OGH vom 18.11.2014, 5Ob87/14a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Dr. H***** M*****, wegen Grundbuchhandlungen ob eines mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteils der EZ 601 GB *****, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 54 R 13/14d 1, mit dem infolge Rekurses der Mit und Wohnungseigentümerin N***** N*****, vertreten durch Prader Ortner Rechtsanwälte GesbR in Innsbruck, der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom , TZ 10323/2013, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antragsteller hat die Kosten seines Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Der Antragsteller ist ob der Liegenschaft EZ 601 GB ***** zu 63/3248 Anteilen (B LNR 23) grundbücherlicher Miteigentümer. Mit diesen Anteilen ist (das im Jahr 1990 begründete) Wohnungseigentum an „Wohnung TOP 23“ verbunden. Zubehör zu diesem Wohnungseigentumsobjekt ist im Grundbuch nicht ausgewiesen.
Der Antragsteller begehrte aufgrund der Entscheidung der Stadt Innsbruck, Stadtmagistrat Schlichtungs und Parifizierungsstelle, vom , Zahl IV 9668/2013,
1. die Teilung des Miteigentumsanteils B LNR 23 in 6/3248 Anteile und den Anteilsrest sowie
2. ob den 6/3248 Anteilen die Einverleibung des Wohnungseigentums an „TG Einstellplatz TG 23“.
Die die Eintragungsgrundlage bildende Entscheidung der Parifizierungsstelle setzte gestützt auf § 9 Abs 2 Z 5 WEG 2002 bei unverändertem Gesamtnutzwert der Liegenschaft den Nutzwert für die Wohnung TOP 23 mit 57 (anstatt zuvor 63) und den Nutzwert des mit „TG Einstellplatz Top TG 23“ bezeichneten Objekts mit 6 fest.
Das Erstgericht bewilligte das Gesuch antragsgemäß. Eine Zustellung dieser Entscheidung erfolgte nur an den Antragsteller, nicht aber an die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft.
Gegen diese Entscheidung erhob die einschreitende Mit- und Wohnungseigentümerin Rekurs mit dem primären Antrag auf Abänderung im Sinn der Gesuchsabweisung und der wesentlichen Begründung, dass die Entscheidung der Parifizierungsstelle nicht rechtskräftig sei, weil die Einschreiterin in diesem wohnrechtlichen Verfahren das Gericht angerufen habe. Überdies komme es durch die Abspaltung zur Schaffung eines Wohnungseigentumsobjekts aus einem allgemeinen Teil, weil der Stellplatz zuvor nicht im B Blatt einverleibt gewesen sei.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mit- und Wohnungseigentümerin Folge und wies die Begehren des Antragstellers ab. Es war rechtlich der Ansicht, dass die als Eintragungsgrundlage dienende Entscheidung zwar nicht mit einem Rechtsmittel angefochten, aber wie hier geschehen -das Gericht angerufen werden könne. Damit sei die Entscheidung der Parifizierungsstelle außer Kraft getreten und könne nicht Grundlage für die begehrte Eintragung sein.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands nicht 30.000 EUR übersteige und über Zulassungsvorstellung , dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Antragsteller behaupte, mit der Entscheidung des Rekursgerichts sei das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit und der Grundsatz des beiderseitigen Gehörs verletzt worden, weil ihm der Rekurs der Einschreiterin nie zugestellt worden sei. Damit werfe der Antragsteller dem Rekursgericht eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens vor, worüber letztlich der Oberste Gerichtshof zu entscheiden habe. Das Rekursgericht habe sich der Rechtsansicht der Einschreiterin angeschlossen, wonach der Antragsteller beabsichtige, an einem bislang nicht parifizierten PKW Abstellplatz nachträglich separates Wohnungseigentum zu begründen, womit allenfalls in die Rechte der anderen Miteigentümer an einer Allgemeinfläche eingegriffen werde. Der Bewilligungsbeschluss hätte daher allen Miteigentümern zugestellt werden müssen. Zu diesen angesprochen Punkten fehle soweit ersichtlich -höchstgerichtliche Rechtsprechung, weshalb der Revisionsrekurs für zulässig zu erklären gewesen sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers wegen Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass der Bewilligungsbeschluss des Erstgerichts wiederhergestellt werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
1.1. Zunächst ist die vom Rekursgericht im Rahmen der Abänderung seines Zulässigkeitsausspruchs aufgegriffene Frage der Rechtsmittellegitimation der (einschreitenden) Mit und Wohnungseigentümer(in) zu klären. Dazu wird in langjährig tradierter grundbuchsrechtlicher Rechtsprechung judiziert, dass demjenigen (bücherlich Berechtigten) Rekurslegitimation zukommt, der in seinen bücherlichen Rechten verletzt sein könnte (RIS Justiz RS0006710 [insb T 37]; zur Parteistellung des Miteigentümers im Parifizierungsverfahren vgl RIS Justiz RS0083019; RS0083224).
1.2. Nach § 56 Abs 1 Satz 3 WEG 2002 bedarf die Begründung von selbständigem Wohnungseigentum an einem im Zubehör-Wohnungseigentum stehenden Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug nicht der Zustimmung der anderen Miteigentümer; eine Nutzwertfestsetzung gemäß § 9 Abs 2, 3 oder 6 WEG 2002 ist entbehrlich, wenn sich der Nutzwert des Abstellplatzes zweifelsfrei aus der früheren Nutzwertermittlung ergibt. Nach § 9 Abs 2 Z 5 WEG 2002 sind auf Antrag die Nutzwerte insbesondere dann abweichend von einem Nutzwertgutachten festzusetzen, wenn sich die Nutzwerte durch Änderungen im Bestand räumlich unmittelbar aneinandergrenzender Wohnungseigentumsobjekte oder durch die Übertragung von Zubehörobjekten im Sinn des § 2 Abs 3 WEG 2002 ändern.
1.3. Im vorliegenden Fall bezieht sich die Entscheidung der Parifizierungsstelle nicht erkennbar auf § 56 Abs 1 Satz 3 WEG 2002, sondern auf hier nicht evidente Fälle des § 9 Abs 2 Z 5 WEG 2002 und nach dem für die Gesuchsbeurteilung maßgeblichen Grundbuchstand ist ein dem Miteigentumsanteil des Antragstellers zuzurechnender, im Zubehör-Wohnungseigentum stehender Abstellplatz bücherlich nicht ausgewiesen. Bei dieser Sachlage ist ein durch die Gesuchsbewilligung möglicher Eingriff in bücherliche Rechte der Miteigentümer durch Inanspruchnahme von rechtlich als Allgemeinflächen zu wertenden Liegenschaftsteilen jedenfalls nicht auszuschließen. Damit ist die Rechtsmittellegitimation der (einschreitenden) Mit und Wohnungseigentümer(in) zu bejahen.
2. Nach § 38 Satz 1 AußStrG,§ 119 GBG waren im vorliegenden Fall die Mit und Wohnungseigentümer von der Erledigung des Grundbuchgesuchs zu verständigen, was unterblieben ist. Nach § 123 Abs 1 GBG beträgt die Rekursfrist bei Zustellungen im Inland 30 Tage; die Rekursfrist beginnt mit der (wirksamen) Zustellung des Beschlusses. Der Einschreiterin als (nach dem Grundbuchstand) aktenkundiger, aber übergangener Partei stand die Möglichkeit offen, einen Antrag auf Zustellung der Entscheidung zu stellen und dann innerhalb der Rekursfrist Rekurs zu erheben oder sie konnte wie hier auch ohne vorherige Zustellung sofort ein Rechtsmittel erheben (5 Ob 39/13s). Das Rekursgericht hat die Rekurserhebung der Einschreiterin somit zutreffend als rechtzeitig erkannt.
3. Die vom Antragsteller behauptete Verletzung seines rechtlichen Gehörs liegt nicht vor, stand es ihm doch frei, mit Revisionsrekurs zu den vom Rekursgericht wiedergegebenen und für tragend erachteten Rekursargumenten der Einschreiterin, die erfolgreich ohnehin nur auf die im Grundbuchverfahren allein beachtlichen, mit dem Gesuch vorgelegten Urkunden und dem Grundbuchstand aufbauen konnten, Stellung zu nehmen (allgemein dazu RIS Justiz RS0005915; RS0006057; Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 15 Rz 26). Diese Möglichkeit hat der Antragsteller auch wahrgenommen.
4. Die weiteren Rechtsmittelargumente des Antragstellers, wonach die von der Einschreiterin im Parifizierungsverfahren vorgenommene Anrufung des Gerichts wegen formeller Mängel unbeachtlich, die hier erfolgte Rekurserhebung der Einschreiterin vor Abschluss des Parifizierungsverfahrens verfrüht gewesen und rechtsmissbräuchlich erfolgt sei, sind allesamt nicht zielführend. Entscheidend ist nämlich, dass der Antragsteller sein Eintragungsbegehren auf die Entscheidung der Parifizierungsstelle vom stützte, im Grundbuchgesuch aber deren Rechtsverbindlichkeit nicht nachgewiesen hat. Dies hätte nach § 39 Abs 4 MRG (iVm § 52 Abs 3 WEG 2002) den Nachweis erfordert, dass die Frist zur Anrufung des Gerichts bereits abgelaufen war. Infolge Fehlens dieses Nachweises hat das Rekursgericht das Gesuch des Antragstellers mit Recht abgewiesen. Dem dagegen erhobenen Revisionsrekurs muss demnach ein Erfolg versagt bleiben.
5. Die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels hat der Antragsteller selbst zu tragen (RIS Justiz RS0035961).
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2014:0050OB00087.14A.1118.000