Suchen Kontrast Hilfe
OGH 28.03.2025, 8Ob1567/95

OGH 28.03.2025, 8Ob1567/95

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
RS0042871
Die Auslegung nicht allgemein gebrauchter Vertragsbestimmungen ist in aller Regel nicht für eine größere Anzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsam und kann daher nur dann Gegenstand einer außerordentlichen Revision sein, wenn mit überzeugenden Argumenten dargetan wird, dass die Auslegung nicht gesetzeskonform sei.
Norm
ZPO idF WGN 1989 §393 Abs1
RS0041036
Ein Zwischenurteil bei Anspruchshäufung in einer Klage darf schon dann gefällt werden, wenn auch nur ein Teilanspruch mit irgendeinem Betrag zu Recht besteht und die anspruchsbegründenden Tatbestandsvoraussetzungen auch für die anderen Teilansprüche zu bejahen sind.
Norm
ZPO idF WGN 1989 §393 Abs1
RS0041039
Wird ein globaler Schadensbetrag verlangt, der sich aus einer großen Anzahl einzelner Sachschäden und Mängelbehebungskosten zusammensetzt, kann ein Zwischenurteil über den Grund des Anspruches erlassen werden, ohne dass das zu Recht Bestehen jedes einzelnen Anspruchsteiles geprüft werden müsste.
Norm
RS0040851
Das Zwischenurteil nach § 393 Abs 1 ZPO soll Gewissheit über das Bestehen des Anspruches schaffen und darf daher diese Frage auch nicht bloß teilweise dem anschließenden Verfahren über die Höhe des Anspruches überlassen. Setzt sich der mit der Klage geltend gemachte Anspruch aus mehreren Anspruchsteilen zusammen, dann muss hinsichtlich eines jeden von ihnen ein wenigstens teilweiser Erfolg der Klage gewährleistet sein.
Normen
4.EVHGB Art7 Nr15
HGB §138
RS0061849
Der Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens sind sowohl das Kapitalkonto als auch das Privatkonto des durch Tod ausgeschiedenen Gesellschafters zugrunde zu legen. Während aber das Kapitalkonto den Anteil des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen zeigt, dient das Privatkonto zur Aufnahme der Forderungen und Schulden des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft. Der ausscheidende Gesellschafter kann grundsätzlich nicht die Auszahlung einzelner Aktivposten des Auseinandersetzungsguthabens verlangen. Diese bilden vielmehr nur den Ansatz der vorzunehmenden Auseinandersetzung. Nur dann können einzelne Posten zum Gegenstand eines Rechtsstreites gemacht werden, wenn es sich um einfach gelagerte Fälle handelt, so zB wenn ein Anspruch auf Zahlung eines bestimmten Geldbetrages ohne Rücksicht auf die sonstigen Ergebnisse der Ermittlung des Abfindungsguthabens außer Zweifel steht.
Normen
ABGB §302 B
4.EVzHGB Art7 Nr15
HGB §155
RS0010043
Maßgeblich ist der "lebende Geschäftswert", das ist der Wert, den die Gegenstände im Rahmen des fortzuführenden Unternehmens haben (Hueck, Das Recht der Offenen Handelsgesellschaft S. 333), der wirkliche Wert der Gegenstände, nicht ihr Liquidations- oder Buchwert (Schlegelberger, HGB II S 1202 f Anm 17). Die Vermögensgegenstände sind nach ihrem wahren Wert in die Abschichtungsbilanz einzusetzen (RGR-Komm II S 364 Anm 25). Da der Wert des lebenden Unternehmens zu ermitteln ist, muss auch ein besonderer Wert für den "Geschäftswert" des Unternehmens (good will) eingesetzt werden (Schlegelberger aaO S 1203 Anm 20), der innere Geschäftswert (Hueck aaO S 334). Maßgebliche Faktoren für die Feststellung des Geschäftswertes sind die für die Bewertung des lebenden Unternehmens wichtigen, die Gewinn- und Ertragsaussichten bestimmenden und beeinflussenden, im Machtbereich des Unternehmens liegenden Umstände, die nicht in anderen Posten der Bilanz erfasst und besonders auszuweisen sind.
Norm
RS0040868
Wenn sich der Klagsanspruch aus mehreren verschiedenartigen Anspruchsteilen zusammensetzt, muß hinsichtlich jedes Anspruchsteiles wenigstens ein teilweiser Erfolg der Klage gewährleistet sein, damit ein Zwischenurteil, das den Grund des Klagsanspruches bejaht, erlassen werden kann.
Normen
RS0031362
Die Feststellung durch Zwischenurteil, daß der Anspruch des Klägers (wenn auch nur zu 3/4 Anteilen) dem Grunde nach zu Recht besteht, setzt voraus, daß das Bestehen eines wenn auch noch so geringen Teiles des geltend gemachten Anspruches im weiteren Verlauf des Rechtsstreites nicht mehr in Frage gestellt werden kann. Es muß daher geprüft werden, ob der klagenden Partei die begehrten Kosten wirklich entstanden sind, wobei durch Zwangsversicherung gedeckte Begräbniskosten nicht gefordert werden können. Auch muß bezüglich der begehrten Unterhaltsrente festgestellt werden, daß der klagenden Partei dieser Unterhalt wirklich entgangen ist.
Norm
RS0040767
Eine Außerstreitstellung eines Schadens von 1,-- S der Höhe nach ist bei einer Häufung von Schadenersatzansprüchen zu undifferenziert, um die Erlassung eines Zwischenurteiles zu rechtfertigen, weil zu den jeweiligen Anspruchsteilen ein Schadenseintritt außer Streit oder festgestellt sein müßte.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Reiner Weber, Rechtsanwalt, 2020 Hollabrunn, Brunntalgasse 28, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Richard S*****, vertreten durch Dr.Alfred Strommer, Dr.Johannes Reich-Rohrwig, Dr.Georg Karasek, Dr.Bernhard Hainz, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei G***** Kommanditgesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in St.Pölten, wegen S 38,290.000,-- sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 136/94-80, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs.2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs.1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs.3 ZPO).

Der Antrag des Revisionsgegners auf Zuspruch von Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs.2 Satz 3 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin kann ein Zwischenurteil aufgrund des durch die WGN 1989 novellierten § 393 Abs.1 ZPO auch dann erlassen werden, wenn noch strittig ist, ob der Ausspruch überhaupt mit irgendeinem Betrag zu Recht besteht. Die von der Revisionswerberin zitierte, auf der Gesetzeslage vor der Novelle beruhende Rechtsprechung, die ein solches Urteil nur dann für zulässig hielt, wenn dem Kläger ein wenn auch noch so kleiner Teil des Klagsanspruchs zustand, ist überholt. Begehrt der Kläger einen Globalbetrag, ist das Zurechtbestehen jedes einzelnen Anspruchsteiles nun nicht mehr Voraussetzung für die Erlassung eines Zwischenurteiles. Vielmehr entspricht es dem Zweck der zitierten Gesetzesstelle, die von dem durch das Zwischenurteil definierten anspruchserzeugenden Sachverhalt nicht umfaßten Teile des Gesamtbegehrens erst im Verfahren über die Höhe auszuscheiden (2 Ob 567, 568/90; 8 Ob 1587/94). Ein Zwischenurteil kann daher immer dann erlassen werden, wenn dadurch die den geltend gemachten Grund des Globalanspruches betreffenden strittigen Fragen geklärt werden.

Die Auszahlung einzelner Posten des Auseinandersetzungsguthabens kann grundsätzlich nicht verlangt werden. Diese bilden vielmehr nur den Ansatz der Auseinandersetzung, welche aufgrund einer Gesamtbewertung des Unternehmens vorzunehmen und durch die Zahlung eines Pauschalbetrages zu erfüllen ist (EvBl 1959/315; JBl 1981, 545). Folgerichtig hat der Kläger auch nur einen Gesamtbetrag begehrt. Die von ihm genannten und von den Vorinstanzen geprüften Einzelposten bilden lediglich die Berechnungsgrundlage für diesen Abschichtungsbetrag.

Die Art der Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens ist zwischen den Parteien strittig. Während die Beklagte den Standpunkt vertritt, der Gemeinschuldner sei als ausgeschlossener Gesellschafter zu behandeln, weshalb gemäß § 16 Abs.4 des Gesellschaftsvertrages lediglich die Buchwerte zugrundezulegen seien, vertritt der Gemeinschuldner den Standpunkt, er sei durch die Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen aufgrund der Bestimmung des § 15 des Gesellschaftsvertrages aus der Gesellschaft ausgeschieden, weshalb gemäß § 16 Abs.2 auch allfällige stille Reserven im Anlage- und Umlaufvermögen aufzulösen seien. Diese den Grund des gesamten Anspruches betreffenden strittigen Fragen werden durch das angefochtene Zwischenurteil ebenso entschieden wie die anzuwendende Berechnungsmethode. Die Erlassung des Zwischenurteiles steht daher mit dem Gesetz und der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Einklang.

Auch in der Sache selbst vermag die Revisionswerberin gegen das Zwischenurteil nichts vorzubringen, was die außerordentliche Revision im Sinne des § 502 Abs.1 ZPO als zulässig erscheinen ließe. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der Bestimmung des § 15 des Gesellschaftsvertrages kann schon deshalb nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden, da die Auslegung nicht allgemein gebrauchter Vertragsbestimmungen in aller Regel nicht für eine größere Anzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsam ist und daher nur dann Gegenstand einer außerordentlichen Revision sein kann, wenn mit überzeugenden Argumenten dargetan wird, daß die Auslegung nicht gesetzeskonform sei (1 Ob 795/83; 2 Ob 534/93 ua). Das Berufungsgericht hat ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, weshalb es die Vertragsbestimmung ihrem Wortlaut nach auslegt, daß der in Konkurs verfallene Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet und nicht als ausgeschlossen zu gelten habe. Die Revisionswerberin vermag dagegen nichts Stichhaltiges vorzubringen, wäre es doch in Anbetracht der auch sonst im Gesellschaftsvertrag vorgenommenen und für die Abwicklungsfolgen bedeutsamen Unterscheidung zwischen Ausscheiden und Ausschluß ein Leichtes gewesen, eine dem nunmehrigen Vorbringen der Revisionswerberin entsprechende Formulierung des strittigen Punktes des Gesellschaftsvertrages zu finden. Wenngleich die in den Vorverfahren ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes 1 Ob 708/84 und 6 Ob 713/84 gegenständlich mangels Parteienidentität keine Bindungswirkung entfalten können, ist doch darauf zu verweisen, daß in beiden Entscheidungen der Oberste Gerichtshof zu dem Ergebnis gelangte, der Gesellschafter scheide durch die Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen aus der Gesellschaft aus, wobei in einem Falle ausdrücklich darauf verwiesen wurde, daß an dieser Auslegung auch die unterschiedliche Behandlung der Folgen von Ausgleich und Konkurs im Vertrag nichts zu ändern vermöge. Eine neuerliche Befassung des Obersten Gerichtshofes mit dieser nur eine spezielle Vertragsformulierung betreffende Frage ist daher nicht erforderlich.

Das Gericht zweiter Instanz befindet sich auch insoweit mit der Rechtsprechung im Einklang, als für die Berechnung des Abschichtungsguthabens alle Vermögenswerte der Gesellschaft mit ihrem wahren Wert in die Auseinandersetzungsbilanz aufzunehmen sind. Die Abschichtungsbilanz ist keine Jahresbilanz, sondern eine Vermögensbilanz (HS 7150/39; EvBl 1971/149). Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanzen auch jene stillen Reserven aktiviert haben, denen keine Ansätze in der Bilanz zugeordnet werden können. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Bestimmung des § 16 Abs.2 des Gesellschaftsvertrages. Im Zusammenhalt mit Abs.3 deutet diese Vertragsbestimmung vielmehr in die von der dargestellten Rechtsprechung vorgezeichnete Richtung.

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin haben sich die Vorinstanzen bei Auslegung des Vertragswerkes auch mit dessen § 17 Abs.1 auseinandergesetzt, wonach die Bestimmungen dieses Vertrages im Zweifel dahin auszulegen sind, daß der Bestand der Gesellschaft möglichst gesichert werde. Zutreffend sind die Vorinstanzen zu dem Ergebnis gelangt, daß weder die Bestimmung über das Ausscheiden des Gesellschafters noch jene über die Aktivierung stiller Reserven in diesem Sinne zweifelhaft sei. Diese Auslegungsregel kann daher bei Beurteilung des Grundes des Anspruches keine Berücksichtigung finden.

Alles weitere Vorbringen der Revisionswerberin dazu, welche stille Reserven in welchem Umfang in die Berechnung einzubeziehen seien und wie hoch die vertraglich vereinbarte Wertsicherung des Abschichtungsguthabens und dessen Verzinsung zu sein habe, betrifft die Höhe des Anspruches und damit den das erstinstanzliche Urteil aufhebenden Teil der angefochtenen Entscheidung. Mangels Zulassung des Revisionsrekurses gemäß § 519 Abs.1 Z 2 ZPO ist dem Obersten Gerichtshof ein Eingehen auf diesen Fragenkomplex verwehrt. Dies trifft auch hinsichtlich der als nicht zu Recht bestehend erkannten Gegenforderung von "rund S 300.000,--" an Prozeßkosten zu, da die Würdigung des grundlosen Ausbleibens einer zur Parteienvernehmung gehörig geladenen Partei im Sinn des § 381 ZPO durch die Vorinstanzen eine Frage der Beweiswürdigung ist, die an den Obersten Gerichtshof nicht mehr herangetragen werden kann (JBl 1976, 376).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:1995:0080OB01567.95.1012.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAD-76723