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OGH vom 15.05.2018, 5Ob60/18m

OGH vom 15.05.2018, 5Ob60/18m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Binder Broinger Miedl Ressi, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. E*****, 2. S*****, ebenda, beide vertreten durch Ortner Rechtsanwalts KG in Gmunden, wegen 5.489,10 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 8.742,99 EUR) gegen das Teilurteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom , GZ 22 R 289/17g-20, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Die Beklagten mieteten am das Einfamilienhaus der Klägerin. Die Klägerin begehrt fälligen Mietzins und Betriebskosten von den Beklagten und die Räumung des Hauses.

Das stellte die Klageforderung als mit 5.396,23 EUR zu Recht, mit 92,87 EUR hingegen nicht zu Recht bestehend fest. Die von den Beklagten eingewendete Gegenforderung bestehe nicht zu Recht. Es verpflichtete die Beklagten daher zur Zahlung von 5.396,23 EUR sA sowie zur Räumung und wies ein Mehrbegehren von 92,87 EUR ab.

Das gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und bestätigte das angefochtene Urteil als Teilurteil insoweit, als die Klageforderung mit 2.022,99 EUR zu Recht, mit 92,87 EUR nicht zu Recht bestehe, die eingewendete Gegenforderung hingegen bis zur Höhe der zu Recht bestehenden Klageforderung nicht zu Recht, sodass die Beklagten zur Zahlung von 2.022,99 EUR sA sowie zur Räumung zu verpflichten seien, während es bei der unangefochten gebliebenen Abweisung des Mehrbegehrens von 92,87 EUR zu verbleiben habe. Die Entscheidung über das restliche Zahlungsbegehren sowie im Kostenpunkt hob es auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück.

Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Die zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. Das Erstgericht wertete die Erklärung des Erstbeklagten, die Kaution mit seinem Urlaubsgeld wieder aufzufüllen, als gültige Vereinbarung zwischen den Streitteilen. Wenn auch eine gesetzliche Verpflichtung des Kautionsbestellers zur Auffüllung der durch berechtigte Aufrechnung mit offenen Forderungen des Vermieters verbrauchten Kaution nicht besteht, sprach der Oberste Gerichtshof doch bereits aus (8 Ob 126/10b = wobl 2011/164), dass im Fall der – somit zulässigen – Vereinbarung einer Auffüllungspflicht zwischen den Vertragsteilen diese der Erhaltung der vertragsgemäßen Sicherheit und ihrem Schutz gegen eine Verschlechterung durch willkürliches Verhalten des Pfandgebers (etwa durch Verletzung seiner laufenden Zinszahlungspflicht) diene. Da die Auffüllungsvereinbarung hier nach den Feststellungen jedenfalls noch vor Einbringung der Räumungsklage erfolgte, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit dem Argument, eine derartige Vereinbarung setze ein aufrechtes Mietverhältnis voraus. Dass der Erstbeklagte nicht berechtigt gewesen wäre, eine derartige Vereinbarung auch im Namen der Zweitbeklagten abzuschließen, behaupteten die Beklagten im Verfahren erster Instanz nicht. Die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, diese Vereinbarung binde auch die Zweitbeklagte, zogen die Beklagten in ihrer Berufung – in der sie nur mit einem Formvorbehalt argumentierten – mit keinem Wort in Zweifel. In der Revision kann die zu diesem – selbständig zu beurteilenden – Punkt im Berufungsverfahren nicht ausgeführte Rechtsrüge nicht mehr nachgeholt werden (RISJustiz RS0043573). Der Vollständigkeit halber sei allerdings darauf hingewiesen, dass der Anspruch auf Auffüllung der Kaution zur Begründung des Räumungsbegehrens nicht geeignet ist (Lovrek in Rummel/Lukas, ABGB4§ 1118 ABGB Rz 78).

2.1. Nach ständiger Rechtsprechung (RISJustiz RS0021034) und Lehre (Lovrek aaO; Iro/Rassi in KBB5§§ 1118 bis 1119 ABGB Rz 3) sind auch Betriebskosten Mietzinse iSd § 1118 zweiter Fall ABGB. Nach der nicht in Zweifel gezogenen rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegt der Bestandvertrag zwischen den Streitteilen nach § 1 Abs 2 Z 5 MRG nicht dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Die Beklagten verpflichteten sich im Mietvertrag zur Bezahlung sämtlicher Betriebskosten (Wasser, Kanal, Müllabfuhr, Strom und Heizung), wobei die Zahlungen insbesondere der öffentlichen Abgaben vereinbarungsgemäß direkt an die Stadtgemeinde zu leisten waren. Mit den Zahlungen für das erste und zweite Quartal 2016 gerieten die Beklagten in Rückstand, sodass sie die Klägerin samt Mahngebühren und Säumniszuschlägen zu entrichten hatte. Die von den Beklagten behauptete Ratenvereinbarung mit der Gemeinde wurde nicht festgestellt. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, in diesem Umfang liege ein qualifizierter Betriebskostenrückstand der Beklagten vor, ist nicht korrekturbedürftig.

2.2. Auch die Auffassung des Berufungsgerichts, diese Betriebskosten seien bereits am bzw fällig gewesen und somit vor der Anzeige der mangelnden Brauchbarkeit des Hauses wegen Schimmelbildung, sodass diesbezüglich ein Mietzinsminderungsanspruch ausscheide, ist jedenfalls vertretbar. Dass die Klägerin die von ihr letztlich aufgrund der Mahnung der Stadtgemeinde bezahlten Betriebskosten „im August 2016“ (richtig: mit Schreiben vom ./E) von den Beklagten forderte, ändert nichts daran, dass die genannten, nach den Vereinbarungen der Streitteile direkt an die Gemeinde abzuführenden Beträge bereits vor Juli 2016 fällig waren. Einer Fälligstellung mittels Mahnung bedurfte es angesichts dieser ausreichend bestimmten Fälligkeitsvereinbarung auch nicht (Bollenberger in KBB5 § 904 Rz 1 mwN). Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Betriebskosten- bzw Abgabenschuld nach der Rechtsprechung (RISJustiz RS0108926) jedenfalls dann als fällig anzusehen ist, wenn sie der Vermieter erfüllen muss, was hier nach den Feststellungen am 15. 2. bzw der Fall war. Dass sich diese – Grundsteuer, Wasser, Kanal und Müllgebühren betreffenden – Kosten auf Zeiträume vor Juli 2016 bezogen, somit auf einen Zeitraum vor der eingeschränkten Brauchbarkeit der Bestandsache (vgl RISJustiz RS0107866), ergibt sich ebenso aus den Feststellungen und wird in der Revision nicht bezweifelt.

3. Dass Schimmelbildung der (mittleren) Brauchbarkeit entgegensteht und daher grundsätzlich einen Mietzinsminderungsanspruch begründen kann, entspricht der ständigen Rechtsprechung (zuletzt etwa 8 Ob 34/17h mwN = wobl 2018/8 [Pesek]= immolex 2018/6 [Ruckenbauer]). Das Berufungsgericht ging davon aus, die Beklagten hätten Mietzinsminderungsansprüche lediglich für die gemieteten Wohnräume geltend gemacht, nicht allerdings für den mitgemieteten Garten, sodass sie selbst im Fall des Zurechtbestehens des vollen Mietzinsminderungsanspruchs im Wohnbereich jedenfalls 10 % des vereinbarten Zinses zahlen müssten. Diese Rechtsansicht, aus der sich jedenfalls ein Zinsrückstand von 168 EUR für die Monate Juni bis September 2016 ergibt, ziehen die Beklagten mit keinem Wort in Zweifel. Darauf ist somit nicht näher einzugehen.

4. Gegen ein Räumungsbegehren wegen Nichtzahlung des Bestandzinses kann mangels Gleichartigkeit nicht mit Geldforderungen gegen den Bestandgeber prozessual aufgerechnet werden, der Bestandnehmer hätte nur die Möglichkeit, gegen die anerkannte Zinsforderung außergerichtlich aufzurechnen und den Räumungsanspruch mit der Behauptung zu bestreiten, dass die geltend gemachte Voraussetzung für die Erhebung der Räumungsklage fehle (RISJustiz RS0021036; RS0021118). Eine außergerichtliche Aufrechnung in diesem Sinn behaupten die Beklagten nicht, das Nichtbestehen ihrer tatsächlich eingewendeten Gegenforderungen aus dem Titel des Schadenersatzes ziehen sie nicht in Zweifel. Ihre Behauptung, den reduzierten Mietzins von 200 EUR nur unter ausdrücklichem Vorbehalt der Rückforderung gezahlt zu haben, sodass sich nach Einholung des Sachverständigengutachtens allenfalls eine Überzahlung ergeben könnte, ist schon deshalb nicht rechtlich relevant, weil sie einen – nicht näher konkretisierten – Rückforderungsanspruch gar nicht zum Gegenstand einer prozessualen Aufrechnungseinrede machten bzw diesbezüglich keine außergerichtliche Aufrechnung in Bezug auf einen von ihnen anerkannten Rückstand erklärten.

5. Die außerordentliche Revision war somit zurückweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 ZPO).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00060.18M.0515.000

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