OGH 05.11.1996, 10ObS2296/96m
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Eva-Maria Sand und Dr.Franz Zörner (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Karl Heinz P*****, Techniker, ***** vertreten durch Dr.Ladislav Margula, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Haupstraße 84-86, vertreten durch Dr.Karl Leitner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Kostenersatz (S 164.350,37), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Rs 104/95-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wr. Neustadt als Arbeits- und Sozialgerichtes vom , GZ 4 Cgs 72/94m-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am geborene, bei der beklagten Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft krankenversicherte Kläger verbrachte im Sommer 1993 einen Urlaub auf Haiti. Während dieses Urlaubs erlitt er am in Kaliko Beach eine schwere Nierenkolik. Für die Behandlung im dortigen Krankenhaus und in einem weiteren Krankenhaus in Florida (USA), wohin er sich überstellen ließ, sowie für Medikamente erwuchsen ihm Kosten von (umgerechnet) S 179.498,41.
Mit Bescheid vom gewährte die Beklagte für die vom Kläger am eingereichten Honorarnoten für diese Krankenbehandlung in Haiti und den USA einen Kostenersatz von S 15.148,04; das darüber hinausgehende Mehrbegehren auf einen höheren Kostenersatz lehnte sie ab. Bei einer Krankenbehandlung im Ausland sei, sofern diese nicht im Rahmen zwischenstaatlicher Verträge erfolge bzw mangels solcher Verträge erfolgen könne, die Vergütung der Kosten im Sinne der §§ 85 Abs 2 und 96 Abs 2 GSVG bis zur Höhe jenes Betrages zu erbringen, der bei Inanspruchnahme dieser Leistungen im Inland aufzuwenden gewesen wäre.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Zahlung des restlichen Betrages von S 164.350,37 samt 4 % Zinsen seit . Die Beklagte habe die gesamten Kosten der im Ausland notwendig gewordenen Nierensteinbehandlung zu ersetzen. Die Beklagte habe nicht vorgesorgt, in Haiti und in den USA Träger für Sachleistungen unter Vertrag zu halten und habe in Ansehung dieser Mängel entgegen dem Vorsorgeprinzip des § 78 Abs 1 GSVG auch keine adäquate Rückholeinrichtungen angeboten oder bereit gehalten. Der Kläger sei bei sonstiger Lebensgefahr genötigt gewesen, jede Hilfe in Anspruch zu nehmen, die ihm wo immer und zu welchen Kosten auch immer erreichbar gewesen sei. Die gesetzliche Beschränkung des Geldersatzes sei daher aus mangelnder Vorsorgeleistung der Beklagten nicht anzuwenden. Die im angefochtenen Bescheid zugrundegelegten Vergütungsleistungen seien der Höhe nach nicht nachvollziehbar und unangemessen. Der Verpflegskostensatz und die sonstigen vertragsmäßigen Kosten seien jedenfalls deshalb nicht repräsentativ, weil sie nicht die wirklichen Kosten wiedergäben. Selbst für eine Behandlung im Inland hätte der zuerkannte Betrag nicht ausgereicht. Es könne nicht angehen, daß der Kläger nur wegen der erforderlichen Behandlung im Ausland jenen Teil der Kosten selbst finanzieren müsse, den sich die Beklagte durch Zuschußleistungen der öffentlichen Hand auf die Defizite der Krankenanstalten erspare. Die vom Kläger aufgewendeten Behandlungskosten würden den am Behandlungsort üblichen Tarifen entsprechen. Eine alternative Rückreise wäre mit Kosten von wenigstens S 200.000,-- verbunden gewesen. Der Kläger sei jedoch wegen der lebensgefährlichen Erkrankung gar nicht transportfähig gewesen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wiederholte ihren im angefochtenen Bescheid eingenommenen Rechtsstandpunkt. Auch im Falle eines Auslandsaufenthaltes habe die Beklagte dem Versicherten nur jene Beträge zu ersetzen, die sie auch einem inländischen Vertragspartner leisten würde, abzüglich eines allfälligen Kostenanteils. Entgegen der Auffassung des Klägers könne § 85 Abs 2 lit b GSVG ("wenn ein Anspruch auf Sachleistung gegeben ist") nicht dahin ausgelegt werden, daß diese Bestimmung nur anzuwenden sei, wenn Vertragspartner zur Leistungserbringung zur Verfügung stünden. In Zusammenschau mit § 85 Abs 2 lit c GSVG ("wenn kein Anspruch auf Sachleistung gegeben ist") ergebe sich, daß damit nur die Anwendbarkeit der jeweiligen Bestimmung gemeint sein könne, wann der Versicherte Sachleistungsberechtigter bzw Geldleistungsberechtigter sei. Bei Aufnahme eines Sachleistungsberechtigten in die Sonderklasse habe die Beklagte nur jenen Kostenersatz zu erbringen, der den Verpflegskosten der allgemeinen Gebührenklasse entspreche. Dem Kläger seien daher die Spitalskosten nur in Höhe jenes Betrages zu vergüten, den die Beklagte bei direkter Verrechnung aufzuwenden gehabt hätte (nämlich S 1.307,-- pro verrechnetem Aufenthaltstag). Ungeachtet § 78 GSVG sei die Beklagte nicht verpflichtet, mit Ärzten und Krankenhäusern weltweit Verträge abzuschließen. Unter Vertragspartnern im Sinne des 6. Teiles des ASVG könnten daher nur inländische Einrichtungen gemeint sein.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Beklagte sei nur zur Erbringung jener Leistungen verpflichtet, die im Fall einer Behandlung im Inland erwachsen wären.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägers nicht Folge. Es verneinte das Vorliegen der gerügten Verfahrensmängel und übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen. Der Rechtsrüge des Klägers hielt es entgegen, daß er grundsätzlich Sachleistungsberechtigter gemäß § 85 Abs 2 lit b GSVG sei, diese Sachleistungen jedoch deswegen nicht in Anspruch nehmen habe können, weil am Ort seines Auslandsaufenthaltes kein Vertragspartner der Beklagten vorhanden gewesen sei, der gegen direkte Verrechnung der vertragsmäßigen Kosten solche Sachleistungen erbracht hätte. Dem Kläger sei durchaus zuzugeben, daß von einer Inanspruchnahme von Sachleistungen im Sinne des § 85 Abs 3 GSVG hier nicht ausgegangen werden könne. Er übersehe aber, daß die im § 85 Abs 2 lit b GSVG vorgesehene Abgeltung von Sachleistungsansprüchen durch Kostenersätze unabhängig davon gelöst worden sei, ob den Versicherten an der mangelnden Inanspruchnahme von Sachleistungen irgendein Verschulden treffe. Die Bestimmungen des § 85 Abs 4 GSVG zeigten, daß auch für den Fall, als bisherige Vertragspartner in einen vertragslosen Zustand treten, Versicherten, die vor Eintritt des vertragslosen Zustandes Anspruch auf Sachleistungen hatten, Kostenersätze nach Maßgabe des § 85 Abs 2 lit b GSVG zu gewähren seien. Auch solche Kostenersatzfälle seien einer Einflußnahme des Versicherten entzogen. In beiden Fällen komme eben nur ein Kostenersatz als Entschädigung für den grundsätzlichen Anspruch auf Sachleistung in Betracht. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, Leistungsabkommen für Haiti und für die USA abzuschließen oder andernfalls den Versicherten zu warnen, daß in diesen Ländern keine Sachleistungen erbracht würden. Der Kläger übersehe, daß eine derartige Überspitzung des Vorsorgeprinzips eine enorme finanzielle Belastung für die gesamte Versichertengemeinschaft mit sich brächte. Die im Zuge des ansteigenden Tourismus sich bietenden umfangreichen Informationsmöglichkeiten erlaubten es zudem jedem Versicherungsnehmer, sich schon vor Antritt einer Reise ein Bild über die medizinischen Versorgungsmöglichkeiten des jeweiligen Reiselandes zu verschaffen und allfällige Dispositionen zu treffen. Die von der Beklagten zugrundegelegten Vergütungen seien hinsichtlich der tariflichen Höhe und der rechnerischen Richtigkeit nicht subtantiell bestritten worden. Das Berufungsgericht sprach schließlich ohne nähere Begründung aus, daß die ordentliche Revision mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG nicht zulässig sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragt die Abänderung im Sinne einer Klagestattgebung, hilfsweise die Aufhebung und Zurückverweisung.
Die Beklagte erstattete eine ihr freigestellte Revisionsbeantwortung und beantragte, der Revision nicht Folge zu geben. Da dieser Schriftsatz erst am und damit nicht innerhalb der Frist von 4 Wochen ab Zustellung der Revision () zur Post gegeben wurde, war er zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Kostenerstattung für notwendige Krankenbehandlung anläßlich eines Auslandsurlaubs nicht vorliegt (§ 46 Abs 1 ASGG). Die Entscheidung SZ 65/159 = SSV-NF 6/142 = EvBl 1994/2 betraf den Fall eines Versicherten, der sich zwecks Vornahme einer Operation ins Ausland begab, während der Kläger im vorliegenden Fall im Ausland anläßlich einer Urlaubsreise erkrankte und dort behandelt wurde. Die Entscheidung SSV-NF 8/115 betraf hingegen im Ausland durchgeführte kosmetische Operationen einer im Inland wohnenden Versicherten.
Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.
Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Der Kläger vermißt Feststellungen zur Frage der Ortsüblichkeit der Höhe der aufgewendeten Kosten im Ausland und macht damit der rechtlichen Beurteilung zuzuordnende Feststellungsmängel geltend, die aber wie weiter unten darzulegen sein wird, nicht vorliegen.
In seiner Rechtsrüge steht der Kläger weiterhin auf dem Standpunkt, die Beklagte wäre bei gänzlich fehlender Sachleistungsvorsorge nicht berechtigt, sich auf willkürliche Verpflegskostensätze und Vergütungssätze zu beschränken; sie sei vielmehr verpflichtet, den tatsächlichen Behandlungsaufwand des Klägers im vollen Umfange zu ersetzen. Die Beklagte hätte mit Haiti und mit den USA Leistungsabkommen schließen oder aber den Kläger warnen müssen, daß solche Abkommen nicht bestehen.
Diesen Ausführungen ist nicht zu folgen. Es ist zwar richtig, daß die Krankenversicherung nach § 78 Abs 1 Z 2 GSVG unter anderem Vorsorge für den Versicherungsfall der Krankheit trifft. Dieser öffentlich-rechtlichen Verpflichtung kommt der Krankenversicherungsträger nach, wenn er die Erbringung der Gesundheitsgüter organisiert, sei es durch Schaffung eigener Einrichtungen, sei es durch Verpflichtung von Dritten (insbesondere Ärzten) im Vertragswege. Ist der Krankenversicherungsträger nicht in der Lage, Naturalleistungen zur Verfügung zu stellen, so tritt an deren Stelle die Erbringung von Geldleistungen (Kostenerstattung). Geht man von den damit verknüpften Rechtsfolgen aus, nimmt eine Kostenerstattung der Krankenversicherungsleistung aber grundsätzlich ebensowenig den Sachleistungscharakter wie eine Kostenbeteiligung (Binder in Tomandl, SV-System 7. ErgLfg 187 f mwN). Die Auffassung, daß der Versicherungsträger über den inländischen Bereich hinausgehend verpflichtet sei, durch entsprechende Sozialversicherungsabkommen sicherzustellen, daß Krankenversicherte weltweit, also wo immer sie gerade der Anstaltspflege bedürfen, diese Anstaltspflege als Sachleistung erhalten können, erscheint rechtlich nicht gedeckt und schon vom Ansatz her verfehlt. Zwischenstaatliche Sozialversicherungsabkommen werden nämlich nicht von Versicherungsträgern, sondern vom Bund mit den in Betracht kommenden Auslandsstaaten abgeschlossen und sind jeweils das Ergebnis sozialpolitischer Verhandlungen und Entscheidungen. Sie setzen auch einen entsprechenden Vertragswillen und eine Leistungsbereitschaft der ausländischen Staaten voraus und können nicht von der Republik, geschweige denn von einzelnen Versicherungsträgern erzwungen werden. Die Organisation der Sozialversicherung beschränkt sich insoweit auf das Staatsgebiet (Selb in Tomandl, SV-System 6.ErgLfg 777). Der Mangel eines sich auf die Krankenversicherung nach dem GSVG erstreckenden Sozialversicherungsabkommens mit Haiti bzw den USA kann daher keinesfalls auf ein der Beklagten vorwerfbares Verhalten zurückgeführt werden. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, daß es zwar ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika im Bereich der sozialen Sicherheit gibt (BGBl 1991/511 mit Wirksamkeitsbeginn ), doch sieht dieses Abkommen lediglich materielle Regelungen im Bereich der Pensionsversicherung vor (vgl Siedl/Spiegel, Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht 17a USA, 2).
Der Kläger kann sich auch zur Begründung seines Kostenerstattungsbegehrens nicht darauf berufen, die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, ihn auf das Fehlen solcher zwischenstaatlicher Abkommen hinzuweisen. Abgesehen davon, daß ein Krankenversicherungsträger im Regelfall von derartigen Auslandsaufenthalten gar keine Kenntnis hat, können auch wie im vorliegenden Fall im Ausland akute Erkrankungen auftreten, an deren Behandlungsbedarf dann das Wissen eines Versicherten, daß keine Sachleistungen auf Rechnung des Versicherungsträgers im Ausland erbracht werden können, nichts ändern würde. Dazu kommt, daß der Kläger gar nicht behauptet hat, vor Antritt seiner Urlaubsreise bei der Beklagten nachgefragt und etwa die Ausstellung eines Auslandskrankenscheines begehrt zu haben.
Ein inländischer Sozialversicherungsträger hat aber im Ausland ohne Verwaltungshilfe eines ausländischen Trägers praktisch keine Möglichkeit, dem Versicherten Sachleistungen durch eigene oder Vertragseinrichtungen der Krankenbehandlung zur Verfügung zu stellen. Es besteht keine Verpflichtung, Verträge mit Einrichtungen der Krankenbehandlung im Ausland abzuschließen (vgl Öhlinger, Krankenversicherungsrechtliche Probleme bei Auslandsberührung, in:
Tomandl [Herausgeber], Auslandsberührungen in der Sozialversicherung, 49 ff). Soweit zwischenstaatliche Abkommen nicht bestehen, ist für Dienstnehmer § 130 ASVG von Bedeutung: Hält sich ein Pflichtversicherter in dienstlichem Auftrag im Ausland auf, erhält er die Leistungen der Krankenversicherung vom Dienstgeber im Rahmen einer arbeitsvertraglichen Pflicht (Grillberger, Österreichisches Sozialrecht3, 38). Der Kläger kann also seinen Anspruch auch nicht darauf stützen, daß die Beklagte keine Verträge mit Ärzten und Krankenanstalten in Haiti oder in den USA geschlossen hat.
Der Oberste Gerichtshof hat in der bereits eingangs zitierten Entscheidung SZ 65/159 (= SSV-NF 6/142 = EvBl 1994/2) ausgeführt, daß es der Versichertengemeinschaft grundsätzlich nicht zuzumuten ist, die wesentlich höheren Kosten einer Operation im Ausland zu übernehmen, wenn eine gleiche Operation kostengünstiger im Inland erfolgen kann und daß der Krankenversicherungsträger, solange er im Inland eine zweckmäßige und ausreichende Krankenbehandlung zur Verfügung stellt, seiner Verpflichtung zur Sachleistungsvorsorge entsprochen hat und daß daher diesfalls kein Anspruch auf Ersatz der tatsächlichen Kosten einer medizinisch gleichwertigen, allenfalls auch aufwendigeren Therapie im Ausland besteht. Dieser Grundsatz muß analog auch gelten, wenn ein sachleistungsberechtigter Versicherter derartige Leistungen aus in seiner Sphäre gelegenen Gründen, etwa weil er sich über eigenen Entschluß auf einer Urlaubsreise im Ausland aufhält, im Inland nicht in Anspruch nimmt oder nehmen kann. Bloß weil am Ort der Erkrankung keine Krankenanstalt zur Erbringung von Sachleistungen zur Verfügung stand und daher der Kläger auch dort keine Wahlfreiheit im Sinne des § 85 Abs 2 lit b GSVG hatte, liegen keineswegs die Voraussetzungen für eine Vergütung, die über die Kostenersätze im Sinne der zitierten Bestimmung hinausgeht, vor. Dazu bestimmte auch § 28 der damals in Kraft stehenden Satzung der Beklagten wörtlich: "Im Falle der Inanspruchnahme einer Leistung im Ausland ist, sofern die Leistungserbringung nicht im Rahmen zwischenstaatlicher Verträge erfolgt, die Vergütung der Kosten im Sinne der Bestimmungen des § 85 Abs 2 bzw § 96 Abs 2 GSVG bis zur Höhe jenes Betrages zu erbringen, welchen die Anstalt bei Entstehung des Anspruches im Inland aufzuwenden gehabt hätte. Hiebei ist jeweils jener Tarif in Anwendung zu bringen, der für die vom Wohnsitz (in Ermangelung eines solchen von der Betriebsstätte) des Versicherten aus gesehen nächst gelegene geeignete Behandlungsstelle (zB Krankenanstalt) maßgebend ist....."
In diesem Zusammenhang ist von Interesse, daß auch nach der in der Bundesrepublik Deutschland vertretenen Auffassung die Erbringung von Sachleistungen an einen Versicherten während seines Auslandsaufenthaltes nicht möglich ist, weshalb sein Sachleistungsanspruch auf Krankenbehandlung während eines solchen Aufenthaltes ruht und sich ein Versicherter, soweit keine Sozialversicherungsabkommen bestehen, gegen das Risiko einer Erkrankung im Ausland privat versichern muß (Urteil des BSG vom -RV 11/95, NZS 1996, Heft 4 VII). Ist während eines vorübergehenden Auslandsaufenthalts eine Behandlung unverzüglich erforderlich, die auch im Inland möglich wäre, hat die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung insoweit zu übernehmen, als der Versicherte sich hiefür wegen einer Vorerkrankung oder seines Lebensalters nachweislich nicht versichern kann und die Krankenkasse dies vor Beginn des Auslandsaufenthaltes festgestellt hat. Die Kosten dürfen in einem solchen Fall nur bis der Höhe, in der sie im Inland entstanden wären, und nur für längstens 6 Wochen im Kalenderjahr übernommen werden (§ 18 Abs 3 SGB V; vgl dazu Hauck, SGB V, K § 18, 1 ff; Peters im Kasseler Komm SozVR § 18 SGB V Rz 1 ff). Auch für den österreichischen Rechtsbereich müssen Versicherte auf die Möglichkeit verwiesen werden, sich gegen das Risiko einer Erkrankung im Ausland privat zu versichern, sofern nicht Krankenbehandlungsanspruch aufgrund von zwischenstaatlichen Abkommen gesichert ist.
Aus diesen Erwägungen hat der Kläger keinen über die von der beklagten Partei zuerkannten Beträge hinausgehenden Kostenerstattungsanspruch. Daß die Kostenerstattung unter Umständen hinter den Marktpreisen zurückbleibt, liegt im Wesen der österreichischen gesetzlichen Krankenversicherung begründet (vgl etwa auch § 131 Abs 1 ASVG, wonach der Ersatz der Kosten einer anderweitigen Krankenbehandlung nur in der Höhe [von 80 vH] des Betrages erfolgt, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre). Gegen die rechnerische Richtigkeit der im angefochtenen Bescheid ermittelten Vergütungssätze bestehen keine Bedenken.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Ehmayr als weitere Richter (Senat nach § 11 a Abs 3 ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Karl Heinz P*****, Techniker, ***** vertreten durch Dr.Ladislav Margula, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1053 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr.Paul Bachmann und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Kostenersatz (S 164.350,37), infolge Antrages der beklagten Partei auf Berichtigung des Urteiles des Obersten Gerichtshofes als Revisionsgerichtes vom , GZ 10 ObS 2296/96m, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Antrag auf Urteilsberichtigung wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit dem genannten Urteil des Obersten Gerichtshofes wurde der Revision des Klägers nicht Folge gegeben und weiters ausgesprochen, daß er die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen habe, die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei jedoch zurückgewiesen werde, weil sie erst am und damit nicht innerhalb von 4 Wochen ab Zustellung der Revision zur Post gegeben worden sei.
Die beklagte Partei beantragt unter Vorlage eines Postaufgabescheines vom die Berichtigung des Urteiles dahin, daß der Ausspruch über die Zurückweisung der Revisionsbeantwortung zu entfallen habe.
Rechtliche Beurteilung
Der Berichtigungsantrag ist unzulässig, weil die in allen drei Instanzen zur Gänze siegreiche beklagte Partei durch die Zurückweisung der Revisionsbeantwortung nicht beschwert ist, mit Rücksicht auf § 77 Abs 1 Z 1 ASGG und mangels Kostenverzeichnung nicht einmal im Kostenpunkt. Die gewünschte Berichtigung hätte demnach nur theoretisch-abstrakte Bedeutung. Auch die Kenntnisnahme der Revisionsbeantwortung als rechtzeitig hätte in der Sache selbst nicht zu einer anderen Entscheidung führen können. Der Hinwies auf die E JBl 1989, 402 geht fehl, weil dort infolge eines Berichtigungsantrages die Zurückweisung einer nach der Aktenlage verspäteten, jedoch materiell rechtzeitigen Revision aufgehoben wurde: Damit konnte der Oberste Gerichtshof anstelle der verfehlten Formalentscheidung über die Revision eine Sachentscheidung treffen. Diese Sachentscheidung wurde aber hier bereits gefällt.
Mangels jeder Beschwer war der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:1996:010OBS02296.96M.1105.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAD-77276