OGH vom 14.07.2015, 5Ob90/15v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers F***** K*****, vertreten durch Mag. Peter Pouzar, öffentlicher Notar in Baden, wegen Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom , AZ 17 R 185/14y, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom , TZ 10844/2014, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der Antragsteller und S***** K***** sind gemeinsam (§ 5 Abs 3, § 13 WEG 2002) Miteigentümer einer Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum am Reihenhaus 5/12 (B LNr 201 und 202), am Stellplatz R 5/12A (B LNr 203 und 204) sowie am Stellplatz R 5/12B (B LNr 205 und 206).
Am unterfertigte der Antragsteller notariell beglaubigt eine Rangordnungserklärung, mit der er sich hinsichtlich seiner Anteile B LNr 202, 204 und 206 mit der Bewilligung der Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung einverstanden erklärte.
Am begehrte er unter Vorlage dieser Rangordnungserklärung die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung seiner Anteile.
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Bei gemeinsamem Wohnungseigentum der Partner dürften ihre Anteile am Mindestanteil nicht getrennt und gemeinsam beschränkt, belastet, veräußert oder der Zwangsvollstreckung unterworfen werden, solange die Eigentümerpartnerschaft besteht. Nach § 53 Abs 3 GBG dürften Rangordnungsgesuche nur bewilligt werden, wenn nach dem Grundbuchstand die Einverleibung des einzutragenden Rechts bewilligt werden könnte.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss. Rechtlich folgerte es, dass bis zur Wohnrechtsnovelle (WRN) 2006 nur eine gemeinsame Veräußerung des mit Ehegattenwohnungseigentum (Eigentumspartnerschaften) verbundenen Mindestanteils zulässig gewesen sei. Die in § 53 GBG vorgesehene Anmerkung der Rangordnung habe wie bei der Veräußerung des mit Ehegattenwohnungseigentum verbundenen Mindestanteils auch für die Einbringung eines Rangordnungsgesuches ein gemeinsames Vorgehen der Teilhaber erfordert. Nach § 13 Abs 3 WEG 2002 idF der WRN 2006 sei zwar die Veräußerung des halben Anteils am Mindestanteil zulässig, sie bedürfe aber der Zustimmung des anderen Eigentümerpartners in grundbuchsfähiger Form. Die Anmerkung der Rangordnung nach § 53 Abs 3 GBG setze voraus, dass nach dem Grundbuchstand die Einverleibung des einzutragenden Rechts zulässig wäre. Daher erfordere auch die Einbringung eines Rangordnungsgesuches ein gemeinsames Vorgehen der Eigentümerpartner. Daran habe sich durch die WRN 2006 nichts geändert.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionrekurs zu, weil es an gesicherter Rechtsprechung fehle, ob bei der Eigentümerpartnerschaft auch für die Einbringung eines Gesuchs um Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung übereinstimmende Erklärungen der Eigentümerpartner erforderlich seien.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Nach § 53 Abs 3 Satz 1 GBG kann die Anmerkung einer Rangordnung nur dann bewilligt werden, wenn nach dem Grundbuchstand die Einverleibung des einzutragenden Rechts möglich wäre.
2. Sowohl nach § 9 Abs 2 WEG 1975 als auch nach § 13 Abs 3 WEG 2002 idF vor der Wohnrechtsnovelle (WRN) 2006, BGBl I 2006/124, konnten die durch das gemeinsame Wohnungseigentum der Ehegatten oder Eigentumspartner verbundenen Anteile am Mindestanteil nur gemeinsam veräußert werden.
3. Auf Basis dieser Rechtslage forderten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und Lehre auch bei Erwirkung einer Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung des verbundenen Mindestanteils ein gemeinsames Vorgehen der Teilhaber bei der Einbringung eines solches Rangordnungsgesuches. Der einzelne Partner war daher nicht zur Antragstellung berechtigt (5 Ob 26/91 = NZ 1991, 251 [ Hofmeister ] = RIS Justiz RS0060801; Mahrer in Kodek , Grundbuchsrecht, § 53 GBG Rz 8; vgl Gantner Doshi in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht³ § 13 WEG Rz 24).
4. Die WRN 2006 änderte die Regelungen des § 13 Abs 3 WEG 2002 über den Ausschluss der gesonderten Verwertung eines Anteils am Mindestanteil. In Satz 1 wurde das Wort „veräußert“ gestrichen. Nach dem letzten Satz der zitierten Bestimmung darf jeder der Partner seinen Anteil am Mindestanteil nur mit Zustimmung des anderen Partners veräußern.
5. Zweck dieser Neuregelung war es, die direkte Veräußerung des halben Anteils am Mindestanteil mit der Zustimmung des anderen Eigentümerpartners zu erleichtern. Nach der alten Rechtslage konnten eine Übertragung eines Anteils am Mindestanteil und die Fortsetzung der Eigentümerpartnerschaft mit einer anderen Person nur so gelöst werden, dass der ausscheidende Eigentümerpartner seine Hälfte am Mindestanteil zunächst dem anderen Eigentümerpartner überträgt und dieser den Anteil sodann an den neu Hinzukommenden veräußert, was eine komplizierte und mit einer zusätzlichen steuerlichen Belastung verbundene Vorgangsweise darstellte (ErläutRV 1183 BlgNR 22. GP 16; 5 Ob 282/08v mwN). Zur Zustimmung des anderen Eigentümerpartners heißt es in den Materialien: „Dass diese Zustimmung in grundbuchsfähiger Form erteilt werden muss, braucht hier im Gesetzestext nicht besonders erwähnt zu werden.“
6. § 13 Abs 3 WEG 2002 idF der WRN 2006 erlaubt eine gesonderte Veräußerung eines halben Mindestanteils. Ein gemeinsames Vorgehen im Sinn einer zwingenden gemeinsamen Antragstellung wird nicht mehr gefordert. Die Zustimmung des anderen Eigentümerpartners muss aber in grundbuchsfähiger Form, demnach durch Vorlage einer den Bestimmungen des GBG entsprechenden Urkunde erfolgen.
7. Diese Grundsätze gelten entgegen der Auffassung des Revisionrekurswerbers, der eine Zustimmung für entbehrlich hält, infolge § 53 Abs 3 Satz 1 GBG auch für die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung eines halben Mindestanteils:
8. Eine solche Veräußerung ist die einzige, mit der WRN 2006 geschaffene Ausnahme vom Gebot des gemeinsamen Vorgehens der Partner ( Gantner Doshi aaO Rz 27). Der andere Partner wird aber keinesfalls ausgeschaltet, er muss der Veräußerung durch den anderen nach § 13 Abs 3 letzter Satz WEG 2002 zustimmen. Der Gesetzgeber der WRN 2006 beabsichtigte es, die Veräußerung zu erleichtern, nicht aber die Grundsätze des gemeinsamen Wohnungseigentums in Frage zu stellen.
9. Richtig ist, dass die Anmerkung der Rangordnung für die Veräußerung nur die vorläufige Absicherung eines bücherlichen Rangs bewirkt und die Anwartschaft auf einen bestimmten Rang für eine einzuverleibende oder vorzumerkende Eintragung, nicht aber das Recht selbst schafft ( Mahrer aaO Rz 1 ff; Rassi , Grundbuchsrecht² Rz 171, 173). Ihr Zweck, den Rang zugunsten des Erwerbers und künftigen Eigentumspartners zu sichern und ihn vor Entwertung seines Eigentumsrechts durch spätere Eintragungen zu schützen, wird aber dadurch eingeschränkt, dass der Erwerber auf seinem Anteil Zwischeneintragungen nicht nach § 57 GBG löschen lassen kann. Einer derartigen teilweisen Löschung steht das durch die WRN 2006 nicht geänderte Verbot der gesonderten Belastung oder Zwangsvollstreckung in § 13 Abs 3 WEG 2002 entgegen (5 Ob 282/08v = NZ 2007/739 [ Hoyer ]).
10. Seit der WRN 2006 ist über Antrag auch nur eines Eigentümerpartners die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung seines halben Mindestanteils mit Zustimmung des anderen Partners zulässig. Auf der Zustimmungserklärung des anderen Partners muss dessen Unterschrift iSd § 53 Abs 4 GBG gerichtlich oder notariell beglaubigt werden.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00090.15V.0714.000