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OGH vom 23.03.1999, 5Ob60/99f

OGH vom 23.03.1999, 5Ob60/99f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Monika M*****, vertreten durch Dr. Arne Markl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, gegen die Antragsgegner 1.) Petra G*****, und 2.) Mag. Edgar G*****, beide vertreten durch Dr. Albert Heiß, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom , 1 R 463/98i, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom , 17 Msch 59/98h-5, bestätigt wurde, folgenden

Sachbeschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

In der gegenständlichen Mietrechtssache ist in dritter Instanz nur mehr die Frage zu klären, ob der Mieter die Verlegung eines mitgemieteten Dachbodenabteils dulden muß, um dem Vermieter den (bereits baubehördlich bewilligten) Ausbau des Dachbodens (bzw den Verkauf des Dachbodens zwecks Ausbau durch den Käufer) zu ermöglichen. Die Darstellung des Sachverhalts kann sich daher auf die entscheidungswesentlichen Einzelheiten beschränken:

Die Antragstellerin ist zu 721/903 Anteilen Mit- und Wohnungseigentümerin der Liegenschaft EZ ***** mit dem Haus S*****straße 11 in Innsbruck. Mit ihren Anteilen ist ua das ausschließliche Nutzungsrecht an jener Wohneinheit im dritten Obergeschoß des Hauses verbunden, die den Antragsgegnern vermietet ist. Zum Mietobjekt, das sich unterhalb des auszubauenden Dachbodens befindet, gehört ein abgetrenntes, versperrbares Dachbodenabteil mit einer Bodenfläche von ca 6 m**2.

Die Antragstellerin beabsichtigt, den gesamten bislang unausgebauten Dachbodenbereich zum Ausbau für Wohnzwecke zu veräußern. Da das Dachbodenabteil der Antragsgegner in die neue Dachgeschoßwohnung einbezogen werden soll, bietet sie den Antragsgegnern einen 4,35 m**2 großen, absperrbaren Ersatzraum an.

Der Ersatzraum ist für die Antragsgegner besser erreichbar als der mitgemietete Abstellraum. Letzterer befindet sich nämlich auf der zweiten Ebene des Dachbodens und ist nur erreichbar, indem man gebückt unter einem Balken durchgeht, während der Ersatzraum in der Nähe des Eingangs zum Dachboden liegt.

Das Erstgericht entschied, daß die Antragsgegner die Verlegung ihres Dachbodenabteils zu dulden haben und sah die Rechtsgrundlage für diese Duldungspflicht in § 8 Abs 2 MRG. Eine vom Mieter demnach hinzunehmende Veränderung könne auch in der Verlegung und geringfügigen Verkleinerung des Dachbodenabteils bestehen (vgl MietSlg 39.252; MietSlg 45.237).

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden für die Beantwortung der eingangs aufgezeigten Rechtsfrage maßgeblichen Erwägungen:

Als Grundlage für den Eingriff der Antragstellerin in das Mietrecht der Antragsgegner biete sich nur die Bestimmung des § 8 Abs 2 Z 2 MRG an. Abs 1 leg cit behandle nämlich nur die Durchführung von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen der Liegenschaft bzw zur Behebung ernster Schäden des Hauses, worunter sich der Dachbodenausbau nicht subsumieren lasse; § 18c MRG wiederum erlaube nur die Einschränkung von Rechten, die allen Mietern des Hauses eingeräumt sind, nicht aber von Sonderrechten an räumlich abgegrenzten, mitvermieteten Räumlichkeiten wie zB Dachbodenabteilen. Soweit die Antragsgegner die Bestimmung des § 8 Abs 2 Z 2 MRG dahingehend auslegen, daß sich der Begriff des "anderen Mietgegenstandes" nur darauf beziehe, daß es sich dabei um ein Objekt handeln müsse, das ein anderer Mieter benütze, wovon jedoch im gegenständlichen Fall keine Rede sein könne sei ihnen zu entgegnen, daß es sich lediglich um eine abgeschlossene Einheit handeln müsse, gleichgültig ob an ihr Bestandrechte begründet sind oder ob sie in ausschließlicher Nutzung eines Mit- und Wohnungseigentümers steht. Jede andere Interpretation würde jegliche Änderung in einem Wohnungseigentumsobjekt, gleichgültig ob es vermietet ist oder vom Wohnungseigentümer selbst benützt wird, unmöglich machen, was vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein könne.

Diese Entscheidung enthält - seit einer entsprechenden Änderung gemäß § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG sowie §§ 528 Abs 2a und 508 Abs 3 ZPO - den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs machen die Antragsteller im wesentlichen geltend, daß iSd § 8 Abs 2 Z 2 MRG nicht von einem Eingriff in das Mietrecht zur Durchführung von Veränderungen in einem anderen Mietgegenstand gesprochen werden könne, wenn das betroffene Dachbodenabteil ein Teil desjenigen Wohnungseigentumsobjektes ist, das nunmehr verändert werden soll. Es liege zumindest teilweise Identität zwischen dem Mietobjekt der Antragsgegner und dem "anderen Mietobjekt" vor. Der OGH habe zwar schon ausgesprochen, daß unter dem "anderen Mietgegenstand" des § 8 Abs 2 Z 2 MRG auch zu Wohn- oder Geschäftszwecken nicht geeignete Teile des Hauses oder Wohnungseigentumsobjekte zu verstehen sind, doch habe es sich dabei immer um eigenständige, vom Objekt des Duldungspflichtigen Mieters völlig getrennte Teile der Liegenschaft gehandelt. Hier gehe es nicht um die Verbesserung eines bestehenden Objektes, sondern um die Neuschaffung eines heute noch nicht existierenden Teils der Liegenschaft. Außerdem habe man bisher nur solche Fälle dem § 8 Abs 2 Z 2 MRG unterstellt, in denen der Mieter eine mitbenützte Dachbodenfläche, nicht aber ein abgegrenztes Dachbodenabteil räumen bzw verlegen sollte. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die Entscheidungen der Vorinstanzen so abzuändern, daß das Duldungsbegehren der Antragstellerin abgewiesen wird; hilfsweise soll der angefochtene Beschluß der zweiten Instanz aufgehoben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung an das Rekursgericht zurückverwiesen werden.

Von der Antragstellerin liegt dazu eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, die Entscheidungen der Vorinstanzen zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Zutreffend haben beide Vorinstanzen den beabsichtigten Dachbodenausbau im MRG-Althaus sowie die damit zusammenhängenden Duldungsansprüche des Vermieters bzw Duldungspflichten des Mieters unter § 8 Abs 2 Z 2 MRG subsumiert (Call zu WoBl 1991, 234/140; idS auch Würth in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, Rz 7 zu § 18c MRG). Unter den Begriff "anderer Mietgegenstand" kann nämlich auch ein bisher für Wohn- und Geschäftszwecke nicht geeigneter Teil eines Hauses fallen (SZ 60/82 = WoBl 1989, 16/3 mit Anm von Würth und Call). Daß der zu ändernde Mietgegenstand in den ausgebauten Dachboden integriert werden soll, macht angesichts des Zwecks der Regelung keinen Unterschied. Es wurde auch schon wiederholt judiziert, daß der Mieter - unter den Zumutbarkeitsvoraussetzungen des § 8 Abs 2 Z 2 MRG - die Verlegung, ja sogar die geringfügige Verkleinerung einer von ihm mitbenützten Dachbodenfläche dulden muß, um einen Dachbodenausbau zu ermöglichen (SZ 60/82; WoBl 1991, 234/140 mit Anm von Call; MietSlg 45.237). Fraglich kann daher nur sein, ob die in § 8 Abs 2 MRG normierte Pflicht des Mieters, Veränderungen seines Mietgegenstandes zu dulden, auch so weit reicht, ein mitgemietetes, also ihm zur alleinigen Nutzung überlassenes Dachbodenabteil gegen Bereitstellung eines Ersatzraumes aufzugeben.

Zuzugeben ist, daß sich ein solcher Teilaustausch des Mietobjektes nur schwer im Begriff der Veränderung unterbringen läßt. Dazu kommt, daß der Gesetzgeber für die Geltendmachung eines dringenden Eigenbedarfs des Vermieters an mitvermieteten Keller- oder Dachbödenräume in § 31 Abs 5 MRG ohnehin die Möglichkeit der Teilkündigung vorgesehen hat, iVm § 30 Abs 2 Z 9 MRG auch unter den besonderen Bedingungen einer Ersatzbeschaffung. Als Instrument zur Ermöglichung des Dachbodenausbaus ist diese Regelung allerdings weitgehend unbrauchbar (vgl Call, Vorschlag zur Reform des § 31 Abs 5 MRG, WoBl 1991, 230; Würth, Dachbodenausbau und Teilkündigung de lege ferenda, WoBl 1991, 231; Call zu WoBl 1997, 147/42). Auf der anderen Seite hat sich der Gesetzgeber eindeutig zur Förderungswürdigkeit einer Nachverdichtung der bestehenden Gebäudesubstanz durch den Ausbau von Dachböden bekannt (WoBl 1998, 373/237) und hiefür in § 18c Abs 2 MRG besondere Duldungspflichten des Mieters in Ansehung von mitbenutzten Dachböden- und Kellerräumen normiert. Der daraus resultierende Wertungswiderspruch, einerseits Mitbenützungsrechte des Mieters an Dachbödenräumen dem Förderungsziel eines verstärkten Dachbodenausbaus unterzuordnen und sogar den (abzugeltenden) gänzlichen Verlust des Benutzungsrechtes vorzusehen, andererseits aber Alleinbenützungsrechte an mitgemieteten Dachbödenräumen praktisch unangreifbar zu lassen und so den Dachbodenausbau zu behindern, läßt sich nur so lösen, daß auch die Verlegung des mitgemieteten Dachbodenraums (genau genommen der Entzug des Raumes gegen Ersatzbeschaffung) unter den Begriff der vom Mieter nach Maßgabe des § 8 Abs 2 Z 2 MRG zu duldenden Veränderung des Mietgegenstandes subsumiert wird. In dieselbe Richtung ging bereits jene Judikatur, die den Mieter dazu verpflichtete, zur Ermöglichung eines Lifteinbaus eine geringfügige Verkleinerung seines Mietobjektes zu dulden (MietSlg 41/20). Daß dabei der gebotene Schutz des Mieters nicht zu kurz kommt, ist ohnehin durch die vorgeschriebene billige Abwägung aller Interessen sichergestellt (vgl Call zu WoBl 1991, 234/140).

Daraus folgt, daß der Mieter zur gänzlichen Aufgabe eines mitgemieteten, zum Ausbau des Dachbodens erforderlichen Abstellraums weiterhin nur unter den Voraussetzungen und im Wege einer Teilkündigung gezwungen werden kann (WoBl 1998, 373/237 = SZ 70/3); bei Bereitstellung eines Ersatzraumes bietet sich jedoch dem Vermieter die Möglichkeit eines Vorgehens nach § 8 Abs 2 Z 2 MRG iVm § 37 Abs 1 Z 5 MRG.

Daß die Antragstellerin zur Verwirklichung des geplanten Dachbodenausbaus auf den verfahrensgegenständlichen Abstellraum angewiesen und der den Antragsgegnern angebotene Ersatz bei billiger Abwägung aller Interessen auch zumutbar ist, bildet in dritter Instanz keinen Streitpunkt mehr. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.