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OGH vom 26.04.2005, 4Ob3/05b

OGH vom 26.04.2005, 4Ob3/05b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** KG, ***** vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei „J*****" *****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung, Widerruf, Veröffentlichung des Widerrufs und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 25.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei und der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 3 R 202/04b-10, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Linz vom , GZ 5 Cg 180/04x-5, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

II. Dem außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung - unter Einschluss des in Rechtskraft erwachsenen und des bestätigten Teils - insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des mit Klage zu 5 Cg 180/04x des Landesgerichts Linz geltend gemachten Unterlassungsanspruchs wird der beklagten Partei aufgetragen, ab sofort zu Zwecken des Wettbewerbs im Zusammenhang mit der Änderung und Erweiterung des bestehenden Einkaufszentrums der Klägerin „P***** City" durch Errichtung und Betrieb eines mehrgeschoßigen Traktes, bestehend aus einem Untergeschoß, drei Geschäftsebenen und einem aufgesetzten Technikgeschoß (anstelle eines eingeschoßigen Lebensmittelmarktes), 'Bauetappe V', und deren Eröffnung am betreffend die neu errichteten Gebäudeteile in Mitteilungen, wonach für diese Gebäudeteile eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung nicht vorliegt, die Tatsachenbehauptung oder Tatsachenverbreitung oder inhaltsgleiche Tatsachenbehauptungen oder Tatsachenverbreitungen zu unterlassen, dass mit dem Vorliegen einer rechtskräftigen Betriebsanlagengenehmigung auch in den nächsten Monaten noch nicht gerechnet werden kann, sofern nicht gleichzeitig darauf hingewiesen wird, dass gem § 78 Abs 1 GewO eine gewerbliche Anlage auch schon vor Eintritt der Rechtskraft des Genehmigungsbescheids unter den dort genannten Voraussetzungen errichtet und betrieben werden darf.

Die einstweilige Verfügung gilt bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens über den zu 5 Cg 180/04x des Landesgerichts Linz geltend gemachten Unterlassungsanspruch.

Hingegen wird das Mehrbegehren abgewiesen, zur Sicherung des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs der beklagten Partei auch aufzutragen, betreffend die neu errichteten Gebäudeteile die Tatsachenbehauptung oder Tatsachenverbreitung oder inhaltsgleiche Tatsachenbehauptungen oder inhaltsgleiche Tatsachenverbreitungen zu unterlassen, dass für diese Gebäudeteile eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung nicht vorliegt, sowie die - ganz allgemeine, nicht mit einem aufklärenden Hinweis auf § 78 Abs 1 GewO verbundene - Tatsachenbehauptung oder Tatsachenverbreitung oder inhaltsgleiche Tatsachenbehauptungen oder inhaltsgleiche Tatsachenverbreitungen, dass mit dem Vorliegen einer rechtskräftigen Betriebsanlagengenehmigung auch in den nächsten Monaten noch nicht gerechnet werden kann.

Die klagende Partei hat die Hälfte ihrer Kosten vorläufig selbst zu tragen; die halben Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 438,75 EUR (darin 73,13 EUR USt) bestimmten halben Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei hat die Hälfte ihrer Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die halben Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 1.205,73 EUR (darin 200,95 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin betreibt das Einkaufszentrum „P***** City", die Beklagte das 700 Meter davon entfernte Einkaufszentrum „U***** Shopping". Das Einkaufszentrum der Klägerin wird umgebaut (Bauetappe V), wobei ein eingeschoßiger Lebensmittelmarkt durch einen mehrgeschoßigen Trakt (bestehend aus einem Untergeschoß, drei Geschäftsebenen und einem aufgesetzten Technikgeschoß) ersetzt wird; für diese Änderung des bestehenden Einkaufszentrums liegt ein rechtskräftiger Bescheid der zuständigen Gewerbebehörde vom vor. Für den vom Umbau betroffenen Bereich bestehen Bestandverträge mit verschiedenen Bestandnehmern.

Eine in Teilbereichen wesentliche Änderung dieses Bauvorhabens (betreffend zB Stiegenhäuser, Fluchtwege und Raumausformungen) wurde der Gewerbebehörde am durch Einreichung entsprechender Ausführungspläne angezeigt, worauf die Gewerbebehörde gem § 81 GewO ein Genehmigungsverfahren mit dem Thema „Änderungen zum gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheid vom " einleitete. Am fand eine mündliche Verhandlung sowohl im baubehördlichen Verfahren als auch im gewerbebehördlichen Verfahren statt. Bei der Verhandlung lagen die Änderungspläne vom vor, die zu diesem Zeitpunkt schon teilweise umgesetzt waren.

Am richtete die Beklagte durch ihren Rechtsvertreter folgendes Rundschreiben an 20 Bestandnehmer des in der Bauetappe V umgebauten Gebäudes:

„Betrifft: Eröffnung der Filiale in der P***** City

Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich vertrete rechtsfreundlich die [Beklagte]. Meine Mandantschaft betreibt in einer Entfernung von etwa einem Kilometer zur P***** City das Einkaufszentrum „U*****" und steht sowohl mit der P***** City als auch mit sämtlichen Bestandnehmern der P***** City in einem Wettbewerbsverhältnis. Aus Medienberichterstattungen und auch der Homepage der P***** City geht hervor, dass Sie am eine neue Filiale in der P***** City eröffnen, wobei diese Filiale in jenen Gebäudeteilen liegt, die in den letzten Monaten errichtet wurden. Meine Mandantschaft ist in Kenntnis des Umstandes, dass für diese Gebäudeteile eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung nicht vorliegt und mit dem Vorliegen einer rechtskräftigen Betriebsanlagengenehmigung auch in den nächsten Monaten noch nicht gerechnet werden kann. Ich weise darauf hin, dass für den Fall der Eröffnung und des Betriebes Ihrer Filiale meine Mandantschaft Unterlassungsansprüche im Sinne des § 1 UWG (sittenwidriger Rechtsbruch) geltend machen wird. Dass Sie als Bestandnehmer verpflichtet sind, sich um die Einhaltung der diesbezüglichen Rechtsvorschriften zu kümmern, entspricht der ständigen Rechtsprechung des OGH (4 Ob 172/03b). Ich fordere Sie daher auf, mir beiliegend die Verpflichtungserklärung bis spätestens zu übermitteln, widrigenfalls ich beauftragt bin, die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. [...]".

Diesem Schreiben war jeweils folgender Text einer Verpflichtungserklärung angeschlossen:

„Verpflichtungserklärung

Wir, Firma .... verpflichten uns gegenüber der [Beklagten], es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, Verkaufstätigkeiten auf Verkaufsflächen der P***** City, P*****, durchzuführen, die nicht über die erforderlichen behördlichen Genehmigungen verfügen. Wir verpflichten uns für jeden Fall des Zuwiderhandelns zur Leistung einer verschuldensunabhängigen Konventionalstrafe in Höhe von 10.000 EUR pro Tag des Verstoßes. [...]."

Die zuständige Bezirkshauptmannschaft teilte mit Schreiben vom dem Gemeindeamt P***** unter anderem mit: „Beim behördlichen Lokalaugenschein musste festgestellt werden, dass das Projekt bereits weitgehend umgesetzt ist, obwohl zum gegebenen Zeitpunkt weder die erforderliche Baubewilligung noch die gewerbebehördliche Änderungsgenehmigung erteilt wurde. Auch am Tag der Verhandlung wurde eine Bautätigkeit festgestellt". In den OÖ Nachrichten vom wird der Gewerbereferent der zuständigen Bezirkshauptmannschaft mit den Worten zitiert, dass „bis dato für die Änderungen keine gewerberechtliche Bewilligung vorliegt".

Die Eröffnung des Zubaus fand am statt. Mit Verfahrensanordnung der zuständigen Bezirkshauptmannschaft vom , abgefertigt am , wurde die Klägerin angewiesen, den Betrieb der konsenslos, weil vor Erlassung des entsprechenden gewerbebehördlichen Änderungsgenehmigungsbescheids, geänderten Anlage spätestens binnen drei Tagen ab Erhalt des Schreibens einzustellen. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom wurde die gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung zum gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheid vom erteilt und darin erklärt, Gegenstand des Änderungsgenehmigungsverfahrens sei ausschließlich die geänderte Ausführung gegenüber dem genehmigten Projekt. Die Beklagte war über den jeweiligen Stand des gewerberechtlichen Bewilligungsverfahrens informiert, weil ihr früherer Geschäftsführer in diesem Verfahren als Nachbar Parteistellung hatte.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ab sofort im Zusammenhang mit der Änderung und Erweiterung des bestehenden Einkaufszentrums „P***** City" durch Errichtung und Betrieb eines mehrgeschoßigen Traktes, bestehend aus einem Untergeschoß, drei Geschäftsebenen und einem aufgesetzten Technikgeschoß (anstelle eines eingeschoßigen Lebensmittelmarktes) „Bauetappe V", und deren Eröffnung am betreffend die neu errichteten Gebäudeteile die Tatsachenbehauptung oder Tatsachenverbreitung oder inhaltsgleiche Tatsachenbehauptungen oder inhaltsgleiche Tatsachenverbreitungen zu unterlassen, dass für diese Gebäudeteile eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung nicht vorliegt und mit dem Vorliegen einer rechtskräftigen Betriebsanlagengenehmigung auch in den nächsten Monaten noch nicht gerechnet werden kann. Die beanstandeten Tatsachenbehauptungen seien unrichtig und wider besseres Wissen erfolgt, liege doch mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung vor; diese sei auch rechtskräftig. Bezüglich der Umbauarbeiten sei ein Änderungsverfahren anhängig; dessen ungeachtet sei der Genehmigungsbescheid vom wirksam. Gemäß § 78 Abs 1 GewO liege die Befugnis zur Errichtung und zum Betrieb einer Betriebsanlage schon nach Vorliegen des erstinstanzlichen geweberechtlichen Bescheids vor. Am sei auch für die vorgenommenen Änderungen ein Bewilligungsbescheid erlassen worden. Das beanstandete Schreiben verschweige in der Absicht, die zukünftigen Bestandnehmer der Klägerin zu verunsichern, dass gemäß § 78 Abs 1 GewO nach Maßgabe dieser Bestimmung eine Betriebsanlage schon vor Eintritt der Rechtskraft des Genehmigungsbescheids errichtet und betrieben werden dürfe. Bei den Empfängern des Rundschreibens werde der unrichtige Eindruck erweckt, der Betrieb sei erst nach Rechtskraft des Bescheids zulässig. Die Beklagte habe gegen § 7 UWG verstoßen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Bei der Gewerberechtsverhandlung am habe sich herausgestellt, dass sich die tatsächliche Ausführung des Erweiterungsbaus von jenen Plänen grundlegend unterscheide, die dem Bescheid vom zugrunde gelegen seien. Erst Mitte August 2004 habe die Klägerin gegenüber der Gewerbebehörde die Abweichungen der Ausführung von der Einreichplanung im Einzelnen offengelegt. Der Erweiterungsbau in der tatsächlich ausgeführten Form sei gewerbebehördlich genehmigungspflichtig, zum Zeitpunkt des beanstandeten Schreibens sei jedoch kein erstinstanzlicher Betriebsanlagengenehmigungsbescheid auf Basis des Plans vom vorgelegen. Erst mit Bescheid vom sei die Anlage in ihrer tatsächlich errichteten Ausführung gewerbebehördlich genehmigt worden. Auch dieser Bescheid sei noch nicht rechtskräftig. Die beanstandeten Behauptungen seien daher weder unrichtig noch mutwillig. Auch sei richtigerweise - weil Nachbarn jedenfalls Berufung gegen den Genehmigungsbescheid erheben würden - darauf hingewiesen worden, dass ein rechtskräftiger Genehmigungsbescheid erst in einigen Monaten vorliegen werde.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Die beanstandeten Äußerungen seien aus der Sicht des Durchschnittsadressaten dahin zu verstehen, dass der gesamte neu errichtete Verkaufsbereich, in dem auch die angesprochenen Adressaten ihre geschäftliche Tätigkeit erbringen wollten, gewerberechtlich überhaupt nicht bewilligt sei und mit einer Bewilligung auch längere Zeit nicht gerechnet werden könne. Damit werde der unrichtige Eindruck erweckt, für den Zubau des Einkaufszentrums liege überhaupt keine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung vor. In Wahrheit sei zum damaligen Zeitpunkt bereits - abgesehen von der Änderung der Einreichung - eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung für das Erweiterungsprojekt vorgelegen. Soweit sich die beanstandeten Äußerungen nur auf das gewerberechtliche Verfahren betreffend die Änderungen des bereits genehmigten Projekts beziehen hätten sollen, fehle dem Text die erforderliche Klarheit. Missverständliche Wendungen seien zu Lasten der Beklagten auszulegen. Der Unterlassungsanspruch nach § 7 Abs 1 UWG sei daher bescheinigt.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Unstrittig sei, dass die mit der Bauetappe V vorgenommenen Änderungen im Einkaufszentrum der Klägerin genehmigungspflichtig iSd §§ 74, 81 Abs 1 GewO 1994 gewesen seien. Da sich die am der Gewerbebehörde angezeigten Änderungen nicht bloß auf einzelne Verkaufsflächen bezogen, sondern auch allgemeine Anlagen betroffen hätten, sei der gewerbliche Betrieb in den neu errichteten Gebäudeteilen ohne Genehmigung dieser Änderungen nicht zulässig, wie dies auch aus der Verfahrensanordnung der Bezirkshauptmannschaft vom hervorgehe. Damit erweise sich die der Beklagten zuzurechnende Behauptung ihres Rechtsvertreters, dass für diese Gebäudeteile eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung nicht vorliege, als richtig. Es schade nicht, dass in der Mitteilung nicht von einer nicht erfolgten Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage die Rede sei, sondern nur vom Fehlen einer gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung; in beiden Fällen sei nämlich der Betrieb der Anlage nicht gestattet. Dieser Teil des Schreibens des Beklagtenvertreters an die Bestandnehmer der Klägerin sei daher weder unwahr noch irreführend. Die weitere Äußerung, dass mit dem Vorliegen einer rechtskräftigen Betriebsanlagengenehmigung auch in den nächsten Monaten noch nicht gerechnet werden könne, sei - für sich allein genommen - deshalb nicht unwahr, weil der ehemalige gewerberechtliche Geschäftsführer der Beklagten als Nachbar im gewerbebehördlichen Verfahren Parteistellung genieße und mit einer Berufung durch ihn und allenfalls auch durch sonstige Anrainer zu rechnen sei. Es komme jedoch für den rechtmäßigen Betrieb einer gewerblichen Anlage gem § 78 Abs 1 GewO nicht auf die Rechtskraft der Betriebsanlagengenehmigung an. Durch die angeführte Äußerung werde nun, weil der Halbsatz unmittelbar an die Mitteilung anschließe, wonach eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung nicht vorliege, der unzutreffende Eindruck erweckt, dass die Rechtskraft der Genehmigung unabdingbare Voraussetzung für den Betrieb der gewerblichen Anlage sei. Ohne aufklärenden Hinweis iSd § 78 Abs 1 GewO sei diese Äußerung daher geeignet, bei den Adressaten den falschen Eindruck hervorzurufen, sie müssten mit der Eröffnung ihrer Filiale im Einkaufszentrum der Klägerin noch bis zur Rechtskraft des Genehmigungsbescheids zuwarten. Insofern sei der Sicherungsantrag somit berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist nicht zulässig; der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig und teilweise berechtigt.

I. Zum Revisionsrekurs der Klägerin

1. Nach dem festgestellten Sachverhalt hat die Klägerin für die Änderung ihres Einkaufszentrums einen (rechtskräftigen) Bewilligungsbescheid (vom ) erwirkt. Die damit genehmigte bauliche Änderung wurde im Zuge ihrer Durchführung wieder geändert; über diese „Änderung der Änderung" lag im August 2004 noch kein Genehmigungsbescheid vor; darauf bezieht sich das beanstandete Schreiben.

Die Behauptung, dass „für diese Gebäudeteile eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung nicht vorliegt", ist daher unrichtig, wenn sie - wie vom Erstgericht - dahin verstanden wird, dass überhaupt keine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung des Einkaufszentrums vorliegt. Sie ist aber richtig, wenn sie auf die Änderung der Änderung bezogen wird; in diesem Sinn versteht sie das Rekursgericht, weil es meint, dass den Bestandnehmern der erste Genehmigungsbescheid nicht nützt, wenn nicht bescheidgemäß gebaut wurde und die Änderungen nicht behördlich genehmigt sind.

Die Klägerin macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, es bestehe keine Rechtsprechung zur Frage, „dass es bei Änderungen über ein Konkurrenzeinkaufszentrum, bei dem auch regelmäßig Änderungen erfolgen, zu unterscheiden ist, ob für das Einkaufszentrum überhaupt eine Betriebsanlagengenehmigung vorliegt oder ob eine Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung vorliegt oder ob - wie im vorliegenden Fall - auch die Änderung gewerberechtlich rechtskräftig bewilligt wurde und es sich nur um ein Änderungsverfahren zur Änderung handelt". Die Empfänger hätten annehmen müssen, dass überhaupt keine gewerbebehördliche Bewilligung vorliege.

Die Klägerin meint daher, unrichtig sei die Angabe deshalb, weil sie von den Empfängern dahin verstanden werde, dass der Umbau des Einkaufszentrums noch überhaupt nicht genehmigt sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Rekursgericht ohnehin auf das Verständnis der Empfänger abgestellt hat. Wie das Schreiben im Einzelnen auszulegen und zu verstehen ist, hängt von dessen Formulierung im Einzelfall ab und bildet keine erhebliche Rechtsfrage (vgl RIS-Justiz RS0043000 und RS0053112).

2. Die Klägerin macht einen Verstoß gegen § 405 ZPO geltend, der in der Aufnahme der (im Sicherungsantrag nicht enthaltenen) Wortfolge „in Mitteilungen, wonach für diese Gebäudeteile eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung nicht vorliegt" in das Unterlassungsgebot liegen soll. Der gerügte Verfahrensfehler liegt jedoch nicht vor:

Gegen § 405 ZPO wird verstoßen, wenn ein "plus" oder "aliud" zugesprochen wird (4 Ob 51/99z; 4 Ob 239/01b = ecolex 2002, 268, Rechberger in Rechberger, ZPO² § 405 Rz 1). Beides ist hier nicht der Fall, wird doch das Begehren im Sicherungsantrag durch die vom Rekursgericht eingeschobene Wortfolge weder überschritten noch inhaltlich verändert, sondern es wird damit nur zum Ausdruck gebracht, dass - wie von der Klägerin begehrt - beide im Sicherungsantrag enthaltenen Behauptungen zusammengehören. Die Klägerin hat die beanstandeten Behauptungen mit „und" verbunden; eine Behauptung allein kann daher nicht ohne die andere verboten werden. Das Rekursgericht hat somit zutreffend die Behauptung, wonach mit dem Vorliegen einer rechtskräftigen Betriebsanlagengenehmigung auch in den nächsten Monaten noch nicht gerechnet werden kann, nur in Verbindung mit der Behauptung untersagt, dass für diese Gebäudeteile eine geweberechtliche Betriebsanlagengenehmigung nicht vorliegt.

II. Zum Revisionsrekurs der Beklagten

1. Die Beklagte vertritt die Auffassung, die ihr verbotene Äußerung sei richtig; eine besondere Vollständigkeits- und Aufklärungspflicht bestehe nicht. Dem kann nicht gefolgt werden.

Unvollständige Äußerungen, die einen unrichtigen Gesamteindruck hervorrufen, sind auch dann unwahr iSd § 7 UWG, wenn sie isoliert gesehen zutreffen (4 Ob 301/02x = bbl 2003, 157; Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht³ § 26 Rz 7 mwN). Die Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung kann auch in der Unvollständigkeit des bekanntgegebenen Sachverhalts liegen, wenn dadurch ein falscher Eindruck erweckt wird (6 Ob 284/00h = MR 2001, 29 - Schwarzbautipps; RIS-Justiz RS0111212).

Das Rekursgericht ist davon ausgegangen, dass die der Beklagten untersagte Äußerung inhaltlich richtig ist, hält diese aber für unvollständig und meint, dass dadurch - isoliert gesehen - ein unrichtiger Eindruck hervorgerufen werde; es fehle nämlich ein Hinweis auf § 78 Abs 1 GewO, wonach eine gewerbliche Anlage auch schon vor Eintritt der Rechtskraft des Genehmigungsbescheids unter den dort genannten Voraussetzungen errichtet und betrieben werden dürfe. Dieser Beurteilung ist zuzustimmen. Die untersagte Äußerung ist gegenüber Bestandnehmern der Klägerin im Zusammenhang mit der Androhung rechtlicher Schritte wegen Verstoßes gegen § 1 UWG (sittenwidriger Rechtsbruch) gemacht worden. Berücksichtigt man diesen Umstand, vermittelt die Äußerung den Adressaten aufgrund ihrer Unvollständigkeit den unrichtigen Eindruck, Benützung und Betrieb des umgebauten Einkaufszentrums seien ohne rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung rechtlich unzulässig. Der geforderte Hinweis auf § 78 Abs 1 GewO verlangt - entgegen ihrer im Rechtsmittel vertretenen Auffassung - von der Beklagten weder eine umfassende Rechtsbelehrung, noch werden damit die Anforderungen an die sie treffende Vollständigkeitspflicht überspannt; der verlangte Hinweis bedarf keines unzumutbaren Aufwands und verhindert das Entstehen eines Irrtums beim Adressaten.

2. Zutreffend zeigt die Beklagte auf, dass das Unterlassungsgebot zu weit gefasst ist. In der vom Rekursgericht gewählten allgemeinen Fassung würde der Klägerin nämlich die Exekution auf Grund dieses Beschlusses auch dann bewilligt werden, wenn die Beklagte ihre Prognose wiederholte und um einen aufklärenden Hinweis auf § 78 Abs 1 GewO ergänzte. Dass die Beklagte in einem anschließenden Impugnationsstreit obsiegen würde, weil aus den Gründen klar hervorgeht, dass die verbotene Behauptung nur ihrer Unvollständigkeit wegen unrichtig ist, nimmt ihr nicht das Interesse daran, dass der gegen sie erwirkte Unterlassungstitel nicht über ihren Wettbewerbsverstoß hinausgeht.

Dem Revisionsrekurs der Beklagten ist daher insoweit Folge zu geben und das Unterlassungsgebot im aufgezeigten Umfang einzuschränken.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 43, 50 ZPO. Mangels anderer Anhaltspunkte sind obsiegen und unterliegen je mit der Hälfte des Begehrens zu bewerten.