OGH vom 23.04.2002, 5Ob92/02v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Max Z*****, vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, gegen die Antragsgegner 1) Monika M*****, und 2) Gertrude M*****, beide *****, beide vertreten durch Puttinger, Vogl & Partner, Rechtsanwälte in 4910 Ried im Innkreis, wegen § 37 Abs 1 Z 8 und Abs 4 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgericht vom , GZ 6 R 272/01v-30, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Ried im Innkreis vom , GZ 4 Msch 8/00i-25, bestätigt wurde, folgenden
Sachbeschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die Antragsgegnerinnen sind seit 1998 je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ *****, auf der ein ca 100 Jahre altes Gebäude steht. Der Antragsteller hat am von den Voreigentümern dieser Liegenschaft fünf im Erdgeschoß gelegene Räume in Bestand genommen.
Die wesentlichen Punkte dieses Vertrages lauten wie folgt:
"Das Pachtverhältnis beginnt mit und endet spätestens mit . Es ist vom Pächter oder dessen Rechtsnachfolger unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist innerhalb dieses Zeitraumes jeweils auf das Jahresende kündbar. Eine Verlängerung des Pachtverhältnisses über den Zeitpunkt hinaus bedarf einer neuen Vereinbarung, da der unter Punkt 3) angeführte Pachtzins für diesen Zeitraum etwa vorgesehene Investitionen durch den Pächter berücksichtigt.
Zwischen den Vertragsteilen wird unter Ausschluss der gesetzlichen Zinsbildung ein Pachtzins in Höhe von S 13.000,-- für den unter Punkt
2) genannten Zeitraum ( - ) zuzüglich der Mehrwertsteuer in der jeweiligen gesetzlichen Höhe vereinbart. Ab erhöht sich der Pachtzins um 40 % gegenüber dem letztgültigen Pachtzins.
Der Pachtzins ist erstmals am , sodann jeweils am 5. jedes Monats spesenfrei auf das vom Pächter genannte Konto zu überweisen. ..."
Der Bestandvertrag enthält weiters eine Wertsicherungsklausel, wonach der Bestandzins an den Verbraucherpreisindex 1976 gekoppelt ist, sowie eine Bestimmung, wonach der Antragsteller berechtigt ist, auf eigene Kosten und Gefahr das Bestandobjekt so umzubauen, wie es für die Aufnahme und die Weiterführung eines Cafe-Restaurants erforderlich und zweckmäßig ist.
Trotz der gegenteiligen Bestimmung des Vertrages, wonach das Bestandverhältnis mit befristet ist, gingen beide Teile bei Abschluss des Vertrages von einem unbefristeten Bestandvertrag aus.
Der Antragsteller bezahlte von 1987 bis Ende 1999 jeweils den vereinbarten (indexerhöhten) Bestandzins, wobei sich zuletzt ein Betrag von S 16.820,57 monatlich ergab.
Seit verlangen die Antragsgegnerinnen vom Antragsteller unter Berufung auf die Erhöhungsklausel monatlich S 23.548,80; der Antragsteller bezahlt seit diesem Zeitpunkt monatlich S 14.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer.
Mit seinem am bei Gericht eingebrachten und später (in der mündlichen Verhandlung am ) ausgedehnten Sachantrag begehrte der Antragsteller
1. festzustellen, dass der begehrte Hauptmietzins von S 23.548,80 in Anbetracht des Mietgegenstandes unangemessen hoch ist,
2. den ab zu entrichtenden monatlichen Hauptmietzins auf einen angemessenen Betrag von S 13.037,-- herabzusetzen, sowie
3. die Antragsgegner zum Rückersatz der seit bezahlten, den angemessenen Mietzins übersteigenden Beträge zu verpflichten. Zu Beginn des Bestandverhältnisses seien die Räumlichkeiten, in denen das Restaurant "Cafe Amadeus" etabliert ist, leer gestanden; den gegenwärtigen Zustand habe der Antragsteller selbst mit einem Kostenaufwand von etwa S 1,800.000,-- hergestellt. Da die Räumlichkeiten am Kirchenplatz liegen, bestehe eine im Vergleich zum Hauptplatz geringere Kundenfrequenz. Insgesamt sei daher der seit verlangte Hauptmietzins von monatlich S 23.548,80 unangemessen hoch iSd § 16 Abs 1 Z 1 MRG.
Die Antragsgegnerinnen beantragten die Abweisung des Sachantrags und wandten im Wesentlichen ein, dass die Vereinbarung eines bis zum um 40 % ermäßigten Pachtzinses den Zweck gehabt habe, die vom Antragsteller vorgenommenen Investitionen abzugelten. Zu Beginn des Bestandverhältnisses im Jahre 1987 wäre ein monatlicher Pachtzins von S 18.200,-- (S 13.000,-- zuzüglich 40 %) angemessen gewesen, sodass der seit begehrte Bestandzins unter Berücksichtigung der Wertsicherungsvereinbarung angemessen sei.
Das Erstgericht gab dem Sachantrag des Antragstellers Folge und stellte fest, dass der angemessene Hauptmietzins für das streitgegenständliche Bestandobjekt seit S 13.037,-- monatlich zuzüglich Umsatzsteuer betrage und schuf einen entsprechenden Rückzahlungstitel. Es ging dabei im Wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:
Die vom Antragsteller in Bestand genommenen fünf Räumlichkeiten liegen im Erdgeschoss des kirchenplatzseitigen Gebäudeteiles und haben eine Nutzfläche von insgesamt 163,63 m2. Das Bestandobjekt gehört zur B-Lage in Ried. Unter Berücksichtigung des Ausstattungs- und Erhaltungszustandes des Bestandobjektes war dieses zu Beginn des Mietverhältnisses bestenfalls für Lagerzwecke geeignet. Beispielsweise war im Raum A ein Betonboden vorhanden, der zwischen Nord- und Südseite einen Niveauunterschied von 30 cm aufwies. Auch in den übrigen Räumen gab es entweder nur einen Steinboden oder einen Betonboden. In den Räumen A, B und C waren Wasseranschlüsse vorhanden, die teilweise aus dem Jahr 1940 stammten. Es gab weder Warmwasser noch einen Telefonanschluss. Die Elektroinstallationen waren für den beabsichtigten Verwendungszweck als Geschäfts- bzw Gastronomielokal nicht mehr genehmigungsfähig.
Bei Abschluss des Bestandvertrages wurde vereinbart, dass der Antragsteller berechtigt sei, auf eigene Kosten das Bestandobjekt für den Betrieb eines Restaurants umzubauen, wobei den Rechtsvorgängern der Antragsgegnerinnen zu diesem Zeitpunkt die Höhe der beabsichtigten Investitionen des Antragstellers nicht bekannt war. Die 40 %ige Mietzinserhöhung ab wurde deshalb vereinbart, da die Rechtsvorgänger der Antragsgegnerinnen überschlagsmäßig davon ausgingen, dass sich zu diesem Zeitpunkt die Investitionen des Antragstellers in das Objekt bereits amortisiert hätten, und es sich um ein "rundes" Datum gehandelt hat. Nach Begründung des Bestandverhältnisses hat der Antragsteller mit einem Kostenaufwand von ca S 1,7 Mio zuzüglich Eigenleistung die erforderlichen Umbauten durchgeführt.
Für ein nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage sowie Ausstattungs- und Erhaltungszustand mit dem gegenständlichen Bestandobjekt vergleichbares Bestandsobjekt war zum ein Mietzins von S 9.600,-- erzielbar, der unter Berücksichtigung der vereinbarten Wertsicherung zum S 13.037,-- zuzüglich Umsatzsteuer beträgt.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass das Bestandverhältnis ungeachtet der Bezeichnung als Pacht dem "Vollanwendungsbereich" des MRG unterliege, weil es sich in Wahrheit um ein Mietverhältnis handle, und die Antragsgegnerinnen gemäß § 2 Abs 1 MRG in den Mietvertrag zwischen dem Antragsteller und ihren Voreigentümer eingetreten seien. Gemäß § 16 Abs 1 Z 1 MRG seien für das gegenständliche Bestandobjekt Mietzinsvereinbarungen hinsichtlich der Höhe des Hauptmietzinses nur bis zu dem für den Mietgegenstand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag zulässig, wobei auch bei Vereinbarung eines "unbedingten Staffelmietzinses" (wie im vorliegenden Fall) der maßgebliche Zeitpunkt für die Angemessenheitsprüfung der Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages sei. Unter Berücksichtigung der mietzinsbestimmenden Faktoren zum habe der angemessene Hauptmietzins für das gegenständliche Objekt somit S 9.600,-- zuzüglich Umsatzsteuer betragen, sodass unter Berücksichtigung der vereinbarten Wertsicherungsklausel der angemessene Nettohauptmietzins zum S 13.037,-- betrage. Die vom Antragsteller nach dem Mietvertragsabschluss vorgenommenen Investitionen seien dabei trotz der Vereinbarung, dass der ursprüngliche Mietzins von S 13.000,-- bis den Investitionen des Antragstellers Rechnung trage nicht zu berücksichtigen, da diese Vereinbarung mangels Bestimmbarkeit der anzurechnenden Investitionskosten bei Vertragsabschluss unwirksam sei. Die Geltendmachung der daraus resultierenden Teilunwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung sei auch nicht verfristet, weil gemäß § 44 MRG idF der Wohnrechtsnovelle 1999, der auf den vorliegenden Fall weiterhin anwendbar sei, die dreijährige Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG nicht zur Anwendung gelange.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es erachtete die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen als unbedenklich und ausreichend und beurteilte diese wie folgt:
Die von den Antragsgegnerinnen gegen die Verfassungskonformität des § 44 MRG idF der Wohnrechtsnovelle 1999 im Anschluss an Vonkilch (Ein kritischer Blick auf den neuen § 44 MRG, WoBl 2000, 13 ff) vorgetragenen Bedenken würden nicht geteilt. Die Anordnung, wonach die Bestimmung, dass die Unwirksamkeit einer nach § 16 Abs 1 bis Abs 7 MRG unzulässigen Mietzinsvereinbarung binnen drei Jahren gerichtlich geltend zu machen ist (§ 16 Abs 8 zweiter Satz MRG) auf vor dem abgeschlossene Mietzinsvereinbarungen ("Altmietzinsvereinbarungen") nicht anzuwenden ist, habe eine punktuelle Anknüpfung dieser Präklusionsbestimmung normiert. Die Einführung der dreijährigen Präklusionsfrist durch das 3. Wohnrechtsänderungsgesetz, BGBl 800/1993, sei nämlich erst am erfolgt; bis dahin sei die Geltendmachung der Unwirksamkeit unzulässiger Mietzinsvereinbarungen unbefristet möglich gewesen. Gerade im Regelungsbereich des MRG komme es bei jeder Rechtsänderung zur Kollision von altem und neuem Recht. Für Sachverhalte, die sowohl einen Bezug zum alten als auch zum neuen Recht aufweisen - das gelte in der Regel für bereits vor der Rechtsänderung bestehende Mietverträge, die auch weiterhin bestehen bleiben -, stelle sich die Frage nach der gesetzlichen Auswahl der zeitlich anzuwendenden Bestimmungen und die Auflösung der Kollision zwischen alten und neuen mietrechtlichen Normen, von denen potentiell beide auf ein bestimmtes Mietverhältnis angewendet werden könnten. Dabei ließen sich zwei grundlegende Modelle der Anknüpfungstechnik von Übergangsregelungen unterscheiden, nämlich die punktuelle und die sukzessive Anknüpfung. Bei der punktuellen Anknüpfung werde ein Tatbestand umfassend nach einer punktuell bezeichneten Rechtslage beurteilt, was bedeute, dass Rechtsänderungen nach der zum Anküpfungszeitpunkt verbindlichen Rechtslage für die normative Beurteilung dieses Tatbestandes keine Relevanz mehr haben. Bei der sukzessiven Anknüpfung komme es demgegenüber zu einer (zeitlichen) Aufspaltung des Tatbestandes, auf den die jeweils geltenden Rechtsvorschriften anzuwenden sind (vgl Vonkilch, Mietübergangsrecht de lege lata und de lege ferenda, in Schauer/Stabentheiner, Erneuerung des Wohnrechts, 165 ff). Das MRG bediene sich beider Regelungsmodelle, wobei grundsätzlich eine sukzessive Anknüpfung normiert werde (vgl § 43 Abs 1 MRG), während aber insbesondere bei Beurteilung der Wirksamkeit einer Mietzinsvereinbarung eine punktuelle Anknüpfung erfolge (vgl § 43 Abs 2 MRG), sodass für die Frage der Wirksamkeit einer Mietzinsvereinbarung die zum Vereinbarungszeitpunkt geltende Rechtslage maßgeblich sei (vgl Vonkilch, Mietübergangsrecht de lege lata und de lege ferenda, in Schauer/Stabentheiner, Erneuerung des Wohnrechts, 170).
Durch § 44 MRG idF der Wohnrechtsnovelle 1999 sei die punktuelle Anknüpfung der dreijährigen Präklusionsfrist für die Geltendmachung der Unwirksamkeit einer unzulässigen Mietzinsvereinbarung, nämlich, dass die Präklusionsfrist gemäß § 16 Abs 8 zweiter Satz MRG auf die Mietzinsvereinbarungen, die vor dem abgeschlossen wurden, keine Anwendung findet, nunmehr ausdrücklich und im Einklang mit den Grundsätzen des Übergangsrechtes zum MRG (vgl Schuster in Schwimann, ABGB2, § 16 MRG, Rz 64) festgeschrieben worden, sodass darin keine Verfassungswidrigkeit erblickt werden könne.
Es treffe auch nicht zu, dass § 44 MRG infolge seiner Rückwirkung gegen das vom Verfassungsgerichtshof aus dem Gleichheitssatz abgeleitete Vertrauensschutzprinzip verstoße. Bis zum Inkrafttreten des § 44 MRG am sei es ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gewesen, dass die dreijährige Präklusionsfrist für die Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Mietzinsvereinbarung auch auf "Altmietzinsvereinbarungen" (vor dem abgeschlossen) Anwendung finde. Diese Frist habe allerdings erst mit dem Inkrafttreten der entsprechenden Bestimmung () zu laufen begonnen und somit seien seit bis dahin unzulässige "Altmietzinsvereinbarungen" nicht mehr bekämpfbar gewesen. Selbst wenn man von einer rückwirkenden Gesetzesänderung durch Einführung des § 44 MRG idF der Wohnrechtsnovelle 1999 ausgehe und die genannte Bestimmung nicht als ausdrückliche Klarstellung begreift (so aber 40 R 130/00 LGZ Wien; vgl auch Schuster in Schwimann, ABGB2, § 44 MRG, Rz 5), bestünden in dieser Hinsicht keine Bedenken gegen die Verfassungskonformität des § 44 MRG idF Wohnrechtsnovelle 1999). Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei der Gesetzgeber nämlich befugt, rechtspolitisch unerwünschten Konsequenzen der Rechtsprechung mit einem Gesetzgebungsakt allenfalls auch rückwirkend entgegenzutreten (vgl Öhlinger, Verfassungsrecht, Rz 786; VfSlg 15.231). Dies mit der Einschränkung, dass eine rückwirkende Gesetzesänderung, die die Rechtsposition der Rechtsunterworfenen mit Wirkung für die Vergangenheit verschlechtert, nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Maßgeblich hiefür sei einerseits die Gravität des Eingriffes, andererseits das Gewicht der für diesen Eingriff entsprechenden Gründe. Selbst die Rechtsprechung eines Höchstgerichtes könne aber Vertrauensschutz nicht in dem selben Ausmaß beanspruchen wie eine Maßnahme des Gesetzgebers. Dem Gesetzgeber sei außerdem in der Frage der Rückwirkung seiner Maßnahme ein um so größerer rechtspolitischer Spielraum zuzubilligen, je (zeitlich) näher diese Maßnahme erfolgt (VfSlg 15.231). Nach den Materialien zu § 44 MRG idF der Wohnrechtsnovelle 1999 (AB 2056 BlgNR 20. GP) sei Motiv für die Einführung dieser Bestimmung gewesen, den seinerzeitigen Intentionen des Gesetzgebers des 3. Wohnrechtsänderungsgesetzes zum Durchbruch zu verhelfen, die Präklusionsregelungen des § 16 Abs 8 MRG nur auf "Altmietzinsvereinbarungen" anzuwenden (kritisch zu den Intentionen des Gesetzgebers des 3. WÄG Stabentheiner, Die miet- und wohnrechtseigentumsrechtlichen Teile der Wohnrechtsnovelle 1999, WoBl 1999, 298). Berücksichtige man, dass es nach Einführung der dreijährigen Präklusionsfrist für die Geltendmachung der Unwirksamkeit unzulässiger Mietzinsvereinbarungen mit dem 3. Wohnrechtsänderungsgesetzes, welches am in Kraft trat, Judikaturdivergenzen hinsichtlich der Anwendbarkeit dieser Regelung auch auf "Altmietzinsvereinbarungen" gab und der Oberste Gerichtshof erstmals am aussprach, dass auch für "Altmietzinsvereinbarungen" die Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG mit zu laufen begonnen hatte, also am abgelaufen war (vgl 5 Ob 94/98d), was in der Folge zur ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wurde (RIS-Justiz RS0109837), dann habe der Gesetzgeber mit der Einführung des § 44 MRG idF der Wohnrechtsnovelle 1999 mit nicht übermäßig lange mit einer Reaktion auf die seinen Intentionen zuwider laufende Rechtsprechung zugewartet (vgl VfSlg 15.231).
Die durch § 44 MRG idF der Wohnrechtsnovelle 1999 erfolgte "Klarstellung" der Nichtanwendbarkeit der dreijährigen Präklusionsregelung auf vor dem abgeschlossene Mietzinsvereinbarungen sei im Übrigen auch unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, dass der Oberste Gerichtshof erstmals am , somit mehr als ein Jahr nach Ablauf der Frist für die Geltendmachung unzulässiger Mietzinsvereinbarungen die Anwendbarkeit der Präklusionsfrist auch auf "Altmietzinsvereinbarungen" eindeutig aussprach. Für Mieter, die von einer punktuellen Anknüpfung der Präklusionsregelung des § 16 Abs 8 MRG ausgingen, sei dadurch "rückwirkend" die Geltendmachung der Unwirksamkeit von "Altmietzinsvereinbarungen" ausgeschlossen worden. Bei Abwägung der Schutzwürdigkeit der Mieter, die auf die Nichtanwendbarkeit der Präklusionsregelungen auf "Altmietzinsvereinbarungen" vertrauten, und von Vermietern, die infolge der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ab April 1998 auf eine "Sanierung" unzulässiger "Altmietzinsvereinbarungen" vertrauten, sei unzweifelhaft die Schutzwürdigkeit der Mieter höher zu bewerten, zumal es ja um die Geltendmachung unzulässiger Mietzinsvereinbarungen geht. Aus diesen Erwägungen bestünden bei Berücksichtigung der Gravität des Eingriffs und der hiefür sprechenden Gründe auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes keine Bedenken gegen die Verfassungskonformität des § 44 MRG idF der Wohnrechtsnovelle 1999.
Im Übrigen habe der Oberste Gerichtshof diese Bestimmung - auch nach deren Aufhebung durch die Wohrechtsnovelle 2000, BGBl I 36/2000, - "bedenkenlos" angewandt (vgl auch 5 Ob 292/99y; 5 Ob 315/99f; 5 Ob 223/99a; 5 Ob 303/99s; 5 Ob 286/99s; 5 Ob 123/00z; 5 Ob 240/00f; Stabentheiner, Die miet- und wohnungseigentumsrechtlichen Teile der Wohnrechtsnovelle 2000, WoBl 2000, 197 ff).
In der Sache selbst habe das Erstgericht das Bestandverhältnis zutreffend dem "Vollanwendungsbereich" des MRG unterstellt. Zu Recht habe dieses auch die Bestimmung des Mietvertrages, wonach sich ab der Mietzins um 40 % gegenüber dem letztgültigen Mietzins erhöht, als Vereinbarung eines "unbedingten Staffelmietzinses" qualifiziert, da von vornherein für einen späteren Zeitpunkt eine unbedingte Änderung des Mietzinses vereinbart wurde (vgl Würth/Zingher, Miet- und Wohrecht20, § 16a MRG Rz 1; Würth in Rummel2 § 16a MRG Rz 3; 5 Ob 304/98m).
Gemäß § 16 Abs 1 Z 1 MRG seien Vereinbarungen zwischen dem Vermieter und dem Mieter über die Höhe des Hauptmietzinses für eine in Hauptmiete gemietete Geschäftsräumlichkeit ohne die Beschränkung der Abs 2 - 5 nur bis zu dem für den Mietgegenstand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag zulässig. Maßgeblich für die Beurteilung der Zulässigkeit des Mietzinses sei daher stets der Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages bzw - wenn dieser Zeitpunkt abweichend sein sollte - der Zeitpunkt der Mietzinsvereinbarung (MietSlg 49.284 mwN; Würth/Zingher, Wohnrecht 94, § 16 MRG Anm 1; Schuster in Schwimann2, § 16 MRG Rz 9). Dies gelte auch dann, wenn wie hier ein "unbedingter Staffelmietzins" vereinbart wurde, sodass sich die Angemessenheitsprüfung für alle Staffelbeträge nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses bzw der Mietzinsvereinbarung richte. Maßgeblich seien somit für die Angemessenheitsprüfung nicht die mietzinsbestimmenden Faktoren im Zeitpunkt der jeweils erreichten Zinsstaffel, sondern jene im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages bzw der Mietzinsvereinbarung (5 Ob 304/98m; 5 Ob 2/00f; 5 Ob 128/01m).
Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeute dies, dass hinsichtlich der Angemessenheit des Hauptmietzinses auf den als Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages (und der Mietzinsvereinbarung) abzustellen ist. Zu diesem Zeitpunkt sei das Bestandsobjekt, das sich in B-Lage befindet, bestenfalls zu Lagerzwecken, keinesfalls aber als Geschäftsräumlichkeit geeignet gewesen, zumal ja der Antragsteller erst nach Begründung des Bestandverhältnisses entsprechende Investitionen vorgenommen hat. Ausgehend von der weiters unbekämpften Feststellung, wonach für ein nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage sowie Ausstattungs- und Erhaltungszustand mit dem gegenständlichen Bestandsobjekt vergleichbares Bestandsobjekt zum ein Mietzins von S 9.600,-- und unter Berücksichtigung der im Mietvertrag vereinbarten Wertsicherung zum ein Mietzins von S 13.037,-- netto zu erzielen war, bestünden gegen die eine Rechtsfrage (5 Ob 294/98s; Prader, MRG, § 16 E 29) darstellende Bestimmung der Angemessenheit des Hauptmietzinses des gegenständlichen Bestandsobjektes zum mit S 9.600,-- netto keine Bedenken, zumal sich das Erstgericht dabei auch am von einem Immobilien-Sachverständigen im Wege der unbedenklichen Vergleichswertmethode ermittelten ortsüblichen (marktkonformen) Mietzins orientierte (vgl 5 Ob 294/98s). Dabei könne dahingestellt bleiben, ob im Raum A des Bestandsobjektes tatsächlich ein Niveau-Unterschied von 30 cm war, zumal der Sachverständige ausführte, dass sich dieser Umstand auf die Bewertung nicht auswirke, da der Ausstattungszustand unabhängig davon lediglich die Qualifikation des Bestandobjektes als Lager zulasse. Auszugehen sei also vom Zustand des Bestandsobjektes am . Die nachträglich vorgenommenen Investitionen des Antragstellers hätten unabhängig davon, ob sie den Vermietern bekannt waren oder nicht, außer Betracht zu bleiben. Zum ergebe sich unter Berücksichtigung der vereinbarten Wertsicherung ein angemessener Mietzins von S 13.037,-- netto. Daher sei die Mietzinsvereinbarung der Streitteile, soweit sie diesen Betrag seit übersteigt, unwirksam; die Präklusionsbestimmung des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG sei im vorliegenden Fall nicht anzuwenden.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe nämlich zur Frage, ob auch dann, wenn die Vertragsparteien bei Abschluss des Mietvertrages davon ausgehen, dass der Mieter auf eigene Kosten ein in guter Lage befindliches Bestandsobjekt von einer Lagerräumlichkeit zu einem Geschäftslokal "aufwertet", bezüglich des Zeitpunktes der Angemessenheitsprüfung des Mietzinses auf den Zustand bei Abschluss des Mietvertrages abzustellen ist oder die zukünftige (vereinbarte) Eignung als Geschäftsräumlichkeit bei der Bestimmung des angemessenen Mietzinses zu berücksichtigen ist, bislang noch nicht ausdrücklich Stellung genommen. Dabei handle es sich um eine durchaus gängige Vereinbarung. In der Entscheidung 1 Ob 2065/96z habe der Oberste Gerichtshof die hier vertretene Rechtsansicht gebilligt, doch erscheine die vorliegende Problematik angesichts der anschließenden Ausführungen, wonach die Investitionen des Mieters bei hinreichender Bestimmung dennoch für die Angemessenheit des Mietzinses von Bedeutung sein können, wenn der Mieter im Voraus auf einen Ersatz in gewissem Umfang verzichtet, klärungsbedürftig.
Den rekursgerichtlichen Sachbeschluss haben die Antragsgegnerinnen mit letztlich (nach Bewilligung der Wiedereinsetzung der abgelaufenen Rechtsmittelfrist) fristgerichtem Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und daraus resultierender Feststellungsmängel angefochten. Ihr Rechtsmittelantrag geht primär dahin, den Sachantrag des Antragstellers in Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen abzuändern; hilfsweise soll der angemessene monatliche Mietzins per mit S 19.998,85 (Euro 1.457,37) netto festgesetzt, die davon abweichende Mietzinsvereinbarung für unwirksam erklärt und ein entsprechender Rückzahlungstitel geschaffen werden. Darüber hinaus wurde eventualiter noch ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Antragsteller hat dazu eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet und primär die Zurückweisung des Rechtsmittels mangels Erfüllung der in § 528 Abs 1 ZPO normierten Voraussetzungen für die Anrufung des Obersten Gerichtshofes, in zweiter Linie die Abweisung des Rechtsmittelbegehrens beantragt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt. Die von den Antragsgegnerinnen zur Mietzinsüberprüfung vorgetragenen meritorischen Argumente lassen sich so zusammenfassen, dass sie meine, die Angemessenheit des Mietzinses habe sich an jenem Zustand des Mietgegenstandes zu orientieren, den der Antragsteller mit ihrer Zustimmung und - durch die bis zum gewährte Mietzinsersparnis - auf ihre Kosten hergestellt hat. Die entsprechende Entgelt- bzw Kostenübernahmevereinbarung sei entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichtes auch ausreichend bestimmt, sodass die in der Entscheidung 1 Ob 2056/96z angesprochenen Voraussetzungen für die Anrechnung der Investitionskosten auf den angemessenen Mietzins vorlägen. Wäre - wie beantragt - festgestellt worden, dass rund S 500.000,-- investiert wurden und der angemessene Mietzins für das renovierte Mietobjekt bei Vertragsabschluss rund S 90,-- pro m2 Nutzfläche betragen hat, so führe dies bei der bis zum (also für 153 Monate) gewährten Mietzinsersparnis per zu einem angemessenen monatlichen Mietzins von S 19.998,85 netto.
Dieser Argumentation ist - anknüpfend an die Rechtsauführungen des Rekursgerichtes (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm §§ 528a, 510 Abs 3 Satz 2 MRG) - Folgendes entgegenzuhalten:
Maßgeblich für die Beurteilung der Zulässigkeit des begehrten Mietzinses ist stets der Zeitpunkt des Abschlusses der Mietzinsvereinbarung (Prader, MRG, E 45 zu § 16). Es ist daher immer auf die "Urkategorie" bzw den "Urzustand" des Mietobjektes abzustellen. Das gilt auch dann, wenn ein Staffelzins vereinbart wurde (WoBl 1999/73 mit Anm von Dirnbacher; WoBl 2000/118 ua; vgl jüngst 5 Ob 128/01m = RdW 2002/143).
Als Urzustand des Mietobjekts gilt nach der Judikatur auch jener, den der Vermieter auf seine Kosten herzustellen versprochen und in angemessener Frist dann tatsächlich hergestellt hat (MietSlg 36.334; MietSlg 37.334; MietSlg 39/13; MietSlg 43.210; MietSlg 43/38 ua). Dabei können - sofern nicht das Gesetz in einem für die Mietzinsbildung relevanten Tatbestand die Herstellung eines bestimmten Zustands durch den Vermieter fordert - die durchzuführenden Arbeiten auch dem Mieter überlassen werden; es muss nur sichergestellt sein, dass sie gemacht werden und der Vermieter die Kosten trägt. Selbst die Kostenübernahme in Form einer Mietzinsreduktion ist möglich (WoBl 1993/43 mit Anm von Würth), wenn eine solche Vereinbarung den für die Feststellung des geschuldeten Mietzinses im Allgemeinen und für eine Überprüfung des vereinbarten Mietzinses auf seine Zulässigkeit im Besonderen geltenden Bestimmtheitserfordernissen genügt (vgl Würth zu WoBl 1996/16). Eine solche Vereinbarung muss also nicht nur die vom Mieter durchzuführenden Arbeiten und ihre Kosten festlegen, sondern auch Aufschluss darüber geben, um welchen Betrag und wie lange der vereinbarte Mietzins reduziert wird, um dem Mieter den Aufwand abzugelten.
Diesen Anforderungen wird der verfahrensgegenständliche Mietvertrag nicht gerecht. Selbst wenn man das dem Antragsteller eingeräumte Recht zur Ausgestaltung des Mietobjektes nach eigenem Gutdünken auch als Pflicht versteht (weil der vereinbarte Staffelzins einen solchen Geschäftszweck nahelegt), fehlt der Vereinbarung die ausreichend bestimmte Festlegung, welchen Zustand des Mietobjektes der Antragsteller herzustellen hatte und welche Frist ihm dafür gesetzt war. Im Zeitpunkt des Abschlusses der Mietzinsvereinbarung wäre demnach eine Feststellung des nach § 16 Abs Z 1 MRG angemessenen Mietzinses gar nicht möglich gewesen. Damit besteht aber auch keine Möglichkeit, bei der Prüfung der Angemessenheit des vereinbarten Mietzinses auf einen anderen Zustand des Mietobjektes abzustellen als er sich bei Abschluss der Mietzinsvereinbarung - noch ohne die Um- und Ausbauten des Antragstellers - präsentierte.
Dass der verfahrensgegenständliche Mietzinsüberprüfungsantrag fristgerecht gestellt wurde, sofern man die Geltung des § 44 MRG idF des Art II Z 11 WRN 1999 unterstellt, bezweifeln die Antragsgegnerinnen selbst nicht. Sie argumentieren nur neuerlich mit der Verfassungswidrigkeit der fraglichen Gesetzesbestimmung, ohne allerdings neue Aspekte in die Diskussion einzubringen. Insoweit kann auf die zutreffenden Rechtsausführungen des Rekursgerichtes verwiesen werden (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm §§ 528a, 510 Abs 3 Satz 2 ZPO), vor allem darauf, dass angesichts der schnellen Reaktion des Gesetzgebers auf die missbilligte analoge Anwendung der Präklusionsregelung des § 16 Abs 8 MRG auf "Altmietverträge" durch die Rechtsprechung nicht von einer verfassungsrechtlich bedenklichen Enttäuschung des allgemeinen Vertrauens in eine bestimmte Rechtslage gesprochen werden kann. Der Oberste Gerichtshof hat im Übrigen - wie das Rekursgericht richtig erkannte - § 44 MRG idF der WRN 1999 bereits wiederholt angewendet und damit zum Ausdruck gebracht, dass er die von einem Teil der Lehre vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken (gleich dem LGZ Wien in WoBl 2001/50 mit Anm von Vonkilch) nicht teilt; daran ist festzuhalten.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.