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OGH vom 08.11.1994, 5Ob98/94

OGH vom 08.11.1994, 5Ob98/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Franz H*****, und 2.) Wilhemine H*****, beide vertreten durch Dr.Hans Christian Kollmann und Dr.Edgar Hofbauer, Rechtsanwälte in Lambach, wider die beklagte Partei Friedrich O*****, vertreten durch Rechtsanwälte Ganzert & Ganzert Partnerschaft in Wels, wegen Aufhebung des Miteigentums an der Liegenschaft EZ ***** KG L***** (Streitwert nach RATG S 127.500,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 121/94-17, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels vom , GZ 8 Cg 70/93-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, den Klägern binnen 14 Tagen die mit S 8.365,50 (darin enthalten S 1.394,25 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** L***** mit dem Haus F*****straße 10, und zwar die Kläger zu je einem Viertel, der Beklagte zur Hälfte. Die Liegenschaftsanteile der Kläger sind zugunsten des Beklagten mit einem rechtsgeschäftlichen Veräußerungs- und Belastungsverbot behaftet, das 1982 - anläßlich des Erwerbs der Miteigentumsanteile durch die Kläger - verbüchert wurde. Damals waren die Kläger verheiratet; der Beklagte ist der Vater der Zweitklägerin und ehemaliger Schwiegervater des Erstklägers.

Die Kläger streben die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft im Wege der Zivilteilung an. Sie hätten sich nach Zerwürfnissen mit dem Beklagten ein neues Haus gebaut und würden nunmehr den Versteigerungserlös zur Abdeckung finanzieller Verbindlichkeiten benötigen. Auch der Beklage wohne nicht mehr im streitgegenständlichen Haus, sondern - mit seiner nunmehrigen Gattin - in einer Mietwohnung in Wels. Sein einziges Interesse an der Aufrechterhaltung der Miteigentumsgemeinschaft bestehe darin, daß er in einigen Kilometern Entfernung vom Haus in L***** Bienenstöcke aufgestellt habe.

Der Beklagte will jedoch an der Eigentumsgemeinschaft festhalten. Das Haus sei als Alterswohnsitz für ihn und seine Gattin vorgesehen, diene ihm als Stützpunkt für seine Bienenzucht und ermögliche ihm Gartenarbeiten sowie sonstige Beschäftigungen in der Pension. Außerdem könne zur Zeit gar kein angemessener Preis für das Haus erzielt werden. Der Beklagte beantragte deshalb die Abweisung des Teilungsbegehrens.

Das Erstgericht gab dem Zivilteilungsbegehren der Kläger statt, wobei es seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrundelegte:

Der Beklagte hat die Liegenschaft EZ ***** KG L***** (F*****straße 10) im Jahre 1950 erworben und hat darauf ein Haus errichtet, in welches er im Jahre 1956 mit seiner damaligen Gattin und seiner Tochter (Zweitklägerin) eingezogen ist. Es handelte sich um ein Mansardenhaus mit einer Wohnung im Erdgeschoß sowie einem Wohnraum und einem Abstellraum im Obergeschoß. Das Mansardengeschoß wurde im Jahr 1972/73 vom Erstkläger der die Zweitklägerin schon damals zu ehelichen beabsichtigte und am auch heiratete, zu einer eigenen Wohnung ausgebaut, die von den Klägern in der Folge auch bewohnt wurde. Die hiefür erforderlichen Baumaterialien wurden vom Erstkläger mit ca. S 200.000,-- finanziert. Die Arbeiten wurden vom Erstkläger in Eigenregie ausgeführt, wobei ihm von Freunden, aber auch vom Beklagten geholfen wurde. Der Gegenwert der Arbeitsleistungen, insbesondere auch solcher, für welcher der Erstkläger gegenüber seinen Freunden aufgekommen ist, wird vom Erstkläger mit S 300.000,-- beziffert.

Im Zusammenhang mit diesen Umbauarbeiten und den Leistungen des Erstklägers an dem im Alleineigentum des Beklagten stehenden Objekt wurde noch vor der Eheschließung der Kläger eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Beklagten und der Zweitklägerin einerseits und dem Erstkläger andererseits vor dem Notar Dr.M***** abgeschlossen. Im Punkt 3) dieser Vereinbarung verpflichtete sich der Beklagte, den Investitionsbetrag des Ausbaues des Dachgeschoßes grundbücherlich in Form einer Schuldurkunde zugunsten des Erstklägers auf der in seinem Alleineigentum stehenden Liegenschaft sicherzustellen. Der Erstkläger sollte damit eine Sicherstellung für seine als Heiratsgut anzusehenden Investitionen erreichen.

Diese Sicherstellung ist in der Folge jahrelang nicht erfolgt, obwohl der Erstkläger immer wieder darauf gedrängt hat. Erst auf das Drängen der Gattin des Beklagten kam es dann zum Abschluß des Kaufvertrages vom . Mit diesem Kaufvertrag übertrug der Beklagte gegen den mit den Investitionen verrechneten Kaufpreis von S 200.000,-- an die Kläger Liegenschaftsanteile von je einem Viertel.

Gemäß Punkt 5) dieses Kaufvertrages räumten die Kläger als Käufer dem Beklagten das Veräußerungs- und Belastungsverbot im Sinne des § 364 c ABGB am Kaufobjekt ein. Diese vertragliche Vereinbarung wurde auch grundbücherlich durchgeführt.

Als dann im Jahre 1983 die Gattin des Beklagten verstarb, der Beklagte sich eine Freundin fand und diese zu ihm in die Erdgeschoßwohnung zog, während die Klägerin mit ihrer Tochter im Dachgeschoß wohnten und die Zweitklägerin für den Beklagten den Haushalt führte, kam es zu ernsten Streitigkeiten und Differenzen zwischen den Klägern einerseits und dem Beklagten andererseits, welche auch zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führten und die Zweitbeklagte nervlich sosehr belasteten, daß sich in der Folge bei ihr psychische Krankheitserscheinungen zeigten, an denen sie auch heute noch leidet.

Aufgrund dieses Auseinanderlebens und der eingetretenen Verfeindung haben sich die Kläger in der Folge entschlossen, ein neues Wohnhaus zu errichten, um aus der Mansardenwohnung ausziehen zu können. Es wurde also von den Klägern in der S***** Straße in L***** ein Wohnhaus errichtet (Hälfteeigentum der Kläger), welches sie im Jahre 1988 bezogen. Die Mansadenwohnung in der F*****straße 10 hatten die Kläger in der Folge bis vermietet.

Der Beklagte hat seine Freundin am geehelicht. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die Erdgeschoßwohnung in der F*****straße 10 zum Teil vom Beklagten und seiner nunmehrigen Gattin bewohnt bzw. benützt, zum Teil auch vom Beklagten alleine. Seit der Verehelichung wird aber die Parterrewohnung vom Beklagten nicht mehr benützt und ist seither vermietet. Der Beklagte wohnt seit der Eheschließung in der Mietwohnung seiner Gattin in der B*****straße 13 in W*****. Aus den Mieteinnahmen der Erdgeschoßwohnung in der F*****straße bestreitet der Beklagte die Mietkosten der Mietwohnung seiner Gattin in der B*****straße.

Der Beklagte ist seit in Pension. Die Gattin des Beklagten war bis Dezember 1992 berufstätig, hat dann einen Schlaganfall erlitten, ist derzeit arbeitsunfähig und hat um die Pensionierung angesucht, welches Ansuchen noch läuft. Der Beklagte muß derzeit für die Unkosten der Wohnung in der B*****straße und auch für den Unterhalt seiner Gattin aufkommen.

Der Beklagte betreibt in der Pension als Hobby die Bienenzucht und betreut eine Bienenhütte mit derzeit 14 Bienenstöcken in E***** bei L***** auf der Liegenschaft eines Landwirtes, welche ca 2 km vom Anwesen in der F*****straße entfernt ist. Er erntet jährlich zwischen 100 kg und 200 kg Honig, bei einem Erlös von S 100,-- pro kg.

Der Beklagte benützt und betreut nach wie vor den Garten des Anwesens in der F*****straße (ca 1000 m2), auf welchem Grundstück sich auch eine Gartenhütte und eine Garage befinden, in der sich der Beklagte eine Werkstätte eingerichtet hat. Die Gerätschaften für die Betreuung der Bienen hat der Beklagte in der Gartenhütte verwahrt. Auf dem Grundstück in der F*****straße verrichtet er auch die Arbeiten mit den Waben und schleudert dort auch den Honig. Im Garten gibt es neben der Rasenfläche auch Blumenbeete.

In der warmen Jahreszeit nutzt der Beklagte dieses Gartengrundstück so, daß er sich mehr in L***** als in W***** aufhält und nach seinen Angaben täglich dort ist. Die Fahrtstrecken bewältigt der Beklagte mit seinem PKW, fährt manchmal schon am Vormittag nach L*****, manchmal auch erst am Nachmittag und bleibt dort bis Einbruch der Dunkelheit. Der Beklagte wird bei der Garten- und Bienenarbeit auch von seiner Gattin unterstützt und begleitet. In den Wintermonaten und in der Übergangszeit hält sich der Beklagte nicht in L***** auf.

Der Beklagte hat den Wunsch nach der Pensionierung seiner Gattin in das Erdgeschoß des Hauses in der F*****straße einzuziehen, auch wenn die Wohnung im Dachgeschoß an Dritte vermietet wäre, und fühlt sich durch die Verfeindung mit den Klägern in seinen Vorstellungen nicht beeinträchtigt. Er ist gegen die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft, weil er die Errichtung dieses Hauses als sein Lebenswerk betrachtet, will in seinem Alter nicht mehr mit einem Hausbau beginnen, auch weil es ihm an den finaziellen Mitteln fehlt.

Die Mietwohnung der Gattin des Beklagten in W*****, B*****straße, steht dem Beklagten und seiner Gattin natürlich auch weiterhin für Wohnzwecke zur Verfügung. Der Beklagte hat zu seiner Gattin ein gutes Verhältnis. Die Gattin des Beklagten leidet derzeit noch an den Folgen des Schlaganfalles (Gesichtslähmung), war in Wien in Behandlung, ist aber kein Pflegefall.

Die Ehe der Kläger wurde am geschieden. Die Kläger haben bis kurz nach der Scheidung das neu erbaute Haus in der S***** Straße gemeinsam bewohnt. Der Erstkläger ist in der Zwischenzeit aus diesem Haus ausgezogen. Im Zuge der Scheidung hat der Erstkläger seinen Hälfteanteil an dieser Liegenschaft an seine Tochter überschrieben. Dem Erstkläger sind aus dem Scheidungsverfahren erhebliche Kosten erwachsen. Er hat gegenüber der Zweitklägerin aus dem Scheidungsvergleich verschiedene finanzielle Verpflichtungen übernommen, die noch nicht erfüllt sind und die er aus dem Verkauf seines 1/4-Anteiles an der Liegenschaft F*****straße 10 zu erfüllen gedeckt. Der Erstkläger ist aus dem Scheidungsvergleich der Zweitklägerin gegenüber unterhaltsverpflichtet und trägt die Ausfallshaftung für die Rückzahlungsraten zum Wohnhaus in der S*****Straße. Die Zweitklägerin benötigt den Erlös aus dem Verkauf des 1/4-Anteiles an der Liegenschaft F*****straße 10, um damit die Rückzahlungsraten des Hauses in der S***** Straße bedienen zu können.

Zur Zeit ist die Wohnung im Dachgeschoß des Hauses F*****straße 10 unbewohnt, die Wohnung im Erdgeschoß vom Beklagten vermietet. Beide Wohnungen werden daher derzeit weder von den Klägern, noch vom Beklagten für eigene Wohnzwecke verwendet.

Mit Schreiben vom hat Notar Dr.M***** in Vertretung des Beklagten den Klägern mitgeteilt, daß sich die Beklagte mit dem Gedanken trägt, seine Liegenschaftshälfte am Haus F*****straße 10 zu veräußern, und hat angefragt, ob die Kläger an einem gemeinsamen Verkauf interessiert sind oder den Hälfteanteil erwerben möchten.

Auf dieses Schreiben haben die Kläger mit Schreiben vom geantwortet und - bei damals noch intakter Ehe - mitgeteilt, daß der Erwerb der Liegenschaftshälfte für sie nicht von Interesse sei, da sie erst kurz vorher in das neue Haus eingezogen sind, daß aber ein gemeinsamer Verkauf denkbar sei. Dieses Schreiben wurde nicht beantwortet.

Mit Schreiben vom an den Notar Dr.M***** haben die Kläger den Wunsch und ihre Bereitschaft bekundet, das Haus F*****straße 10 zu verkaufen, weil sie wegen des Neubaues Geldbedarf hätten. Auf dieses Schreiben hat Dr.M***** mit Schreiben vom geantwortet und nach Rücksprache mit dem Beklagten mitgeteilt, daß der Beklagte derzeit an einem gemeinsamen Verkauf nicht mehr interessiert ist.

In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, daß die Abwägung der widerstreitenden Interessen zugunsten der Kläger ausschlage. Da keiner der Streitteile das Haus für Wohnzwecke benötige, stünden den handfesten finanziellen Gründen der Kläger im Grunde nur emotionale Bindungen des Beklagten an ein Haus gegenüber, auf das er bei seiner Lebensführung in Wahrheit gar nicht angewiesen sei. Das eingetragene Veräußerungs- und Belastungsverbot verhindere bei einem derart klaren Übergewicht der Interessen der Kläger die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft nicht.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es übernahm die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen als unbedenklich, billigte dessen Interessenabwägung mit einem Hinweis auf die mangelnde Stichhältigkeit der Rechtsmitttelausführungen (§ 500a ZPO) und hatte sich im übrigen nur mit dem Einwand des Beklagten auseinanderzusetzen, er strebe (nunmehr) die Begründung von Wohnungseigentum an, wobei der erste Stock des Hauses den Klägern, das Erdgeschoß ihm zugewiesen werden möge. Dazu führte das Berufungsgericht aus:

Nach den Überleitungsbestimmungen zu § 2 Abs 2 WEG idF des 3. WÄG könne das Verlangen nach Begründung von Wohnungseigentum durch Richterspruch zwar auch noch im Zuge eines anhängigen Teilungsverfahrens gestellt werden. Darüber, ob dies, entgegen dem in § 482 ZPO geregelten Neuerungsverbot, auch noch im Berufungsverfahren möglich sei, habe aber der Gesetzgeber nicht abgesprochen. Es wäre daher verfehlt, den Standpunkt zu vertreten, daß dann, wenn die beklagte Partei in erster Instanz alle nur irgendwie möglichen Gründe für die Unzulässigkeit der Zivilteilung (Unzeit und offenbaren Nachteil) ins Treffen geführt hat, das Berufungsgericht im Sinne der gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge gehalten sei, auch das nach der nunmehrigen Rechtslage weitere, sich einer Zivilteilung entgegensetzende Hindernis, nämlich die Begründung von Wohnungseigentum durch Richterspruch, zu beachten. Es stelle dieser Einwand (im Sinne der Ausführungen von Würth-Zingher, WohnR 94, S 249 und 361f und Tades-Stabentheiner ÖJZ 1993, Sonderheft über das 3.WÄG, S 30f) einen völlig selbständigen Abweisungsgrund dar, der am Neuerungsverbot scheitern müsse. Gleichgültig, ob die Übergangsbestimmungen im Sinne einer Abweisung des Zivilteilungsbegehrens oder als zweiteiliger Entscheidungsvorgang, Abweisung des Teilungsbegehrens und Begründung von Wohnungseigentum durch Richterspruch auf Antrag des Beklagten, zu verstehen sind, wäre ein neues, dem Klagebegehren entgegenstehendes Begehren des Beklagten jedenfalls zumindest ebenso streng wie eine Klagsänderung im Berufungsverfahren zu behandeln, die im Gegensatz zu § 25 ArbGG alt jetzt nicht einmal mehr in einem Verfahren nach dem ASGG, welches als Prozeßgesetz hinsichtlich der Neuerungserlaubnis am größzügigsten sei, in Betracht komme. Damit habe es bei der Stattgebung des Zivilteilungsbegehrens zu verbleiben, ohne daß näher zu überprüfen wäre, ob die neue Rechtslage etwa im Wege des § 35 EO in die Auseinandersetzung der Streitteile noch Eingang finden könnte.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei. Letzteres wurde mit dem Fehlen einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Zulässigkeit eines erst im Berufungsverfahren gestellten Begehrens nach § 2 Abs 2 Z 2 WEG idF des 3.WÄG, vor allem im Hinblick auf die mittlerweile eingetretene Änderung des materiellen Rechts, begründet.

In der nunmehr vorliegenden Revision vertritt der Beklagte den Standpunkt, daß er durch das Neuerungsverbot des § 482 ZPO keineswegs gehindert sei, das Begehren auf Begründung von Wohnungseigentum erst im Berufungsverfahren zu stellen. Vor allem die in Art III Abschnitt II Z 5 des 3. WÄG enthaltene Übergangsregelung, die schlechthin von einem "anhängigen Verfahren" spreche und damit das Rechtsmittelverfahren einschließe, deute auf die uneingeschränkte Zulässigkeit einer derartigen Neuerung hin. Unabhängig davon müsse die Änderung der materiellen Rechtslage auch noch im Berufungsverfahren berücksichtigt werden. In der Sache selbst habe das Berufungsgericht zu wenig bedacht, daß bei Bestehen eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes nur besonders wichtige Gründe zur Teilung des gemeinsamen Eigentums führen könnten. Der Revisionsantrag geht dahin, das angefochtene Urteil entweder im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung oder dergestalt abzuändern, daß Wohnungseigentum des Beklagten am Erdgeschoß und Wohnungseigentum der Kläger am ersten Stock des Hauses begründet wird; hilfsweise wurde noch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Kläger haben in einer fristgerecht erstatteten Revisionsbeantwortung die Bestätigung des angefochtenen Urteils beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Der vom Beklagten für seinen Prozeßstandpunkt ins Treffen geführte Grundsatz, daß der Rechtsanwender Gesetze immer nach dem neuesten Stand anzuwenden und daher auch die während eines Verfahrens eingetretenen Rechtsänderungen zu berücksichtigen hat, gilt - sofern nicht ausdrücklich eine andere Regelung getroffen wurde - lediglich für Verfahrensvorschriften (vgl SZ 55/17 mwN ua). Materiellrechtliche Bestimmungen wirken nur dann zurück, wenn dies der Gesetzgeber ausdrücklich anordnet oder der besondere Charakter einer zwingenden Norm deren rückwirkende Anwendung verlangt (vgl EvBl 1977/67 mwN ua). Die Beurteilung anspruchsbegründender Tatbestände, die bereits vollständig verwirklicht sind, hat daher prinzipiell nach der im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs geltenden Rechtslage zu erfolgen. Im gerichtlichen Streitverfahren, das die richterliche Kognition auf die bei Verhandlungsschluß in erster Instanz vorliegenden Entscheidungsgrundlagen beschränkt (§ 482 ZPO), bedeutet dies, daß auf Änderungen des materiellen Rechts, die nach diesem Zeitpunkt eintreten, regelmäßig nicht Bedacht zu nehmen ist, wenn erst die neue Rechtslage den geltend gemachten Anspruch herstellen würde (vgl MietSlg 28/10; EvBl 1977/67; SZ 57/14 ua). Das trifft vor allem dann zu, wenn es einer gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs bedarf, die Rechtsposition der Parteien durch das neue Gesetz also nicht unmittelbar geändert wird.

Zu Recht hat es daher das Berufungsgericht abgelehnt, auf das vom Beklagten erstmals in der mündlichen Berufungsverhandlung am erstattete Vorbringen einzugehen, er verlange nunmehr - gestützt auf den mit in Kraft getretenen § 2 Abs 2 Z 2 WEG (idF des 3. WÄG) - die Begründung von Wohnungseigentum. Diese nach Schluß der Verhandlung in erster Instanz eingetretene Änderung des materiellen Rechts konnte das Berufungsgericht nicht berücksichtigen, weil das Neuerungsverbot des § 482 ZPO ohne Einschränkung weiterbesteht und eine ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers fehlt, die es den Parteien eines Teilungsprozesses erlauben würde, von der neu geschaffenen Bestimmung des § 2 Abs 2 Z 2 WEG auch noch im Rechtsmittelverfahren Gebrauch zu machen. In der Übergangsbestimmung des Art III Abschnitt II Z 5 des 3. WÄG, BGBl 1993/800, ist entgegen der Meinung des Revisionswerbers eine solche Sonderregelung nicht zu erblicken, weil sich diese Bestimmung ausschließlich mit dem Problem der Verfahrenskosten beschäftigt und daher einer ausdehnenden, das generelle Neuerungsverbot in Frage stellenden Auslegung oder analogen Anwendung nicht zugänglich ist.

Richtig hat das Berufungsgericht auch erkannt, daß der im Teilungsstreit Beklagte die Begründung von Wohnungseigentum nach Maßgabe des § 2 Abs 2 Z 2 WEG idF des 3. WÄG nur in erster Instanz verlangen kann. Um auf einen solchen Einwand eingehen zu können, muß nämlich der Kläger sein Teilungsbegehren entsprechend ändern. Er hat sein Klagebegehren auf Teilung durch Begründung von Wohnungseigentum umzustellen oder wenigstens ein diesbezügliches Eventualbegehren zu stellen (Würth, Richterseminar zum neuen Mieten- und Wohnungseigentumsrecht, WoBl 1994, 93 ff [95]), was auf eine unzulässige, durch § 483 Abs 4 ZPO verbotene Veränderung der Klage hinausliefe, wenn ein diesbezügliches Vorbringen erst im Berufungsverfahren erstattet wird (vgl Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 1727). Eine vom Beklagten erstmals im Berufungsverfahren erhobene Einrede, er verlange im Zuge des Teilungsstreites die Begründung von Wohnungseigentum, unterliegt daher schon deshalb dem Neuerungsverbot des § 482 Abs 1 ZPO, weil die Verfahrensgesetze gar keine Möglichkeit vorsehen, sie in höherer Instanz noch adäquat zu behandeln. Ob im konkreten Fall die Begründung von Wohnungseigentum mit dem vom Gesetzgeber intendierten Ergebnis, jedem Miteigentümer einen realen Teil der gemeinschaftlichen Sache zukommen zu lassen, angesichts der Scheidung der Kläger und dem Vorhandensein von nur zwei Wohnungen im streitgegenständlichen Haus überhaupt möglich wäre (nach Oberhofer,

Die Aufhebung von Miteigentumsgemeinschaften an bebauten Grundstücken, WoBl 1994, 62, käme die Teilung durch richterliche Wohnungseigentumsbegründung gar nicht in Betracht, wenn mehr Mitgleider als mögliche Wohnungseigentumseinheiten vorhanden sind), kann bei dieser Sachlage auf sich beruhen.

Alle anderen vom Beklagten gegen die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft vorgebrachten Einwendungen wurden bereits von den Vorinstanzen mit zutreffender und ausreichender Begründung als nicht stichhältig erkannt (§ 510 Abs 3 ZPO). Es entspricht der Judikatur, daß auch der Miteigentümer einer Liegenschaft, dessen Anteil mit einem Veräußerungs- und Belastungsverbot behaftet ist, den Anspruch auf Zivilteilung geltend machen kann (SZ 35/104; SZ 50/49 ua). In der rechtsgeschäftlichen Übernahme eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes ist zwar unter Umständen ein Verzicht auf den unbedingten Teilungsanspruch nach § 830 ABGB zu erblicken, doch geht die solcherart übernommene Verpflichtung zur Fortsetzung der Gemeinschaft (§ 831 ABGB) nicht so weit, daß eine Teilung auch dann ausgeschlossen wäre, wenn wichtige Gründe für die Aufhebung der Gemeinschaft vorliegen (SZ 36/161; SZ 50/63; SZ 52/162 ua). Die Triftigkeit der Aufhebungsgründe ist diesfalls nach sorgfältiger Abwägung der widerstreitenden Interessen zu überprüfen.

Eine solche Überprüfung der von den Klägern geltende gemachten wichtigen Gründe für die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft hat stattgefunden. Daß die Interessenabwägung zugunsten der Kläger ausgeschlagen hat, ist nicht zu beanstanden, weil schwere Zerwürfnisse zwischen den Miteigentümern bestehen und zumindest für den Erstkläger seit seiner Scheidung von der Zweitklägerin ein Verbleiben in der Eigentumsgemeinschaft unzumutbar erscheint (vgl SZ 36/161). Am Vorliegen eines wichtigen Aufhebungsgrundes, der die vom Revisionswerber geltend gemachten gegenläufigen Interessen beträchtlich überwiegt, ist daher nicht zu zweifeln.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.