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OGH vom 15.02.2011, 4Ob4/11h

OGH vom 15.02.2011, 4Ob4/11h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Österreichische Zahnärztekammer, *****, vertreten durch Dr. Friedrich Schulz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei *****, Zahnarzt, *****, vertreten durch Schmid Horn Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 31.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom , GZ 6 R 168/10p 14, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

1. Der Beklagte stützt seine Zulassungsbeschwerde in erster Linie auf die mangelnde Bestimmtheit (Art 18 B-VG) von § 35 Abs 5 ZahnärzteG und auf die fehlende gesetzliche Grundlage der in Art 5 lit a der Werberichtlinien für Zahnärzte vorgesehenen Einflussnahmepflicht von Zahnärzten bei der Werbung durch Dritte. Weiters vertritt er die Auffassung, die strengeren Werberegelungen des Zahnärzterechts führten zu einer unsachlichen Schlechterstellung von Zahnärzten gegenüber Krankenanstalten.

Rechtliche Beurteilung

2. Diese Ausführungen können nicht überzeugen.

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat zuletzt im Erkenntnis B 1778/07 unter Hinweis auf ältere Rechtsprechung (VfSlg 17.381/2004, 18.278/2007) ausdrücklich festgehalten, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 53 ÄrzteG und Art 5 der RL Arzt und Öffentlichkeit bestehen. Diese Regelungen entsprechen den hier strittigen Bestimmungen. Träfen die Bedenken des Beklagten in Bezug auf die fehlende gesetzliche Grundlage von Art 5 der zahnärztlichen WerbeRL (Art 5 der RL Arzt und Öffentlichkeit) zu, hätte dies der Verfassungsgerichtshof im genannten Verfahren zweifellos aufgegriffen.

2.2. Richtig ist, dass § 13 KAKuG nur „unsachliche oder unwahre Informationen“ im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Krankenanstalt untersagt; diese Regelung ist damit weniger streng als das ärztliche Standesrecht. Sie erfasst aber nur die Werbung für Leistungen einer Krankenanstalt als organisatorischer Einheit, nicht jene für einen bestimmten Arzt (VfGH V 11/00; 4 Ob 267/01w; RIS-Justiz RS0116130). Ausdrücklich offen ließ der Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang die Frage, was bei der Werbung einer Krankenanstalt für - oder, wie zu ergänzen ist, durch Bezugnahme auf - einen bestimmten Arzt zu gelten habe (V 11/00). Daher kann § 13 KAKuG verfassungskonform dahin ausgelegt werden, dass in einem solchen Fall ebenfalls die (strengeren) Regeln des ärztlichen Standesrechts gelten. Damit wird eine möglicherweise unsachliche Differenzierung vermieden. Anderes könnte zwar bei einer (nicht marktschreierischen) Werbung mit Preisen für Privatbehandlungen gelten, die Zahnärzten nach Art 3 lit e der zahnärztlichen Werberichtlinien untersagt ist, während sie Krankenanstalten nach § 13 KAKuG frei zu stehen scheint. Diese Frage stellt sich hier aber nicht.

3. Der Revisionsrekurs zeigt auch sonst keine erheblichen Rechtsfragen auf: Unionsrechtliche Bedenken gegen Werbeverbote für Ärzte bestehen nicht (EuGH Rs C 446/05, Ioannis Doulamis , Slg 2008 I-1377). Einstweilige Verfügungen nach § 24 UWG setzen weder eine Gefahrenbescheinigung (RIS-Justiz RS0080058) noch eine besondere Dringlichkeit oder Eilbedürftigkeit voraus (4 Ob 1/02d = SZ 2002/34 - Internet-Branchenverzeichnis; 4 Ob 210/06w; RIS-Justiz RS0121554). Ob eine „Werbung“ für Medizinprodukte und deren Hersteller iSv Art 3 lit d der Werberichtlinien vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Im Anlassfall wiesen die strittigen Vortragsankündigungen auf einen bestimmten Implantathersteller und dessen Website hin und enthielten in diesem Zusammenhang die Formulierung „making you smile“. Die Auffassung der Vorinstanzen, dass ein Durchschnittsverbraucher dies als Werbung für diesen Hersteller verstehe, ist jedenfalls vertretbar. Die Anzeigen wurden mit Zustimmung des Beklagten geschaltet; die Verletzung von Art 5 lit a der Werberichtlinien ist damit offenkundig.