OGH vom 07.07.2011, 5Ob97/11t
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Mag. Dr. B*****, vertreten durch Dr. Manfred Schreiber, öffentlicher Notar in Wien, wegen Anmerkung einer Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung ob der Liegenschaft EZ 181 GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , AZ 46 R 128/11f, mit dem über Rekurs der Antragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom , TZ 630/2011, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Ob der im Kopf dieser Entscheidung angeführten Liegenschaft sind die Antragstellerin (B LNR 11) und die am verstorbenen Margarete H***** (B LNR 12) als Miteigentümer zu je 91/2730 Anteilen (Eigentümerpartnerschaft) einverleibt. Mit diesen Anteilen ist das Wohnungseigentum an W 9 verbunden.
Die Antragstellerin begehrte die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft als bücherliche Eigentümerin hinsichtlich B LNR 11 und als Eigentümerin gemäß § 14 Abs 1 Z 1 WEG 2002 zufolge Ablebens der Partnerin Margarete H***** hinsichtlich B LNR 12 und legte ihrem Antrag die Sterbeurkunde bei.
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Eine Anmerkung der Rangordnung gemäß § 53 Abs 1 GBG könne nur der im Grundbuch eingetragene Eigentümer einer Liegenschaft begehren. Dem einzelnen Wohnungseigentümer fehle die Berechtigung zur Antragstellung hinsichtlich des Mindestanteils, mit dem Partnerwohnungseigentum verbunden sei.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. § 14 WEG stelle eine lex specialis zum allgemeinen Erbrecht dar. Beim Zuwachs nach § 14 Abs 1 handle es sich um einen Fall der Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen. Da aber der unmittelbare Erwerb des halben Mindestanteils durch Verzicht oder Vereinbarung mit den Erben (§ 14 Abs 1 Z 2 WEG) rückgängig gemacht werden könne, sei er auflösend bedingt und komme auch nur dann zum Tragen, wenn keine Vereinbarung nach Abs 5 dieser Bestimmung abgeschlossen worden sei. Für einen Eigentumserwerb gemäß § 14 Abs 1 Z 1 WEG sei daher vorausgesetzt, dass keine Vereinbarung unter Lebenden auf den Todesfall vorliege. Einen Nachweis dafür habe die Antragstellerin nicht vorgelegt, weshalb nicht mit Sicherheit festgestellt werden könne, dass sie tatsächlich gemäß § 14 Abs 1 Z 1 WEG Eigentum erworben habe.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege, ob der überlebende Partner die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung unter Berufung auf § 14 Abs 1 Z 1 WEG ohne Amtsbestätigung des Verlassenschaftsgerichts (über das Nichtvorliegen von Vereinbarungen gemäß § 14 Abs 1 Z 2 oder Abs 5 WEG) beantragen könne.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehlt, unter welchen Voraussetzungen der überlebende Partner einer Eigentümerpartnerschaft (§ 13 WEG) zur Antragstellung nach § 53 GBG berechtigt ist. Er ist im Ergebnis aber nicht berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass die dem Rechtsmittel vorangestellte Verweisung der Antragstellerin auf die Ausführungen in ihrem Rekurs unbeachtlich ist, weil jede Rechtsmittelschrift einen in sich geschlossenen selbständigen Schriftsatz darstellt und nicht durch die Bezugnahme auf den Inhalt anderer in derselben oder einer anderen Sache erstattete Schriftsätze ersetzt oder ergänzt werden kann (RIS Justiz RS0007029 [für das wohnrechtliche Außerstreitverfahren: T 9]; RS0043616). Es können nur diejenigen Ausführungen berücksichtigt werden, die im Rechtsmittel selbst enthalten sind (RIS Justiz RS0043579 [T12]).
§ 53 Abs 1 GBG eröffnet dem Eigentümer der Liegenschaft die Möglichkeit einer Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung. Antragsberechtigt ist grundsätzlich derjenige, dessen Eigentum im Grundbuch einverleibt oder vorgemerkt ist (vgl RIS Justiz RS0115745). Darüber hinaus ist die Antragslegitimation auch für Fälle außerbücherlichen Eigentums anerkannt. So hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass der eingeantwortete Erbe zur Erwirkung einer Anmerkung der Rangordnung legitimiert ist, weil er schon vor Verbücherung Eigentum erlangt, sodass sich dessen Rechtsposition nicht von jener des verbücherten Eigentümers unterscheidet (5 Ob 28/90 = SZ 63/79 = WoBl 1991, 53/41 [zust Hoyer ] = JBl 1991, 51 = NZ 1990, 235 [zust Hofmeister ]; 5 Ob 86/90 = EvBl 1991/31; RIS Justiz RS0060724). In den Fällen, die zu einer Bewilligung des Ansuchens führten, war das (außerbücherliche) Eigentumsrecht durch Vorlage der rechtskräftigen Einantwortungsurkunde nachgewiesen worden (5 Ob 28/90; 5 Ob 86/90).
Für das Ableben eines Eigentumspartners regelt § 14 WEG das Schicksal von dessen halben Mindestanteil. Danach geht der auf den verstorbenen Eigentumspartner entfallende Mindestanteil von Gesetzes wegen unmittelbar mit dem Tod in das Eigentum des überlebenden Teils über, es sei denn, es existiert eine schriftliche Vereinbarung im Sinne des § 14 Abs 5 WEG über das Schicksal des Mindestanteils. In diesem Fall ist der Eigentumserwerb des überlebenden Partners subsidiär ( S. Ganter in Hausmann/Vonkilch WEG § 14 Rz 3).
Die Akkreszenz in das Eigentum des Überlebenden nach § 14 Abs 1 Z 1 WEG erfolgt unmittelbar, ohne dass es eines besonderen Erwerbungsakts bedürfte (arg.: „geht unmittelbar ins Eigentum über“). Der Verbücherung kommt nur noch deklarative Bedeutung zu, sodass insoweit eine Durchbrechung des Intabulationsgrundsatzes vorliegt ( S. Ganter aaO Rz 14; Eccher in KBB³ § 431 Rz 2; Würth in Rummel ABGB³ § 14 WEG Rz 5; Rassi in Kodek , Grundbuchsrecht § 10 Rz 3; 5 Ob 65/06d; zur Vorgängerbestimmung des § 10 WEG 1975 [Wohnungseigentum der Ehegatten im Todesfall] vgl RIS Justiz RS0082946). Es ist daher grundsätzlich sachlich gerechtfertigt, dem überlebenden Eigentumspartner, dem der halbe Mindestanteil zuwächst, als außerbücherlichem Eigentümer gleich einem rechtskräftig eingeantworteten Erben die Legitimation zur Erwirkung einer Anmerkung nach § 53 Abs 1 GBG zuzubilligen.
Der Eigentumsübergang durch Zuwachs ist auflösend bedingt, solange die Option des Überlebenden zum Verzicht bzw zu einer Vereinbarung betreffend den Übergang des Mindestanteils innerhalb einer vom Verlassenschaftsgericht festzusetzenden angemessenen Frist (§ 14 Abs 1 Z 2 WEG) noch möglich ist ( S. Ganter aaO Rz 13). Dieser Schwebezustand dauert an, solange vom Verlassenschaftsgericht die Frist nicht gesetzt wurde oder diese noch offen ist ( Würth aaO Rz 5). Solange der Schwebezustand andauert, kann auch eine Ausstellung einer beschlussmäßigen Bestätigung nach § 14 Abs 1 Z 5 WEG iVm § 182 Abs 3 AußStrG nicht erfolgen (vgl 5 Ob 158/92 = SZ 65/158 zur Rechtslage nach dem WEG 1975 bzw zu § 175 AußStrG alt).
Auch im Fall des Zuschlags in der Zwangsversteigerung wird zunächst auflösend bedingtes Eigentum erworben. Dazu hat der Oberste Gerichtshof bereits erkannt, dass beim Ersteher, will er im Grundbuchsverfahren die Rechte eines Liegenschaftseigentümers für sich in Anspruch nehmen, besondere Kautelen für die Endgültigkeit seines Rechtserwerbs vorhanden sein müssen, um das Grundbuchsgericht nicht mit der Dokumentation einer noch unsicheren Rechtslage zu belasten (5 Ob 7/93 = SZ 66/14). Erst mit Rechtskraft des Zuschlags und der Erfüllung der Versteigerungsbedingungen ist seine Rechtsstellung der eines grundbücherlichen Eigentümers vergleichbar (5 Ob 95/09w = NZ 2010, 92). Der Ersteher hat daher dem Grundbuchsgericht neben der Erfüllung der Versteigerungsbedingungen die Rechtskraft der Zuschlagserteilung urkundlich nachzuweisen, wenn er vor der bücherlichen Einverleibung seines Eigentums um eine Ranganmerkung für die beabsichtigte Veräußerung ansucht (RIS Justiz RS0008292). Das Fehlen dieses Nachweises bildet einen Abweisungsgrund (5 Ob 7/93). Dieselben Erwägungen haben auch im vorliegenden Fall zu gelten, sodass dem Grundbuchsgericht der unbedingte Rechtserwerb urkundlich nachzuweisen ist, will der überlebende Eigentumspartner auch hinsichtlich der zweiten Hälfte des Mindestanteils die Rechte eines Eigentümers iSd § 53 Abs 1 GBG ausüben. Der Revisionsrekurswerberin ist zwar zuzugestehen, dass ihr die Vorlage einer Bestätigung über das Nichtvorhandensein von Tatsachen wie vom Rekursgericht gefordert nicht aufgebürdet werden kann. Wie auch sonst in den Fällen des außerbücherlichen Eigentumserwerbs ist aber der urkundliche Nachweis, dass die Voraussetzungen für die Einverleibung des Eigentumsrechts am halben Mindestanteil erfüllt sind, zu verlangen.
Für den Erwerb nach § 14 Abs 1 Z 1 oder Z 2 WEG ordnet die Ziffer 5 dieser Regelung für die Eintragungen ins Grundbuch die sinngemäße Anwendung des § 182 Abs 3 AußStrG an. Danach hat das Verlassenschaftsgericht Erwerbern, die nicht aufgrund der Einantwortung Rechte an bücherlich zu übertragenden Sachen erworben haben, eine Bestätigung darüber auszustellen, dass sie als Eigentümer in die öffentlichen Bücher eingetragen werden können. Dadurch wird bestätigt, dass dem Erwerbsvorgang keine verlassenschaftsgerichtlichen Bedenken entgegenstehen (vgl Fucik/Kloiber , AußStrG § 182 Rz 6). Für den hier interessierenden Anwendungsbereich des § 14 WEG wird mit einer solchen Bestätigung der Nachweis erbracht, dass der überlebende Eigentumspartner durch Anwachsung unmittelbar Eigentum am halben Mindestanteil des verstorbenen Teils erworben hat, sodass ihm eine dem (bücherlichen) Eigentümer vergleichbare Rechtsstellung zukommt. Sucht er vor der bücherlichen Einverleibung seines Eigentums um eine Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung an, kann der Antrag nur bewilligt werden, wenn der überlebende Teil der Eigentümerpartnerschaft diesen urkundlichen Nachweis erbringt.
Da die Antragstellerin lediglich die Sterbeurkunde vorlegte, haben die Vorinstanzen ihrem Antrag sohin zu Recht nicht Folge gegeben. Ihre Entscheidung war daher spruchgemäß zu bestätigen.