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OGH vom 26.09.2012, 15Os100/12p

OGH vom 26.09.2012, 15Os100/12p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Dr. Michel Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Krausam als Schriftführerin in der Strafsache gegen Pascal M***** und andere wegen des Vergehens der Amtsanmaßung nach § 314 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Christian B***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom , GZ 22 Hv 49/11p 57, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten B***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuld- und Freisprüche weiterer Angeklagter enthält, wurde Christian B***** (zu 1.) des Vergehens der Amtsanmaßung nach § 314 StGB und (zu 2.) des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am in Linz

1. im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit drei weiteren Angeklagten dadurch, dass sie sich gegenüber Szilvia Bo***** und Judit Ba***** als Kriminalbeamte ausgaben, wobei Alexander A***** in Verbindung mit dieser Äußerung flüchtig eine Fahrerkarte vorwies, die beiden Frauen zur Ausweiskontrolle aufforderten, sodann zu deren Wohnung begleiteten und dort die Ausweiskontrolle sowie eine Hausdurchsuchung durchführten, Handlungen vorgenommen, die nur Kraft eines öffentlichen Amts vorgenommen werden dürfen;

2. allein Szilvia Bo***** durch gefährliche Drohung, indem er in Verbindung mit der Behauptung Polizeibeamter zu sein und eine Ausweiskontrolle vorzunehmen, die Genannte dazu aufforderte, ihm „einen zu blasen, dann passiere nichts Schlimmes und die Sache wäre vergessen“, wobei er sein Geschlechtsteil aus der Hose nahm, zur Vornahme des Oralverkehrs, mithin einer geschlechtlichen Handlung zu nötigen versucht.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; diese verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Weshalb sich die Feststellung, Szilvia Bo***** sei am gegenständlichen Abend schon einigermaßen alkoholisiert gewesen (US 5), und die Erwägung, sie sei am betreffenden Abend erheblich alkoholisiert gewesen und habe an einen Kontakt im Lokal im Grunde keine Erinnerung (US 10), nach den Denkgesetzen ausschließen sollten, vermag die Beschwerde nicht darzulegen. Soweit die Rüge daran anschließend meint, die Zeugin Bo***** hätte aufgrund ihrer erheblichen Alkoholisierung keinen Eindruck von der Ernstlichkeit der Drohung haben können, kritisiert sie lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter. Soweit sich das Vorbringen auf die Eignung der Drohung, begründete Besorgnis zu erregen, bezieht, spricht es keine entscheidende Tatsache an (vgl RIS Justiz RS0092448). Zudem lässt diese Argumentation auch unberücksichtigt, dass die Tatrichter eine Erinnerungslücke nur im Hinblick auf den Kontakt im Lokal annahmen.

Dass der Angeklagte B***** seinen Penis aus der Hose nahm, haben die Tatrichter eindeutig (Z 5 erster Fall) festgestellt (US 7). Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang als widersprüchlich (Z 5 dritter Fall) kritisierten Begründungserwägungen des Erstgerichts setzen sich bloß mit dem Aussageverhalten der Zeugin Bo***** auseinander und stützen sich bei der Konstatierung jenes Umstands trotz Erinnerungslücken der Zeugin in der Hauptverhandlung auf deren Angaben vor der Polizei, auf die sie auch vor Gericht Bezug nahm (US 14). Im Übrigen ist den Beschwerdeausführungen zu erwidern, dass die Tatrichter das Entblößen des Penis nur als Teil eines eine gefährliche Drohung bildenden Gesamtverhaltens werteten.

Das weitere Vorbringen, aus der konstatierten Aufforderung, „die Sache“ (US 8: „... gemeint die gesamte 'Amtshandlung', Anzeigeerstattung und weitere behördliche Verfahren“) werde als vergessen betrachtet, sei nicht eindeutig ableitbar, ob die erforderliche Erheblichkeitsschwelle als erwiesen angenommen wurde und gegen welche Rechtsgüter sich die Ankündigung des Angeklagten gerichtet habe, nimmt nicht Maß an der Gesamtheit der Feststellungen. In dem dieser Textpassage folgenden Satz wird nämlich unmissverständlich konstatiert, dass das Opfer die Aufforderung auch als gefährliche Drohung mit einer Verletzung an ihrer körperlichen Integrität, nämlich einer Vergewaltigung ansah (US 8; s auch US 19: Verlust des Arbeitsplatzes, Ausweisung und sogar Verhaftung durch die Fremdenpolizei).

Der genaue Zeitpunkt der Durchsuchung des Schlafzimmers betrifft der Beschwerde zuwider (Z 5 vierter Fall) keine entscheidende Tatsache, sodass die diesbezüglichen Ausführungen der Rüge auf sich beruhen können. Mit der Behauptung, zwischen der vom Angeklagten geforderten sexuellen Handlung und der amtsanmaßend vorgenommenen Durchsuchung der Wohnung bestehe keine Kausalität, der Angeklagte habe die als gefährliche Drohung qualifizierten Handlungen und Äußerungen erst begangen, „als dieser Szilvia Bo***** bereits aufgefordert hatte, Oralsex an ihm durchzuführen“, wird neuerlich kein Begründungsmangel dargestellt, sondern die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Berufung wegen Schuld kritisiert.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) strebt zu 2. eine Verurteilung nach §§ 15, 108 Abs 1 StGB an, indem sie die Eignung der Drohung, begründete Besorgnis zu erregen, verneint. Diese rechtliche Beurteilung wird vom Beschwerdeführer allerdings unter Anstellung eigenständiger beweiswürdigender Erwägungen lediglich behauptet, nicht jedoch auf Basis der erstgerichtlichen Konstatierungen aus dem Gesetz abgeleitet (zur Eignung einer Drohung mit einer Anzeige zur Erfüllung des Tatbestands der geschlechtlichen Nötigung s zB 11 Os 160/08a, SSt 2009/8). Soweit die Beschwerde abschließend den Zweifelsgrundsatz (in dubio pro reo) bemüht, wird damit keine materiell rechtliche Nichtigkeit aufgezeigt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die angemeldete (aber nicht ausgeführte; S 7 der Beschwerdeschrift) Berufung wegen Strafe des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.