OGH vom 24.01.2017, 4Ob1/17a

OGH vom 24.01.2017, 4Ob1/17a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. T***** H*****, und 2. M***** H*****, beide vertreten durch die GKP Gabl Kogler Leitner Stöglehner Bodingbauer Rechtsanwälte OG in Linz, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Thomas Deuschl und Mag. Martina Blaha, Rechtsanwälte in Linz, wegen 60.420,53 EUR sA und Feststellung (Streitwert 2.000 EUR), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 113/16g-34, womit das Urteil des Landesgerichts Wels vom , GZ 36 Cg 64/15m-28, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 2.494,75 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 415,79 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Kläger erwarben über Vermittlung der Beklagten – ohne deren entsprechende Aufklärung – ein im Hochwassergebiet gelegenes Grundstück. Dies hatte Einschränkungen bei der Bebaubarkeit zur Folge, die Mehrkosten gegenüber dem ursprünglich von den Klägern vorgesehenen Hausbau bewirkten.

Die Kläger begehrten den Ersatz dieser Baumehrkosten (sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für weitere zukünftige Schäden), weil die Beklagte die Kläger über die Lage des Grundstücks im Hochwassergebiet und die dadurch bewirkten Einschränkungen der Bebaubarkeit nicht aufgeklärt hätte. Bei Kenntnis der nachteiligen Eigenschaften der Kaufsache hätten die Kläger dieses Grundstück nicht gekauft.

Die Beklagte wendete ein, die Kläger hätten grundsätzlich über die Hochwassergefährdung Bescheid gewusst, überdies treffe sie ein erhebliches Mitverschulden infolge Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten. Der von der Beklagten allenfalls zu ersetzende Schaden liege lediglich in der Differenz des tatsächlichen Verkehrswerts des Grundstücks zum Kaufpreis, nicht hingegen in den Baumehrkosten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren großteils statt; die Beklagte hafte für ihren Beratungsfehler und daher für die aufgelaufenen Baumehrkosten (Zusatzkosten abzüglich Sowieso-Kosten).

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil fraglich erscheine, ob nach der Erweiterung des Begriffs des Vertrauensschadens im Rahmen der Rechtsprechung zu Anlegerschäden die geltend gemachten Mehrkosten noch als (hier nicht zu ersetzendes) Erfüllungsinteresse anzusehen seien. Die Verletzung von Informationspflichten bei Abschluss eines Vertrags, unrichtige oder unvollständige Angaben über eine Eigenschaft der vermittelten Kaufsache gewährten nach allgemein schadenersatzrechtlichen Grundsätzen nicht den Ersatz des Nichterfüllungsschadens, sondern lediglich den Ersatz jenes Schadens, den der Geschädigte im Vertrauen auf die korrekte Erfüllung des Maklervertrags erlitten habe. Es sei daher nur der Vertrauensschaden zu ersetzen, der in diesem Fall nicht aus den Baumehrkosten, sondern allenfalls aus der Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert des gekauften Grundstücks und dem vereinbarten und bezahlten Kaufpreis bestehe. Das Erfüllungsinteresse aus dem Kaufvertrag stehe gegenüber dem beklagten Maklerunternehmen nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Kläger, mit der sie ihr Klagebegehren weiter verfolgen, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Die Verletzung von Informationspflichten bei Abschluss eines Vertrags, also unrichtige oder unvollständige Angaben über eine Eigenschaft der vermittelten Kaufsache, gewähren nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen nicht den Ersatz des Nichterfüllungsschadens, sondern billigen dem Geschädigten den Ersatz jenes Schadens zu, den er im Vertrauen auf die korrekte Erfüllung des Maklervertrags erlitten hat. Zu ersetzen ist nach der Rechtsprechung der Vertrauensschaden, nicht aber das positive Erfüllungsinteresse (zuletzt etwa 6 Ob 135/16w; RISJustiz RS0016377 [T4]). Dies steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung zum Schadenersatz nach unzureichender Anlageberatung, nach der der Anleger stets so zu stellen ist, wie er bei ordnungsgemäßer Beratung und Aufklärung stünde (RISJustiz RS0108267).

Diesen Grundsätzen der Rechtsprechung ist das Berufungsgericht gefolgt. Der von den Klägern behauptete Widerspruch zur Rechtsprechung besteht nicht. Sie verwechseln vielmehr das allenfalls aus dem Kaufvertrag abzuleitende Erfüllungsinteresse mit jenen Schadenersatzansprüchen, die gegenüber dem Makler geltend gemacht werden können, mit dem die Kläger aber nicht den Kaufvertrag, sondern den Maklervertrag abgeschlossen haben. Es steht fest, dass die Kläger im Falle vollständiger Aufklärung (= ordnungsgemäße Erfüllung des Maklervertrags) die Liegenschaft nicht gekauft hätten. Die Kläger sind so zu stellen, wie sie stünden, wenn sie von der Beklagten ordnungsgemäß aufgeklärt worden wären (vgl RIS-Justiz RS0108267, RS0030153). Die ungenügende Aufklärung durch die Beklagte hat aber nicht Mehrkosten beim Bau (Klagebegehren) verursacht, sondern allenfalls die Kläger zur Leistung eines überhöhten Kaufpreises veranlasst, was sie insoweit am Vermögen geschädigt haben könnte.

Wenn sich die Kläger zur Begründung ihres Schadenersatzanspruchs auch auf § 874 ABGB (arglistige Irreführung) stützen, steht auch dies der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts nicht entgegen. Auch in diesem Fall ist lediglich der Vertrauensschaden zu ersetzen und nicht das Erfüllungsinteresse (Bollenberger in KBB4§ 875 Rz 4 mwN).

Die berufungsgerichtliche Ablehnung einer weiteren Erörterung des Klagebegehrens entspricht ebenfalls der Rechtsprechung. Es bedarf keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen, gegen das der Prozessgegner bereits Einwendungen erhoben hat. Angesichts solcher Einwendungen hat die andere Partei ihren Prozessstandpunkt selbst zu überprüfen und die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen (RIS-Justiz RS0122365). Davon abgesehen unterlassen die Revisionswerber jegliches Vorbringen dazu, was sie im Falle der von ihnen vermissten gerichtlichen Erörterung und Aufklärung vorgebracht hätten (vgl RIS-Justiz RS0120056 [T7, T 8 und T 12]).

Da die Kläger keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermögen, ist ihre Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 ZPO; die Beklagte wies auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hin. Der Kostenersatzanspruch im Revisionsverfahren umfasst aber nur den einfachen Einheitssatz (§ 23 Abs 3 und 5 RATG).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00001.17A.0124.000

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