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OGH vom 26.05.2011, 5Ob60/11a

OGH vom 26.05.2011, 5Ob60/11a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Einschreiterin Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz, Heiliggeiststraße 7 9, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr. Paul Bauer, Dr. Anton Triendl, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Ersichtlichmachung nach § 38 Abs 2 TFLG 1996 ob der Liegenschaften EZ 90028 und EZ 706 je GB*****, über den Revisionsrekurs der Einschreiterin gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 53 R 104/10y-5, mit dem über Rekurs der Agrargemeinschaft K*****, vertreten durch Univ. Doz. Dr. Bernd A. Oberhofer, Rechtsanwalt in Innsbruck, der Beschluss des Bezirksgerichts Silz vom , TZ 2062/2010 1, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Text

Begründung:

Die Agrargemeinschaft K***** (im Folgenden: Agrargemeinschaft) ist grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaften EZ 90028 und EZ 706.

Mit Bescheid der Einschreiterin als Agrarbehörde I. Instanz vom , Zl AgrB R413/86 2010, wurde festgestellt, dass (I.) das Liegenschaftsvermögen der Agrargemeinschaft, soweit es das ursprüngliche Regulierungsgebiet, bestehend aus näher bezeichneten, (ausschließlich) in der EZ 706 vorgetragenen Grundstücken, umfasst, Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TLFG 1996 darstellt, hingegen das weitere Liegenschaftsvermögen, bestehend aus näher bezeichneten, (nur) in der EZ 90028 vorgetragenen Grundstücken, kein Gemeindegut im Sinne dieser Gesetzesbestimmung ist.

Der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung gab mit seinem Erkenntnis vom , GZl lAS 991/8 09, der von der Agrargemeinschaft gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung nicht Folge, wobei die Agrargemeinschaft den erstbehördlichen Bescheid bloß im Umfang des Abspruches über die in der EZ 706 vorgetragenen Grundstücke bekämpft hatte.

Die Einschreiterin begehrte unter Berufung auf ihren Bescheid vom sowie das Erkenntnis des Landesagrarsenats vom die Richtigstellung des Grundbuchs von Amts wegen durch Ersichtlichmachung der Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ im Eigentumsblatt der Liegenschaften EZ 706 und EZ 90028. Die Einschreiterin verwies darauf, dass das Erkenntnis des Landesagrarsenats der Agrargemeinschaft am zugestellt und somit in Rechtskraft erwachsen sei.

Das Erstgericht bewilligte die begehrten Ersichtlichmachungen.

Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs der Agrargemeinschaft Folge und sprach aus, dass die Ersichtlichmachung der Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ im Eigentumsblatt der genannten Liegenschaften ersatzlos zu entfallen habe. Aus dem von der Einschreiterin vorgelegten Bescheid vom ergebe sich, dass lediglich in Bezug auf die Liegenschaft EZ 706 der Agrargemeinschaft festgestellt worden sei, dass dieses Liegenschaftsvermögen Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 idF LGBl Nr 7/2010 darstelle. Ausdrücklich sei in diesem Bescheid weiters festgestellt worden, dass das Liegenschaftsvermögen der Agrargemeinschaft EZ 90028 kein Gemeindegut im Sinne dieser Bestimmung darstelle. Dieser Bescheid sei von der Agrargemeinschaft nur hinsichtlich des Ausspruchs betreffend die Liegenschaft EZ 706 bekämpft worden, sodass er ebensowenig wie das Erkenntnis des Landesagrarsenats vom eine taugliche Grundlage darstelle, im B Blatt der EZ 90028 die Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ ersichtlich zu machen. Demgegenüber sei das weiters betroffene Liegenschaftsvermögen der Agrargemeinschaft, nämlich die Liegenschaft EZ 706, gemäß der im agrarbehördlichen Verfahren getroffenen und von der Berufungsbehörde bestätigten Feststellungen zwar Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996, doch müssten Genehmigungen oder Bescheide von Verwaltungsbehörden, die Grundlage einer bücherlichen Eintragung seien, mit einer Bestätigung der Rechtskraft versehen sein. Fehle es an einer solchen, habe das Grundbuchgericht von sich aus keine Erwägungen über die Anfechtbarkeit eines verwaltungsbehördlichen Genehmigungsbescheids anzustellen. Weder die im Erkenntnis der Berufungsbehörde enthaltene Belehrung, wonach eine weitere Berufung nicht zulässig sei, noch der in der Grundbucheingabe enthaltene Hinweis, wonach das Erkenntnis der Agrargemeinschaft zugestellt worden und daher rechtskräftig sei, könne die geforderte Bestätigung der Agrarbehörden hinsichtlich der Rechtskraft ersetzen. Eine Zwischenerledigung im Wege eines Verbesserungsauftrags oder eine Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung im Rekursverfahren zur Vornahme ergänzender Erhebungen oder Beibringung weiterer Urkunden bzw Bestätigungen sei im vorliegenden Grundbuchverfahren nicht zulässig.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen der §§ 126 Abs 2 GBG, 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Einschreiterin dagegen erhobene Revisionsrekurs ist wegen Verkennung der Rechtslage durch das Rekursgericht zulässig; er ist auch berechtigt.

1. Die Einschreiterin ist rechtsmittellegitimiert (vgl RIS Justiz RS0116135; RS0006663; RS0006808 [T1]; RS0006805; RS0058963 [T4]).

2. Grundlagen für die von der Einschreiterin angestrebte Ersichtlichmachung der Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ ob den Liegenschaften EZ 706 und EZ 90028 sind der Bescheid vom und das diesen bestätigende Erkenntnis des Landesagrarsenats vom . Demnach wurde von den Agrarbehörden ausgesprochen, dass bestimmte in die EZ 706 vorgetragene Grundstücke Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 darstellen, die in die EZ 90028 vorgetragenen Grundstücke jedoch nicht Gemeindegut im Sinne dieser Bestimmung sind. Diese Entscheidungen fallen gemäß § 73 lit a bis d TFLG 1996 in die Zuständigkeit der Agrarbehörden (vgl auch ). Die Gerichte sind an diese gebunden und haben deren inhaltliche Richtigkeit nicht zu überprüfen (vgl RIS Justiz RS0036880; RS0037078; RS0036981; RS0036975; zuletzt 5 Ob 226/10m).

3. Nach § 38 Abs 2 TFLG 1996 (idF LGBl 2010/7) ist (unter anderem) bei Agrargemeinschaften, die iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 auf Gemeindegut bestehen, im Eigentumsblatt die Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ ersichtlich zu machen. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die derart angeordnete Ersichtlichmachung qualitativ einer Anmerkung gemäß § 20 lit a GBG entspricht, die lediglich erfordert, dass die betreffende Agrargemeinschaft (auch) auf Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 besteht. Da mit dieser Ersichtlichmachung (nur) „persönliche Verhältnisse“ der Eigentümerin ausgewiesen werden, ist diese auch dann zulässig, wenn der betreffende Grundbuchkörper keine oder nur einzelne Grundstücke enthält, die Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 sind. Aus der Ersichtlichmachung der Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ folgen keine Angaben über bestimmte rechtliche Verhältnisse einzelner Bestandteile des Grundbuchkörpers, insbesondere über deren Eigenschaft als Gemeindegut nach § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 (5 Ob 226/10m; 5 Ob 228/10f).

4. Als Fall des § 20 lit a GBG stellt die von der Einschreiterin angestrebte Ersichtlichmachung eine grundbücherliche Eintragung nach § 8 GBG dar. Das Gesetz spricht von „bloßen Anmerkungen“ und macht damit deutlich, dass diese nie dingliche Rechte begründen, umändern oder aufheben können. Anmerkungen haben nur den Zweck, im Interesse Dritter bestimmte tatsächliche oder für den Realverkehr interessante Verhältnisse bekannt zu machen oder ganz bestimmte Rechtswirkungen herbeizuführen, die entweder im Grundbuchgesetz selbst oder in den Bestimmungen anderer österreichischer Gesetze ihren Grund haben und dort besonders geregelt sind ( Kodek in Kodek , Grundbuchsrecht § 20 Rz 1). Diese Unterscheidung schlägt sich auch in den Eintragungserfordernissen nieder. Soweit Anmerkungen aus Anlass von Mitteilungen anderer Behörden erfolgen, ist vielfach vorgesehen, dass das Grundbuchgericht von Amts wegen tätig zu werden hat; die Mitteilung der Behörde bildet dann nur den äußeren Anlass für die Tätigkeit des Gerichts. Vielfach reicht die Mitteilung einer Behörde, die Übermittlung eines Bescheids ist oft nicht erforderlich. Teilweise muss der die Grundlage der Anmerkung bildende Bescheid auch nicht rechtskräftig sein ( Kodek aaO Rz 41 mit entsprechenden Nachweisen).

5. Liegen die Voraussetzungen vor, hat das Grundbuchgericht nach § 38 Abs 2 TFLG 1996 (unter anderem) bei Agrargemeinschaften im Eigentumsblatt die Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ ersichtlich zu machen. Bei den vorliegenden Bescheiden der Agrarbehörden erster und zweiter Instanz handelt es sich damit entgegen der Auffassung des Rekursgerichts weder um verwaltungsbehördliche (agrarbehördliche) Genehmigungen als Voraussetzung einer bücherlichen Eintragung (vgl dazu 5 Ob 195/02s; RIS-Justiz RS0099943), noch um Bescheide, mit denen dem Grundbuchgericht nachzuweisen ist, dass ein zu verbüchernder Erwerbsvorgang keiner behördlichen Genehmigung bedarf. Für die Ersichtlichmachung der Bezeichnung „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ als Hinweis auf eine bestimmte Besonderheit in den persönlichen Verhältnissen (§ 20 lit a GBG) liegt im Übrigen ohnehin die Erklärung der Agrarbehörde vor, wonach das Erkenntnis zugestellt und „somit in Rechtskraft erwachsen“ ist.

6. Für das Grundbuchgericht steht durch die vorgelegten Bescheide bindend fest, dass die hier beteiligte Agrargemeinschaft jedenfalls auch auf Gemeindegut besteht. Daraus folgt deren Bezeichnung als „Gemeindegutsagrargemeinschaft“. Die Ersichtlichmachung nach § 38 Abs 2 TFLG 1996 betrifft nur die „persönlichen Verhältnisse“ und ist auch dann zulässig, wenn der betreffende Grundbuchkörper keine Grundstücke enthält, die Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 sind (5 Ob 226/10m; 5 Ob 228/10f), sofern nur die Eigentümerin die Eigenschaft einer „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ aufweist. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts ist die von der Einschreiterin angestrebte Ersichtlichmachung daher nicht nur in Bezug auf die Liegenschaft EZ 706, sondern auch für die EZ 90028 vorzunehmen. Dem Revisionsrekurs war damit Folge zu geben und der Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen.