OGH vom 18.02.2019, 4Fsc1/19p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher und Hon.-Prof. Dr. Brenn als weitere Richter in der beim Oberlandesgericht Wien zu AZ ***** anhängigen Fristsetzungssache der Antragstellerin Mag. C***** C*****, vertreten durch Dr. Heinrich Fassl, Rechtsanwalt in Wien, über deren Fristsetzungsantrag vom in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Fristsetzungsantrag wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Fristsetzungsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Beim Ausgangsverfahren handelt es sich um einen Schadenersatzprozess wegen von der Klägerin behaupteter Behandlungsverzögerungen im Rahmen ihrer kieferorthopädischen Behandlung durch die beklagte Zahnärztin. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Mit Urteil vom bestätigte das Berufungsgericht zu AZ ***** diese Entscheidung.
Nach Zustellung des Berufungsurteils lehnte die Klägerin des Ausgangsverfahrens mit Schriftsatz vom (innerhalb der Rechtsmittelfrist) die Mitglieder des Berufungssenats als befangen ab (AZ ***** des OLG Wien). Aus der Behandlung ihrer Rechtsmittelausführungen durch das Berufungsgericht ergäbe sich zumindest der deutliche Anschein einer Voreingenommenheit nicht bloß des Erstrichters, sondern insbesondere auch der Mitglieder des Berufungssenats zum Nachteil der Klägerin.
Am stellte die Klägerin des Ausgangsverfahrens beim Oberlandesgericht Wien einen Fristsetzungsantrag, der darauf gerichtet ist, dem Oberlandesgericht Wien für die Eintragung des Ablehnungsantrags in das Register Jv des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien eine Frist von einem Tag und zur Übersendung des Ablehnungsantrags an die abgelehnten Richter zur Stellungnahme eine Frist von einer Woche zu setzen. Nach § 183 Abs 1 und 509 Abs 1 Geo seien Ablehnungsanträge dem Gerichtsvorsteher vorzulegen und in das JvRegister einzutragen. Außerdem sei der Ablehnungsantrag an die abgelehnten Richter zur Stellungnahme zu übermitteln. Dies sei nicht geschehen.
Am richtete der Präsident des Oberlandesgerichts Wien an den Vertreter der Antragstellerin (Klägerin im Ausgangsverfahren) eine Verständigung nach § 91 Abs 2 GOG, in der ausgeführt wird, dass der Ablehnungsantrag den abgelehnten Mitgliedern des Senats ***** des Oberlandesgerichts Wien zur Äußerung zugestellt wurde und eine Eintragung in das JvRegister nicht vorgenommen wird.
Mit Schriftsatz vom begehrte die Antragstellerin, den Fristsetzungsantrag dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen. Das vorschriftsmäßige Verfahren bestehe darin, dass zunächst der Ablehnungsantrag im JvRegister des Präsidiums des Oberlandesgerichts Wien registriert werde und der Gerichtsvorsteher den vom Ablehnungsantrag betroffenen Richtern die Abgabe einer Stellungnahme zum Ablehnungsantrag auftrage. Keiner dieser beiden Punkte sei erfüllt worden.
Der Präsident des Oberlandesgerichts Wien legte den Fristsetzungsantrag nunmehr dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:
1. Nach § 91 Abs 1 GOG kann eine Partei einen Fristsetzungsantrag stellen, wenn ein Gericht mit einer Verfahrenshandlung säumig ist oder das Gericht eine gesetzlich vorgeschriebene Frist zur Vornahme solcher Verfahrenshandlungen überschreitet. Gemäß Abs 2 leg cit hat das betroffene Gericht die Möglichkeit, die offene Verfahrenshandlung binnen vier Wochen selbst durchzuführen. Holt das als säumig bezeichnete Gericht innerhalb dieser Frist die als versäumt bezeichnete Verfahrenshandlungen nach und verständigt es davon den Antragsteller, so führt dies zur Klaglosstellung. In einem solchen Fall ist ein ausdrücklich aufrechterhaltener Fristsetzungsantrag nur dann berechtigt, wenn das Gericht entgegen seiner in der Verständigung enthaltenen Auffassung die dem Antrag zugrunde liegenden Verfahrenshandlungen nicht zur Gänze nachgeholt hat.
2. Im Anlassfall wurde die Antragstellerin klaglos gestellt:
Der Fristsetzungsantrag bezieht sich zum einen auf die Übermittlung des Ablehnungsantrags an die betroffenen Richter des Oberlandesgerichts Wien zur Stellungnahme. Dies ist geschehen.
Zum anderen ist der Fristsetzungsantrag darauf gerichtet, dass dieser in das JvRegister des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien eingetragen wird. Eine solche Eintragung hat nicht zu erfolgen. Seit der GeoNovelle 1999, BGBl II 1999/69, sind Ablehnungsanträge und Befangenheitsanzeigen in bürgerlichen Rechtssachen als NcSachen ausschließlich in das NcRegister einzutragen. Mit dieser Novelle wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass eine Entscheidung über eine mögliche Befangenheit nicht als Akt der Justizverwaltung, sondern der unabhängigen Rechtsprechung anzusehen ist. Dementsprechend wurde § 511 Abs 2 Geo, demzufolge Ablehnungsanträge in das JvRegister einzutragen waren, ersatzlos aufgehoben (Danzl, Geo7 § 183 Anm 1a und 5 sowie § 473 Anm 2).
3. Die in § 91 Abs 2 GOG geregelte Aufrechterhaltung des Fristsetzungsantrags kann nach der Rechtsprechung nur eine Prüfung durch das übergeordnete Gericht dahin bezwecken, ob das angeblich säumige Gericht alle im Antrag genannten Verfahrenshandlungen durchgeführt und die Partei damit klaglos gestellt hat. Bei Erfüllung aller prozessualen Handlungspflichten noch vor der Entscheidung über die begehrte Fristsetzung ist daher der Antrag mangels Beschwer zurückzuweisen (RISJustiz RS0059274; RS0059297).
Im Fristsetzungsverfahren ist ein Kostenersatz nicht vorgesehen (RISJustiz RS0059255).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:004FSC00001.19P.0218.000 |
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Fundstelle(n):
YAAAD-70451