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OGH vom 23.05.2019, 6Ob96/19i

OGH vom 23.05.2019, 6Ob96/19i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden, durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny sowie durch die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** A*****, vertreten durch Dr. Martin Neuwirth und Dr. Alexander Neurauter, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. G***** E*****, 2. G***** E*****, vertreten durch RA Dr. Franz P. Oberlercher & RA Mag. Gustav H. Ortner Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H. in Spittal an der Drau, wegen 31.905,24 EUR sA und Feststellung (Revisionsinteresse 13.642,37 EUR sA), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 3/19i-47, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Ob die Verschuldensteilung angemessen ist, ist eine bloße Ermessensentscheidung, bei der im Allgemeinen
– von einer krassen Verkennung der Rechtslage abgesehen – keine erhebliche Rechtsfrage zu lösen ist (RS0087606 [T2]).

Entgegen der offenbaren Ansicht des Berufungsgerichts ist der Umstand, dass die Klägerin mit ihren beiden Hunden auf dem (wie aus den Lichtbildern ersichtlich) hinreichend deutlich als solchen beschilderten Privatweg („Privatweg Durchgang verboten!“) ging, durchaus ein rechtswidriges (vgl § 354 ABGB) und ein Mitverschulden begründendes Verhalten der Klägerin. Dieses war auch kausal für den durch den Hund der Beklagten verursachten Sturz der Klägerin, weil das Erstgericht disloziert in der rechtlichen Beurteilung festgestellt hat, es wäre bei Unterlassen der Benützung des Privatwegs und rechtzeitigem Umdrehen ab dem Erreichen des Verbotsschilds nicht zu einem Aufeinandertreffen mit dem Hund der Beklagten gekommen.

Das Erstgericht hat festgestellt: Als Hundeführer mit Erfahrung sollte man bei Annäherung eines fremden Hundes darauf achten, dass man eine Distanz zwischen den Hunden herstellt. Dies hätte jedenfalls durch rasches Zurückgehen erreicht werden können.

Die Klägerin hat sich nicht dementsprechend verhalten.

Die Klägerin beruft sich für ihre Ansicht, dies sei ihr nicht vorwerfbar, auf die Entscheidungen 1 Ob 609/94 und 3 Ob 133/08t. In der erstzitierten Entscheidung (auf die sich die zweitzitierte Entscheidung stützt) hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen: Mag den Hundehalter auch der Haftungsmaßstab des § 1299 ABGB treffen, so erstreckt sich dieser erhöhte Sorgfaltsmaßstab doch nur auf die Erfüllung seiner Halterpflichten, nicht aber auch auf eine plötzlich notwendig gewordene Reaktion auf einen unerwarteten Angriff durch ein unbeaufsichtigtes anderes Tier (vgl RS0026502).

Damit ist die Verwahrungs- und Beaufsichtigungspflicht im Rahmen der Tierhalterhaftung nach § 1320 Satz 2 ABGB angesprochen. Dies schließt aber ein – nicht aus mangelhafter Verwahrung oder Beaufsichtigung des eigenen Tieres abgeleitetes – Mitverschulden eines Tierhalters nicht aus: Es ist nämlich auch von Hundehaltern zu verlangen, dass sie über die mit dem Halten von Hunden (der jeweiligen Rasse) typischerweise ausgehenden Gefahren Bescheid wissen (2 Ob 25/15p) und sich dementsprechend verhalten.

Insgesamt ist daher die (wenngleich mit unterschiedlicher Begründung) übereinstimmende Beurteilung der Vorinstanzen, die Klägerin treffe gegenüber der mangelhaften Verwahrung des Hundes der Beklagten durch diese das halbe Mitverschulden, nicht korrekturbedürftig.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00096.19I.0523.000

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