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OGH vom 17.04.1996, 7Ob2097/96z

OGH vom 17.04.1996, 7Ob2097/96z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Peter G*****, als Masseverwalter in den Konkursen über das Vermögen 1. des Dr.Aurelio F***** (***** des Landesgerichtes Klagenfurt), 2. des Giovanni F***** (***** des Landesgerichtes Klagenfurt) und 3. des Filippo F***** (***** des Landesgerichtes Klagenfurt), wider die beklagten Parteien 1. Graf Leonardo Foscari Widmann R*****, 2. Graf Antonio Foscari Widmann R*****, 3. Graf Dr.Giorgio F*****, 4. Graf Dr.Alvise F*****, 5. Gräfin Elisabetta F*****, 6. Graf Ludovico F*****, 7. Graf Dr.Alessandro F*****, 8. Graf Ferigo F*****, 9. Graf Francesco F*****, 10. Graf Nicolo F*****, und 11. Verlassenschaft nach dem am verstorbenen Grafen Giuliano F*****, vertreten durch die erbserklärten Erben Piero F*****, und mj. Marco F*****, dieser vertreten durch Graf Giovanni F*****, die Beklagten 1. bis 4. und 6. bis 11. vertreten durch Dr.Herwig Rischnig, Rechtsanwalt in Villach, die 5.Beklagte vertreten durch DDr.Walter Barfuß ua Rechtsanwälte in Wien, wegen Realteilung, infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom , GZ 2 R 199, 200/95-20, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom , GZ 29 Cg 22/95-12, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Punkt 2. der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der fünftbeklagten Partei die mit insgesamt S 23.662,09 (darin S 3.943,68 USt) bestimmten Kosten des Rekurs- und Revisionsrekursverfahrens und der erst- bis viertbeklagten Partei sowie der sechst- bis elftbeklagten Partei die mit insgesamt S 67.918,29 (darin S 9.653,04 USt) bestimmten Kosten des Rekurs- und Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die vom klagenden Masseverwalter vertretenen Gemeinschuldner und die Beklagten sind teils Gründer einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts und teils die Universalrechtsnachfolger der Gründer. Sie sind zu unterschiedlichen Anteilen Miteigentümer verschiedener Liegenschaften, zu deren gemeinsamer Verwaltung und Bewirtschaftung die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet wurde. Nach dem Inhalt des am geschlossenen Gesellschaftsvertrages sind sie an dieser Gesellschaft im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile beteiligt. Sie verzichteten für die Dauer des Bestandes der Gesellschaft auf das Recht einer Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch Vermögensteilung (Punkt I. des Gesellschaftsvertrages).

Gemäß Punkt XV. des Gesellschaftsvertrages wurde die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer abgeschlossen. Eine Aufkündigung der Gesellschaft kann erstmals zum Ende des Jahres 1990, in der Folge jeweils nach Verlauf weiterer zehn Jahre erfolgen, wobei eine Kündigungsfrist von einem Jahr einzuhalten ist.

Punkt XVIII. lautet: "Im Fall der Aufkündigung der Gesellschaft durch einen Gesellschafter oder den Gläubiger eines Gesellschafters oder der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Gesellschafters wird die Gesellschaft von den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt, welche die Abtretung der im Art.III A angeführten Rechte im Verhältnis der Anteile der übernahmsbereiten Gesellschafter oder in einem vereinbarten Verhältnis verlangen können.

Ist kein Gesellschafter innerhalb der Kündigungsfrist zur Übernahme des Gesellschafts- und Miteigentumsanteiles des kündigenden Gesellschafters bereit, dann wird die Gesellschaft mit dem Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit der Kündigung aufgelöst und gelten von da an für die Rechtsverhältnisse zwischen den Miteigentümern der Forstbesitzgemeinschaft P***** nicht mehr die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages, sondern die gesetzlichen Regeln über die Gemeinschaft des Eigentums (§§ 825 bis 849 des ABGB), wenn nicht rechtzeitig eine andere Regelung vereinbart wird".

Punkt XX. enthält folgende Schiedsklausel: "Für alle Streitigkeiten aus diesem Gesellschaftsverhältnis unterwerfen sich die Vertragschließenden einem Schiedsgericht.

Jeder Streitteil wählt ein Mitglied des Schiedsgerichtes, diese beiden den Obmann ...

Jeder neu eintretende Gesellschafter hat die Schiedsgerichtsvereinbarung zu unterschreiben."

Der Masseverwalter begehrte, die Beklagten schuldig zu erkennen, in die Realteilung der Liegenschaften einzuwilligen. Er vertrat den Rechtsstandpunkt, daß die Gemeinschuldner infolge der Konkurseröffnung aus der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgeschieden seien. Vorsichtshalber habe er die Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch aufgekündigt.

Die fünftbeklagte Partei wendete die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes ein, weil nach Art.XX des Gesellschaftsvertrages ein Schiedsgericht anzurufen sei. Im übrigen bestritten sämtliche beklagte Parteien die Berechtigung des Teilungsbegehrens.

Das Erstgericht sprach seine sachliche Unzuständigkeit aus und wies die Klage zurück.

Mit dem angefochtenen Beschluß Punkt 2. änderte das Rekursgericht diesen Beschluß dahin ab, daß es die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit verwarf. Es vertrat die Ansicht, daß der Masseverwalter zumindest schlüssig das ihm gemäß § 21 KO zustehende Recht ausgeübt habe, von dem von allen Seiten noch nicht vollständig erfüllten Gesellschaftsvertrag zurückzutreten. Dieses Recht sei gemäß § 25a KO im voraus nicht beschränkbar, also auch nicht durch eine gegenteilige Bestimmung im Gesellschaftsvertrag. Durch die Rücktrittserklärung des Masseverwalters werde der Vertrag zwar nicht rückwirkend aufgehoben. Es unterbleibe aber seine weitere Erfüllung. Der Erfüllungsanspruch des Zurücktretenden werde in einen Schadenersatzanspruch umgewandelt. Auch daraus ergebe sich, daß ein allfälliges vertragliches Teilungshindernis nicht fortbestehen könne. Deshalb liege beim Streit über das Realteilungsbegehren gar keine Streitigkeit aus dem Gesellschaftsverhältnis, die dem Schiedsgericht vorbehalten wäre, vor.

Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs wegen der klaren Rechtslage nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Ungeachtet dieses Ausspruches ist zunächst darauf hinzuweisen, daß für Entscheidungen, mit denen die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichtes statt eines Schiedsgerichtes bejaht wird, der Rechtsmittelausschluß des § 45 JN nicht gilt (SZ 58/60).

Der Rekurs der Beklagten ist auch im Sinne des § 528 (1) ZPO zulässig und berechtigt.

Nach unbestrittener Auffassung bezieht sich § 21 KO auf Rechtsverhältnisse aus synallagmatischen Sachleistungsverträgen (Petschek/Reimer/Schiemer, Insol- venzrecht, 278; Bartsch/Pollak3 II, 224 ua). Bei diesen Verträgen ist die Entstehung von Rechten und Pflichten auf beiden Seiten begriffsnotwendig. Die Hauptleistungspflicht der einen Seite ist nach dem Willen der Parteien als Gegenleistung für die Hauptleistungspflicht der anderen Seite zu verstehen. Pflicht und Gegenpflicht stehen also im Austauschverhältnis. Die synallagmatischen Verträge sind zweiseitig verbindlich und entgeltlich; zu ihnen gehören zB Kauf, Tausch, Miete, Pacht, Werkvertrag und Dienstvertrag (Koziol-Welser I10, 98; Rummel in Rummel2 I Rz 6 zu § 859 ABGB). Den Gesellschaftsverträgen fehlen diese Merkmale. Sie zählen zu den mehrseitigen Rechtsgeschäften im engeren Sinn, bei denen sich mehrere Personen zur Verwirklichung eines gemeinsamen Zweckes zusammenschließen (Koziol-Welser aaO, 97). Gesellschaftsverträge werden daher von der Vorschrift des § 21 KO nicht umfaßt (vgl. Bartsch/Pollak aaO, 225).

Die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz widerspricht weiters der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, welche Streitigkeiten von einer Schiedsgerichtsvereinbarung umfaßt sind. Gemäß § 577 Abs. 2 ZPO kann in einem Schiedsvertrag auch wirksam vereinbart werden, daß aus einem bestimmten Rechtsverhältnis künftig entstehende Streitigkeiten durch einen oder mehrere Schiedsrichter entschieden werden sollen. Welche Streitigkeiten danach von der Schiedsvereinbarung umfaßt sind, ist aufgrund ihres - nach dem Parteiwillen auszulegenden - Inhaltes zu ermitteln. Die Einrede des Vorliegens einer Schiedsgerichtsvereinbarung ist nicht mit der Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges, sondern mit jener der (heilbaren) sachlichen Unzuständigkeit geltend zu machen. Kommt es bei Vorliegen einer mit einem Hauptvertrag verbundenen Schiedsklausel zu Streitigkeiten über die Unwirksamkeit oder Beendigung des Vertrages, muß unterschieden werden: War der Hauptvertrag ursprünglich gültig und entstehen Streitigkeiten über die (einseitige) Aufhebung des Vertrages, dessen Kündigung oder fristlose Auflösung oder die aus dessen Beendigung abgeleiteten Ansprüche, dann wirkt eine "alle Streitigkeiten aus dem Vertrag" umfassende Schiedsklausel auch auf sie. Auch wenn die ursprüngliche Unwirksamkeit (Nichtigkeit) des Vertrages behauptet wird, gilt - sofern nur die Schiedsvereinbarung formgültig und inhaltlich bestimmt ist und nicht ohnehin diesen Fall ausdrücklich regelt - die Schiedsgerichtsbarkeit im Zweifel auch für solche Streitigkeiten.

Die in ein Vertragsverhältnis eingebaute Schiedsklausel ist als Nebenabrede zu beurteilen, die im Zweifel das rechtliche Schicksal des Hauptvertrages teilt und daher wegfällt, wenn die Parteien den Hauptvertrag einverständlich außer Kraft setzen (vgl. zu all dem SZ 55/89 mwN).

Daß der vorliegende Gesellschaftsvertrag einvernehmlich aufgelöst worden wäre, wurde nicht behauptet. Der Gesellschaftsvertrag wurde aber auch nicht etwa ipso iure durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen dreier Gesellschafter aufgelöst. Eine derartige Rechtsfolge wurde nicht vereinbart (vgl. Punkt XVIII. des Gesellschaftsvertrages). Sie entspricht auch nicht dem Gesetz (§ 1210 ABGB).

Ob die Aufkündigung des Masseverwalters rechtswirksam war und ob er die Realteilung der im Miteigentum der Gesellschafter stehenden Liegenschaften erreichen und auf diese Weise das Gesellschaftervermögen der Gemeinschuldner verwerten kann, ist Gegenstand des aufgrund des Klagebegehrens abzuwickelnden Rechtsstreites, hat aber auf die Frage der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Schiedsklausel keinen Einfluß. Im Zuständigkeitsstreit ist auch unbeachtlich, ob ein sich allenfalls aus Art.I und Art.XV des Gesellschaftsvertrages ergebender Ausschluß der Teilungsklage seitens des Masseverwalters sittenwidrig sei. Die Frage der Berechtigung des Klagebegehrens (vgl. zum Problem etwa Thiery, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Unternehmer, Schriften zum gesamten Recht der Wirtschaft, Bd.21, S. 50 ff; Bollenberger in RdW 1995, 253) ist von der Frage, ob der Rechtsstreit von der Schiedsklausel umfaßt ist, zu trennen.

Da der Gesellschaftsvertrag zum Zweck der Bewirtschaftung und Verwaltung der im Miteigentum der Gemeinschuldner und der Beklagten stehenden Liegenschaften gegründet wurde und eine Bindung des Miteigentums dahin vereinbart wurde, daß auf die Dauer des Bestandes der Gesellschaft auf das Recht auf Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch Vermögensteilung verzichtet wurde, stellt sich das strittige Begehren auf Realteilung - entgegen der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz - als geradezu typischer Streit aus dem Gesellschaftsverhältnis dar.

Die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit, die seitens der Fünftbeklagten erhoben wurde und infolge der vorliegenden einheitlichen Streitgenossenschaft auch zugunsten der übrigen Beklagten wirkt (vgl. JBl 1955, 120; JBl 1961, 510), erweist sich daher als berechtigt, sodaß der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Für den von der 5.Beklagten und den anderen Beklagten gemeinsam verfaßten Revisionsrekursen waren der 5.Beklagten 1/11 und den anderen Beklagten 10/11 der Kosten dieses Schriftsatzes zuzuerkennen. Der von der 5.Beklagten in ihrer Rekursbeantwortung ON 17 verzeichnete Streitgenossenzuschlag ist nicht berechtigt.