OGH vom 30.04.2012, 9Ob12/12y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, Hon. Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. FW H***** P*****, vertreten durch Dr. Edwin Payr, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Dr. B***** J*****, vertreten durch Mag. Katharina Jürgens Schak, Rechtsanwältin in Graz, wegen 10.692 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom , GZ 2 R 222/11a 17, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 17 Cg 29/11v 12, Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 768,24 EUR (darin 128,94 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin begehrte als Immobilienmaklerin von der Beklagten die Zahlung von 10.692 EUR sA als Provision für die Vermittlung des Verkaufs eines mit den Worten „schlüsselfertig“ beworbenen Wohnungseigentums-objekts der errichtenden Baugesellschaft (idF: Verkäuferin).
Die Beklagte bestritt eine Verdienstlichkeit der Klägerin, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, mangels Aufklärung über den Betreiber der Hackschnitzelheizung und soweit revisionsgegenständlich über hinzutretende anteilige Anschlussgebühren (Strom, Wasser, Kanal) von der Klägerin in Irrtum geführt worden und deshalb zum Vertragsrücktritt berechtigt gewesen zu sein.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf der Grundlage von § 15 Abs 1 Z 1 MaklerG statt. Soweit von Relevanz, stellte es fest, dass bei den Besichtigungen nie über Anschlussgebühren sowie darüber, dass zusätzlich zum Kaufpreis auch die Anschlussgebühren für Strom, Wasser und Kanal von der Beklagten zu tragen seien, gesprochen wurde. Anlässlich des letzten Besichtigungstermins wurde ein verbindliches Kaufanbot mit dem Vermerk „schlüsselfertig“ von der Beklagten und dem Geschäftsführer der Verkäuferin (mit dem die Klägerin in einem familiären Naheverhältnis steht) unterfertigt. Eine Verpflichtung der Beklagten zur anteiligen Tragung von Anschlusskosten war darin nicht enthalten. Auf Anordnung der Verkäuferin nahm der Vertragserrichter in den zweiten Vertragsentwurf die Klausel auf, dass die Anschlussgebühren anteilig von der Beklagten zu tragen seien. Weil ihr Vertrauen in die Verkäuferin nachhaltig erschüttert war, trat die Beklagte ohne weitere Bereitschaft, über die Änderung des Vertragsentwurfs zu verhandeln, vom Vertrag zurück.
Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, dass der Begriff „schlüsselfertig“ keine Aussage über die Tragung der Anschlussgebühren treffe. Da sie nicht Gegenstand des Kaufvertrags geworden seien, bestehe diesbezüglich auch kein Irrtum der Beklagten. Bei der Kostentragungsklausel handle es sich um eine einseitige, für die Beklagte nicht bindende Änderung der ursprünglichen Vereinbarung, die verhandelbar gewesen wäre. Der Beklagten wäre zuzumuten gewesen, die gemäß dem angenommenen Kaufanbot getroffenen Vereinbarungen durchzusetzen. Da keine vertragliche Verpflichtung zur Tragung der Anschlussgebühren durch die Beklagte bestanden habe, habe die Klägerin sie darüber auch nicht aufzuklären gehabt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies das Begehren ab. Nach dem allgemeinen Sprachsinn des Ausdrucks „schlüsselfertig“ als „völlig fertiggestellt und bezugsbereit (beziehbar)“ habe die Beklagte davon ausgehen können, dass sie neben dem vereinbarten Kaufpreis keine weiteren Kosten für das Objekt treffen würden. Die Klägerin habe die sie gegenüber der Beklagten treffende Aufklärungspflicht schuldhaft verletzt und dadurch einen Irrtum bei der Beklagten veranlasst. Die Verkäuferin habe den Vertragsrücktritt letztlich durch Veräußerung des Objekts an einen Dritten akzeptiert. Erfolge eine einvernehmliche Auflösung des Vertrags wegen eines dem Rechtsgeschäft anhaftenden Wurzelmangels, so stehe dem Vermittler ein Provisionsanspruch nicht zu. Der Vertrag sei daher nicht aus von der Beklagten zu vertretenden Gründen nicht ausgeführt worden (§ 7 Abs 2 MaklerG). Ebensowenig sei das im Maklervertrag bezeichnete Geschäft wider Treu und Glauben nur deshalb nicht zustande gekommen, weil die Beklagte entgegen dem bisherigen Verhandlungsverlauf einen für das Zustandekommen des Rechtsgeschäfts erforderlichen Rechtsakt ohne beachtenswerten Grund unterlassen hätte (§ 15 Abs 1 Z 1 MaklerG). Die Revision wurde nachträglich zugelassen, weil die Auslegung des Begriffs „schlüsselfertig“ aufgrund seiner Verwendung in zahlreichen Bauverträgen von allgemeiner Bedeutung sei und die Entscheidung 10 Ob 50/97v zwar die Frage, ob „schlüsselfertig“ auch das Vorhandensein von Strom und Wasseranschlüssen betreffe, zum Inhalt gehabt habe, nicht aber jene der Kostentragung für Anschlussgebühren.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch unzulässig .
1. Nach dem festgestellten Sachverhalt wurden, wie bereits das Erstgericht zutreffend ausführte, die Anschlussgebühren weder bei der Unterzeichnung des Kaufanbots noch bei der Erstellung des schriftlichen Kaufvertrags zum verbindlichen Vertragsinhalt. Anderes behauptet auch die Klägerin nicht. Die in ihrer Revision vertretene Rechtsansicht, dass mit dem Fixpreis für ein „schlüsselfertiges“ Objekt nur auf die bauliche Ausgestaltung, nicht aber auf allfällige Anschlussgebühren Bezug genommen werde, entspricht dieser Vorgangsweise.
2. Nach Ansicht der Klägerin habe das Berufungsgericht unrichtig rechtlich beurteilt, dass ein Angebot eines schlüsselfertigen Hauses „ ab 297.000 EUR“ womit sie offenbar ihr Inserat meint die genannten Anschlussgebühren enthalte. Dies ist dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen, deckt sich aber auch nicht mit dem festgestellten Sachverhalt (Festlegung des Kaufanbots mit 297.000 EUR).
3. Ob die Klägerin, wie vom Berufungsgericht angenommen, der Vorwurf einer ungenügenden Aufklärung trifft, kann dahingestellt bleiben. Nach § 7 Abs 2 MaklerG entfällt der Anspruch auf Provision, wenn und soweit feststeht, dass der Vertrag zwischen dem Dritten und dem Auftraggeber aus nicht vom Auftraggeber zu vertretenden Gründen nicht ausgeführt wird. Aus der Bestimmung ergibt sich, dass bei allen Maklerverträgen die Ausführung des abgeschlossenen Geschäfts für den Provisionsanspruch eine Rolle spielt und dieser entfällt, soweit die Nichtausführung des Geschäfts aus nicht vom Auftraggeber zu vertretenden Gründen feststeht. Um sich von seiner Provisionspflicht zu befreien, muss der Auftraggeber nachweisen, dass die Ausführung des vermittelten Geschäfts ohne sein Verschulden unmöglich oder unzumutbar wurde (7 Ob 157/09b mwN). Sind die Gründe für die Nichtausführung vom Verkäufer als Drittem zu vertreten und ihm zuzuordnen, trägt der Makler das Risiko der Nichtausführung des Geschäfts (zB 5 Ob 182/04g).
Die Frage, ob ein wichtiger, nicht vom Auftraggeber zu vertretender Grund dafür vorlag, das Rechtsgeschäft nicht auszuführen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, vermag daher keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu begründen (RIS Justiz RS0118180), sofern nicht aus Gründen der Rechtssicherheit ein Korrekturbedarf besteht. Das ist hier nicht der Fall: Angesichts dessen, dass erst über nachträgliche Veranlassung der Verkäuferin eine Pflicht der Beklagten zur Tragung der Anschlusskosten in den zweiten Kaufvertragsentwurf eingefügt wurde und sie sich deshalb neben den Divergenzen über den Betreiber und die Kosten der Hackschnitzelheizung um ihr Vertrauen in die Verkäuferin gebracht sah, ist die Ansicht des Berufungsgerichts, dass der Klägerin gemäß § 7 Abs 2 MaklerG kein Provisionsanspruch zusteht, im Ergebnis vertretbar.
Die Revision ist daher zurückzuweisen.