OGH vom 09.01.1996, 10Ob1608/95

OGH vom 09.01.1996, 10Ob1608/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Ehmayr, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard W*****, vertreten durch Dr.Franz P.Oberlercher, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Erhaltung eines Bestandobjektes, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom , GZ 3 R 288/95-26, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Spittal an der Drau vom , GZ 9 C 190/93t-20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes steht mit der Sach- und Rechtslage im Einklang.

1. Vorauszuschicken ist, daß die Auslegung des Vorbringens einer Partei grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage bildet, weil deren Bedeutung nicht über den Einzelfall hinausgeht (ÖA 1995, 64). Der von Anfang an anwaltlich vertretene Kläger hat im gesamten Verfahren erster Instanz (siehe bereits Antragsschriftsatz ON 1, zweiter und vierter Absatz) ausdrücklich nur vorgebracht, daß der unstrittig vom Bestandvertrag mitumfaßte Heizkessel "im gegenwärtigen Zustand" und "derzeit" (also erst über zwei Jahre nach Beginn des Mietverhältnisses) nicht mehr funktionsfähig sei, nicht (mehr) dem Stand der Technik entspreche und "altersbedingt schadhaft" geworden sei. Dieses Vorbringen wurde im (vorbereitenden) Schriftsatz ON 4 (TB 1, zweiter und dritter Absatz, sowie TB 2) erneut und ausdrücklich so wiederholt.

Obwohl der Kläger in seiner Parteienvernehmung deponierte, daß der Heizkessel (jedenfalls teilweise) schon seit der Übernahme der Wohnung defekt gewesen sei (AS 27), und auch der Sachverständige eine "sukzessive Verschlechterung über die Jahrzehnte" (AS 89) schilderte, stellte er dieses Vorbringen bis Schluß der Verhandlung weder richtig noch ergänzte er es. Die vom Erstgericht hiezu trotzdem getroffene und vom Berufungsgericht ausgeschiedene (unberücksichtigt gelassene) Feststellung war daher eine unzulässigerweise überschießende, zumal sie den Rahmen des Parteivorbringens sprengte, sodaß die Vorgangsweise des Berufungsgerichtes nicht zu beanstanden ist und auch keinen sonstigen relevanten Verfahrensverstoß zu begründen vermochte (vgl 4 Ob 1520, 1521/95).

Daß das Berufungsgericht hiezu nach dem Inhalt seines Protokolls (ON 25) keine besondere Erörterung abführte, vermochte bei dieser Aktenlage sowie unter Bedachtnahme auf den Umstand, daß der Kläger bei sämtlichen Beweisaufnahmen durch seinen Rechtsanwalt vertreten war, auch keine "Überraschungsentscheidung" zu begründen, zumal die richterliche Anleitungs- und Erörterungspflicht im Anwaltsprozeß nur sehr eingeschränkt Platz greift (MGA ZPO14, E 2 zu § 182). Selbst eine Erörterung in der Berufungsverhandlung hätte im übrigen zufolge des geltenden Neuerungsverbotes (§ 482 ZPO) den Kläger nicht zu einem Nachtrag dieses fehlenden Vorbringens berechtigen können. Dies gilt damit auch für das diesbezügliche Vorbringen erst im Revisionsschriftsatz.

2. Der Vertragspunkt, den Bestandgegenstand einschließlich der mitübergebenen Gegenstände "auf seine Kosten in gutem Zustand zu erhalten" impliziert auch diesen "in brauchbarem Zustand" zu erhalten (§ 1096 Abs 1 ABGB; vgl MietSlg 39.115: "in gutem und brauchbarem Zustand"). Eine derartige Vereinbarung ist im Hinblick darauf, daß es sich - soweit nicht die Mietrechtsgesetzgebung anderes normiert - bei dieser Gesetzesstelle um nachgiebiges Recht handelt (MGA ABGB34, E 1 und 1a zu § 1096; Würth in Rummel, ABGB II2 Rz 1 zu § 1096), zulässig (daß die §§ 3 und 4 MRG zufolge Vorliegens eines Gebäudes im Sinne des § 1 Abs 4 Z 2 MRG nicht anwendbar sind, ist unstrittig). Der Begriff "erhalten" kann hiebei auch nicht so eng ausgelegt werden, daß darunter nur Ausbesserungen oder Instandsetzungen zu verstehen wären, sondern fällt darunter unter Umständen auch der Ersatz (die Erneuerung) eines durchaus schuldlos schadhaft gewordenen Inventargegenstandes (SZ 53/116 im Zusammenhang mit einem Boiler). Die beklagte Vermieterin hat daher für die Mängelbehebung des ausschließlich zur Heizung der Wohnung des Klägers dienenden Heizkessels nicht aufzukommen (vgl auch 5 Ob 38/85). Auch in diesem Punkte ist daher das Berufungsgericht nicht von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen.

3. Der Umstand, daß die Beklagte Eigentümerin (und Vermieterin) "zahlreicher weiterer derartiger Häuser mit identischer Ausstattung ... in nahezu jeder Garnisonsstadt Westösterreichs" ist, macht die Rechtssache bei dieser klaren Rechtslage ebenfalls nicht zu einer solchen mit einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1

ZPO.

Damit erweist sich die außerordentliche Revision als insgesamt unzulässig.