OGH vom 19.03.2013, 4Ob4/13m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. R***** GmbH, *****, 2. Dr. A***** Z*****, beide vertreten durch DLA Piper Weiss Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagten Parteien 1. T***** GmbH, *****, 2. Mag. C***** N*****, beide vertreten durch Piaty Müller Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 39.000 EUR), infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 1 R 112/12s 18, womit infolge Rekurses der klagenden und der beklagten Partei der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 39 Cg 42/11m 10, teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen, die beklagten Parteien haben die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) Ausspruch des Rekursgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO ab.
1.1. Die beklagten Parteien machen geltend, das beanstandete Schreiben im Zuge journalistischer Recherchetätigkeiten und in Wahrnehmung ihrer Verpflichtung zur journalistischen Sorgfalt verfasst zu haben, weshalb ihnen schon vor Veröffentlichung der Vorwürfe in einem Massenmedium der Rechtfertigungsgrund des § 6 Abs 2 Z 2 MedienG zugute komme.
1.2. Sie verkennen damit grundlegend, dass es dem Gesetzgeber des MedienG, wie aus der Begriffsbestimmung in § 1 Abs 1 Z 1 MedienG unzweideutig ersichtlich ist („Medium: jedes Mittel zur Verbreitung von Mitteilungen [...] an einen größeren Personenkreis im Wege der Massenherstellung oder der Massenverbreitung“), lediglich um die Regelung bestimmter Aspekte der Massenkommunikation geht (zum Begriff des „größeren Personenkreises“ vgl RIS Justiz RS0091902 zu § 69 StGB, wonach ein solcher erst ab einem Richtwert von etwa zehn Personen gegeben ist). Das beanstandete Schreiben als Mittel der Individualkommunikation zwischen Absender und Empfänger fällt daher nicht unter die Bestimmungen des Mediengesetzes und kann den Tatbestand der üblen Nachrede in einem Medium (§ 6 Abs 1 MedienG) nicht erfüllen. Damit stellt sich die als erheblich aufgeworfene Frage des Vorliegens des Rechtfertigungsgrundes nach § 6 Abs 2 Z 2 MedienG nicht.
1.3. Unter diesen Umständen bedarf es keiner näheren Untersuchung, ob die beklagten Parteien ihre Verpflichtung zur journalistischen Sorgfalt nicht schon dadurch verletzt haben, dass sie die klagenden Parteien vor dem Verfassen des Schreibens an einen wichtigen Vertriebspartner der klagenden Parteien nicht mit den darin erhobenen Vorwürfen konfrontiert haben.
2.1. Die nach neuem Recht nur noch in § 7 UWG relevante Wettbewerbsabsicht braucht nicht das einzige oder auch nur das wesentliche Ziel der beanstandeten Äußerung zu sein (RIS Justiz RS0077647); sie fehlt nur dann, wenn sie gegenüber den anderen Motiven ganz in den Hintergrund tritt (RIS Justiz RS0077766). Ob das zutrifft, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet daher im Allgemeinen keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung (4 Ob 144/10w).
2.2. Von diesen Grundsätzen ist das Rekursgericht im Ergebnis nicht abgewichen, wenn es bei Fassung des Unterlassungstitels auf ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs abgestellt hat. Die Auffassung, das beanstandete Schreiben fördere in nicht ganz in den Hintergrund tretender Weise auch den Wettbewerb von Mitbewerbern der Erstklägerin, indem es diese gegenüber einem wesentlichen Vertriebspartner herabsetze, findet eine Stütze in der gewählten Formulierung, es werde um Stellungnahme ersucht, da „Ihre Medien u.a. von den Inseraten seriöser Reiseveranstalter und Reisebüros leben“.
3. Der Revisionsrekurs ist daher wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen.
4. Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Da die klagenden Parteien in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen haben, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.