OGH vom 22.06.2022, 3Ob97/22v

OGH vom 22.06.2022, 3Ob97/22v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj N* A*, geboren am * 2009, *, vertreten durch das Land Wien (Magistrat der Stadt Wien, Wiener Kinder- und Jugendhilfe, Rechtsvertretung für den Bezirk 21, *) als Kinder- und Jugendhilfeträger, wegen Unterhalt, hier wegen Bestellung eines Kollisionskurators, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters B* A*, vertreten durch Dr. Michael Hasenöhrl, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 44 R 87/22b-144, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Das Rekursgericht bestätigte die Bestellung des Kinder- und Jugendhilfeträgers zum Kollisionskurator nach § 277 Abs 2 ABGB für den – nach den Feststellungen des Erstgerichts derzeit in Pflege und Erziehung beim Vater befindlichen – Minderjährigen im Unterhaltsverfahren gegen den Vater.

Rechtliche Beurteilung

[2] Der Vater zeigt in seinem außerordentlichen Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[3] 1. Das Rekursgericht hat die Grundsätze für die Bestellung eines Kollisionskurators nach § 277 Abs 2 ABGB zutreffend dargelegt. Für den Anlassfall ist in dieser Hinsicht maßgebend, dass der Vertretungsbefugte in einer bestimmten Angelegenheit nicht nur für den Minderjährigen, sondern auch im eigenen Namen oder im Namen Dritter zu handeln hat und wegen eines zu befürchtenden Widerstreits an Interessen eine Gefährdung der Interessen des Pflegebefohlenen, etwa durch eine nicht mehr gesetzmäßige Vertretung, konkret zu erwarten ist (vgl RS0049033; 10 Ob 90/15f und 3 Ob 204/21b jeweils mwN). Im Unterhaltsverfahren ist eine solche Gefährdung vor allem dann anzunehmen, wenn der Vertretungsbefugte selbst mit Unterhaltsansprüchen des Minderjährigen konfrontiert ist oder durch die Inanspruchnahme widerstreitender Vertretungsbefugnisse mehrerer Obsorgeberechtigter eine Verzögerung des Unterhaltsverfahrens droht (vgl 10 Ob 90/15f).

[4] 2. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Beurteilung des Rekursgerichts, dass die Bestellung eines Kollisionskurators für den Minderjährigen im Anlassfall deshalb gerechtfertigt sei, weil aufgrund des praktizierten „Wechselmodels“ Unterhaltstitel gegen beide Eltern in Betracht kämen und widerstreitende Anträge beider Eltern vorlägen, sowie das eine mangelnde Eignung des Kinder- und Jugendhilfeträgers nicht erkennbar sei, keine Verkennung der Rechtslage.

[5] Die Argumentation des Vaters beschränkt sich auf den Entfall seiner Geldunterhaltspflicht und bezieht sich damit ausschließlich auf seine eigene Interessenlage. Tatsächlich drohen widerstreitende Anträge beider die Vertretungsbefugnis für den Minderjährigen beanspruchenden Eltern und ist der Vater im vorliegenden Verfahren selbst mit Unterhaltsansprüchen konfrontiert.

[6] 3. Mangels erheblicher Rechtsfrage war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00097.22V.0622.000

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