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OGH vom 20.01.2000, 6Ob98/99a

OGH vom 20.01.2000, 6Ob98/99a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichtes Linz zu FN 76532y eingetragenen Energie Oberösterreich AG mit dem Sitz in Linz über den ordentlichen Revisionsrekurs der Gesellschaft, vertreten durch die Vorstandsmitglieder Dkfm. Dr. Leopold W*****, Dipl.-Ing. Dr. Michael S***** und Dipl.-Ing. Dr. Roland P*****, diese vertreten durch Saxinger, Baumann & Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom , GZ 6 R 39/99v-6, womit der Beschluss des Landes- als Handelsgericht Linz vom , GZ 13 Fr 102/99w (FN 76532y)-4, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass dem Eintragungsgesuch vom stattgegeben und dem Erstgericht die Eintragung der Änderung des Firmenwortlautes und der Satzung aufgetragen wird.

Text

Begründung:

Die Energie Oberösterreich AG - vormals "Oberösterreichische Kraftwerke Aktiengesellschaft" - beantragte die Eintragung der in der Hauptversammlung am beschlossenen Änderung des Firmenwortlautes auf "Energie AG Oberösterreich".

Das Erstgericht wies den Antrag ab, weil der Rechtsformzusatz nicht am Schluss der Firma stehe und der nunmehr gewählte Firmenwortlaut entgegen der eingeholten Stellungnahme der Wirtschaftskammer Oberösterreich insoweit zur Täuschung geeignet sei, weil er den Eindruck erwecke, dass die Energie AG Oberösterreich eine Zweigniederlassung einer in ganz Österreich tätigen Energie AG sei.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es teilte die Ansicht des Erstgerichtes über die Täuschungsfähigkeit des einzutragenden Firmenwortlautes. Die Allgemeinheit registriere auf Grund von Medienberichten Unternehmenszusammenschlüsse in zunehmendem Ausmaß. Wenn nun ein Energieversorgungsunternehmen, welches im Bundesland Oberösterreich unter der Bezeichnung "Oberösterreichische Kraftwerke Aktiengesellschaft" allgemeine Bekanntheit genieße, seine Firma in "Energie AG Oberösterreich" ändere, sei dies geeignet, den Anschein eines rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhanges mit einem übergeordneten Energieversorgungsunternehmen insoweit zu erwecken, als das Unternehmen als Niederlassung einer zumindest österreichweit tätigen Energiegesellschaft angesehen werde. Diese Eignung entstehe dadurch, dass das Wort "Oberösterreich" als letztes Wort in der dreigliedrigen Firma aufscheine. Das Erstgericht habe daher die begehrte Eintragung zutreffend wegen der Täuschungsfähigkeit des gewählten Firmenlautes abgewiesen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Frage, ob durch die Situierung eines geographischen Zusatzes im Firmenwortlaut Täuschungseignung hergestellt werde, über den Einzelfall hinausgehe.

Rechtliche Beurteilung

Der ordentliche Revisionsrekurs der Gesellschaft ist zulässig und berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung sind geographische Firmenzusätze grundsätzlich zulässig, außer sie sind geeignet, den Geschäftsverkehr über die Bedeutung und den Umfang der Gesellschaft oder den Standort des Unternehmens zu täuschen (Reich-Rohrwig, GesmbH-Recht2 I, Rz 1/110 mit zahlreichen Judikaturbeispielen). Zusätze wie "Österreich" oder "Austria" setzen voraus, dass das Unternehmen von größerem Umfang und von größerer Wichtigkeit für Österreich ist oder Erzeugnisse typisch österreichischen Gepräges oder wesentlich höherer Qualität herstellt (ÖBl 1993, 407 mwN). Dies gilt insoweit auch für auf Bundesländer oder Städte hinweisende Zusätze, als zumindest überdurchschnittliche Bedeutung des Unternehmens für das Gebiet, auf das im Firmenwortlaut hingewiesen wird, verlangt wird (HS 18.123 mwN; Schuhmacher in Straube, HGB2 I, Rz 14 zu § 18 HGB mwN).

Nach dem Gegenstand des Unternehmens - unter anderem die Allgemeinversorgung mit Energie jedweder Art und die Besorgung der Verbundwirtschaft im Landesgebiet - und des notorischen Umfanges des Unternehmens kann kein Zweifel bestehen, dass die Gesellschaft die aufgezeigten Anforderungen für die Aufnahme des geographischen Zusatzes "Oberösterreich" im Firmenwortlaut erfüllt. Dass in der Wahl dieses Zusatzes allenfalls ein besonderer Bezug des Unternehmens zu der betreffenden Gebietskörperschaft erblickt werden könnte (vgl Schuhmacher aaO), kann hier nicht schaden, weil dieser Bezug tatsächlich gegeben ist, ist doch das Land Oberösterreich Alleinaktionär der Gesellschaft. Abgesehen davon ist dessen Mehrheitsbeteiligung zwingend in Art 55 Abs 5a Oö Landes-Verfassungsgesetz vorgesehen.

Die Aufnahme eines geographischen Zusatzes im Firmenwortlaut bewirkt auch noch nicht den Anschein einer Zweigniederlassung. Da die Firma der Zweigniederlassung mit der Firma der Hauptniederlassung ident sein kann und nur dann zwingend ein unterscheidungkräftiger Zusatz aufzunehmen ist, wenn am Ort oder in der Gemeinde, wo das Unternehmen errichtet wird, bereits eine gleiche eingetragene Firma existiert (§ 30 Abs 3 HGB), geht aus dem Firmenwortlaut im Allgemeinen ohnehin nicht hervor, ob es sich beim betreffenden Unternehmen um die Hauptniederlassung oder um die Zweigniederlassung handelt. Eine "Täuschung" kann daher nur dann herbeigeführt werden, wenn für eine Hauptniederlassung ein Zusatz verwendet wird, der diese als Zweigniederlassung darstellt oder umgekehrt. Dies ist aber bei der Aufnahme einer geographischen Bezeichnung im Firmenwortlaut nicht der Fall, wobei es keinen Unterschied machen kann, an welcher Stelle dieser Zusatz positioniert ist. Für sich alleine bedeutet das Wort "Oberösterreich" keinen auf eine Filiale hinweisenden Zusatz, ob es nun am Beginn, in der Mitte oder am Ende des Firmenwortlautes positioniert ist.

Zu prüfen bleibt daher, ob die Gesellschaftsform, wie das Erstgericht meint, zwingend am Schluss des Firmenwortlautes zu stehen hat.

§ 4 AktG lautet: "Die Firma der Aktiengesellschaft ist dem Gegenstand des Unternehmens zu entnehmen..... Die Firma hat die Bezeichnung "Aktiengesellschaft" zu enthalten; die Bezeichnung kann abgekürzt werden (Abs 1). Führt die Aktiengesellschaft die Firma eines von ihr erworbenen Handelsgeschäftes gemäß den allgemeinen handelsrechtlichen Vorschriften fort, so muss sie die Bezeichnung "Aktiengeselschaft" in die Firma aufnehmen."

§ 5 Abs 2 GesmbHG lautet: "Die Firma der Gesellschaft muss in allen Fällen die zusätzliche Bezeichnung: "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" enthalten; die Bezeichnung kann entsprechend abgekürzt werden."

In Deutschland besteht bei insoweit gleicher Gesetzeslage Einhelligkeit darüber, dass es sowohl bei der AG als auch bei der GmbH unerheblich ist, wo der Zusatz steht. Das Gesetz schreibe nicht vor, dass der Zusatz der Rechtsform am Ende stehen müsse. Deshalb dürfe auch an einer anderen Stelle in die Firma eingefügt werden, vorausgesetzt, dass diese dadurch nicht unklar oder täuschend werde (Emmerich in Scholz, Kommentar zum GmbHG8 I Rz 52 zu § 4 dGmbHG mwN; Hachenburg, GmbHG8 I Rz 57 zu § 4 dGmbHG mwN; Wiesner in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, Aktiengesellschaft2 Rz 5 zu § 4 dAktG).

In Österreich vertritt Jabornegg in Schiemer/Jabornegg/Strasser, Kommentar zum AktG3 Rz 19 zu § 4 AktG, die Auffassung, dass es belanglos sei, ob der Firmenwortlaut mit dem Rechtsformzusatz beginne oder ende. Ansonsten finden sich im österreichischen Schrifttum diesbezüglich Stellungnahmen nur zu § 5 GmbHG. Koppensteiner, GmbHG2 Rz 11 zu § 5 GmbHG meint unter Hinweis auf die deutsche Lehre (Hachenburg aaO), dass sich der Zusatz nicht am Ende der Firma befinden müsse, sodass etwa auch der Firmenwortlaut "Müller GmbH Apparatebau" zulässig sei. Dass die Bezeichnung der Gesellschaftsform bei der GmbH am Schluss des Firmenwortlautes stehen müsse, vertreten hingegen Hämmerle/Wünsch, Handelsrecht3, 395 (in der 4. Auflage findet sich hiezu keine Stellungnahme mehr) unter Hinweis auf Kastner 224, Kostner, 14 und NZ 1951, 112; Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts5, 350 unter Hinweis auf NZ 1951, 112, Kostner 19, Hämmerle/Wünsch 395; Kostner, Die GmbH3, 19 unter Hinweis auf ZBl 1921, 223 und NZ 1951, 112; Umfahrer, Die GmbH5, Rz 50 unter Hinweis auf AC 3002.

Diese Lehrmeinungen berufen sich somit letztlich auf drei Entscheidungen, nämlich die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom AC 3002, die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , ZBl 1921/38 und die Entscheidung des OLG Wien vom , NZ 1951, 112. In diesen Entscheidungen kommt zum Ausdruck (in AC Nr 3002 als obiter), dass der Rechtsformzusatz GmbH den Schluss des Firmenwortlautes bilden müsse, weil nur dann der Vorschrift des Gesetzes, dass die zusätzliche Bezeichnung "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" fordere, entsprochen sei. Hiezu wird jeweils auf die Motive zu § 5 der Regierungsvorlage verwiesen. In 236 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Herrenhauses, XVII. Session 1904, Seite 57, wird hiezu ausgeführt: "....In dem Begriffe des Zusatzes ist es von selbst gelegen, dass die Formel den stehenden Schluss jeder solcher Firma zu bilden hat. Auch macht dieser Zusatz einen weiteren, das Gesellschaftsverhältnis andeutenden Zusatz überflüssig...."

Ein Hinweis auf den Sinn und Zweck, warum sich der Rechtsformzusatz bei der GmbH am Ende des Wortlautes der Firma befinden müsse, lässt sich diesen Ausführungen letztlich nicht entnehmen. Der Zweck der Regelung, dass die Firma einer GmbH und AG die Rechtsform zu enthalten hat, liegt darin, dass der Geschäftsverkehr eindeutig über die Haftungsverhältnisse der Gesellschaft informiert wird (Emmerich in Scholz Rz 51 aaO). Dieser Zweck wäre etwa dann nicht erreicht, würde der Rechtsformzusatz den sachlichen und den persönlichen Bestandteil einer Firma trennen, weil hieraus auf die Firma einer OHG oder einer KG mit einer GmbH als persönlich haftenden Gesellschafter geschlossen werden könnte. Ein solcher Fall lag der Entscheidung ZBl 1921/38 zugrunde, in der die Eintragung der Firma "Landwirtschaftliche Industrie-Gesellschaft mbH M & N" abgelehnt wurde (vgl auch das Beispiel in Hachenburg, aaO: "Frankfurter Automaten-Gesellschaft mbH Apelt u. Co").

Trennt aber der Rechtsformzusatz bloß den sachlichen Bezug vom geographischen Zusatz, kann kein Zweifel an der Rechtsform der Gesellschaft aufkommen. Nur aus dem Umstand, dass die geographische Bezeichnung am Schluss steht, lässt sich auch kein Hinweis auf eine wirtschaftliche oder rechtliche Verflechtung mit anderen Unternehmen etwa in dem Sinn ableiten, dass es sich um ein Tochterunternehmen einer tatsächlich existierenden anderen Gesellschaft oder eine Zweigniederlassung handle.

Dass bei der GmbH der Rechtsformzusatz am Schluss der Firmenbezeichnung stehen müsse, lässt sich daher, falls nicht aus anderen Gründen den allgemeinen Grundsätzen des § 18 Abs 2 HGB widersprochen wird, nur mit dem Wort "zusätzlich" im Text des § 5 GmbHG begründen. Ob dieser Gesetzestext tatsächlich zu einer solchen Auslegung zwingt, kann hier aber dahingestellt bleiben, weil das in den zitierten Fundstellen als entscheidend angesehene Wort "zusätzlich" in § 4 AktG gerade nicht enthalten ist.

Dass die zwingend aufzunehmende Rechtsform allgemein als "Zusatz" bezeichnet wird, sagt nichts darüber aus, an welcher Stelle sich dieser befinden muss, können doch (sonstige) Zusätze nach allgemeiner Ansicht auch dem Firmenkern vorangestellt werden (vgl nur die ursprüngliche Bezeichnung der Antragstellerin).

Folgend der deutschen Auffassung ist es daher zumindest bei der Aktiengesellschaft ohne Belang, an welcher Stelle der Rechtsformzusatz in den Firmenwortlaut aufgenommen wird, solange die Firma dadurch nicht unklar oder täuschend wird. Dies ist hier bei der Anfügung bloß eines geographischen Zusatzes am Ende des Firmenwortlautes nicht der Fall. Dem Eintragungsbegehren ist daher in Abänderung der Vorinstanzen stattzugeben.