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OGH vom 12.02.2002, 5Ob9/02p

OGH vom 12.02.2002, 5Ob9/02p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin S***** AG, *****, vertreten durch Dr. Friedrich Fleischmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin "D*****" ***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang W. Richter, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 38 R 50/01m-10, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 48 Msch 75/00p-6, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist Mieterin von Geschäftsräumlichkeiten in dem der Antragsgegnerin gehörenden Haus *****. Seit schreibt ihr die Antragsgegnerin einen höheren Hauptmietzins vor, wobei sie sich auf § 46a Abs 2 und 4 MRG berufen hat. Am hat die Antragsgegnerin bei der Schlichtungsstelle der Stadt Wien die Überprüfung des ihr vorgeschriebenen erhöhten Hauptmietzinses beantragt; das Verfahren wurde mittlerweile gemäß § 40 Abs 2 MRG gerichtsanhängig.

Das Erstgericht wies dieses Mietzinsüberprüfungsbegehren zurück. Gemäß § 16 Abs 8 MRG sei nämlich die Unwirksamkeit von Mietzinsvereinbarungen binnen drei Jahren gerichtlich geltend zu machen. Eine entsprechende Regelung für einseitige Mietzinsanhebungen seitens des Vermieters wie zB gemäß § 46a MRG finde sich zwar im Gesetz nicht; Ziel der Bestimmung des § 16 Abs 8 MRG sei jedoch das Hintanhalten von Beweisproblemen bei der Überprüfung des wirksamen Zustandekommens der Vereinbarung, die sich auch bei einer vom Vermieter einseitig vorgenommenen Mietzinsanhebung stellen könnten. Es sei daher die analoge Anwendung des § 16 Abs 8 MRG auch in diesem Fall geboten. Es wäre nicht einsichtig, wenn Mietzinsanhebungen nach § 46a MRG ohne jede zeitliche Schranke auf deren Wirksamkeit hin überprüft werden könnten. Vor allem im Hinblick auf die den Anhebungsbegehren gemäß § 46a MRG zugrundeliegenden schwierig zu ermittelnden Sachverhalten könne es nicht Sinn des Gesetzes sein, diese Beweisprobleme zu perpetuieren und noch weitere hinzukommen zu lassen, insbesondere im Hinblick auf dann allenfalls behauptete Anerkenntnisse, weiterer Vereinbarungen etc. Der Lauf der Präklusivfrist beginne mit der Wirksamkeit der Mietzinsanhebung, weshalb im vorliegenden Fall ausgehend von der Mietzinsanhebung per der Antrag vom verfristet sei. Das Rekursgericht hob diese Entscheidung auf und verwies die Mietrechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Dies aus folgenden Erwägungen:

Auszugehen sei davon, dass das Erstgericht eine meritorische Entscheidung getroffen habe, weil es die Berechtigung des Sachantrages der Antragstellerin ausschließlich wegen der analog zu § 16 Abs 8 MRG erachteten Präklusion des Anspruches für nicht berechtigt hielt. Konsequenterweise hätte daher der Antrag nicht zurück-, sondern abgewiesen werden müssen.

Richtig sei, dass eine unmittelbare Anwendung der Bestimmung des § 16 Abs 8 MRG bei der Überprüfung von einseitigen Hauptmietzins-Erhöhungen des Vermieters nach § 12a MRG oder § 46a MRG nicht in Betracht komme. Sowohl aus dem Wortlaut des § 16 Abs 8 MRG und des § 26 Abs 3 MRG (seit der WRN 2000 § 26 Abs 4 MRG) als auch aus dem entsprechenden Ausschussbericht (AB zu Art II Z 15 und Art II Z 23 zum 3. WÄG) ergebe sich eindeutig, dass von dieser Präklusionsregel nur die Geltendmachung der Nichtigkeit von Haupt- oder Mietzinsvereinbarungen betroffen sei (vgl WoBl 2001/33 [Vonkilch]).

Zu prüfen sei daher, ob eine analoge Anwendung der genannten Präklusionsvorschrifen auf den vorliegenden Fall geboten ist, was die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke voraussetze (vgl Bydlinski in Rummel2, Rz 2 zu § 7 ABGB mwN).

Dagegen spreche zunächst das in jüngerer Lehre (vgl Würth, Zur Anwendbarkeit des MRG, WoBl 1990, 33 [34]) und Rsp (vgl WoBl 1992/63, 1997/47 [Dirnbacher]) wiederholte Postulat, wonach sich die Auslegung des MRG eng an den Wortlaut des Gesetzes zu halten habe, weil dem MRG keineswegs einheitliche Wertungsprinzipien zugrunde liegen würden. Wie zutreffend dieser Befund ist, gehe eindrucksvoll aus den gerade hier interessierenden gesetzgeberischen Leistungen im Zusammenhang mit § 44 MRG idF der WRN 1999 bzw Art 2 Z 3 WRN 2000 hervor (vgl Würth/Zingher, WohnR 2000, Rz 1 zu § 44 MRG; Vonkilch, Ein kritischer Blick auf den neuen § 44 MRG, WoBl 2000, 13; Vonkilch, Umfang und Konsequenzen der Aufhebung von § 44 MRG durch die WRN 2000, immolex 2000, 302).

So habe der Oberste Gerichtshof auch jüngst - entgegen nicht unbeachtlichen Stellungnahmen der Lehre (vgl Kletecka in ecolex 2001, 33 und in immolex 2001, 124; Vonkilch in immolex 2001, 106; H. Böhm, WoBl 1997, 21; Schauer, JBl 2001, 271) ausdrücklich die analoge Anwendung des § 12a MRG auf § 1 Abs 4 MRG-Objekte unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Problematik der Prüfung einer behaupteten Gesetzeslücke abgelehnt (vgl 5 Ob 192/00x = WoBl 2001/81 [Vonkilch] = immolex 2001/80).

Trotz dieser analogiekritischen Tendenzen in der mietrechtlichen Judikatur des Obersten Gerichtshofes könne daraus aber nicht der undifferenzierte Schluss gezogen werden, im Bereich mietrechtlicher Normen sei die Analogie gleichsam grundsätzlich ausgeschlossen. Einer derartigen Annahme stehe schon § 7 ABGB entgegen, an dessen grundsätzlicher Anwendbarkeit auch im Bereich des Wohnrechtes nicht ernsthaft gezweifelt werden könne. Auch gebe es zahlreiche Beispiele in oberstgerichtlichen Entscheidungen, in denen - im Bereich des MRG - ausdrücklich die Zulässigkeit der Analogie und daher das Vorliegen von unbeabsichtigten Regelungslücken bejaht wurde (vgl nur die Nachweise in Würth/Zingher20, Rz 7 zu § 15a MRG zur Bemängelungspflicht des Mieters hinsichtlich der Unbrauchbarkeit eines kategoriebestimmenden Merkmals und - noch weitgehend - jüngst 5 Ob 50/01s und 5 Ob 61/01h [Anzeigeobliegenheit bei fehlender Spüle in der Küche] sowie 5 Ob 120/00h = WoBl 2001/40 [Würth] = immolex 2000/199 [Kovanyi] - zur Anzeigeobliegenheit des nach § 14 MRG Eingetretenen bei Unbrauchbarkeit wegen schadhafter E-Installationen).

Sogar im Zusammenhang mit der hier interessierenden Norm des § 16 Abs 8 MRG habe der Oberste Gerichtshof bereits die Analogie für zulässig erachtet (vgl 5 Ob 115/00y = WoBl 2001/33 [Vonkilch]). Zwar gehe es bei der Überprüfung der Angemessenheit des Entgelts für mitvermietete Einrichtungsgegenstände (§ 25 MRG) - im Gegensatz zum hier prüfenden Fall - auch um die Prüfung einer Mietzinsvereinbarung, doch könne aus dieser Entscheidung zumindest für die hier vorliegende Problematik entnommen werden, dass der Oberste Gerichtshof jedenfalls grundsätzlich die Präklusionsregel des § 16 Abs 8 MRG für analogiefähig hält, was denknotwendig die Annahme voraussetze, der Gesetzgeber habe nicht alle möglichen Anwendungsfälle beachtet und eben nicht bewusst die Entscheidung getroffen, die Anwendungsfälle ausschließlich in § 16 Abs 8 MRG und § 26 Abs 4 MRG (idgF) zu erfassen.

Erst jüngst habe der Oberste Gerichtshof auch die Anwendung des § 16 Abs 8 MRG auf Hauptmietzinsvereinbarungen gemäß § 46c MRG ausdrücklich bejaht (vgl 5 Ob 7/01t). Dabei habe er zwar - im Gegensatz zum Gericht II. Instanz - § 16 Abs 8 MRG sogar für unmittelbar anwendbar erachtet, sodass es gar keiner "analogen Anwendung des § 16 Abs 8 MRG bedürfte", doch lasse sich dieses Leugnen des Bestehens einer Regelungslücke nur schwerlich mit dem Wortlaut des § 16 Abs 8, 1. Satz MRG in Übereinstimmung bringen, setze doch § 46c MRG - ohne die unstrittige "Genesis" dieser Norm zu verkennen - voraus, dass "die Voraussetzungen des § 16 Abs 1 nicht vorliegen".

Der Entscheidung 5 Ob 174/01a vom liege hingegen nur vordergründig ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Zwar sei es dort (im Anwendungsbereich des § 44 MRG idF der WRN 99) nach dem 1991 erfolgten Mietvertragsabschluss (genauer: der Mietzinsvereinbarung von 1991 - vgl MietSlg 51.325 = WoBl 2001/32 = immolex 2000/64 [Kovanyi] und jüngst 9 Ob 136/01t) 1996 zu einer Unternehmensveräußerung, somit zur Setzung eines Mietzinserhöhungstatbestandes iSd § 12a Abs 1 MRG gekommen, doch hätten die Parteien überdies - in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Unternehmensveräußerung - eine ausdrückliche Mietzinsvereinbarung geschlossen. Zur Anwendbarkeit des § 16 Abs 8 MRG iVm § 49c Abs 8 und § 44 MRG idF der WRN 99 habe sich der Oberste Gerichtshof daher gar nicht auf eine - hier zu prüfende - Analogie stützen müssen, sei dort doch ohnehin eine ausdrückliche "Mietzinsvereinbarung" (aus 1996) vorgelegen.

Stellung zu nehmen sei zu der von den Parteien des gegenständlichen Verfahrens ausführlich zitierten Arbeit von Vonkilch (in RdW 1999, 395): Dieser Autor gelange zum hier vom Erstgericht vertretenen Ergebnis, dass eine analoge Ausdehnung der zeitlichen Begrenzung der Überprüfungsmöglichkeiten des Hauptmietzinses auf die Fälle der einseitigen Erhöhung des Hauptmietzinses durch den Mieter (§ 12a Abs 2, 3 und 5 MRG sowie § 46a Abs 2, 3, 4 und 5 MRG) geboten sei. Tragendes Argument sei dabei, dass gerade - bei allen hier nicht interessierenden ursprünglichen Unsicherheiten zur Frage der Anwendung auf sogenannte "Altmietverträge" - klarer und geradezu einziger Zweck (telos) der Präklusionsvorschrift die Vermeidung von Beweisproblemen im Zusammenhang mit der erforderlichen Sachverhaltsfeststellung zu "historischen" Vorgängen und Gegebenheiten sei.

Soweit die Antragstellerin auf den "eindeutigen und klaren Wortlaut eines Gesetzes" verwies (was ihrer Meinung nach die Analogie ausschließe), werde übersehen, dass eine derartige gesetzliche Regelung nicht gegen die Anwendung der Analogie spreche, sondern - gegenteilig - geradezu zwingende Grundvoraussetzung für die weitere Prüfung sei, ob eine Regelungslücke vorliegt. Dass der Wortlaut des § 16 Abs 8 MRG jedenfalls einer unmittelbaren Anwendung auf den gegenständlichen Sachverhalt entgegenstehe, sei schon dargelegt worden.

Auch der Hinweis der Antragstellerin auf vom Gesetzgeber offenbar in Kauf genommene Beweisschwierigkeiten bei anderen mietrechtlichen Auseinandersetzungen ändere noch nichts grundsätzlich daran, dass der Gesetzgeber jedenfalls für den Bereich der Überprüfung von zurückliegenden Mietzinsvereinbarungen auf dieses Problem im 3. WÄG reagierte. Dies allein, nicht aber bloße praktische Schwierigkeiten in der Rechtsdurchsetzung wäre aber Voraussetzung für die Zulässigkeit der Analogie. Gegen die zu weit gehende Annahme Vonkilchs, der Gesetzgeber habe die Regelungsbedürftigkeit weiterer Fälle - was Voraussetzung für die Feststellung einer Regelungslücke wäre - schlicht übersehen, spreche auch, dass er - gerade im Zusammenhang mit der Zulässigkeit konkreter Mietzinsvorschreibungen bzw Mietzinserhöhungen - bewusst in Kauf genommen habe, dass Verfahren möglich bzw erforderlich sind, in denen der zu klärende Sachverhalt etliche Jahre zurückliegt.

Nur beispielsweise sei hier auf die Anhebungsmöglichkeit nach § 46 Abs 2 MRG verwiesen, wenn der ehesten Anhebung zunächst - und denkbar für viele Jahre - das Vorhandensein "begünstigter" Eingetretener (vgl Würth/Zingher20, Rz 4 zu § 46 MRG) entgegensteht. Das gleiche Problem könne sich durch das in § 46 Abs 2 MRG gerade durch das 3. WÄG geschaffene) Institut der "Verzögerung der Anhebung" stellen, wenn der Vermieter aus wirtschaftlichen Gründen (etwa bei besonders neuwertigen und teuren Mieterinvestitionen) zunächst von einer Anhebung und der Befriedigung der "fiktiven" § 10 MRG-Ansprüche Abstand nimmt. In all diesen Fällen komme es oft Jahre nach dem Eintritts-, bzw Abtretungsfall zu (dem Grunde nach zulässigen) Mietzinserhöhungen durch den Vermieter, wobei - zur Frage des relevanten Ausstattungszustandes als Vorfrage zur zulässigen Mietzinshöhe - auf den Zeitpunkt des Eintrittes, somit einem oft Jahre zurückliegenden Zeitpunkt abzustellen sei (vgl Schuster in Schwimann2, Rz 9 zu § 46 MRG). Überlebt etwa die Witwe nach einem verstorbenen Hauptmieter, die gemeinsam mit ihrem Kind nach § 14 MRG eingetreten ist, ihren Ehemann beispielsweise um 30 Jahre, hänge die Zulässigkeit des Erhöhungsbegehrens gegenüber dem (weiter in Wohnung verbliebenen) bereits längst volljährigen Kind vom Ausstattungszustand der Wohnung zum Zeitpunkt des vor Jahrzehnten verstorbenen Hauptmieters ab.

Zusammengefasst widerlege dieser Exkurs die Annahme, der Gesetzgeber habe jedenfalls im Rahmen von Mietzinsüberprüfungen die Erforderlichkeit der Prüfung von lange zurückliegenden Tatfragen und die damit verbundenen Beweisschwierigkeiten zwingend und in sämtlichen Fällen vermeiden wollen.

Nicht unbeachtlich erscheine auch der Hinweis der Antragstellerin auf die "Vertragsfreiheit". In der Tat lasse sich für die unmittelbaren Anwendungsfälle des § 16 Abs 8 MRG zusätzlich ins Treffen führen, dass durch den Eintritt der Präklusion im Sinne des Grundsatzes "pacta sunt servanda" ohnehin nur eine Vereinbarung rechtlich saniert wird, an der der Mieter aktiv mitgewirkt hat.

Gegen die Annahme einer Regelungslücke spreche auch, dass das MRG eine ganze Reihe von einseitigen Mietzinserhöhungsmöglichkeiten vorsieht (neben dem hier behandelten Anhebungstatbestand des § 46a Abs 4 MRG etwa noch §§ 12, 14 iVm 46, 12a Abs 1, 12a Abs 3, 12a Abs 5, 46a Abs 2, 46a Abs 3 und 46a Abs 5 MRG). Hervorzuheben sei dabei, dass ein Großteil dieser Anhebungstatbestände (insbesondere im Geschäftsraumbereich) - wie die hier interessierende Norm des § 16 Abs 8 MRG - erst durch das 3. WÄG geschaffen oder zumindest modifiziert wurde. Es sei daher nur schwerlich vorstellbar, dass der Gesetzgeber - gerade darauf baut aber letztlich die Argumentation Vonkilchs in RdW 1999, 395 auf - die Regelungsbedürftigkeit im Bereich der einseitigen Mietzinserhöhung gleichsam übersehen hätte. Bei einer - auch hier zu prüfenden - Mietzinsanhebung in 1/15tel-Schritten komme noch eine weitere Erwägung hinzu: Eine derartige - berechtigte - Anhebung des Hauptmietzinses für ein vielen Fällen, in denen bisher gemäß § 45 MRG ein EVB zur Vorschreibung gelangt ist, dazu, dass sich rein rechnerisch - und damit für den Mieter wirtschaftlich relevant - die Erhöhung gar nicht sofort auswirkt, sondern erst bei einem späteren "Jahresschritt". Damit seien aber Fälle vorstellbar, in denen sich die Mietzinserhöhung für den Hauptmieter erstmals im vierten Jahr rechnerisch auswirkt. Da aber - jedenfalls nach Vonkilch (aaO) - der Zeitpunkt der Wirksamkeit des Anhebungsbegehrens für den Beginn der Präklusivfrist relevant ist, würde dies zum wohl unbilligen Ergebnis führen, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem sich die Zinserhöhung auch für einen "umsichtigen" (vgl immolex 1998/125) Mieter erstmals ziffernmäßig auswirkt, sein Recht auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Mietzinserhöhung bereits präkludiert wäre. Ein solches Ergebnis könne vor dem Hintergrund eines wohlverstandenen Mieterschutzes nicht erstrebenswert sein. Hier versage das "Zumutbarkeitsargument", das anlässlich der Schaffung der Präklusionsregel des § 16 Abs 8 MRG allseits bemüht wurde (vgl auch die Glossen von Vonkilch und Dirnbacher zu WoBl 1996/57; MietSlg 50.336 = WoBl 1998/115 [Hausmann] = immolex 1998/125). Weiters könne auf die Entscheidung MietSlg 50.326 = WoBl 1999/73 = immolex 1999/73 verwiesen werden. Dort hatte der Oberste Gerichtshof die Zulässigkeit eines (allerdings ausdrücklich vereinbarten) Staffel-Hauptmietzinses im Zusammenhang mit § 16 Abs 8 MRG zu überprüfen uns sei zum Ergebnis gelangt, dass es hier (für den Beginn des Fristenlaufes) nicht auf die Wirksamkeit der einzelnen Mietzinserhöhungen iS der vereinbarten "Jahresstaffeln" ankomme, sondern stets nur auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Mietzinsvereinbarung.

Schließlich sei auf die Problematik der Überprüfung vorgeschriebener Wertsicherungsbeträge im Zusammenhang mit § 16 Abs 8 MRG zu verweisen. Hiezu vertrete der Oberste Gerichtshof (vgl jüngst 5 Ob 7/01t) die Ansicht, dass einer Überprüfung der Zulässigkeit einer vorgeschriebenen Wertsicherungs-Erhöhung nichts entgegensteht, dass der ursprünglich vereinbarte Hauptmietzins (ohne Wertsicherung) - wegen Präklusion - nicht mehr überprüfbar wäre. Andererseits habe der Oberste Gerichtshof in MietSlg 50.341 = immolex 1999/74 = WoBl 1999/74 ausgeführt - was Vonkilch (aaO) für seinen Standpunkt hervorhebe - die Dreijahresfrist des § 16 Abs 8 MRG wäre (bei Anwendbarkeit auch für den Fall des § 16 Abs 9 MRG) "jedenfalls nicht ab Mietvertragsabschluss, sondern höchstens ab Anwendung der Wertsicherungsvereinbarung zu berechnen". Stelle man aber auf die "Anwendung der Wertsicherungsvereinbarung" für den Fristenlauf ab, sei dies - was Vonkilch insofern zutreffend hervorhebe - ohne Analogie zu § 16 Abs 8 MRG nicht möglich, weil hier keine sonst als maßgeblich erachtete (vgl MietSlg 51.325 = immolex 2000/64 = WoBl 2001/32; 5 Ob 174/01a; 9 Ob 136/01t) "Mietzinsvereinbarung", sondern eine (wenngleich auf Vereinbarung gegründete) einseitige Mietzinsvereinbarung durch den Vermieter der Präklusionsregel des § 16 Abs 8 MRG unterzogen wird.

Im Ergebnis sprächen zwar im Sinne Vonkilchs durchaus beachtliche Argumente für die hier vom Erstgericht vertretene Auffassung der analogen Anwendung des § 16 Abs 8 MRG auf einseitige Mietzinserhöhungen durch den Vermieter; eine Gesamtschau der Argumente führe jedoch - nicht zuletzt auf Grund des dem MRG noch immer innewohnenden Mieterschutzes - zum Ergebnis, dass die Forderung nach Präklusionsregeln für Fälle einseitiger Mietzinserhöhungen zwar rechtspolitisch verständlich erscheinen mag, eine planwidrige Lücke im derzeit anzuwendenden Normensystem jedoch nicht gesehen werden könne (zur Abgrenzung vgl Bydlinski aaO).

Dies habe zur Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung zu führen. Eine solche Aufhebung wäre aber auch bei grundsätzlicher Billigung der Rechtsansicht des Erstgerichtes unumgänglich: Die Antragstellerin habe nämlich bereits im Schlichtungsstellenverfahren ein umfangreiches - und von der Antragsgegnerin bestrittenes - Tatsachenvorbringen zur Dauer und zum Umfang der zwischen den Parteien geführten Vergleichsverhandlungen (bis !) erstattet. Ginge man von der analogen Anwendbarkeit der Präklusionsbestimmung aus, käme dem rechtliche Bedeutung zu, weil Vergleichsverhandlungen auch bei Präklusivfristen eine Ablaufhemmung bewirken (vgl MietSlg 50.341 = immolex 1999/74 = WoBl 1999/74). Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Soweit ersichtlich fehle nämlich eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur hier behandelnden Frage der analogen Anwendung der Präklusionsbestimmung des § 16 Abs 8 MRG auf Mietzinserhöhungen des Vermieters nach § 46a Abs 2 und 4 MRG. Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs vertritt die Antragsgegnerin den schon vom Erstgericht eingenommenen Rechtsstandpunkt, dass die für die Überprüfung von Mietzinsvereinbarungen geltende Präklusionsbestimmung des § 16 Abs 8 MRG analog auch auf einseitige Mietzinserhöhungen anzuwenden sei. Die grundsätzliche Analogiefähigkeit dieser Norm könne nicht zweifelhaft sein und sei auch vom Rekursgericht gar nicht in Frage gestellt worden. Entgegen der Annahme des Rekursgerichtes sei aber auch die Analogievoraussetzung einer planwidrigen Gesetzeslücke bei der Regelung der einseitigen Mietzinanhebungen zu bejahen. Auch hier stellten sich bei einer zeitlich unbefristeten Überprüfungsmöglichkeit Beweisprobleme, wie sie der Gesetzgeber durch die Schaffung der Präklusionsbestimmung des § 16 Abs 8 MRG vermeiden wollte. Zudem habe das Berufungsgericht verkannt, dass die in § 12a und § 46a MRG vorgesehene einseitige Mietzinsanhebung lediglich eine dem Vermieter vorenthaltene Möglichkeit des Neuabschlusses eines Mietvertrages substituiere, also der in § 16 Abs 8 MRG erwähnten Mietzinsvereinbarung äquivalent sei. Dass die einseitige Mietzinserhöhung uU erst nach Ablauf von drei Jahren "spürbar" bzw "ersichtlich wirksam" werde, sei kein gegen die Analogie sprechendes Argument, weil die einseitige Mietzinserhöhung eine ausdrückliche Vorschreibung voraussetze und auf der anderen Seite den Geschäftsraummieter die strenge Rügeobliegenheit nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG treffe. In der Sache selbst sei auf eine mögliche Ablaufhemmung der Präklusivfrist des analog anzuwendenden § 16 Abs 8 MRG nicht einzugehen, weil die Antragstellerin einen derartigen Einwand nicht ausreichend bestimmt, jedenfalls aber (im Hinblick auf das zweimonatige Zuwarten der Antragstellerin mit ihrem Mietzinsüberprüfungsantrag nach Scheitern der angeblichen Vergleichsverhandlungen) nicht schlüssig erhoben habe. Es wurde daher der Antrag gestellt, den rekursgerichtlichen Sachbeschluss so abzuändern, dass die Entscheidung des Erstgerichtes - allenfalls mit der Maßgabe einer Abweisung des Sachantrages - wieder hergestellt wird.

Die Antragstellerin hat hingegen in ihrer Rekursbeantwortung die Bestätigung des rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses beantragt. Die von der Antragsgegnerin geforderte Analogie sei prinzipiell abzulehnen, weil es in einem so unsystematischen Gesetz wie dem MRG gar keine systemwidrige Regelungslücke geben könne; es fehlten aber - wie ausführlich darzulegen versucht wurde - auch sonstige Analogievoraussetzungen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass es um die Überprüfung einer Mietzinsanhebung nach § 46a Abs 4 MRG geht. Von keiner der Parteien wurde nämlich ein Tatsachenvorbringen erstattet, das sich unter den Anhebungstatbestand des § 46a Abs 2 MRG subsumieren ließe. Die dort vorgesehene Mietzinsanhebung setzt voraus, dass es durch einen nach dem eingetretenen Tod des Geschäftsraummieters zu einer (Gesamt-)Rechtsnachfolge in dessen Mietrechte kommt (SZ 69/225; WoBl 1997, 196/70 ua). Derartiges hat keine der Parteien daher auch nur angedeutet. Im gegenständlichen Verfahren ist daher nur zu prüfen, ob die Antragsgegnerin den Hauptmietzins nach § 46a Abs 4 MRG anheben konnte und ob auf diesen Fall die Präklusionsbestimmung des § 16 Abs 8 MRG analog anzuwenden ist.

Auszugehen ist weiters davon, dass die vom Erstgericht angenommene Präklusion des Mietzinsüberprüfungsbegehrens der Antragstellerin zu einer Abweisung des Sachantrags führen müsste. Das Rekursgericht hatte sich daher mit einem Sachbeschluss auseinanderzusetzen. Insoweit kann auf die zutreffenden Rechtsauführungen des Rekursgerichtes verweisen werden.

In der Sache selbst ist der Rechtsmittelwerberin zwar darin zu folgen, dass die Rechtsfindung durch Analogie auch im Bereich der Mietrechtsgesetzgebung keineswegs ausgeschlossen ist (was ohnehin schon vom Rekursgericht gerade im Hinblick auf die hier interessierende Präklusionsbestimmung des § 16 Abs 8 MRG überzeugend dargelegt wurde), doch sind die Voraussetzungen für eine analoge Ausdehnung der fraglichen Gesetzesbestimmung auf die Überprüfung einer Mietzinsanhebung nach § 46a Abs 4 MRG nicht erfüllt. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob die gesetzliche Regelung lückenhaft ist, ob also der anstehende Rechtsfall nach dem gemäß § 6 ABGB ausgelegten Gesetz nicht beurteilt werden kann, obwohl er von Rechts wegen einer Beurteilung bedarf (Bydlinski in Rummel3, Rz 2 zu § 7 ABGB; SZ 69/109 ua). Es muss sich dabei um eine planwidrige, das heißt eine vom Gesetzgeber nicht gewollte bzw übersehene Unvollständigkeit des Gesetzes handeln. Die Anhaltspunkte für die Annahme einer solchen Gesetzeslücke sind im hier zu beurteilenden Fall zu schwach. Mögen auch nicht alle vom Rekursgericht gegen die analoge Anwendung der Präklusionsregelung des § 16 Abs 8 MRG auf die einseitige Mietzinsanhebung nach § 46a Abs 4 MRG ins Treffen geführten Argumente für sich allein betrachtet tragfähig sein, so ist doch das Gegenargument schwer zu entkräften, dass dem Gesetzgeber des 3. WÄG nicht ohne weiteres unterstellt werden kann, bei der Einführung der Präklusionsbestimmung für die Überprüfung von Mietzinsvereinbarungen auf eine gleichartige Regelung für einseitige Mietzinsanhebungen vergessen zu haben, obwohl er sich zeitgleich gerade mit diesen Fällen (§§ 12a, 46a MRG etc) besonders intensiv beschäftigte.

Ein Indiz für ein solches Versehen wäre die bei wertender Betrachtung erkennbare Ähnlichkeit der zu beurteilenden Sachverhalte, weil nicht anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber für Gleichwertiges unterschiedliche Rechtsfolgen vorsehen wollte. Gerade an dieser Rechtsähnlichkeit fehlt es aber. Zutreffend hat das Rekursgericht darauf hingewiesen, dass es einen Unterschied macht, ob sich der Mieter aus einer Mietzinsvereinbarung, also aus einer rechtsgeschäftlichen Zusage zu lösen versucht (mag diese auch unter Berücksichtigung seiner Zwangslage bei Abschluss der Mietzinsvereinbarung zunächst unwirksam gewesen sein) oder ob er mit einer einseitigen Erklärung des Vermieters konfrontiert ist, eine gesetzliche Mietzinsanhebungsmöglichkeit auszunutzen. Dazu kommt, dass der Rechtsverlust, wie er mit jeder Präklusionsregelung einhergeht, eher nicht zu den Zielvorstellungen eines Mietrechtsgesetzgebers gehört.

Die daraus resultierenden Zweifel am Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke sind nicht mit dem Argument auszuräumen, das es wohl zweckmäßig und der Rechtsklarheit dienlich wäre, auch für die Überprüfung einseitiger Mietzinserhöhungen eine dreijährige Präklusionsfrist vorzusehen. Dies wäre Aufgabe des Gesetzgebers; nur die Gewissheit, ein seinem Willen zu handeln, ließe die Analogie zu. Der erkennende Senat ist der Meinung des Rekursgerichtes, dass diese Gewissheit im hier zu beurteilenden Fall fehlt.

Damit erfolgte - mangels Präklusion des Mietzinsüberprüfungsanspruchs - die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung zu Recht. Auf das Problem der Fristwahrung durch die behauptete Ablaufhemmung ist nicht weiter einzugehen.