OGH vom 31.08.2010, 5Ob7/10f
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Christina V*****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Amhof Dr. Damian GmbH in Wien, gegen die Antragsgegnerin Dkfm. Elisabeth P*****, vertreten durch Dr. Gerhard Hermann, Rechtsanwalt in Wien, wegen §§ 16, 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 40 R 145/09h-74, mit dem infolge Rekurse beider Parteien der Sachbeschluss (richig: Zwischensachbeschluss) des Bezirksgerichts Josefstadt vom , GZ 17 Msch 33/05w-67, bestätigt wurde, den
(Teilsach )Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der Sachbeschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der Sachbeschluss (richtig: Zwischensachbeschluss) des Erstgerichts in seinem Punkt a) wie folgt zu lauten hat:
„Es wird die Nutzfläche der Wohnung Top 34 im Haus *****, im Sinn des § 17 MRG mit 128,68 m² festgestellt.“
Im übrigen Umfang, nämlich betreffend den Zwischenantrag auf Feststellung der Ausstattungskategorie (Punkt b des erstgerichtlichen Beschlusses) wird der angefochtene Sachbeschluss aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin ist Hauptmieterin der Wohnung Top 34 im Haus *****. Die Antragsgegnerin ist die Vermieterin. Die Parteien schlossen am den schriftlichen Mietvertrag. Das Mietverhältnis begann am und wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Im Mietvertrag ist die Nutzfläche mit 133,86 m² angegeben, tatsächlich beträgt sie 128,68 m². An Hauptmietzins wurden monatlich 957,65 EUR zuzüglich einer „EDV-Gebühr in der derzeitigen Höhe von € 0,44“ vereinbart.
Zur Zeit der Anmietung war keine Küche in der Wohnung. Nach Auskunft des Verwalters sollten aber sämtliche Anschlüsse für die Küche vorhanden sein. Im Mietvertrag vereinbarten die Parteien:
„Der Vermieter bezahlt dem Mieter nach Abschluss des Mietvertrages zwecks Anschaffung einer Abwäsche und eines Gasherdes einen Betrag von € 727,--.
Entsprechende Geräte sind nach Aufgabe des Mietobjektes in tadellosem Zustand in der Wohnung zurückzulassen.“
Die Antragsgegnerin bezahlte den Betrag von 727 EUR. Erst als die von der Antragsstellerin erworbene Einbauküche im Juli 2003 montiert werden sollte, stellte sich heraus, dass in der Küche lediglich eine Leerverrohrung für die Elektroleitung vorhanden war, die Elektroleitung selbst aber fehlte. In der Küche waren weiters bei Anmietung ein Warmwasseranschluss und der Anschluss für einen Gasherd vorhanden, nicht jedoch eine Gassteckdose, die sich bei der Montage der von der Antragstellerin bestellten Küche wegen der Lage des Herdes als notwendig herausstellte. Für die Montage der Gassteckdose und den Anschluss der Spüle wandte sich die Antragstellerin an den vom Vertreter der Antragsgegnerin namhaft gemachten Heizungs- und Sanitärinstallationsbetrieb. Die Arbeiten erfolgten am , bei welcher Gelegenheit auch ein für die Luftzufuhr zur Gastherme erforderliches Lüftungsgitter in die Badezimmertüre eingebaut wurde. Der Heizungs- und Sanitärinstallationsbetrieb verrechnete der Antragstellerin für Gassteckdose und Lüftungsgitter jeweils samt Montage 263,53 EUR.
Der Vertreter der Antragstellerin teilte dem Vertreter der Antragsgegnerin mit Schreiben vom mit, dass die Antragstellerin die 263,53 EUR zwar berichtigt habe, sie aber selbstverständlich davon ausgegangen sei, dass die erforderlichen Arbeiten zum Anschluss von Herd und Spüle sowie zur Herstellung der Luftzufuhr für die Gastherme von der Vermieterin bezahlt würden. Unter Berücksichtigung dieser Anschlusskosten sei der vereinbarte Betrag von 727 EUR für Abwäsche und Gasherd nicht annähernd kostendeckend. Die Vermieterin werde „eingeladen“, die Anschlusskosten von 263,53 EUR zu refundieren. Weiters gab der Vertreter der Antragstellerin im Schreiben vom bekannt, dass in der Wohnung zwar Steckdosen und eine Leerverrohrung angebracht gewesen seien, jedoch keine Verkabelung. Die Antragstellerin habe sich an den Heizungs- und Sanitärinstallationsbetrieb gewandt, sei aber vertröstet worden. Es könne nicht Aufgabe der Antragstellerin sein, dem verantwortlichen Professionisten „nachzulaufen“, damit endlich ein ordnungsgemäßer Zustand der Wohnung hergestellt werde. Die Antragsgegnerin werde aufgefordert, für die umgehende Komplettierung der Elektroinstallationen Sorge zu tragen.
In Beantwortung dieses Schreibens erklärte die Vermieterin, die Kosten für die Verkabelung zu übernehmen und erteilte umgehend einen entsprechenden Auftrag, wonach die Arbeiten im September durchgeführt wurden. Mit Schreiben vom anerkannte die Antragsgegnerin weiters an Kosten 10,90 EUR zuzüglich USt für das Lüftungsgitter samt einer Montagepauschale von 24 EUR inklusive USt und überwies insgesamt 37,08 EUR. Im Übrigen verwies die Antragsgegnerin darauf, dass in den als Ablöse für Herd und Abwäsche überwiesenen 727 EUR auch die Montagekosten enthalten gewesen seien. Bei Anmietung seien sowohl Gas- wie auch Sanitäranschlüsse vorhanden gewesen und die Umstellung bzw Umverlegung dieser Anschlüsse habe sich aus der späteren Küchenplanung der Antragstellerin ergeben.
Die Antragstellerin begehrt in der Hauptsache die Prüfung der Angemessenheit des Hauptmietzinses (§§ 16, 37 Abs 1 Z 8 MRG) und stellte die hier zu beurteilenden Zwischenanträge auf Feststellung der Nutzfläche des Bestandobjekts mit 128,31 m² und dessen Ausstattungskategorie C bei Abschluss des Mietvertrags. In der Wohnung habe bei Mietvertragsabschluss Spüle und Herd gefehlt. Für deren Anschaffung hätten die bezahlten 727 EUR nicht ausgereicht, weil auch für die notwendige Montage Kosten aufgelaufen seien. Das Bestandobjekt sei daher als Wohnung der Ausstattungskategorie C einzustufen.
Die Antragsgegnerin bestritt dieses Vorbringen und wandte soweit hier wesentlich ein, dass mit dem Betrag von 727 EUR Anschaffung und Montage von Koch- und Spülgelegenheit leicht möglich gewesen seien.
Das Erstgericht wies beide Zwischenanträge auf Feststellung ab. Es stellte über den bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus fest, dass es im Jahr 2003 möglich gewesen sei, eine Abwäsche und einen Gasherd um einen Betrag von 727 EUR zu erwerben und an vorhandene Anschlüsse anzuschließen. Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, die Antragsgegnerin als Vermieterin habe die erforderlichen Mittel für die Anschaffung von Spüle und Kochgelegenheit zur Verfügung gestellt. Das Bestandobjekt sei daher bei Bestimmung des zulässigen Hauptmietzinses als Wohnung mit Küche zu qualifizieren und habe demnach bei Anmietung der Ausstattungskategorie A mit einer Größe von 128,68 m² entsprochen. Die Zwischenanträge auf Feststellung seien daher abzuweisen gewesen.
Das Rekursgericht gab den von beiden Parteien erhobenen Rekursen nicht Folge. Es übernahm die Feststellung des Erstgerichts, wonach es im Jahr 2003 möglich gewesen sei, eine Abwäsche und einen Gasherd um einen Betrag von 727 EUR zu erwerben und anzuschließen, ausdrücklich als vermeintlich rechtlich irrelevant nicht. Rechtlich war das Rekursgericht der Ansicht, den Zwischenfeststellungsantrag betreffend die Nutzfläche habe das Erstgericht deshalb zutreffend abgewiesen, weil diese tatsächlich 128, 68 m² und nicht die im Antrag von der Antragstellerin reklamierten 128, 31 m² betrage. Im Übrigen sei die im Mietvertrag enthaltene Vereinbarung zum Einbau der Küche so zu verstehen, dass sich die Vermieterin durch Zahlung von 727 EUR von der Anschaffung sowie Montage der Abwäsche und des Gasherdes befreien habe können. Ob dieser Betrag für die Ausstattung der Küche ausreichend gewesen sei, sei demnach rechtlich nicht entscheidungswesentlich und die Ausstattungskategorie A gegeben. Beide Zwischenanträge auf Feststellung seien demnach unberechtigt.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil eine erhebliche Rechtsfrage nicht zu lösen gewesen sei.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Stattgebung ihrer Zwischenanträge auf Feststellung. Hilfsweise wird auch die Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht, in eventu an das Rekursgericht beantragt.
Die Antragsgegnerin machte von der ihr eingeräumten Möglichkeit der Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung Gebrauch und beantragte in dieser, den Revisionsrekurs der Antragstellerin zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, weil das Rekursgericht den Zwischenantrag auf Feststellung der Nutzfläche der Wohnung und die im Mietvertrag enthaltene Vereinbarung der Kostenübernahme für Spüle und Gasherd unvertretbar ausgelegt hat; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt und zwar betreffend die Nutzflächenfeststellung im antragsstattgebenden Sinn und betreffend die Kategoriefeststellung im Sinn der Aufhebung zur neuerlichen Entscheidung durch das Rekursgericht.
1. Allgemein zum Zwischenantrag auf Feststellung
1.1. Nach § 37 Abs 3 Z 11 MRG kann jede Partei während des Verfahrens erster Instanz beantragen, dass ein im Verfahren strittiges Rechtsverhältnis oder Recht, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung über den Antrag ganz oder zum Teil abhängt, in dem über den Hauptantrag ergehenden Sachbeschluss oder in einem demselben vorausgehenden Zwischensachbeschluss festgestellt werde, sofern die Wirkung einer solchen Feststellungsentscheidung über jene der Entscheidung über den Hauptantrag hinausgeht und auch für die beantragte Feststellung das Verfahren nach § 37 MRG zulässig ist (5 Ob 58/08b = immolex 2009/5, 20).
1.2. Im Verfahren zur Hauptmietzinsüberprüfung nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG hat der Antragsteller die Möglichkeit, die selbstständige Feststellung der Nutzfläche und/oder der maßgeblichen Kategorie zu beantragen (RIS Justiz RS0102514). Derartige Zwischenfeststellungsanträge können jederzeit im Hauptverfahren gestellt werden, eine vorherige Anbringung bei der Schlichtungsstelle ist nicht erforderlich (5 Ob 132, 133/91 = WoBl 1992/108, 150; 5 Ob 145/02p = wobl 2003/156, 293 = immolex 2003/147, 260; RIS-Justiz RS0070055).
2. Zur Nutzflächenfeststellung
2.1. Nach § 36 Abs 3 AußStrG ist jeder Beschluss im Rahmen des Gegenstands des Verfahrens zu fassen, wobei auf die Interessenlagen und die zivilrechtlich wirksamen rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen der Parteien Bedacht zu nehmen ist. Dabei sind an die Bestimmtheit eines Begehrens in einem außerstreitigen Verfahren, namentlich in solchen nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG, keine allzu strengen Anforderungen zu stellen (RIS-Justiz RS0070562).
2.2. Die Nutzflächenermittlung erfolgte hier im Wesentlichen im Gutachten ON 10, in welchem der Sachverständige die Nutzfläche des Bestandobjekts mit 128,68 m² ermittelte. Nach Vorliegen dieses Sachverständigengutachtens stellte die Antragstellerin ihren Zwischenantrag auf Feststellung der Nutzfläche (ON 29) und erachtete dabei im Antragsvorbringen unter ausdrücklicher Berufung auf das Gutachtensergebnis die Frage der Nutzfläche dahin für geklärt, dass diese maximal 128,68 m² betrage. Nur im Antragstenor scheint dann die Nutzfläche mit 128,31 m² auf. Bei dieser Sachlage und unter Berücksichtigung der zu 2.1. dargestellten Grundsätze erweist sich die im Kommastellenbereich (!) gelegene Abweichung zwischen Gutachten sowie Antragsvorbringen (128,68 m²) einerseits und dem Antragstenor (128,31 m²) andererseits als offenkundiger (Schreib-)Fehler, der nicht die Antragsabweisung, sondern die Korrektur (auf 128,68 m²) rechtfertigt. In diesem Sinn ist daher in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen dem Zwischenantrag auf Feststellung der Nutzfläche stattzugeben.
3. Zur Kategoriefeststellung
3.1. Die Zustandsbeurteilung einer Wohnung zum Zweck der Einordnung in eine bestimmte Ausstattungskategorie erfolgt (nur) im Regelfall nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags. Entscheidend ist der nach dem Inhalt des Vertrags vom Vermieter herzustellende und tatsächlich geschaffene Zustand der Wohnung. Dabei schadet es nicht, dass der Mieter den Einbau kategoriebestimmender Merkmale selbst übernimmt, sofern die Kosten hiefür vom Vermieter getragen werden (5 Ob 15/91 = MietSlg 43.210 = WoBl 1992/27, 33; vgl RIS Justiz RS0070204; vgl auch RS0070288). Ist eine kategorieerhöhende Investition durch den Mieter auf Kosten des Vermieters vereinbart, dann muss der Mieter diesen von einer Kostenüberschreitung verständigen, um dem Vermieter die Möglichkeit der Aufstockung und damit der Erhaltung der Kategorie zu geben (5 Ob 132, 133/91 = WoBl 1992/108, 150 = MietSlg 43.211 = ImmZ 1992, 53).
3.2. Das hier fragliche kategoriebestimmende Ausstattungsmerkmal „Küche“ setzt das Vorhandensein einer Koch- und Spülgelegenheit voraus (5 Ob 129/86 = MietSlg 38/28 = MietSlg 38.350; RIS-Justiz RS0114792), welche Ausstattungselemente hier im Bestandobjekt zum Zeitpunkt seiner Anmietung durch die Antragstellerin unstrittig nicht vorhanden waren. Die Parteien haben im Mietvertrag vereinbart, dass die Antragsgegnerin (Vermieterin) der Antragstellerin (Mieterin) „nach dem Abschluss des Mietvertrages zwecks Anschaffung einer Abwäsche und eines Gasherdes einen Betrag von € 727,--“ bezahlt. Diese Vereinbarung kann entgegen der Ansicht des Rekursgerichts nicht dahin verstanden werden, dass die Vereinbarung und die Zahlung dieses Betrags der Vermieterin unter allen Umständen die fragliche höhere Kategorie garantiert. Namentlich dann, wenn wie hier von der Antragstellerin behauptet die betreffenden Ausstattungsmerkmale aufgrund der Beschaffenheit des Bestandobjekts nicht hergestellt werden können und der Vermieter auch nicht zur Mittelaufstockung bereit ist, kommt diesem der Einbau der Ausstattungselemente nicht zugute (vgl 5 Ob 132, 133/91 = WoBl 1992/108, 150; MietSlg 43.211 = ImmZ 1992, 53; 5 Ob 54/85 = MietSlg 37.334 = RdW 1986, 142). Da das Rekursgericht diese Tatfrage ausdrücklich offen gelassen, die Tatsachen- und Beweisrüge der Antragstellerin in diesem Punkt also nicht erledigt hat, ist dessen Verfahren mangelhaft geblieben. Es war daher dem Rekursgericht insoweit die neuerliche Entscheidung aufzutragen.