OGH vom 31.07.2019, 5Ob99/19y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei e***** GmbH, *****, vertreten durch MMag. Dr. Susanne Binder-Novak, Rechtsanwältin in St. Pölten, gegen die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch die Kueß & Beetz Rechtsanwälte Partnerschaft in Wien, wegen 70.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 179/18b-117, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1 Die Frage, ob das Vorbringen einer Partei soweit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht, ist grundsätzlich eine solche des Einzelfalls und daher nicht erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0042828), es sei denn die Auslegung des Vorbringens ist mit seinem Wortlaut unvereinbar oder verstößt gegen die Denkgesetze (RS0042828 [T11]). Ebenso hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob eine Klageänderung vorliegt oder aber bloß eine Richtigstellung des Klagebegehrens ohne Änderung des Klagegrundes (
RS0039388 [T3]; RS0039417 [T5]).
1.2 Unstrittig ist, dass die Klägerin den Lizenz- und Know-How-Vertrag vom mit dem Geschäftsführer der Beklagten als „Patentanmelder“ persönlich abschloss, der wegen seiner unberechtigten Kündigung des Lizenzvertrags mit Schreiben vom der Klägerin gegenüber bereits rechtskräftig zur Ersatzleistung verpflichtet wurde. Auch ihre (Schadenersatz-)Ansprüche der Beklagten gegenüber leitet die Klägerin aus der unberechtigten Auflösung des Lizenzvertrags ab, wobei sie nach Erörterung durch den Erstrichter erstmals in der Tagsatzung vom behauptete, die Beklagte sei (auch) Vertragspartnerin dieses Vertrags gewesen. Da die Klägerin zuvor ihr Schadenersatzbegehren lediglich auf die Kündigung des Lizenzvertrags durch den Geschäftsführer der Beklagten (als „Patentanmelder“) stützte, ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Behauptung der Verletzung eigener Vertragspflichten der Beklagten (als Partei des Lizenzvertrags) sei nicht bloß eine Richtigstellung des Klagebegehrens, sondern eine Änderung des Klagegrundes, im Einzellfall nicht zu beanstanden. Damit bedarf es auch keiner Korrektur, wenn das Berufungsgericht darauf gestützte Schadenersatzansprüche nach § 1489 ABGB als verjährt und die zum Nachweis eines solchen Anspruchs beantragten Beweise als irrelevant erachtete.
2.1 Juristische Personen handeln durch ihre Organe. Das Handeln von Organmitgliedern für eine juristische Person ist als Handeln der juristischen Person zu betrachten. Deren Verhalten gilt als Eigenhandlung der juristischen Person (Reischauer in Rummel3§ 1315 Rz 2a).
2.2 Die juristische Person haftet für das Verschulden der Personen, die in ihrer Organisation eine leitende Stellung innehaben und dabei mit eigenverantwortlicher Entscheidungsbefugnis ausgestattet sind (RS0009113), damit jedenfalls für ihre verfassungsmäßig berufenen Organe. Dabei spielt es keine Rolle, ob das handelnde Organ allein vertretungsbefugt ist oder nur Gesamtvertretungsbefugnis besitzt. Die GmbH haftet für den von ihrem Organ in Ausübung der Vertretungsmacht schuldhaft zugefügten Schaden (RS0028637; RS0009133; U. Torggler in U. Torggler [Hrsg], GmbHG § 19 Rz 5 [Stand: , rdb.at]). Keine (deliktische) Haftung der juristischen Person besteht jedoch dann, wenn als relevantes Verschulden ausschließlich Fehler in Betracht kommen, die mit der Organfunktion in keinem erkennbaren Zusammenhang stehen (RS0106863).
2.3 Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung sind die Ausführungen der Revisionswerberin, dass die Beklagte für die Kündigung des von ihrem Geschäftsführer persönlich als „Patentanmelder“ abgeschlossenen Lizenz- und Know-How-Vertrags einzustehen habe, nicht nachvollziehbar. Auch wenn die Beklagte bereits im Vertrag vom als Subunternehmerin der Klägerin zur Erreichung des in § 2 formulierten Vertragsziels in Aussicht genommen war und in weiterer Folge zwischen den Streitteilen entsprechende Rahmenverträge abgeschlossen wurden, hat der Geschäftsführer der Beklagten von dem ihm als Vertragspartner nach § 12.1 lit Ac des Vertrags persönlich eingeräumten Recht zur Vertragsauflösung (wenn letztlich auch ungerechtfertigt) Gebrauch gemacht. Bei dieser Sachlage begründet es keine Korrekturbedürftigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts, wenn es den für eine Haftung der Beklagten für ihr Organ notwendigen inneren Sachzusammenhang (vgl dazu RS0028626) der schädigenden Handlung (Vertragsauflösung) mit der Erfüllung der im Gefolge des Lizenz- und Know-How-Vertrags zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Rahmenverträge verneinte.
3.1 § 1041 ABGB setzt eine ungerechtfertigte Bereicherung des Anspruchsgegners voraus und kann nicht herangezogen werden, wenn die Vermögensverschiebung durch eine Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten gedeckt ist (RS0020101; vgl auch RS0028179; Koziol/Spitzer in KBB5§ 1041 Rz 11; Apathy in Schwimann/Kodek4§ 1041 Rz 10 ff). Ein rechtfertigender Grund für eine Vermögensverschiebung ist aber jedenfalls dann gegeben, wenn die Wertbewegung in Erfüllung eines gültigen Schuldverhältnisses stattgefunden hat (RS0020022).
3.2 Gegenstand der Klage waren Ersatzansprüche wegen der ungerechtfertigten Auflösung des Lizenz- und Know-How-Vertrags durch den Geschäftsführer der Beklagten. Abgesehen davon, dass dieser wegen der unberechtigten Vertragsauflösung ohnedies bereits rechtskräftig zum Ersatz des Schadens verurteilt wurde, der der Klägerin aus Zahlungen an die Beklagte als Subunternehmerin erwachsen ist, lag ihrem Begehren daher stets die (ungerechtfertigte) Auflösung des Lizenzvertrags zugrunde. Warum sie dennoch Inhaberin von Rechten aus dem Lizenzvertrag sei und es daher eine ungerechtfertigte Vermögensverschiebung bewirken soll, wenn die Beklagte von ihr auf Basis des Vertrags finanzierte Entwicklungen weiterhin verwerte, hat sie im Verfahren erster Instanz nie dargestellt. Es begründet daher auch keine im Einzelfall (dazu RS0037780; RS0116144) aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Berufungsgericht ihr Vorbringen zum Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB als unschlüssig beurteilte. Auch in ihrem Rechtsmittel vermag sie nicht darzulegen, inwieweit eine dem Zuweisungsgehalt widersprechende Nutzung von Rechten durch die Beklagte vorliegen (RS0019971, RS0019960) und welchen konkreten, ziffernmäßig bestimmten Vorteil diese dadurch erlangt haben soll.
4. Einer weiteren Begründung bedarf es daher nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0050OB00099.19Y.0731.000 |
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