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OGH 19.05.2010, 6Ob99/10t

OGH 19.05.2010, 6Ob99/10t

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am verstorbenen W***** J*****, über den Revisionsrekurs des Verlassenschaftsgläubigers Dr. L***** H*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom , GZ 2 R 247/08k-61, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Liezen vom , GZ 3 A 361/06d-56, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Rekursgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

In der Verlassenschaftssache nach dem am verstorbenen W***** J***** überließ das Erstgericht mit Beschluss vom seinem Bruder und seiner Witwe die nach Abzug von Forderungen zweier Hypothekargläubiger vom Verkaufserlös der erblasserischen Liegenschaft verbleibenden Aktiven (8.552,66 EUR) der überschuldeten Verlassenschaft gegen Bezahlung der Gebühr des Gerichtskommissärs, der Gebühren von Sachverständigen, der Belohnung des Verlassenschaftskurators und in Anrechnung ihrer eigenen Forderungen aus den Begräbniskosten an Zahlungs statt.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs des Verlassenschaftsgläubigers Dr. L***** H***** nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, unterließ jedoch einen Bewertungsausspruch.

Gegen diese Entscheidung erhob der Verlassenschaftsgläubiger Revisionsrekurs. Er beantragte darin auch, dass die angefochtene Entscheidung um den Ausspruch ergänzt wird, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 20.000 EUR. Zugleich erhob er eine Zulassungsbeschwerde.

Das Erstgericht legte dieses Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof unmittelbar als außerordentlichen Revisionsrekurs vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof ist derzeit nicht zur Entscheidung über dieses Rechtsmittel berufen.

Der Revisionsrekurs ist - außer im Fall der Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs nach § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert - nach der im Anlassfall im Hinblick auf das Datum der Rekursentscheidung gemäß Art 16 Abs 4 BudgetbegleitG 2009, BGBl I 2009/52, anzuwendenden Fassung des § 62 Abs 3 AußStrG - insgesamt 20.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht iSd § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. § 62 Abs 3 AußStrG gilt nach § 62 Abs 4 AußStrG nicht, soweit der Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist. Beschlüsse, die im Verlassenschaftsverfahren über die Verteilung der Nachlassaktiva bei Überschuldung des Nachlasses gefasst werden, sind rein vermögensrechtlicher Natur (10 Ob 58/08i mwN).

Besteht der Entscheidungsgegenstand - wie hier - nicht ausschließlich in einem Geldbetrag, dann hat das Rekursgericht gemäß § 59 Abs 2 AußStrG in der anzuwendenden Fassung (vgl 3 Ob 250/09z) auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 20.000 EUR übersteigt oder nicht. Diesen im Anlassfall unterlassenen Ausspruch wird das Rekursgericht daher zunächst nachzuholen haben. Sollte es - bei Orientierung an der Höhe der Aktiva und Passiva - zum Ergebnis kommen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 20.000 EUR nicht übersteigt, so wird es allenfalls auch über die nach § 63 Abs 1 AußStrG erhobene Zulassungsvorstellung zu entscheiden haben (§ 63 Abs 3 und 4 AußStrG).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am verstorbenen W***** J*****, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, über den Revisionsrekurs des Verlassenschaftsgläubigers Dr. L***** H*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom , GZ 2 R 247/08k-61, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Liezen vom , GZ 3 A 361/06d-56, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Dass im Verfahren zur Überlassung einer überschuldeten Verlassenschaft nach den §§ 154 f AußStrG das Gesetz die von einer Konkurseröffnung grundsätzlich unberührten Absonderungsrechte (§ 48 KO) nicht erwähnt, begründet keine iSd § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage.

Nach ständiger Rechtsprechung waren im Verfahren nach § 73 AußStrG 1854 die im Konkurs (jeweils) geltenden Vorschriften über die Absonderungs- und Aussonderungsansprüche, über die Masseforderungen und über die Konkursforderungen sinngemäß anzuwenden (RIS-Justiz RS0007622). Begründet wurde dies damit, dass durch die Überlassung an Zahlungs statt bei Überschuldung unbedeutender Nachlässe im Verlassenschaftsverfahren ein der Abwicklung eines Konkurses entsprechendes Ergebnis unter Vermeidung der Kosten eines formellen Konkursverfahrens erzielt werden soll (5 Ob 510/86 SZ 59/140).

Der erkennende Senat hat in der Entscheidung 6 Ob 108/06k SZ 2006/80 bereits zum Ausdruck gebracht, dass auch im Verfahren nach §§ 154 f AußStrG Absonderungsgläubiger vor der Überlassung an Zahlungs statt zu befriedigen sind.

Aus § 154 Abs 1 letzter Halbsatz AußStrG ergibt sich, dass die Überlassung an Zahlungs statt eine Alternative zum Verlassenschaftskonkurs ist. Daraus folgt zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen, dass Rechte, die ein Verlassenschaftskonkurs nicht beeinträchtigen würde, durch eine Überlassung an Zahlungs statt ebenso wenig beeinträchtigt werden dürfen (H. Schuhmacher, Die Überlassung überschuldeter Verlassenschaften an Zahlungs statt, in FS Rechberger 552, 558 f).

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2010:0060OB00099.10T.0519.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAD-70969