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OGH vom 19.07.2016, 10Nc8/16g

OGH vom 19.07.2016, 10Nc8/16g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr sowie die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen A***** G*****, geboren am ***** und des minderjährigen M***** G*****, geboren am *****, aufgrund der vom Bezirksgericht Perg verfügten Vorlage des Akts AZ 3 Ps 77/15w zur Entscheidung gemäß § 111 JN den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Bezirksgericht Perg zurückgestellt.

Text

Begründung:

Der 2003 geborene A***** und der 2010 geborene M***** sind die Kinder der E***** G***** und des M***** K*****. Die Obsorge für den mj A***** ist der väterlichen Großmutter I***** K***** übertragen (ON 169), der mj M***** lebt bei seiner Mutter. Diese ist nunmehr im Bezirk Amstetten wohnhaft. Bereits mit Beschluss des Bezirksgerichts Perg vom , GZ 42 Ps 24/14m 149, wurde die Zuständigkeit für die Erledigung der Pflegsschaftssache betreffend den mj M***** an das Bezirksgericht Amstetten übertragen. Nach der Aktenlage wurde der Akt dem Bezirksgericht Amstetten aber zwecks Übernahme der Zuständigkeit nicht übermittelt.

Am langte ein Antrag auf Ausdehnung des Kontaktrechts des Vaters zum mj M***** ein. Mit Beschluss vom , GZ 3 Ps 77/15w 175, übertrug das Bezirksgericht Perg daraufhin (neuerlich) die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache des mj M***** an das Bezirksgericht Amstetten. Als Begründung wurde ausgeführt, dass sich M***** jetzt ständig in ***** (bei seiner Mutter) aufhalte.

Das Bezirksgericht Amstetten lehnte die Übernahme der Pflegschaftssache unter Hinweis darauf ab, dass eine Aufsplittung des bisher gemeinsam für beide Minderjährigen geführten Pflegschaftsverfahrens zu einem insgesamt erhöhten Verfahrensaufwand führen würde (ON 177).

Das Bezirksgericht Perg legte daraufhin den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über die Zuständigkeit vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Aktenvorlage ist verfrüht.

Übertragungsbeschlüsse im Sinn des § 111 JN sind den Parteien zuzustellen, denen dagegen das Rechtsmittel des Rekurses zusteht (RIS Justiz RS0046981). Ohne rechtskräftigen Übertragungsbeschluss nach § 111 Abs 1 JN kommt nach nunmehr herrschender Rechtsprechung eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs nach § 111 Abs 2 JN nicht in Betracht (RIS Justiz RS0047067 [T3, T 5, T 7]; 10 Nc 19/09i). Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie auch hier – das für die Entscheidung über den Rekurs gegen den Übertragungsbeschluss zuständige Gericht mit dem zur Genehmigung nach § 111 Abs 2 JN berufenen Gericht nicht identisch ist, weil mangels Bestätigung des Übertragungsbeschlusses durch das Rekursgericht gar keine Grundlage für die Genehmigung einer Zuständigkeitsübertragung durch den Obersten Gerichtshof bestünde (RIS Justiz RS0047067 [T8]).

Die Rechtskraft des Übertragungsbeschlusses ist nicht eingetreten, weil laut der Aktenlage der Übertragungsbeschluss vom zwar an die Mutter (persönlich), nicht aber an deren Rechtsvertreter zugestellt wurde (§ 6 Abs 4 AußStrG iVm § 93 Abs 1 ZPO).

Der Akt ist daher dem übertragenden Gericht zurückzustellen, das den Übertragungsbeschluss auch dem Parteienvertreter der Mutter zuzustellen haben wird. Nach der Rechtskraft des Übertragungsbeschlusses werden die Akten erneut dem Obersten Gerichtshof vorzulegen sein (vgl 3 Nc 13/14p).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0100NC00008.16G.0719.000