OGH vom 02.07.2015, 7Ob98/15k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** R*****, vertreten durch Mag. Harald Redl, Rechtsanwalt in Bruckneudorf, gegen die beklagte Partei W***** AG *****, vertreten durch Dr. Herbert Laimböck, Rechtsanwalt in Wien, wegen 221.140,84 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 152/14h 41, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Ob eine bestimmte Handlung die versicherte Gefahr erhöht, ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls (vgl RIS Justiz RS0080366). Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Gefahrenerhöhung im Sinn des § 23 Abs 1 VersVG eine nachträgliche Änderung der bei Vertragsabschluss tatsächlich vorhandenen gefahrenerheblichen Umstände, die den Eintritt des Versicherungsfalls oder eine Vergrößerung des Schadens wahrscheinlicher macht und den Versicherer deshalb vernünftigerweise veranlassen kann, die Versicherung aufzuheben oder nur gegen erhöhte Prämie fortzusetzen (RIS Justiz RS0080357, RS0080237). Voraussetzung ist eine erhebliche Änderung der Umstände, sodass eine Gefahrenerhöhung nicht bei einem jeglichen Verstoß gegen eine Vorsichtsmaßnahme angenommen werden kann (RIS Justiz RS0080357 [T2]; vgl § 29 erster Satz VersVG). Unerheblich sind vor allem jene Gefahrenerhöhungen, die nur schwache Anhaltspunkte bieten oder kurzfristig wirken (RIS Justiz RS0080219). Für das Vorliegen einer Gefahrenerhöhung und deren Erheblichkeit ist der Versicherer beweispflichtig (RIS Justiz RS0043736).
2. Ob im Allgemeinen durch das Aufstellen eines Glücksspielautomaten eine relevante Erhöhung der Gefahr eines Einbruchsdiebstahls samt Vandalismus oder Feuer durch Brandlegung verbunden sein kann, muss im hier vorliegenden Fall nicht beurteilt werden. Es steht nämlich fest, dass der Glücksspielautomat bereits zwei Tage vor dem Einbruchsdiebstahl aus dem Lokal der Klägerin entfernt wurde. Als dieser darin noch aufgestellt war, wurde der erzielte Umsatz jeweils am Abend entnommen und die Geldlade für jeden ersichtlich offen gelassen, was auch von außen durch ein Fenster leicht erkennbar war. Vor diesem Hintergrund konnte ein Außenstehender im Zeitpunkt des Einbruchsdiebstahls nicht damit rechnen, dass sich noch Geld aus dem Glücksspielbetrieb im Lokal befinden würde, weshalb eine allfällige Gefahr eines Einbruchsdiebstahls oder einer Brandlegung wegen des Glücksspielautomaten, wenn überhaupt, nur unwesentlich erhöht war. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die in der vorangegangenen Aufstellung des (allenfalls) illegalen Glücksspielautomaten nur eine unerhebliche Gefahrenerhöhung erblickten, ist daher im Einzelfall nicht zu beanstanden.
3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00098.15K.0702.000