreten durch DDr. Horst Spuller, Rechtsanwalt in Graz, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom , GZ 2 R 41/00t-37, womit der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 26 T 603/99t-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin beantragte die Kraftloserklärung mehrerer Sparbücher und Depotscheine, darunter den EKG-Bon der B*****Bank ***** (in der Folge: B***** Bank), Wertpapierverrechnungskonto Nr. 480-231023. Sie sei die Witwe des am verstorbenen Dr. Heinz M***** und habe im Verlassenschaftsverfahren zu 15 A 162/99x des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz die bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlass abgegeben. Der Verstorbene habe ihr kurz vor seinem Tod eine Geldbörse übergeben, in der sich ua eine Liste mit Kontonummern befunden habe. Die vom Antrag erfassten Sparbücher und Depotscheine seien - kurz vor oder kurz nach dem Tod des Erblassers - in Verlust geraten. Sie befänden sich in Händen einer oder mehrerer Personen, die sich offenbar auf ungerechtfertigte Weise in ihren Besitz gesetzt hätten und der Antragstellerin unbekannt seien. Am habe eine der Antragstellerin unbekannte Person versucht, "das Sparguthaben und Depot" bei der B***** Bank (Anm: vom Antrag sind zwei EKG-Bons der B*****Bank erfasst) zu realisieren. Der Sachbearbeiter der Bank habe erklärt, die Klärung der Sache abwarten zu müssen und der Person angeraten, sich mit dem Vertreter der Antragstellerin in Verbindung zu setzen. Dies habe diese Person aber nicht getan.
Auf die "erste Anfrage" (§ 4 Kraftloserklärungsgesetz [KEG]) teilte die B*****Bank ua mit, dass der hier interessierende EKG-Bon vom derzeitigen Inhaber unter Nennung des vereinbarten Losungswortes vorgelegt worden sei.
Mit Beschlüssen vom , ON 20 bis 25, bot das Erstgericht diverse Wertpapiere auf.
Hinsichtlich des hier in Rede stehenden EKG-Bons wies es mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Kraftloserklärung mit der Begründung ab, dass dieses Wertpapier nach Auskunft der Bank existiere.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss.
Es erachtete zwar dessen Begründung als unzutreffend, weil die Tatsache der Existenz des Wertpapiers kein Grund für die Abweisung eines Kraftloserklärungsantrages sei. Es sei aber aufzugreifen, dass die Antragstellerin nicht antragslegitimiert sei. Die Kraftloserklärung sei nämlich nur dem zu gewähren, der den Anspruch auf den Besitz der Urkunde habe. Dies könne aber hier mangels Einantwortung des Nachlasses nicht die - wenn auch erbserklärte - Erbin, sondern nur der ruhende Nachlass sein. Konkrete Anhaltspunkte, dass die Antragstellerin in Vertretung des Nachlasses tätig werde, gebe es nicht. Außerdem wäre unter dieser Voraussetzung zu beachten, dass sie zur Beantragung der Kraftloserklärung der verlassenschaftsgerichtlichen Genehmigung bedürfte.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil zur Frage, ober der (bloß) erbserklärte Erbe (im eigenen Namen) zum Antrag auf Kraftloserklärung von Urkunden, die angeblich in den Nachlass fallen, legitimiert sei, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.
Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zum Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens ist gemäß § 3 Abs 1 KEG berechtigt, wer ein Recht aus oder auf Grund der Urkunde geltend machen kann oder wer sonst ein rechtliches Interesse an der Kraftloserklärung der Urkunde hat. Dies wurde vom Obersten Gerichtshof dahin ausgelegt, dass die Kraftloserklärung nur solchen Parteien zu gewähren ist, die Anspruch auf den Besitz der Urkunde haben. Wer hingegen die Urkunde niemals besessen und nie ein Recht auf sie gehabt hat, kann die Kraftloserklärung nicht verlangen (EvBl 1998/25 mit eingehender Begründung).
Die Antragstellerin hat in ihrer Eigenschaft als erbserklärte Erbin keinen Anspruch auf den Besitz der Urkunde. Einen solchen Anspruch könnte nur die Verlassenschaft haben. Als deren Vertreterin ist aber die Antragstellerin - wie schon das Rekursgericht ausgeführt hat und im Revisionsrekurs mit keinem Wort bestritten wird - nicht aufgetreten.
Aus der Entscheidung 2 Ob 178/97h ist nichts Gegenteiliges abzuleiten. Ungeachtet des irreführenden Leitsatzes in ecolex 1998, 21 setzt sich diese Entscheidung, mit der die Abweisung eines Antrages auf Kraftloserklärung von Urkunden aus anderen Überlegungen bestätigt wurde, mit der Antragslegitimation der dort als Antragsteller aufgetretenen erbserklärten Erben mit keinem Wort auseinander. Dies wurde schon vom Rekursgericht richtig erkannt, das ebenso zutreffend auf die mit dem hier erzielten Ergebnis übereinstimmende Entscheidung 1 Ob 530/95 verwiesen hat, in der die Rechtsauffassung vertreten wurde, dass die Sperre von allenfalls in den Nachlass fallenden Spar- und Wertpapierbüchern die Rechtssphäre der (auch dort nicht als Vertreter des Nachlasses auftretenden) erbserklärten Erben nicht berührt.