OGH 08.06.2010, 4Ob97/10h
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am ***** geborenen mj L***** P***** und des am ***** geborenen mj F***** P*****, vertreten durch die Mutter P***** P***** und diese durch Dr. Ingrid Bläumauer, Rechtsanwältin in Wien, infolge „außerordentlichen“ Revisionsrekurses des Vaters Ing. A***** P*****, vertreten durch Mag. Michael Pfleger, Rechtsanwalt in Amstetten, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom , GZ 23 R 14/10x-U33, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Waidhofen/Ybbs vom , GZ 3 P 14/08-U27, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Das Erstgericht verpflichtete den Vater für den Zeitraum 1. 9. bis zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 900 EUR für L***** und von 700 EUR für F***** und ab bis auf weiteres zu einer Unterhaltsleistung von 900 EUR für L***** und von 800 EUR für F*****. Der Vater beantragte in seinem Rekurs, seine Unterhaltsverpflichtung dahingehend abzuändern, dass vom bis für L***** 48 EUR und für F***** 14 EUR monatlich festgesetzt werden und ab für L***** 306 EUR und für F***** 272 EUR.
Das Rekursgericht gab dem gegen den Beschluss des Erstgerichts vom Vater erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Das Erstgericht legte den vom Vater gegen diesen Beschluss erhobenen „außerordentlichen“ Revisionsrekurs dem Obersten Gerichtshof vor.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG ist - in rein vermögensrechtlichen Angelegenheiten - der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Dann steht einer Partei nur die Zulassungsvorstellung nach § 63 AußStrG zu Gebote, mit der eine Abänderung des Unzulässigkeitsausspruchs durch das Rekursgericht angestrebt werden kann.
Der Wert des vom Rekursgericht behandelten Entscheidungsgegenstands bestimmt sich nach § 58 Abs 1 JN, also mit dem 36-fachen des im Rekursverfahren strittigen monatlichen Unterhaltsbegehrens (RIS-Justiz RS0122735), wobei der Wert des Entscheidungsgegenstands für jedes Kind einzeln zu beurteilen ist, eine Zusammenrechnung also nicht stattfindet (RIS-Justiz RS0112656; RS0017257). Zusätzlich begehrte, bereits fällige Ansprüche sind nicht zusätzlich neben der dreifachen Jahresleistung zu bewerten (1 Ob 210/03v).
Angesichts des im Rekursverfahren strittigen Unterhaltsbegehrens beträgt der Wert der Entscheidungsgegenstände des Rekursgerichts 21.384 EUR ([900-306] x 36) und 19.008 EUR ([800-272] x 36) und übersteigt somit jeweils nicht 30.000 EUR. Deshalb kommt ein außerordentlicher Revisionsrekurs nicht in Betracht.
Das Erstgericht wird zu beurteilen haben, ob die Eingabe des Vaters als Zulassungsvorstellung iSd § 63 AußStrG zu verstehen oder ob diesem unter Fristsetzung die Möglichkeit einzuräumen ist, klarzustellen, ob er einen solchen Rechtsbehelf erheben will.
Eine Zulassungsvorstellung nach § 63 AußStrG ist nicht dem Obersten Gerichtshof, sondern vielmehr dem Rekursgericht zur Erledigung vorzulegen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am geborenen mj L***** P***** und des am geborenen mj F***** P*****, beide *****, vertreten durch die Mutter P***** P***** und diese durch Dr. Ingrid Bläumauer, Rechtsanwältin in Wien, über den Revisionsrekurs des Vaters Ing. A***** P*****, vertreten durch Mag. Michael Pfleger, Rechtsanwalt in Amstetten, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom , GZ 23 R 14/10x-U33, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Waidhofen/Ybbs vom , GZ 3 P 14/08-U27, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Das Rekursgericht gab der Zulassungsvorstellung des Vaters mit der Begründung Folge, es stelle eine Frage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG dar, ob die von der Rechtsprechung im Zivilprozess entwickelten Grundsätze einer gesetzmäßig ausgeführten Beweisrüge auch im außerstreitigen Verfahren für die anwaltlich vertretene Partei anzuwenden seien. Diese Rechtsfrage wurde vom Revisionsrekurswerber nicht aufgeworfen und hat daher in diesem Verfahren bloß theoretische Bedeutung (RIS-Justiz RS0048272 [T1]; Zechner in Fasching/Konecny, ZPO2 § 502 Rz 11). Eine erhebliche Rechtsfrage iSv § 62 Abs 1 AußStrG liegt somit hier nicht vor.
2. Ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz kann durch Revisionsrekurs nicht aufgegriffen werden (RIS-Justiz RS0050037). Besondere Umstände, die eine Durchbrechung dieses Grundsatzes im vorliegenden Unterhaltsverfahren angezeigt erscheinen ließen, liegen nach den konkreten Umständen des zu beurteilenden Einzelfalls nicht vor (vgl RIS-Justiz RS0030748 [T7]).
3. Die Beantwortung der Frage, ob eine im Rechtsmittelverfahren unzulässige Neuerung vorliegt, geht in ihrer Bedeutung nicht über den Einzelfall hinaus und begründet - abgesehen von (hier nicht vorliegender) krasser Fehlbeurteilung - keine erhebliche Rechtsfrage (vgl RIS-Justiz RS0044273 [T61]). Im Übrigen ist es nicht zulässig, sich bei Ausführung eines Revisionsrekurses mit dem Hinweis auf Ausführungen im Rekursschriftsatz zu begnügen (RIS-Justiz RS0043616 [T12]; RS0007029).
4. Die Rechtsprechung zieht bei der Unterhaltsbemessung selbstständig erwerbstätiger Unterhaltsverpflichteter als Bemessungsgrundlage regelmäßig das Durchschnittseinkommen der drei letzten der Beschlussfassung vorangegangenen Wirtschaftsjahre heran (RIS-Justiz RS0053251); so auch die Vorinstanzen. Dass dabei die Jahre 2005 bis 2007 anstelle von 2006 bis 2008 herangezogen wurden, ist unbedenklich, weil Ende 2009 die für eine Einkommens- und Entnahmeabrechnung für 2008 erforderlichen Unterlagen noch nicht vorlagen und der Unterhaltspflichtige noch bis Zeit hatte, den Jahresabschluss der GmbH für 2008 einzureichen (s Sachverständigengutachten).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2010:0040OB00097.10H.0608.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAD-70712