OGH vom 17.07.2013, 3Ob95/13m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Gerhard Rößler, Rechtsanwalt, Zwettl, Hamerlingstraße 1, als Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der L***** GmbH, FN *****, AZ 9 S 61/09g des Landesgerichts Krems, gegen die beklagte Partei S***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Heinrich Nagl, Mag. Timo Ruisinger, Rechtsanwälte in Horn, wegen 239.130,13 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 90/12w 53, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Krems vom , GZ 27 Cg 9/10b 47, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der klagende Masseverwalter macht in seiner außerordentlichen Revision geltend, er habe anders als das Berufungsgericht vermeine auch die Setzung von Buchvermerken und schon in der Klage die Abdeckung des Kontokorrentkredits von 68.532,02 EUR inhaltlich wegen mangelnder Inkongruenz angefochten. Es gelingt ihm damit aus folgenden Gründen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen, weshalb die Revision als unzulässig zurückzuweisen ist:
Rechtliche Beurteilung
1. Unbeanstandet und zutreffend hat das Berufungsgericht klargestellt, dass die Rechtslage nach der KO anzuwenden ist (§ 273 Abs 1 und 4 IO).
2. Den Erfolg einer Anfechtung nach den §§ 28 Z 2 und 30 Abs 1 Z 3 KO hat das Berufungsgericht schon auf Basis der getroffenen Feststellungen (diesen sei weder Benachteiligungs- noch Begünstigungsabsicht der Gemeinschuldnerin zu entnehmen) verneint. Das blieb in der Revision unbeanstandet, sodass sich eine Prüfung in diese Richtung erübrigt (RIS-Justiz RS0043338 [T18]).
3.1. Nur durch Tatsachenbehauptungen gedeckte oder wenigstens indizierte Anfechtungsgründe sind zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0064598 [T1]; RS0037891). Die Auslegung des Parteivorbringens im Einzelfall ist regelmäßig Einzelfallbeurteilung (RIS-Justiz RS0042828). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der Kläger habe die Setzung der Publizitätsakte nicht angefochten, ist im Ergebnis nicht unvertretbar.
3.2. Es entspricht herrschender Ansicht, dass sowohl ein Verpflichtungs- als auch ein Verfügungsgeschäft angefochten werden kann (RIS-Justiz RS0050710 [T1]). Mit der Globalzession werden künftige Forderungen abgetreten. Sie wird als Unterart der Sicherungszession angesehen und behandelt, bei der die anfechtungsrelevante Rechtshandlung des späteren Gemeinschuldners der Publizitätsakt (Drittschuldnerverständigung oder Buchvermerk) ist; maßgeblich ist also nicht der Zeitpunkt der Globalzession, sondern derjenige der buchmäßigen Erfassung der einzelnen Forderungen (3 Ob 155/10f mwN; vgl RIS-Justiz RS0064995).
Dennoch nahmen sowohl die Anfechtungserklärung als auch das Urteilsbegehren keinen Bezug auf die Publizitätsakte, sondern ausdrücklich nur auf das Verpflichtungsgeschäft (Globalzessionsvereinbarung vom ). Das Klagevorbringen zu den Buchvermerken beschränkte sich auf die Behauptung, sie seien (zumindest) nicht bei allen Forderungen gesetzt worden, weshalb sie unwirksam seien. Damit wird zwar für einen Teil der Forderungen die Inkongruenz der Befriedigung mangels Einhaltung der gebotenen Publizitätsform geltend gemacht, eine Anfechtung der Sicherstellung, und zwar der Publizitätsakte als jeweils relevanter Teil des Verfügungsgeschäfts ist darin aber selbst bei großzügiger Auslegung des Parteivorbringens nicht zu erkennen. Eine Anfechtung der Sicherstellung nach § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO hätte der auf die konkreten Rechtshandlungen (Setzung der Buchvermerke) bezogenen Behauptung bedurft, die Beklagte sei dabei in Kenntnis/fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit gewesen; die pauschale Behauptung am Ende des Klagevorbringens reicht nicht, weil sie sich in der bloßen Wiedergabe des Textes zitierter Gesetzesstellen erschöpft und der Kläger überdies nur auf den Zeitpunkt der „Zahlungen bzw die Globalzessionsvereinbarung trotz Zahlungsunfähigkeit“ abstellte (S 8 der Klage).
Die Behauptung, die Beklagte sei im Zeitpunkt der Setzung der Publizitätsakte (jeweils) in Kenntnis/fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit gewesen, erhob der Kläger erst im Schriftsatz vom , also lange nach Ablauf der von Amts wegen wahrzunehmenden (RIS-Justiz RS0064658) Jahresfrist des § 43 Abs 2 KO, im Wege einer Klageänderung durch Ausweitung des Anfechtungsumfangs (7 Ob 616/84).
3.3. Einen Mangel des Berufungsverfahrens dahin, das Berufungsgericht habe bei der Verwertung seiner erstmals geäußerten Rechtsansicht zum Anfechtungsumfang gegen §§ 182, 182a ZPO verstoßen, macht die Revision nicht geltend.
4. Sollen Absonderungsrechte (§ 10 Abs 3 KO) durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht berührt werden, müssen sie im Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens zu Recht bestehen. Das ist bei der Sicherungszession der Fall, wenn wie hier noch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Forderungen entstanden waren und die Publizitätsakte gesetzt wurden (vgl RIS-Justiz RS0032577; vgl König Anfechtung 4 Rz 10/67). Den in diesem Umfang unbekämpften Feststellungen folgend liegt der Abschluss des Globalzessionsvertrags (knapp) außerhalb der 60-Tage-Frist vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zugrunde und es wurde im Gegensatz zur Behauptung des Klägers bei den Forderungen, die den zu dieser Saldoreduktion führenden Zahlungen zugrunde lagen, die erforderlichen Publizitätsakte gesetzt; weiters ist mangels Behauptung des Gegenteils davon auszugehen, dass die Forderungen zum Zeitpunkt der Zahlungen bereits entstanden waren.
Eine Anfechtung der Befriedigung nach § 30 Abs 1 Z 1 KO muss daher erfolglos bleiben.