OGH 25.01.1994, 5Ob90/93
Rechtssätze
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Norm | nö BauO 1976 nF §10 Abs1 |
RS0052336 | Durch die Neufassung dieser Bestimmung ist nun klargestellt, daß der Sammelbegriff "Grundabteilung" auch die Vereinigung von Grundstücken umfaßt und daß daher auch die Vereinigung von Grundstücken einer Bewilligung der Baubehörde bedarf. |
Normen | GV §88 Abs2 GV §165 Abs3 VermG §12 |
RS0060873 | Das Verfahren zur Erlassung des Verbücherungsbeschlusses aufgrund eines Anmeldungsbogens richtet sich nach dem GBG und nicht nach den Vorschriften des Verfahrens außer Streitsachen (so schon 5 Ob 19/69 = EvBl 1969/279). |
Norm | VermG §12 |
RS0079903 | Das Grundbuchsgericht hat bei Erfüllung der ihm im § 12 Abs 2 VermG übertragenen Aufgabe nicht nur die Vollständigkeit der Beurkundung des Vermessungsamtes im Sinne des § 12 Abs 1 Z 1 und 3 und Abs 2 VermG sowie das Vorliegen der im Abs 1 Z 2 genannten Voraussetzungen zu prüfen, sondern auch auf in anderen gesetzlichen Bestimmungen normierte Voraussetzungen für die Vereinigung von Grundstücken Bedacht zu nehmen (hier: sollen daher Grundstücke vereinigt werden, die im Bauland liegen, so darf das Grundbuchsgericht die Vereinigung durch Anordnung der Verbücherung des Anmeldungsbogens nur dann vollziehen, wenn die nach § 10 Abs 1 nö BauO erforderliche Bewilligung der Baubehörde vorliegt). |
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz als Vorsitzenden und den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache betreffend die Verbücherung des Anmeldungsbogens des Vermessungsamtes G***** vom , GZ A 23/93, infolge Revisionsrekurses der Marktgemeinde ***** H*****, vertreten durch Dr.Franz Nistelberger, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Krems/D als Rekursgericht vom , GZ 1 R 60/93, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gmünd, NÖ, vom , GZ TZ 1453/93, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Anordnung der Verbücherung des Anmeldungsbogens des Vermessungsamtes Gmünd vom , GZ A 23/93, betreffend die Vereinigung der Grundstücke Nr.847 und 848 Grundbuch ***** H***** unter gleichzeitiger Löschung des Grundstückes Nr.847 abgelehnt wird.
Text
Begründung:
Ing.Johann H***** und DDr.Wilhelm H***** sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** H*****, zu deren Gutsbestand ua die Grundstücke Nr.847 und 848 (landwirtschaftlich genutzt) gehören.
Das Vermessungsamt G***** beurkundete mit Anmeldungsbogen GZ A 23/93 gemäß § 12 Abs 2 VermG auf Antrag des Eigentümers vom , daß hinsichtlich der Vereinigung der Grundstücke Nr.847 und 848 die im § 12 Abs 1 Z 1 und 3 VermG angeführten Voraussetzungen vorliegen.
Mit Beschluß vom , TZ 1453/93, ordnete das Erstgericht aufgrund dieses Anmeldungsbogens gemäß § 12 VermG die Vereinigung des Grundstückes Nr.847 mit dem Grundstück Nr.848 unter gleichzeitiger Löschung des erstgenannten Grundstückes an.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem von der Marktgemeinde H***** gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000,-- S übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Zu der im Rekurs der Gemeinde geltend gemachten Rüge, die Vereinigung der beiden im Bauland-Wohngebiet gelegenen keine Bauplätze darstellenden Grundstücke sei ohne baubehördliche Genehmigung durchgeführt worden, die baubehördliche Genehmigung hätte eine Bauplatzerklärung und diese die Vorschreibung und Einhebung von Gemeindeabgaben zur Folge gehabt, nahm das Rekursgericht wie folgt Stellung:
Gemäß § 12 Abs 1 VermG könnten zwei oder mehrere Grundstücke vereinigt werden, wenn 1. sie in derselben Katastralgemeinde gelegen seien und zusammehingen, 2. ihre Eigentums- und Belastungsverhältnisse gleich seien und 3. die Vereinigung im Interesse der Verwaltungsvereinfachung liege und vermessungstechnische Erwägungen nicht entgegenstünden. Nach Absatz 2 dieser Gesetzesstelle habe, wenn die im Absatz 1 Z 1 bis 3 angeführten Voraussetzungen vorlägen, dies das Vermessungsamt auf Antrag des Eigentümers oder von Amts wegen mit dessen Zustimmung zu beurkunden. Nach Absatz 3 sei die Vereinigung vom Grundbuchsgericht auf Grund der Beurkundung vorzunehmen, wenn die im Absatz 1 Z 2 angeführte Vorausetzung vorläge. Lange in einem derartigen Verfahren nach § 12 VermG der Anmeldungsbogen beim Grundbuchsgericht ein, dann habe dieses nur die Vollständigkeit der Beurkundung sowie das Vorliegen der in § 12 Abs 1 Z 2 VermG genannten Voraussetzungen zu prüfen (RPflSlgG 1213, 2345, Dittrich-Hrbek-Kaluza, Das österreichische Vermessungsrecht2, § 12 Anm 5). Der vorliegende Anmeldungsbogen entspräche formal und inhaltlich dem § 12 VermG. Es lägen darüberhinaus auch die Voraussetzungen des § 12 Abs 1 Z 2 leg.cit, die das Erstgericht zu prüfen gehabt habe, vor. Richtig sei, daß gemäß § 10 Abs 1 Nö BauO, LGBl 9200-9, im Bauland die Grundabteilung, zu der auch die Vereinigung von Grundstücken gehöre, einer Bewilligung der Baubehörde bedürfe, ausgenommen die hier nicht zutreffenden Veränderungen, die gemäß § 15 LiegTeilG vorgenommen werden. § 11 Abs 2 Nö BauO bestimme weiters, daß im Grundbuch eine Änderung von Grundstücksgrenzen im Bauland nur durchgeführt werden dürfe, a) wenn sie von der Baubehörde rechtskräftig bewilligt worden sei und b) wenn sie den gesamten Inhalt der Bewilligung umfasse. Vorausetzung für die Durchführung von Grundabteilungen nach der Nö BauO sei somit ein Verwaltungsverfahren, das über Antrag des Eigentümers von der Baubehörde durchzuführen sei (§§ 10 Abs 2 ff, § 11 Nö BauO). Es bleibe somit zu prüfen, ob im oder neben dem Verfahren nach § 12 VermG auch die Bestimmungen der §§ 10, 11 Nö BauO einzuhalten seien, somit auch ein Abteilungsbewilligungsverfahren nach der Nö BauO durchgeführt werden müsse. Hiezu sei zunächst festzuhalten, daß für die Ausstellung der Beurkundung nach § 12 Abs 2 VermG durch das Vermessungsamt die Einhaltung anderer gesetzlicher Bestimmungen (Bauordnung und anderes) nicht maßgebend sei (Dittrich-Hrbek-Kaluza, aaO § 12 Anm 1a). Darüberhinaus sei es Zweck des § 12 VermG, durch eine Verminderung der Anzahl der Grundsücke die Evidenthaltung zu erleichtern und eine bessere Übersichtlichkeit der Katastralgemeinde zu ermöglichen. Es werde daher ein einfaches Verfahren vorgesehen, um zusammenhängende Grundstücke mit gleichen Eigentums- und Belastungsverhältnissen vereinigen zu können. Die Voraussetzungen der Beurkundung seien im § 12 VermG taxativ aufgezählt. Die Vorgangsweise nach § 12 VermG ließe sich demnach nicht dem Begriff der Grundabteilung nach § 10 Abs 1 Nö BauO als ein Sonderfall dieses dem Baurecht zugehörigen Rechtsinstitutes zuordnen. Ein Bewilligungsverfahren betreffend eine Grundabteilung nach der Nö BauO sei ein verwaltungsbehördliches Verfahren, das mit jenem nach § 12 VermG nicht vergleichar sei (VwGH E. vom , Zahl 88/17/0241-5). Das Rekursgericht schließe sich der Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichtshofes an, insbesondere im Hinblick darauf, daß die Intentionen des VermG bei der Normierung der Voraussetzungen der Vereinigung von Grundstücken gänzlich andere seien als die der Nö BauO, bei der nicht zuletzt fiskalische Überlegungen entscheidend seien, wie auch aus dem Rekurs hervorgehe, wonach die baubehördliche Genehmigung eine Bauplatzerklärung und diese die Vorschreibung und Einhebung von Gemeindeabgaben zur Folge gehabt hätte. Dem Rekurs sei somit ein Erfolg zu versagen gewesen. Den Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes gründete das Rekursgericht auf § 126 Abs 1 GBG, § 13 Abs 1 Z 1 AußStrG. Der ordentliche Revisionsrekurs sei wegen Fehlens einer höchstgerichtlichen Entscheidung zuzulassen gewesen.
Gegen diesen Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Marktgemeinde Hocheneich mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen zu beheben und dem Erstgericht im Sinne des § 11 Abs 2 Nö BauO idgF aufzutragen, die Vereinigung der Grundstücke erst nach Vorliegen der rechtskräftigen Bewilligung der Baubehörde im Grundbuch vorzunehmen.
Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Mit Recht wendet sich die Revisionsrekurswerberin gegen die vom Rekursgericht unter Berufung auf das (in Angelegenheit der Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages ergangenen) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 88/17/0241-5, vertretene Ansicht, die Vorgangsweise nach § 12 VermG ließe sich nicht dem Begriff der Grundabteilung nach § 10 Abs 1 Nö BauO zuordnen, weshalb neben dem Verfahren nach § 12 VermG die Bestimmungen der §§ 10, 11 Nö BauO nicht einzuhalten seien. Sie verweist dabei zutreffend auf den Umstand, daß durch die Novelle zur Nö BauO LGBl. 8200-6 ua der Inhalt der §§ 10 bis 12 und 14 dieser Bauordnung geändert wurde, das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes jedoch auf der Rechtslage vor dieser Novelle beruht.
§ 10 Abs 1 Nö BauO 1976 idF vor der Novelle LGBl 8200-6 hatte folgenden Wortlaut:
"(1) Im Bauland bedarf die Grundabteilung (Teilung von Grundstücken sowie jede Veränderung von Grundstücksgrenzen) einer Bewilligung der Baubehörde; hievon ausgenommen sind Veränderungen, welche gemäß § 15 Liegenschaftsteilungsgesetz, BGBl Nr.3/1930, in der Fassung BGBl Nr.91/1976, vorgenommen werden." Der Begriff "Grundabteilung (Teilung von Grundstücken sowie jede Veränderung von Grundstücksgrenzen)" im Sinne dieser Gesetzesstelle wurde vom Obersten Gerichtshof unter Hinweis auf Neuwirth-Strasser, Das Baurecht in Niederösterreich, Anm 2 zu § 10 Nö BauO und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - VwSlgNF 5095 F; Zl. 1746/77, Zl. 2457/77, Zl. 2458/77 - dahin ausgelegt, daß er nach der ratio legis, die Schaffung geeigneter, den Bestimmungen des Gesetzes entsprechender Bauplätze sicherzustellen - ohne daß bei dieser Auslegung über den Gesetzeswortlaut hinausgegangen würde - grundsätzlich jede Änderung der Einteilung einer Katastralgemeinde in Grundstücke umfaßt - wobei der Oberste Gerichtshof zum Grundstücksbegriff auf § 7a VermG, § 5 Abs 1 Satz 2 AllgGAG, § 30 LiegTeilG sowie Mell-Schwimann, Grundriß des Baurechtes 158 verwies - möge sie nun in einer echten Teilung (die Zahl der Grundstücke wird größer), in einer - nicht von der Baubehörde nach § 16 Nö BauO verfügten - Grenzverlegung bei gleichbleibender Grundstücksanzahl oder in einer Zusammenlegung (die Zahl der Grundstücke wird kleiner) bestehen (5 Ob 17/80). § 10 Abs 1 Nö BauO in der nun geltenden Fassung trägt ebenfalls die Überschrift "Grundabteilung", hat jedoch folgenden Wortlaut:
"Im Bauland bedarf die Grundabteilung (Teilung oder Vereinigung von Grundstücken oder jede sonstige Veränderung von Grundstücksgrenzen) einer Bewilligung der Baubehörde; hievon ausgenommen sind Veränderungen, welche gemäß § 15 des Liegenschaftsteilungsgesetzes, BGBl Nr.3/1930, idF BGBl Nr.91/1976 vorgenommen werden."
Durch die Neufassung dieser Bestimmung ist nun klargestellt, daß der Sammelbegriff "Grundabteilung" auch die Vereinigung von Grundstücken umfaßt und daß daher auch die Vereinigung von Grundstücken einer Bewilligung der Baubehörde bedarf (vgl Hauer-Zaussinger-Kraemmer, Die Bauordnung für Niederösterreich3, 97 Anm zu § 10 Abs 1).
Nach § 12 Abs 1 VermG können zwei oder mehrere Grundstücke vereinigt werden, wenn 1. sie in derselben Katastralgemeinde gelegen sind und zusammenhängen, 2. ihre Eigentums- und Belastungsverhältnisse gleich sind und 3. die Vereinigung im Interesse der Verwaltungsvereinfachung liegt und vermessungstechnische Erwägungen nicht entgegenstehen. Wenn die im Abs 1 Z 1 und 3 angeführten Voraussetzungen vorliegen, hat dies das Vermessungsamt auf Antrag des Eigentümers oder von Amts wegen mit dessen Zustimmung zu beurkunden (§ 12 Abs 2 VermG). Nach Abs 3 leg. cit. ist die Vereinigung vom Grundbuchsgericht aufgrund der Beurkundung vorzunehmen, wenn die im Abs 1 Z 2 angeführte Voraussetzung vorliegt. Da die Einhaltung anderer gesetzlicher Bestimmungen (wie etwa der Bauordnung) für die Ausstellung der Beurkundung des Vermessungsamtes nach § 12 Abs 2 VermG - wie das Rekursgericht unter Hinweis auf Dittrich-Hrbek-Kaluza, Das österreichische Vermessungsrecht2, 81, zutreffend erkannte - nicht maßgebend ist, also aus der im Anmeldungsbogen enthaltenen diesbezüglichen Beurkundung nicht geschlossen werden kann, daß vom Vermessungsamt auf die Einhaltung anderer gesetzlicher für die Vereinigung von Grundstücken erforderlicher Bestimmungen Bedacht genommen wurde, hat das Grundbuchsgericht bei Erfüllung der ihm im § 12 Abs 3 VermG übertragenen Aufgabe nicht nur die Vollständigkeit der Beurkundung des Vermessungsamtes im Sinne des § 12 Abs 1 Z 1 und 3 und Abs 2 VermG sowie das Vorliegen der im Abs 1 Z 2 genannten Voraussetzungen zu prüfen, sondern auch auf in anderen gesetzlichen Bestimmungen normierte Voraussetzungen für die Vereinigung von Grundstücken Bedacht zu nehmen. Sollen daher Grundstücke vereinigt werden, die im Bauland liegen, so durfte das Grundbuchsgericht die Vereinigung durch Anordnung der Verbücherung des Anmeldungsbogens nur dann vollziehen, wenn die nach § 10 Abs 1 Nö BauO erforderliche Bewilligung der Baubehörde vorliegt. Fehlt es an einer solchen Bewilligung der Baubehörde, hat das Grundbuchsgericht den Vollzug der Vereinigung durch Anordnung der Verbücherung des Anmeldungsbogens abzulehnen.
Das Verfahren zur Erlassung des Verbücherungsbeschlusses aufgrund eines Anmeldungsbogens richtet sich nach dem GBG und nicht nach den Vorschriften des Verfahrens außer Streitsachen (EvBl 1969/270 = NZ 1970, 29, unrichtig mit 5 Ob 9/69 zitiert; richtig 5 Ob 19/69). Da im vorliegenden Verfahren davon auszugehen ist, daß die zu vereinigenden Grundstücke im Bauland liegen und der Nachweis, daß die beabsichtigte Vereinigung von der Baubehörde bewilligt wurde, nicht vorliegt, erweist sich der Revisionsrekurs als berechtigt, weshalb ihm Folge zu geben und die Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinne der Ablehnung der Anordnung der Verbücherung des Anmeldungsbogens abzuändern waren.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:1994:0050OB00090.93.0125.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAD-71250