OGH vom 08.03.1960, 4Ob4/60
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hohenecker als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schuster und Dr. Machek sowie die Beisitzer Dr. Goutard und Hala als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael A*****, Handelsvertreter in *****, vertreten durch Dr. Jörg Iro, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei Fa. H. B*****, Elektrogeräte in *****, vertreten durch Dr. Josef Riz, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 15.060 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom , GZ 1 Cg 101/59-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Innsbruck vom , GZ Cr 24/58-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit S 807,07 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war im Jahre 1956 Vertreter der beklagten Partei und hatte gegen Provision Waschmaschinen zu verkaufen, wobei ihn Frau Maria D***** als Werbedame unterstützte. Laut Klagsbehauptung sei Maria D***** ebenso wie der Kläger Angestellte der beklagten Partei gewesen und sie habe bei ihrem Ausscheiden noch eine Forderung in der Klagshöhe gegen die beklagte Partei gehabt. Diese Provisionrestforderung habe Maria D***** dem Kläger abgetreten. Die beklagte Partei hat bestritten, dass Maria D***** ihre Angestellte gewesen sei. Die Werbedamen wären vielmehr Angestellte der selbständigen Handelsagentur Max A***** gewesen.
Das Arbeitsgericht Innsbruck stellte mit Zwischenurteil fest, dass der von der klagenden Partei geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach zu Recht besteht. Es nahm als erwiesen an, dass die beklagte Partei die Dienstgerberin der Werbedame Maria D***** gewesen sei und daher verpflichtet war, ihr Provision zu bezahlen.
Das Berufungsgericht wiederholte das Beweisverfahren mit dem Ergebnis, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen wurde.
Das Berufungsgericht stellte fest: Die beklagte Partei verkaufte Elektrogeräte, insbesondere auch Waschmaschinen im eigenen Namen auf eigene Rechnung durch Vertreter, die bei ihr angestellt waren. Zur Unterstützung dieser Vertreter warb der Handelsagent Max A***** Werbedamen an, mit denen er zunächst schriftliche Verträge abschloss. In diesen Verträgen war Max A***** als Dienstgeber bezeichnet. Für diese Werbedamen wurden die Provisionskonten nicht bei der Fa. B*****, sondern bei Max A***** geführt. Er war auch auf den Lohnsteuerkarten der Werbedamen als Dienstgeber verzeichnet. Er trat der Gebietskrankenkasse gegenüber als Dienstgeber der Werbedamen auf. Er gab jeweils der Fa. B***** den Auftrag zu Auszahlungen an die Werbedamen. Diese hatten Anspruch auf eine Provision von S 240 pro Waschmaschine, S 140 davon waren ihr bei Hereinnahme der Bestellung zu zahlen, S 100 erst bei Eingang des vollen Kaufschillings seitens des Kunden oder ab einem späteren Zeitpunkt bei Auslieferung der bestellten Ware. Diese Ansprüche wurden der Werbedame auf einem Lohnkontoblatt bei Max A***** gutgeschrieben. Zwischen Max A***** und der beklagten Partei bestand ein umfassendes Verrechnungsverhältnis. Unter anderem bestand ein eigenes Konto "Max A***** - Werbedamen". Auf diesem Konto waren alle Geldbewegungen und Ansprüche für Max A***** gegen die beklagte Partei und umgekehrt im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Werbedamen erfasst. Wenn ein Barvorschuss an die Werbedame von der beklagten Partei bezahlt wurde, sei es vom Vertreter aus dem Inkasso bei der Kundschaft, sei es von der beklagten Partei durch Überweisung, wurde das Verrechnungskonto belastet. Max A***** wurde erst für diesen Betrag erkannt, wenn der Provisionsanspruch bei vollem Eingang des Kaufschillings seitens der Kunden fällig geworden war. Entstand ein solcher Provisionsanspruch nicht, dann traf das Risiko der eventuellen Hereinbringung des Barvorschusses, auf den die Werbedame keinen Anspruch hat, Max A*****. Maria D***** hatte sich wegen einer Beschäftigung als Werbedame an Max A***** gewandt. Auch der Vertreter der beklagten Partei Pechlaner hatte Maria D***** erklärt, dass sie bei Max A***** beschäftigt sei. Provisionsabrechnungen erhielt sie von Max A*****. Sie war über die Rechtsbeziehungen zwischen Max A***** und der beklagten Partei soweit unterrichtet, dass sie wusste, dass sie nicht Angestellte der beklagten Partei, sondern des Max A***** war. Sie könne sich daher nicht darauf berufen, dass sie annehmen musste und durfte, dass die beklagte Partei ihre Dienstgeberin sei. Sie habe auch im Insolvenzverfahren betreffend Max A***** ihre Forderung angemeldet. Max A***** erhielt für jedes durch Vermittlung einer Werbedame zustandegekommene Geschäft einen Betrag von S 260 gutgeschrieben. Er zahlte der Werbedame eine Provision von S 240 pro Gerät. Außerdem zahlte er Lohnsteuer und die Sozialversicherungsbeiträge, die von der beklagten Partei wieder ersetzt wurden und mit denen die beklagte Partei ihrerseits ihre Vertreter, denen die Werbedamen zugeteilt waren, belastete. Rechtlich qualifizierte das Berufungsgericht den Vertrag zwischen der beklagten Partei und Max A***** als Dienstverschaffungsvertrag. Der Erfolg der Tätigkeit der Werbedamen kam der beklagten Partei zugute. Das Entgelt für die Dienstleistung hatte Max A***** zu bezahlen. Die Provisionsansprüche der Maria D***** bestünden daher nur gegen Max A***** und nicht gegen die beklagte Partei, sodass das Klagebegehren kostenpflichtig abzuweisen war.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei unter Geltendmachung der Revisionsgründe nach § 503 Z 2 und 4 ZPO.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht begründet.
Mangelhaft soll das Berufungsverfahren deshalb sein, weil die beantragten Zeugen M*****, F***** und A***** nicht vernommen worden sind, die darüber geführt wurden, dass die beklagte Partei anderen Werbedamen die ihm aus der gleichen Tätigkeit zustehende Provision bezahlt hat. Dazu hat aber das Berufungsgericht ausführlich Stellung genommen und auf Grund der Zeugenaussagen K***** festgestellt, dass für diese Auszahlungen ein besonderes Motiv vorgelegen war, nämlich, dass die Werbedamen dadurch für die beklagte Partei gesichert werden sollten. Der Zeuge hat auch noch angeführt, dass die Übernahme alter Provisionsforderungen in solchen Fällen durchaus branchenüblich sei. Ebenfalls hätte in der Tatsache der Bezahlung von Provisionen an andere Werbedamen kein Anerkenntnis einer Verpflichtung gegenüber Maria D***** erblickt werden können. Der geltende Mangel ist daher nicht gegeben.
Eine weitere Mangelhaftigkeit erblickt die klagende Partei darin, dass dem Antrag auf Einsicht in die Geschäftsbücher der beklagten Partei und auf Vernehmung eines Buchsachverständigen sowie des Zeugen Dr. F***** nicht entsprochen worden sei. Auf Grund dieser Beweise hätte sich ergeben, dass Maria D***** Angestellte der beklagten Partei war und A***** selbst nur Angestellter gewesen sei. Auch diese Mängelrüge ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die mit der Abrechnung befassten Angestellten der beklagten Partei ausführlich als Zeugen vernommen und konnte sich somit ein klares und vollständiges Bild über die gegenseitige Verrechnung machen. Eines Buchsachverständigen bedurfte es dabei nicht. Ebensowenig musste eine Einsicht in die Geschäftsbücher der beklagten Partei vorgenommen werden. Wenn die klagende Partei in der Revision erstmalig behauptet, dass sich durch die Vernehmung des Zeugen Dr. F***** ergeben hätte, dass Max A***** selbst nur Angestellter der beklagten Partei gewesen sei, so übersieht sie dabei, dass sie eine solche Behauptung bisher nicht aufgestellt hatte und dass der Zeuge Max A***** selbst das Gegenteil aussagte und sich als selbständiger Handelsagent mit eigenem Gewerbeschein bezeichnete. Mangelhaft soll auch die Nichtberücksichtigung des Bescheides der Tiroler Gebietskrankenkasse vom sein. Richtig ist, dass sich die klagende Partei auf einen solchen Bescheid berufen hat, den sie vorlegen wollte. Der Beweis durch Einsicht in einen solchen Bescheid wurde aber nicht abgelehnt. Es wäre Sache der klagenden Partei gewesen, diesen Bescheid vorzulegen. Dazu sei nur noch bemerkt, dass die klagende Partei die Vorlage dieses Bescheides mit der Revision ankündigt, tatsächlich aber auch der Revision nicht angeschlossen hat. Wenn das Berufungsurteil selbst insoferne als mangelhaft bezeichnet wird, als nicht festgestellt worden sei, dass Maria D***** bei Max A***** "nicht angemeldet war" und dass sie im Zeitpunkt des Ausscheidens des Max A***** aus der Fa. der beklagten Partei kein Guthaben hatte, so ist dazu zu sagen, dass die Tatsache der Nichtanmeldung bei der Gebietskrankenkasse allein kein Indiz dafür sein kann, dass kein Angestelltenverhältnis zu A***** vorlag, weil auch keine Anmeldung seitens der beklagten Partei vorgenommen wurde. Das Berufungsgericht hat nur im Allgemeinen feststellen können, dass die Werbedamen bei der Gebietskrankenkasse durch A***** und in seinem Namen als Dienstgeber angemeldet wurden. Dass dies gerade bei D***** nicht der Fall gewesen ist und sie überhaupt nicht angemeldet wurde, kann daher zur rechtlichen Beurteilung darüber, ob ein Dienstvertrag mit der beklagten Partei abgeschlossen worden ist, nichts beitragen. Der Tatsache, dass Ende 1956 noch kein Guthaben der Maria D***** bestanden hat, kommt keine Bedeutung zu, weil die nachher erfolgten Gutschriften sich auf Geschäfte aus dem Jahre 1956 bezogen und nach den getroffenen Feststellungen auf dem Konto A***** vorgenommen wurden.
In der Rechtsrüge weicht die klagende Partei von den getroffenen Feststellungen ab, sodass die Rüge als nicht gesetzmäßig ausgeführt unbeachtlich ist. Wenn man von den getroffenen Feststellungen ausgeht, erweist sich die rechtliche Beurteilung als einwandfrei. Die Feststellungen ergeben die Begründung eines Dienstverhältnisses zwischen D***** und A***** einerseits und den Bestand eines Dienstverschaffungsvertrages zwischen der selbständigen Handelsagentur A***** und der beklagten Partei. Durch einen solchen Dienstverschaffungsvertrag wird aber zwischen demjenigen, dem die Dienste verschafft werden und dem die Dienste Leistenden kein Dienstverhältnis begründet (vgl Arb 6329). Es liegt im Wesen des Dienstverschaffungsvertrages, dass die Dienste nicht für den Dienstgeber, sondern für den geleistet werden, dem die Dienste verschafft werden. Alle die von der klagenden Partei angeführten Erwägungen, die angeblich für ein Dienstverhältnis zur beklagten Partei sprechen sollen, ergeben sich nur aus der Tatsache, dass die Dienste eben für die beklagte Partei zu leisten waren. Ebenso ist die finanzielle Abwicklung zwischen A***** und der beklagten Partei kein Beweis dafür, dass es sich um ein unmittelbares Dienstverhältnis zwischen D***** und der beklagten Partei gehandelt hat. Maria D*****, bzw der Kläger, dem Maria D***** ihre Forderung zedierte, kann sich daher nur an den ehemaligen Dienstgeber, an Max A*****, halten. Das Klagebegehren wurde daher mit Recht abgewiesen.