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OGH vom 26.01.1993, 4Ob94/92

OGH vom 26.01.1993, 4Ob94/92

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter L*****, vertreten durch Dr.Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei N***** Zeitungsverlagsgesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Rudolf K.Fiebinger und Dr.Peter M.Polak, Rechtsanwälte in Wien, wegen 6.200 S sA, Rechnungslegung, Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert: 366.200 S; Revisionsinteresse: 306.200 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 185/91-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 38 Cg 338/89-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 12.929,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 2.154,90 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Hersteller eines Lichtbildes von Udo Proksch, das diesen beim Speisen darstellt. Das Lichtbild wurde vom Kläger zu privaten Zwecken aufgenommen und bisher nicht verbreitet. Es wurde ein einziges Mal - mit Zustimmung des Klägers - durch Ausstellen im Lokal "G*****" veröffentlicht; einer weiteren Veröffentlichung hat der Kläger nicht zugestimmt.

In der Zeitschrift "W*****", Ausgabe Dezember 1989, wurde das Foto auf Seite 24 abgedruckt; die Ausgabe kam im November 1989 zum Verkauf.

Ab wurde die Tageszeitung "Neue AZ" der Beklagten mit einem neuen Layout unter dem Titel "AZ" und mit größerem Umfang hergestellt. Zur Vorbereitung der Produktionsumstellung wurden 100 Exemplare einer als "Nr.O" bezeichneten Probenummer ausgedruckt. Diese Probenummer wurde ausschließlich für den internen Gebrauch hergestellt; sie sollte zur Kontrolle der Druckqualität und als Unterlage für Redaktionskonferenzen über die Neugestaltung des Druckes dienen. Jene Exemplare, die nicht an die - jedenfalls 19 Mitglieder zählende - Redaktion verteilt wurden, wurden sofort nach der Herstellung weggeworfen. Die "Null-Nummer" kam nicht in den Verkauf; die erste tatsächlich erschienene Ausgabe der geänderten "AZ" vom trug die fortlaufende Nummer "286".

Die "Null-Nummer" enthielt auf Seite 14 ein Inserat der Zeitschrift "W*****" für deren Dezember-Ausgabe 1989; in dieser Anzeige war auch das erwähnte Lichtbild von Udo Proksch im Kleinformat abgedruckt.

Die tatsächlich erschienene erste Ausgabe der geänderten "AZ" vom , Nr. 286, sowie die "AZ" vom , Nr. 288, enthielten gleichfalls je ein Inserat der Zeitschrift "W*****", jedoch ohne das beanstandete Foto.

Mit der Behauptung, die Beklagte habe durch die Vervielfältigung und Verbreitung des Fotos in der "Null-Nummer" der "AZ" vom seine Leistungsschutzrechte als Lichtbildhersteller verletzt, begehrt der Kläger - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren noch von Interesse - die Beklagte schuldig zu erkennen , ihm für die Veröffentlichung des Lichtbildes ein angemessenes Entgelt von 2.200 S sowie Schadenersatz im Umfang des doppelten angemessenen Entgelts (4.000 S) zu leisten, ihm also insgesamt den Betrag von 6.200 S sA zu zahlen, und es zu unterlassen, Lichtbilder, an denen dem Kläger die Leistungsschutzrechte zustehen, ohne dessen Zustimmung zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten; diese Unterlassungsverpflichtung erstrecke sich insbesondere auf die in der Ausgabe "Nr.O" vom in der Zeitschrift "AZ" auf Seite 14 im Rahmen eines Inserates des "W*****s" abgelichtete Fotografie von Udo Proksch.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe das Lichtbild nicht verbreitet, sondern es nur zum eigenen Gebrauch im Rahmen einer Probenummer ihrer Tageszeitung vervielfältigt, wobei ihr die Druckvorlage von der Inserentin zur Verfügung gestellt worden sei. Die "Null-Nummer" sei ausschließlich an die Redakteure der Beklagten zum Zweck der Abhaltung einer Redaktionsversammlung über die Neugestaltung der "AZ" verteilt worden; die übrigen Exemplare der gesamten Auflage seien nach dem Druck vernichtet worden. Der durch die Redaktionsmitgliedschaft verbundene Personenkreis unterliege einem strengen Geheimhaltungsgebot. Im übrigen sei die Wiederholungsgefahr weggefallen, weil die Inserentin auf Grund einer Intervention des Klägers das Inserat geändert habe, so daß schon die erste veröffentlichte Nummer der neuen "AZ" das beanstandete Lichtbild nicht mehr enthalten habe. Für das Schadenersatzbegehren des Klägers lägen die Voraussetzungen des § 88 Abs 2 UrhG nicht vor.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Die Beklagte habe nicht in die Leistungsschutzrechte des Klägers eingegriffen, weil die Probenummer nur für den eigenen Gebrauch hergestellt und an die Redaktionsmitglieder zur Vorbereitung der Redaktionskonferenz verteilt worden sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die Probenummer sei nicht für die Öffentlichkeit, sondern zur Vorbereitung der Produktionsumstellung sowie zur Überprüfung der Druckqualität bestimmt gewesen und zu diesem Zweck nur an die aus 19 Personen bestehende Redaktion zur Begutachtung verteilt worden. Interessen des Klägers seien damit nicht beeinträchtigt worden, bleibe doch die weitere Verwertungsmöglichkeit seines Lichtbildes von einer solchen internen Probenummer einer Tageszeitung unberührt. Es liege daher eine Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch der Beklagten vor, welche der Kläger gemäß § 42 Abs 1 UrhG hinnehmen müsse.

Nur gegen die vom Berufungsgericht bestätigte Abweisung des Unterlassungs- und Geldzahlungsanspruches wendet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne des Klagebegehrens, hilfsweise auf Aufhebung des Berufungsurteils.

Die Beklagte beantragt, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 74 Abs 1 Satz 1 UrhG hat der Lichtbildhersteller "mit den vom Gesetz bestimmten Beschränkungen" das ausschließliche Recht, das Lichtbild (ua) zu vervielfältigen und zu verbreiten. Gemäß § 74 Abs 7 UrhG gelten (ua) einzelne Beschränkungen des VII. Abschnittes dieses Gesetzes ("freie Werknutzungen") für Lichtbilder entsprechend, insbesondere die hier in Betracht kommenden Bestimmungen des § 42 Abs 1 und 2 UrhG.

Nach § 42 Abs 1 UrhG darf jedermann von einem Werk einzelne Vervielfältigungsstücke zum eigenen Gebrauch herstellen. Der eigene Gebrauch wird in Abs 2 dahin negativ umschrieben (und damit definiert: Dittrich in MR 1984/4 Archiv 2 und in FS-Wagner [1987] 63 ff [66]), daß ein solcher "eigener Gebrauch" dann nicht vorliegt, wenn die Vervielfältigung zu dem Zweck vorgenommen wird, das Werk mit Hilfe des Vervielfältigungsstückes der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Erläuternden Bemerkungen zum Stammgesetz (abgedruckt bei Peter, Das österreichische Urheberrecht 559) führen hiezu folgendes aus:

"........Hienach kann von einer Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch keine Rede sein, wenn das Vervielfältigungsstück in der Absicht hergestellt wird, es zu verbreiten oder es zu einer öffentlichen Aufführung oder Vorführung, zu einem öffentlichen Vortrag oder zu einer Rundfunksendung zu benutzen, es öffentlich auszustellen oder auf ähnliche Art der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. ....."

Da das Gesetz keinen "persönlichen" Gebrauch fordert, sondern "jedermann" die Freiheit der Vervielfältigung zum "eigenen Gebrauch" zugesteht, kommt die freie Werknutzung nach § 42 Abs 1 UrhG nicht nur physischen, sondern auch juristischen Personen (Dittrich in UFITA 64 [1972] 33 ff [40] und in GRURInt 1973, 257 ff [258], sowie in MR 1984/4 Archiv 2) und Personenhandelsgesellschaften (M.Walter in MR 1989, 69 ff [70]) zugute.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte im Zuge der Umstellung des Layouts und des Druckes ihrer Tageszeitung eine Probenummer ("Null-Nummer") ausgedruckt, die nicht für den Verkauf bestimmt war, sondern nur den 19 Mitgliedern der Redaktionsversammlung (Redaktionskonferenz) zur internen Beurteilung der Druckqualität dienen sollte; tatsächlich wurden auch insgesamt 81 der 100 gedruckten Exemplare, die zu diesem Zweck nicht benötigt wurden, sofort nach der Herstellung weggeworfen. Entgegen der Meinung des Klägers ist demnach das von ihm aufgenommene Lichtbild im Rahmen des Inserates in der Probenummer nur 19 x vervielfältigt worden, weil an den überzähligen Stücken von vornherein jegliches Interesse der Beklagten fehlte, sich andererseits aber - worauf bereits M.Walter in MR 1990, 188 hingewiesen hat - zur Produktion von weniger als zumindest 50 - 100 Exemplaren eine Rotationspresse "kaum anwerfen läßt". Das Berufungsgericht ist daher entgegen der Meinung des Klägers zutreffend davon ausgegangen, daß die Absicht der Beklagten nicht auf eine Verbreitung der Vervielfältigungsstücke oder dahin ging, sie sonst der Öffentlichkeit zugänglich zu machen; die "Null-Nummer" wurde vielmehr ausschließlich zum eigenen Gebrauch hergestellt, ist doch die Redaktionskonferenz (die Redaktionsversammlung, welcher alle fest angestellten Medienmitarbeiter angehören: § 5 Abs 2 MedienG) eine geschlossene Einheit innerhalb eines Zeitungsunternehmens, deren Mitglieder schon durch die gemeinsamen Beziehungen zum Zeitungsunternehmen persönlich miteinander verbunden sind (vgl M.Walter in MR 1989, 70). Dabei ist eine aus 19 Mitgliedern bestehende Zeitungsredaktion auch noch keine so große innerbetriebliche Einheit, daß die Weitergabe von Vervielfältigungsstücken an die Mitglieder eines solchen überschaubaren und geschlossenen Gremiums bereits einer Veröffentlichung gleichkäme. Die nach Ansicht der Revision hier anzuwendende Zweifelsregel kam daher im vorliegenden Fall von vornherein nicht in Betracht. Demnach liegt zwar eine Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch im Sinne des § 42 Abs 1 UrhG vor, nicht aber eine Verbreitung, so daß sich die Abweisung des auf Untersagung auch der Verbreitung gerichteten Unterlassungsbegehrens und die Abweisung des Begehrens auf Ersatz des angemessenen Entgelts und des Schadens - soweit dieses auch auf einen Eingriff in das den Lichtbildhersteller vorbehaltene Verbreitungsrecht gestützt ist - schon aus diesem Grund als berechtigt erweist.

Ob ein Eingriff in das dem Kläger zustehende ausschließliche Recht auf Vervielfältigung vorliegt, hängt dann aber nur noch davon ab, ob es sich bei den von der Beklagten zum eigenen Gebrauch hergestellten und an die 19 Mitglieder der Zeitungsredaktion verteilten Vervielfältigungsstücke der "Null-Nummer" noch um "einzelne" Vervielfältigungsstücke im Sinne des § 42 Abs 1 UrhG gehandelt hat. Der Begriff "einzelne" wird im Gesetz nicht näher festgelegt; auch die Erläuternden Bemerkungen zum Stammgesetz (Peter aaO 558 ff) enthalten dazu keine näheren Angaben. Die Erläuternden Bemerkungen zur UrhGNov 1972 führen im Zusammenhang mit der Angleichung des § 69 Abs 3 (jetzt § 69 Abs 2) UrhG an § 42 UrhG folgendes aus (Dillenz, Materialien zum österreichischen Urheberrecht [1986]):

"......... Das Schrifttum hat zum § 42 selbst die Auffassung vertreten, es sei im Einzelfall nach dem Zweck zu beurteilen, der mit dem Herstellen mehrerer Vervielfältigungsstücke verfolgt werde, ob das Anfertigen noch unter das Tatbestandsmerkmal 'einzelne' falle. 'Einzelne' Vervielfältigungsstücke lägen zB vor, wenn drei Abschriften eines wissenschaftlichen Aufsatzes in drei nach verschiedenen Gesichtspunkten geordnete Fundstellensammlungen oder an drei verschiedenen Stellen einer Fundstellensammlung eingeordnet würden, wenn von einer Partitur eines Quartetts für jeden der vier Mitwirkenden je eine Abschrift hergestellt oder schließlich wenn eine Plastik von verschiedenen Standpunkten aus aufgenommen werde. Hingegen werde der Kreis der 'einzelnen' Vervielfältigungsstücke überschritten, wenn eine juristische Person für mehrere Organe, Dienstnehmer oder Beauftragte mehrere Vervielfältigungsstücke herstelle. Diese Auslegung trage einerseits dem Wortlaut des § 42 Rechnung, andererseits aber auch der rechtspolitischen Überlegung, daß durch die zulässige Herstellung von Vervielfältigungsstücken, die ihrer Form nach den durch den Verleger hergestellten Vervielfältigungsstücken gleichwertig seien, der Absatz beeinträchtigt werde und daher eine einschränkende Auslegung dieser freien Werknutzung am Platz sei. Ob aus dem Werk unmittelbar oder mittelbar eine Einnahme erzielt werden solle, sei gleichgültig; die Vervielfältigungsstücke könnten auch Erwerbszwecken dienen. Wegen dieser zutreffenden Meinung wurde davon abgesehen, diesen Begriff näher zu umschreiben. ........"

Schon Dittrich hat (in GRURInt 1973, 258, in MR 1984/4 Archiv 2 f und in FS-Wagner 67) daraus geschlossen, daß der Tatbestand der freien Werknutzung zur Herstellung "einzelner" Vervielfältigungsstücke eines Werkes die Anzahl dieser Stücke nicht zahlenmäßig abgrenzt, sondern der Auslegung hier einen Spielraum läßt. Ob das Anfertigen mehrerer Vervielfältigungsstücke noch unter das Tatbestandsmerkmal "einzelne" fällt, sei im Einzelfall nach dem Zweck zu beurteilen, der mit dem Herstellen mehrerer Vervielfältigungsstücke verfolgt wird. Auch M.Walter (aaO) weist darauf hin, daß eine zahlenmäßige Festlegung im Gesetz wohl bewußt unterlassen wurde, um hier einen Spielraum zu lassen, der sich am Zweck des konkreten Eigengebrauches orientiert. Im Anschluß an die Entscheidung des BGH GRUR 1978, 474 vertreten aber beide Autoren (Dittrich erstmals in MR 1984/4 Archiv 3 und nochmals in FS-Wagner 68 ff) darüber hinaus die Meinung, daß der Begriff "einzelne" eine zahlenmäßige Obergrenze von 7 bzw 5 bis 7 Stück in sich schließe, sei doch im urheberrechtlichen Sprachgebrauch die Mehrzahl des Wortes "einzelne" im Zusammenhang mit freier Werknutzung immer nur im Sinne von "einige wenige", bezogen auf Vervielfältigungsstücke oder Werke, verstanden worden (Dittrich in FS-Wagner 69; M.Walter aaO). Dittrich selbst spricht aber in diesem Zusammenhang von der "magischen Zahl sieben", womit er zum Ausdruck bringen will, daß hier jede mögliche rationale, intersubjektiv nachprüfbare Rechtskonkretisierung vergeblich ausgeschöpft worden sei, also einer der Fälle "richterlicher Eigenwertung" vorliege (Dittrich in MR 1984/4 Archiv 3 und in FS-Wagner 67). Nicht zuletzt deshalb, weil sich das Problem über die Auslegung des geltenden Rechtes nicht befriedigend in den Griff bekommen lasse, gehöre die freie Werknutzung zum eigenen Gebrauch dringend reformiert (Dittrich in FS-Wagner 70 und 73); schon vorher hatte Frotz - wenn auch in einem anderen Zusammenhang - § 42 UrhG als "überhaupt unhaltbar" bezeichnet (ÖBl 1972, 105 ff [107]).

Demgegenüber geht der erkennende Senat davon aus, daß der österreichische Gesetzgeber mit dem Begriff "einzelne" erkennbar keine absolute zahlenmäßige Obergrenze festlegen wollte; vielmehr ist im Einzelfall nach dem Zweck der Herstellung von Vervielfältigungsstücken zum eigenen Gebrauch zu beurteilen, ob es sich hiebei noch um "einzelne" Vervielfältigungsstücke handelt. Erklärtes Ziel der einzelnen Bestimmungen über die freien Werknutzungen ist es ja, die Interessen der Urheber (Leistungsschutzberechtigten) mit "den Bedürfnissen des gesamten kulturellen und wirtschaftlichen Lebens" in Einklang zu bringen (Dittrich in GRURInt 1973, 259 unter Berufung auf die Erläuternden Bemerkungen zum Stammgesetz, abgedruckt bei Peter aaO 557). Auch die Regelung des § 42 UrhG ist ein Kompromiß, nämlich der Versuch eines gerechten Ausgleiches zwischen den Interessen der Urheber (Leistungsschutzberechtigten) an der Anerkennung eines unbeschränkten ausschließlichen Herrschaftsrechtes am Werk und den Interessen der Allgemeinheit am ungehinderten Zugang jedes einzelnen zu den Kulturgütern (Frotz aaO 106). Deshalb sind auch die einzelnen freien Werknutzungen entgegen der Meinung des Klägers keineswegs grundsätzlich einschränkend auszulegen; ihren Tatbeständen muß vielmehr eine am Zweck der einzelnen Ausnahme orientierte (teleologische) Auslegung zuteil werden (Hoyer in ÖBl 1971, 62 ff [64 f] und ihm folgend Dittrich in GRURInt 1973, 259). Im übrigen trifft es auch nicht zu, daß "einzelne" immer nur "einige wenige" sein können; wird es als unbestimmtes Zahlwort verwendet, kann es auch soviel, wie "manche, einige aus einer größeren Anzahl oder Menge" bedeuten. Der Begriff ist (ua) auch sinnverwandt mit "etliche" und "mehrere" (Duden, Bedeutungswörterbuch2 [1985] 214). Solange der Gesetzgeber nicht ausdrücklich etwas anderes anordnet, kann es daher auch keine starre quantitative Obergrenze für die noch zulässige Herstellung "einzelner" Vervielfältigungsstücke zum eigenen Gebrauch geben. Nach dem Sinn und dem Zweck des § 42 Abs 1 UrhG ist aber auch kein Bedürfnis danach zu erkennen, eine solche absolute Obergrenze im Wege einer "richterlichen Eigenwertung" festzulegen.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die 19 vervielfältigten Exemplare der "Null-Nummer" ihrer neugestalteten Zeitung ausschließlich deshalb an die Mitglieder ihrer Redaktionskonferenz verteilt, damit sich diese ein anschauliches Bild des neuen Layouts machen konnten; die Herstellung von insgesamt 19 Vervielfältigungsstücken der Probenummer war daher nur für den eigenen Gebrauch der Beklagten bestimmt. Eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Klägers war bei dieser Sachlage ausgeschlossen, zumal durchaus nicht zu erkennen ist, worin der entscheidende Unterschied zum vorliegenden Fall bestehen sollte, wenn die Beklagte ihren 19 Redakteuren etwa nur 7 solcher Vervielfältigungsstücke zur Verfügung gestellt hätte, welche dann jeweils von mehreren Personen - in der Regel wohl nacheinander - hätten eingesehen werden müssen. 19 Vervielfältigungsstücke sind demnach zwar sicher nicht mehr "einige wenige", aber doch im Hinblick auf den festgestellten Verwendungszweck immer noch "einzelne" Vervielfältigungsstücke im Sinne des § 42 Abs 1 UrhG.

Mit Recht haben daher die Vorinstanzen in dem beanstandeten Verhalten der Beklagten eine freie Werknutzung gemäß § 74 Abs 7, § 42 Abs 1 UrhG gesehen; der Revision mußte deshalb ein Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.