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OGH vom 17.07.1996, 7Ob2077/96h

OGH vom 17.07.1996, 7Ob2077/96h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter L*****, vertreten durch Dr.Walter Kerle, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei W***** AG, ***** vertreten durch Dr.Gerda Kostelka-Reimer, Rechtsanwältin in Wien, wegen S 207.318,40 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom , GZ 4 R 1060/95d-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 6 Cg 18/95y-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 10.665,-- (darin enthalten S 1.777,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat bei der beklagten Partei eine Krankenhauskostenzusatzversicherung nach Tarif MS 7 abgeschlossen, der die Allgemeinen Versicherungsbe- dingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaus - Taggeldversicherung sowie die Besonderen Versicherungs- bedingungen für die Krankenhauskostenzusatzversicherung zugrundeliegen. Der Kläger befand sich in der Zeit vom 22.3. bis in stationärer Behandlung im Krankenhaus H*****. Als Einweisungsgrund wurde "Lumbalgie" angeführt. Für diesen Krankenhausaufenthalt entstanden dem Kläger Krankenhauskosten von S 170.420,80 und ein Arzthonorar von S 36.897,60, somit insgesamt Kosten von S 207.318,40.

Mit vorliegender Klage begehrt der Kläger den Ersatz dieser Kosten aufgrund des Versicherungsverhältnisses.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein: Es sei zwar als Einweisungsgrund Lumbalgie angeführt worden, der Krankenhausaufenthalt sei jedoch auch wegen der beim Kläger bereits seit Jahren bestehenden Leberzirrhose indiziert gewesen. Die Behandlung sei von Beginn an auch wegen der Leberzirrhose und der Aszitis notwendig gewesen. Im übrigen sei davon auszugehen, daß auch die Lumbalgie mit dem mißbräuchlichen Alkoholgenuß im Zusammenhang stehe. Dem Kläger sei von den behandelnden Ärzten eine absolute Alkoholkarenz auferlegt worden, die er jedoch nicht eingehalten habe. Die Entlassung des Klägers aus dem Krankenhaus sei ursprünglich für den vorgesehen gewesen. Aufgrund des mißbräuchlichen Alkoholgenusses sei jedoch eine weitere stationäre Behandlung bis zum notwendig geworden. Werde eine absolute Alkoholkarenz angeordnet, stelle selbst der Genuß von alkoholarmem Bier einen Verstoß gegen ärztliche Weisungen dar. Damit ergebe sich die Leistungsfreiheit für die gesamte Dauer des Krankenhausaufenthaltes und nicht bloß erst ab , sodaß die beklagte Partei einen Rückforderungsanspruch in Höhe von bereits an den Kläger bezahlten S 43.730,-- für bis dahin erbrachte Leistungen zustehe, dessen Einwendung als Gegenforderung vorbehalten werde. Die Leberzirrhose sei bereits im Zuge des stationären Krankenhausaufenthaltes des Klägers vom 26.1. bis diagnostiziert worden. Die beklagte Partei habe im Rahmen eines weiteren stationären Krankenhausaufenthaltes des Klägers vom 27.10. bis feststellen müssen, daß dieser entgegen der ärztlichen Anordnung weiterhin täglich 6 bis 7 Flaschen Bier konsumiere. Gemäß § 14 Abs 2 der Versicherungs- bedingungen sei die Versicherung von der Verpflichtung zur Leistung frei und habe sie das Recht, den Versicherungsvertrag fristlos zu kündigen, wenn der Versicherte im Krankheitsfall den vom Arzt gegebenen zumutbaren Verhaltensmaßregeln vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht Folge leiste. Da der Beklagte die ihm von den behandelnden Ärzten mehrfach auferlegte absolute Alkoholkarenz nicht eingehalten habe, sei die beklagte Partei gemäß § 14 Abs 2 der Bedingungen berechtigt gewesen, den Versicherungsvertrag fristlos zu kündigen und sei sie von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei. Sie habe den Versicherungsvertrag unter Hinweis auf § 14 Abs 2 der Bedingungen mit Schreiben vom mit sofortiger Wirkung gekündigt. Es bestehe daher keine Leistungsverpflichtung aufgrund des Krankenhausaufenthaltes vom 22.3. bis . Hilfsweise werde auch vorgebracht, daß keine saldierten Originalrechnungen vorgelegt worden seien, sodaß die beklagte Partei gemäß § 7 Abs 1 der Bedingungen nicht zur Zahlung verpflichtet sei.

Der Kläger bestritt dieses Vorbringen und führte aus, daß seine Aufnahme in das Krankenhaus mit dem Alkoholkonsum nichts zu tun habe. Durch die intensive Medikation sei es zu einer erheblichen Einschränkung seiner Nierenfunktion gekommen, die den längeren Aufenthalt im Krankenhaus erforderlich gemacht habe. Die Kündigung des Versicherungsverhältnisses sei unbegründet und im übrigen erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, als der Krankenhausaufenthalt schon beendet gewesen sei, sodaß die Kündigung dem Kostenersatzbegehren nicht entgegenstehe.

Die beklagte Partei brachte zu letzterem Einwand vor, daß der Versicherungsschutz im Fall einer Kündigung nach § 14 Abs 2 der Bedingungen im Zeitpunkt des Zuganges derselben ende; der Versicherungsschutz erstrecke sich keinesfalls "auf laufende Versicherungsfälle".

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf folgende Feststellungen:

Beim Kläger war erstmals im Jänner 1988 die Diagnose einer Leberzirrhose (Stadium Child A) gestellt worden, die mit dem mißbräuchlichen Alkoholgenuß des Klägers in der Vergangenheit zusammenhängt. Damals war es zu einer sogenannten Ösophagusvarizenblutung (Blutung von Krampfadern in der Speiseröhre), einer bekannten Komplikation bei Leberzirrhose, gekommen. Dem Kläger wurde absolute Alkoholkarenz auferlegt. In der Folge kam es zu mehreren stationären Aufenthalten des Klägers, wobei auch einmal von einer kardialen Dekompensation (Herzschwäche) gesprochen wurde. Bei der Anamnese zum Krankenhausaufenthalt vom 27.10. bis im Krankenhaus H***** gab der Kläger an, sechs bis sieben Bier pro Tag zu trinken. In der Anamnese des stationären Aufenthaltes vom 22.3 bis ist der Konsum von ca. vier Flaschen Bier pro Tag laut Angabe des Klägers vermerkt. Diese Angabe wurde in der Folge von Primarius Dr.S*****, dem Leiter der internen Abteilung im Krankenhaus H*****, auf vier Flaschen alkoholarmes Bier pro Woche korrigiert. Der letztgenannte stationäre Aufenthalt war ausschließlich wegen der Wirbelsäulenbeschwerden indiziert. Die Situation von seiten der Leberzirrhose war zum Zeitpunkt der Aufnahme kompensiert. Wegen der intensiven Beschwerden des Klägers wurde mit einer Infusionstherapie begonnen, die in ihrer Dosierung nicht so sehr auf eine Polyneuropathie, sondern vielmehr auf die Behandlung der Lumbodorsalgien ausgerichtet war. Trotz dieser nicht polyneuropathie-spezifischen Infusionsbehandlung kam es binnen weniger Tage zu einer Besserung der Schmerzen. Auf Grund dieses eingetretenen Erfolges wurde die Therapie unverändert in der zweiten Woche weitergeführt, zumal auch der Konsiliarbericht des Neurologen Dr.M***** in keiner Weise widersprach. Am kam es zu einer Zunahme der Schmerzen, worauf die Analgetikadosis (Metamizol) verdoppelt wurde. Trotz dieser Maßnahme nahmen die Schmerzen weiterhin zu. Begleitet war diese Zunahme der Schmerzen durch einen Anstieg der Blutkörperchen- senkungsreaktion sowie des CRP als Hinweis für einen entzündlichen Prozeß, der sich im Bereich der degenerativ veränderten Wirbelgelenke bzw spondylarthrotischen und osteochondrotischen Anteile der Lendenwirbelsäule abspielte. Die Schmerzen verschlechterten sich derart, daß der Einsatz einer Doplasse-Infusion einmals notwendig war. Diese Maßnahme führte zu einer ganz kurzfristigen Besserung der Beschwerden. Als diese neuerlich zunahmen, wurden dem Kläger Diclophenac (Voltaren 100 mg) verabreicht. Dadurch kam es zu einer Wasserretension, wodurch der stationäre Aufenthalt verlängert wurde. Ursprünglich war die Entlassung für vorgesehen. Diese Komplikation wurde schließlich durch adäquate Maßnahmen beherrscht.

Eine solche Flüssigkeitsretension kann in seltenen Fällen auch bei normaler Organfunktion von Herz, Leber und Niere auftreten; gehäuft tritt sie jedoch vor allem beim Vorliegen von Störungen von Herz-, Leber- oder Nierenfunktion auf. Beim Kläger lag zweifellos eine Störung der Leberfunktion (Leberzirrhose) und auch eine Herzschwäche vor. Im Ultraschall waren auch narbige Veränderungen der linken Niere festgestellt worden, sodaß auch hier von einer Einschränkung der Funktionsreserven ausgegangen werden muß. Welchen Anteil die Störung der Leber, der Niere bzw des Herzens an dem Auftreten der Komplikation hatte, läßt sich nicht feststellen. Alle drei können einzeln oder in Kombination dafür ausschlaggebend gewesen sein.

Der Kläger hat das im Februar 1988 auferlegte Alkoholverbot nicht eingehalten. Er hat auch im Jahr 1994 bis zum gegenständlichen Krankenhausaufenthalt weiterhin täglich Bier konsumiert. Der Krankenhausaufenthalt war aber nicht dadurch bedingt, daß der Kläger die Alkoholkarenz nicht eingehalten hat. Daß der fortgesetzte Alkoholkonsum des Klägers für das Auftreten der Komplikationen und somit für die Verlängerung des Krankenhausaufenthaltes maßgeblich war, ist sehr unwahrscheinlich.

Mit Schreiben vom wies die beklagte Partei den Kläger darauf hin, daß ihm anläßlich des Krankenhausaufenthaltes im Jahre 1988 bereits absolute Alkoholabstinenz auferlegt worden sei. Aus den Unterlagen zu den nunmehrigen stationären Behandlungen sei zu ersehen, daß der Kläger das Alkoholverbot nicht befolge. Nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen bestehe für Krankheiten, die als Folge eines mißbräuchlichen Genusses von Alkohol eintreten, kein Versicherungsschutz. Sollte die Nichteinhaltung der von den Ärzten gegebenen Weisungen zu weiteren Heilbehandlungen führen, müßte die Krankenversicherung gekündigt werden. Mit Schreiben vom kündigte die beklagte Partei den Versicherungsvertrag mit sofortiger Wirkung auf, da der Kläger die auferlegte Alkoholkarenz nicht befolgt habe. Es wurde mitgeteilt, daß für die stationäre Behandlung ab die Mehrkosten der Sonderklasse Mehrbettzimmer bis einschließlich mit dem Krankenhaus bzw den behandelnden Ärzten direkt verrechnet würden, eine weitere Kostenübernahme unter den gegebenen Umständen jedoch nicht möglich sei. Der Kläger hat die Rechnungen des Krankenhauses unverzüglich der beklagten Partei übermittelt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß § 14 Abs 2 der Bedingungen im Fall der Nichtbefolgung von Verhaltensmaßregeln lediglich eine Kündigungs- möglichkeit, nicht aber die Leistungsfreiheit vorsehe. Dazu komme, daß der Versicherer nach § 11 Abs 12 der Bedingungen binnen einem Monat ab Kenntnis der Obliegenheitsverletzung kündigen müsse, um sich auf die Leistungsfreiheit berufen zu können. Wie sich aus dem Schreiben der beklagten Partei vom ergebe, sei ihr damals schon die Nichteinhaltung der dem Kläger verordneten Alkoholkarenz bekannt gewesen. Die am ausgesprochene Kündigung könne daher die Leistungsfreiheit für den Krankenhausaufenthalt vom 22.3. bis nicht bewirken. Da der Kläger der beklagten Partei die Orginalrechnungen vorgelegt habe, könne sie sich auch nicht auf § 7 der Bedingungen berufen.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Die klagende Partei habe sich im Verfahren erster Instanz auf den sekundären Risikoausschluß des § 6 Abs 5 der Bedingungen nicht berufen. Ob dieser nunmehr in der Berufung behauptete Risikoausschluß vorliege, sei vom Berufungsgericht nicht zu prüfen, weil die diesbezügliche Behauptung gegen das Neuerungsverbot verstoße. § 14 Abs 2, Satz 2 der Bedingungen bestimme zwar entgegen der Ansicht des Erstgerichtes durch den Verweis auf die im ersten Satz bestimmten Rechtsfolgen die Sanktion der Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn der Versicherte im Krankheitsfall den vom Arzt oder Versicherer gegebenen zumutbaren Verhaltensmaßregeln vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht Folge leiste. Diese Bestimmung stelle eine verhüllte Obliegenheit dar. An den vom Versicherungsnehmer zu führenden Kausalitätsgegenbeweis seien zwar strenge Anforderungen zu stellen. Im Hinblick auf die begrenzten Möglichkeiten der medizinischen Wissenschaft, die Frage eines solchen Kausalitätsausschlusses zu beantworten, genüge hier jedoch der Beweis, daß die Kausalität des Verstoßes gegen das Alkoholverbot für den Krankenhausaufenthalt sehr unwahrscheinlich sei.

Die Revision sei zulässig, weil die Frage, ob es gerechtfertigt sei, im medizinischen Bereich weniger strenge Anforderungen an den Kausalitätsgegenbeweis zu stellen als dies sonst von der Rechtsprechung gefordert werde, von allgemeiner Bedeutung sei.

Die Revision der beklagten Partei ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

In den hier maßgebenden Versicherungsbedingungen ist festgelegt:

Nach § 1 Abs 2 lit a gilt als Versicherungsfall die medizinisch notwendige Heilbehandlung des Versicherten wegen Krankheit oder Unfallsfolgen. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund die Notwendigkeit der Heilbehandlung nicht mehr besteht. Muß die Heilbehandlung auf eine Krankheit oder Unfallsfolgen ausgedehnt werden, die mit der (den) bisher behandelten nicht ursächlich zusammenhängen, so entsteht insoweit ein neuer Versicherungsfall.

§ 6 (Einschränkungen des Versicherungsschutzes) bestimmt in Abs 5, daß kein Versicherungsschutz unter anderem besteht "für Krankheiten und Unfälle, die als Folge eines mißbräuchlichen Genusses von Alkohol oder Suchtgiften eintreten, sowie für Entziehungsmaßnahmen und Entziehungskuren."

§ 14 Abs 2 lautet: "Wenn der Versicherungsnehmer oder ein Versicherter durch wissentlich falsche Angaben, insbesondere durch Vortäuschung einer Krankheit, Versicherungsleistungen erschleicht oder zu erschleichen versucht oder bei einer solchen Handlung mitwirkt, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei und hat das Recht, den Versicherungsvertrag fristlos zu kündigen. Das gleiche gilt, wenn der Versicherte im Krankheitsfall den vom Arzt oder vom Versicherer gegebenen zumutbaren Verhaltensmaßregeln vorsätzlich oder grobfahrlässig nicht Folge leistet."

Die Revision rügt zunächst die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß sie sich auf den Risikoausschluß des § 6 Abs 5 der Bedingungen nicht berufen habe und deshalb darauf nicht Bedacht zu nehmen sei. Sie habe bereits in der Klagebeantwortung deutlich auf den Alkoholmißbrauch des Klägers bezug genommen und ausgeführt, daß die Verlängerung des stationären Krankenhausaufenthaltes aufgrund des mißbräuchlichen Alkoholgenusses notwendig geworden und die beklagte Partei "unter Hinweis auf die AVB" leistungsfrei sei. In der in der Berufung erfolgten "genaueren Zitierung" der betreffenden Bestimmung liege keine Neuerung. Die beklagte Partei habe die entsprechenden Tatsachen vorgetragen und Beweismittel angeboten. Eine Einrede, die nur in der bisher nicht erörterten rechtlichen Qualifikation eines bereits vollständig vorliegenden Sachverhaltes liege, verstoße nicht gegen das Neuerungsverbot.

Diesen Ausführungen ist zu erwidern:

Die Parteien brauchen zwar nur den rechtserzeugenden oder rechtsvernichtenden Sachverhalt vorzutragen. Das Gericht hat sodann den in diesem Rahmen festgestellten Sachverhalt nach allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, wenn nicht der Anspruch ausschließlich auf einen bestimmten Rechtsgrund gestützt wird. Für das Versicherungsrecht folgt aus diesem Grundsatz, daß in Fällen, in denen sich die Leistungsfreiheit aus dem Gesetz selbst ergibt, nur ein Sachverhalt im Rahmen dieser Gesetzesbestimmung behauptet und der Anspruch bestritten werden muß. Bei vereinbarter Leistungsfreiheit hat der Versicherer darüber hinaus auch die besondere Vereinbarung zu behaupten und zu beweisen (SZ 50/136; VR 1984, 178; 7 Ob 40/84; 7 Ob 7/88; Petrasch in SV Nr 3/1984, S 4).

Die beklagte Partei hat zwar in erster Instanz auf die Leberzirrhose des Klägers hingewiesen und unter anderem ausgeführt, daß die Lumbalgie "mit mißbräuchlichem Alkoholgenuß" im Zusammenhang stehe. In ihrer Gesamtheit sind jedoch die Ausführungen dahin zu verstehen, daß die beklagte Partei dem Kläger vorwirft, sich nicht an das Alkoholverbot gehalten zu haben, sodaß sie deshalb leistungsfrei sei. Die beklagte Partei gründete ihre Leistungsfreiheit - neben § 7 Abs 1 der Bedingungen - ausdrücklich auf § 14 Abs 2 der Bedingungen, dessen Inhalt sie auch darlegte. Daß eine Vereinbarung - und als eine solche sind die Versicherungsbedingungen, denen kein Gesetzescharakter zukommt, zu verstehen - dahin bestehe, daß der Versicherer auch leistungsfrei sei, wenn die Erkrankung auf Alkoholmißbrauch zurückzuführen sei, sowie, daß auch dieser Ausschlußtatbestand, der als sekundärer Risikoausschluß vom Versicherer zu behaupten und zu beweisen ist, geltend gemacht werde, ist den Ausführungen der beklagten Partei in erster Instanz auch nicht sinngemäß zu unterstellen. Dem VersVG oder sonstigen gesetzlichen Bestimmungen ist ein solcher Ausschlußtatbestand nicht zu entnehmen, sodaß es an der beklagten Partei gelegen gewesen wäre, die betreffende, in den Versicherungsbedingungen enthaltene Vereinbarung entsprechend darzulegen und sich auf diese zu berufen. Das Gericht zweiter Instanz hat zutreffend den erstmals in der Berufung erhobenen Einwand, daß Leistungsfreiheit (auch) nach § 6 Abs 5 der Bedingungen vorliege, als unzulässige Neuerung qualifiziert.

§ 14 Abs 2 zweiter Satz der Bedingungen wurde vom Gericht zweiter Instanz zutreffend und von den Parteien unbekämpft als Festlegung einer Obliegenheit beurteilt. Richtig ist auch, daß sich im Zusammenhang mit dem vorangehenden Satz dieser Bestimmung für den Fall des Verstoßes des Versicherungsnehmers sowohl die Leistungsfreiheit des Versicherers als auch dessen Kündigungsmöglichkeit ergibt. Der Wortlaut dieser Bestimmung spricht aber dafür, daß es sich um eine nach dem Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllende Obliegenheit handelt:

Leistungsfreiheit tritt ein, wenn der Versicherte im Krankheitsfall - also dann, wenn der Versicherungsfall im Sinn des § 1 der Bedingungen bereits eingetreten ist-, den Verhaltensmaßregeln nicht Folge leistet. Daß dem Kläger anläßlich seiner zur Einweisung in das Krankenhaus führenden Lumbalgie bzw im Krankenhaus Alkoholverbot verordnet worden wäre und er noch im Krankenhaus weiterhin Alkohol konsumiert hätte, wurde nicht erwiesen. Es steht vielmehr bloß fest, daß der Kläger bis zum gegenständlichen Krankenhausaufenthalt Bier getrunken hat. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, wäre aber für das Vorliegen der objektiven Obliegenheitsverletzung - also Alkoholverbot im Zusammenhang mit der Behandlung des Ischiasleidens und Verstoß dagegen im Krankenhaus - die beklagte Partei beweispflichtig gewesen (VR 1990/185 uva). Auf die Frage, ob der Versicherungsnehmer den ihm obliegenden Kausaltitätsgegenbeweis erbracht hat, kommt es daher nicht an.

Wäre die betreffende Bestimmung so zu verstehen, daß bei einer schon vor dem konkreten Versicherungsfall vorliegenden Krankheit den vom Arzt oder vom Versicherer gegebenen Verhaltensmaßregeln Folge zu leisten ist (um eine weitere Erkrankung oder um Komplikationen im Fall einer weiteren Erkrankung zu verhindern), läge eine vor dem Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllende Obliegenheit vor, die nur unter den Voraussetzungen des § 6 Abs 1 VersVG zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen würde. Dazu zählt unter anderem, daß der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von Verletzung Kenntnis erlangt hat, aufkündigt. Unterläßt der Versicherer die fristgerechte Kündigung, so wird er nicht rückwirkend deckungspflichtig. Er kann sich daher jedenfalls auf die Leistungsfreiheit berufen, wenn der Versicherungsfall innerhalb der Monatsfrist eintritt oder wenn der Versicherer überhaupt erst durch den Versicherungsfall von der Obliegenheitsverletzung erfährt (Schauer, Versicherungsvertragsrecht3, 251 f, 255 mwN).

Im vorliegenden Fall wußte die beklagte Partei spätestens am davon, daß der Kläger trotz ärztlichen Verbotes aus dem Jahr 1988 weiterhin Alkohol konsumiert, hat aber erst am die Kündigung ausgesprochen, während der Versicherungsfall bereits am (also ca 1 1/2 Monate nach Kenntnis des Verstoßes, aber vor dem Ausspruch der Kündigung) eingetreten war.

Es wäre daher für die beklagte Partei nichts gewonnen, wenn in der Bestimmung des § 14 Abs 2 zweiter Satz der Bedingungen eine Obliegenheit im Sinn des § 6 Abs 2 VersVG zu erblicken wäre, wovon offenbar das Gericht zweiter Instanz und die Parteien ausgehen.

Die klagsstattgebenden Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher im Ergebnis zutreffend.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.