OGH vom 20.06.2013, 5Ob58/13k

OGH vom 20.06.2013, 5Ob58/13k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. A***** P*****, 2. A***** M***** B*****, beide vertreten durch Mag. Bernd Moser, Rechtsanwalt in Saalfelden, wegen Eintragungen in der EZ 439 GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , AZ 53 R 353/12m, mit dem infolge Rekurses der Antragsteller der Beschluss des Bezirksgerichts Saalfelden vom , TZ 21464/2012, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragsteller sind seit dem Jahr 2000 jeweils Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 439 GB *****. Die Einverleibung ihres Eigentumsrechts erfolgte aufgrund eines Kaufvertrags vom Oktober 2000 zu TZ 2924/2000.

Am schlossen die beiden Antragsteller eine Vereinbarung über die Einräumung eines „Besitznachfolgerechts“.

Diese lautet auszugsweise wie folgt:

„2. Besitznachfolgerecht:

Die Vertragsparteien vereinbaren ein Besitznachfolgerecht in der Form, dass

2.1. der Herrn A***** P*****, geb. , gehörige Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 439 GB *****, Bezirksgericht *****, nach seinem Tod an Frau A***** M***** B*****, geb. , zufällt bzw sofern dies erforderlich ist, das Eigentumsrecht von den Rechtsnachfolgern bzw der jeweiligen Verlassenschaft ins Eigentum der A***** M***** B***** zu übertragen ist. Herr P***** wird auch eine letztwillige Verfügung zugunsten von Frau B***** errichten.

2.2. der Frau A***** M***** B*****, geb. , gehörige Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 439 GB *****, Bezirksgericht *****, nach ihrem Tod an Herrn A***** P*****, geb. , zufällt bzw sofern dies erforderlich ist, das Eigentumsrecht von den Rechtsnachfolgern bzw der jeweiligen Verlassenschaft ins Eigentum des A***** P***** zu übertragen ist. Frau B***** wird auch eine letztwillige Verfügung zugunsten des Herrn P***** errichten.

Diese Besitznachfolgerechte werden grundbücherlich sichergestellt.“

Im Weiteren erteilten beide Hälfteeigentümer jeweils die ausdrückliche Einwilligung zur Verbücherung der Beschränkung ihres Eigentumsrechts durch das vereinbarte Besitznachfolgerecht.

Aufgrund dieser beglaubigt unterfertigten Vereinbarung beantragten die Antragsteller am beim Erstgericht im B Blatt der bezeichneten Liegenschaft die Einverleibung jeweils der Beschränkung des Eigentumsrechts der Hälfteeigentümer durch die vereinbarten Besitznachfolgerechte zu Gunsten jeweils des anderen Hälfteeigentümers.

Das Erstgericht wies das Eintragungsbegehren mit der Begründung ab, ein Besitznachfolgerecht ohne Eigentumswechsel sei als selbständiges dingliches Recht nicht vorgesehen und könne daher nicht verbüchert werden. Mit der gewählten Konstruktion werde eine Umgehung der Beschränkung des Personenkreises des § 364c ABGB angestrebt.

Dem dagegen erhobenen Rekurs der Antragsteller gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass aufgrund der getroffenen Vereinbarung eine Verbücherung vertraglich vereinbarter „Besitznachfolgerechte“ nicht zulässig sei. Aufgrund der bestehenden Rechtsähnlichkeit mit einer fideikommissarischen Substitution werde ein vertragliches Nachfolgerecht regelmäßig wie eine solche behandelt und daher sei vom Obersten Gerichtshof wiederholt die Verbücherung vertraglicher Besitznachfolgerechte für zulässig angesehen worden (RIS Justiz RS0012539; RS0038444). Die Eintragung eines als „Nachfolgerecht“ vertraglich vereinbarten Rechts zu Gunsten eines Übernehmers habe der Oberste Gerichtshof hingegen abgelehnt (5 Ob 326/00b NZ 2002/519).

Ein Teil der Lehre stehe der Verbücherbarkeit von Nachfolgerechten insbesondere dann kritisch entgegen, wenn der Nachfolgeberechtigte nicht dem Personenkreis des § 364c zweiter Satz ABGB angehöre.

Unabhängig von der Divergenz zwischen einem Teil der Lehre und der Rechtsprechung über die Verbücherbarkeit von Besitznachfolgerechten setze die Verbücherungsfähigkeit von Besitznachfolgerechten immer die Vereinbarung einer Eigentumsübertragung voraus. Die nachträgliche Beschränkung des Eigentums durch eine auflösende Bedingung oder zeitliche Befristung würde Möglichkeiten eröffnen, die weit über die Grundsätze des Veräußerungs und Belastungsverbots bzw der erbrechtlichen fideikommissarischen Substitution hinausgingen.

Im Weiteren sei kein Rechtsgrund für den von den Vertragsparteien vereinbarten Eigentumsübergang erkennbar. Anders als bei einem Belastungs und Veräußerungsverbot könne es nicht nachträglich zu einer Einschränkung des Eigentums durch auflösende Bedingung oder zeitliche Befristung und nachfolgend einem Eigentümerwechsel kommen, wenn dafür kein Rechtsgrund bestehe.

Den Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung im Zusammenhang mit einer „nachträglichen“ Eintragung von Besitznachfolgerechten fehle.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag auf Abänderung der Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinn einer Bewilligung des verfahrenseinleitenden Grundbuchsgesuchs auf Einverleibung der Beschränkung jeweils der Miteigentumsrechte der Antragsteller durch das vereinbarte Besitznachfolgerecht.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.

Gemäß § 608 ABGB kann der Erblasser seinen Erben verpflichten, dass er die angetretene Erbschaft nach seinem Tode, oder in anderen bestimmten Fällen, einem zweiten ernannten Erben überlasse. Diese Anordnung wird eine fideikommissarische Substitution genannt.

Lehre und Rechtsprechung qualifizieren die einem Erwerber rechtsgeschäftlich auferlegte Verpflichtung, die übergebene Sache einer bestimmten dritten Person später zu überlassen, als eine im Rahmen der grundsätzlich herrschenden Vertragsfreiheit zulässige Vereinbarung eines sogenannten Besitznachfolgerechts (RIS Justiz RS0017044; zuletzt 5 Ob 272/99g ua). Wegen der bestehenden Rechtsähnlichkeit ( Umlauft , Zur Frage der Verbücherungsfähigkeit von Besitznachfolgerechten, NZ 1985, 222 [223; 227]) wird dieses von der Praxis herausgebildete Rechtsinstitut regelmäßig wie eine echte fideikommissarische Substitution behandelt (8 Ob 521/78 SZ 51/65 [mit Darstellung der Lehre und Rechtsprechung]; 6 Ob 143/71 SZ 44/112; 5 Ob 84/95 NZ 1997/375 [abl Hoyer ]; 4 Ob 194/98b), wobei auch eine grundbücherliche Eintragung als möglich angesehen wird (3 Ob 63/88 NZ 1989, 217; 5 Ob 48/67 SZ 40/94 mit Nachweisen zur diesbezüglich früheren Rechtsprechung; 5 Ob 84/95 NZ 1997/375; 4 Ob 194/98b NZ 1999, 91). Je näher eine solche Vereinbarung an die Regelung typischer Anliegen der Nacherbschaft herankommt, umso zwingender erscheint die Analogie zur fideikommissarischen Substitution (5 Ob 11/91 SZ 64/34; 4 Ob 194/98b; RIS Justiz RS0012539).

Die von der Rechtsprechung zugelassene Verbücherung vertraglicher Besitznachfolge wird vom überwiegenden Teil der Lehre abgelehnt (vgl die Darstellung von Rassi in Kodek Grundbuchsrecht, § 10 GBG Rz 35 sowie in 5 Ob 326/00b). Zum Teil wird die bücherliche Eintragung nur in den Grenzen des § 364c ABGB für zulässig erachtet (vgl die Darstellung von Apathy in KBB³ § 608 ABGB Rz 7 mwN).

Im vorliegenden Fall geht es aber wie bereits die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben nicht um die Einräumung eines Eigentumsrechts unter gleichzeitiger Beschränkung dieses Eigentumsrechts durch ein vertraglich vereinbartes Eigentumsnachfolgerecht, sodass insoweit nicht die geringste Rechtsähnlichkeit mit dem Institut der gesetzlich geregelten fideikommissarischen Substitution besteht. Eine Analogie zur fideikommissarischen Substitution, wie sie von höchstgerichtlicher Rechtsprechung im Fall vertraglicher Nachfolgerechte in Zusammenhang mit einem Eigentumsübergang bejaht wird, ist daher gänzlich ausgeschlossen (vgl 5 Ob 326/00b NZ 2002, 56).

Für ein Begehren auf Umsetzung durch grundbücherliche Eintragung, Anmerkung oder Vormerkung fehlt es jedoch an einer gesetzlichen Grundlage (vgl auch 3 Ob 530/85 und 5 Ob 73/84, bei allerdings unterschiedlichen Sachverhalten).

Der Revisionsrekurs ist daher nicht berechtigt.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00058.13K.0620.000