OGH vom 13.09.2012, 6Ob99/12w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Univ. Doz. DDr. R***** B*****, vertreten durch Piaty Müller Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei Univ. Prof. DDr. H***** P***** K*****, vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wegen Unterlassung und Widerrufs (Streitwert im Provisorialverfahren 5.100 EUR), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom , GZ 5 R 2/12x 19, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 39 Cg 55/11d 15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Sowohl Revisionsrekurs als auch Revisionsrekursbeantwortung werden zurückgewiesen .
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
I. Zum Revisionsrekurs:
Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§§ 402, 78 EO,§ 526 Abs 2 ZPO) Ausspruch des Rekursgerichts ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig:
1. Das Rekursgericht hat seinen (über Antrag des Beklagten abgeänderten) Zulässigkeitsausspruch im Wesentlichen folgendermaßen begründet: „Obwohl der Beklagte somit nach Auffassung des Rekursgerichtes keine gravierende Fehlbeurteilung des Rekursgerichtes aufzuzeigen vermag, ist ihm aber zuzugestehen, dass im Hinblick auf die Qualifizierung (und die damit verbundene Beweislastverteilung) der inkriminierten Äußerung als rufschädigende und ehrenrührige Tatsachenbehauptung eine doch über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO gegeben sein mag.“ Dies ist eine reine Scheinbegründung und vermag eine Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht zu begründen.
2. Aber auch dem Beklagten gelingt es nicht, in seinem Revisionsrekurs das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zu begründen:
2.1. Nach ständiger, auf der Entscheidung 7 Ob 607/90 basierender Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS Justiz RS0031798 mit rund 70 [!] Belegstellen) hat der Betroffene, wenn eine Rufschädigung gleichzeitig eine Ehrenbeleidigung iSd § 1330 Abs 1 ABGB ist, bezüglich der Ansprüche nach Abs 2 nur die Tatsachenverbreitung zu beweisen; die Richtigkeit der Tatsache (Wahrheitsbeweis) beziehungsweise das Fehlen der (objektiven oder subjektiven) Vorwerfbarkeit der unrichtigen Verbreitung hat hingegen der Täter zu beweisen. Nur wenn die Rufschädigung nicht gleichzeitig auch eine Ehrenbeleidigung umfasst, trifft den Kläger nach allgemeinen Regeln die Beweislast, das heißt er hat die Tatsachenverbreitung und deren Ursächlichkeit für die Gefährdung oder Verletzung zu beweisen und darüber hinaus auch die Tatsachenunrichtigkeit. Die vom Beklagten zitierte Rechtsprechung (4 Ob 320/77; 8 Ob 550/77; 1 Ob 4/87; 6 Ob 634/85), wonach ehrenrührige Tatsachenbehauptungen allein nach § 1330 Abs 2 ABGB zu beurteilen seien, Abs 1 hingegen nur für jene Ehrenbeleidigungen im engeren Sinn gelte, die nicht unter Abs 2 fallen, ist somit seit über 20 Jahren überholt.
Die Auffassung der Vorinstanzen, dass der vom Beklagten gegenüber dem Kläger erhobene Vorwurf auch eine Ehrenbeleidigung darstellt, ist nicht zu beanstanden. Dass „keine Beschimpfungen oder Schimpfworte gefallen sind, so wie die landläufig üblichen, die auch nach §§ 111 ff StGB inkriminiert sind“, stellt diesbezüglich entgegen der vom Beklagten vertretenen Meinung kein Kriterium dar.
2.2. Mit dem Vorwurf einander widersprechender Feststellungen des Erstgerichts hat sich bereits das Rekursgericht ausführlich auseinander gesetzt und diesen verneint. Der Beklagte zeigt dazu in seinem Revisionsrekurs keine neuen Aspekte auf; im Übrigen ist die Auslegung von Feststellungen im Einzelfall regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSv § 502 Abs 1, § 528 Abs 1 ZPO (RIS Justiz RS0118891).
II. Zur Revisionsrekursbeantwortung:
Die Entscheidung des Rekursgerichts vom über die Abänderung seines Zulassungsausspruchs wurde der rechtsfreundlichen Vertretung des Klägers am zugestellt. Die vierzehntägige Frist zur Beantwortung des Revisionsrekurses (§ 402 Abs 3 EO) endete damit am . Die erst am mittels ERV eingebrachte Revisionsrekursbeantwortung ist verspätet.
Dass das Rekursgericht in seinem Abänderungsbeschluss vom dem Kläger das Einbringen einer Revisionsrekursbeantwortung „binnen vier Wochen“ freistellte, ändert daran nichts; eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung vermag die gesetzliche Rechtsmittelfrist nicht zu verlängern (RIS Justiz RS0036701).
Fundstelle(n):
NAAAD-70981