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OGH vom 07.06.2017, 3Ob97/17m

OGH vom 07.06.2017, 3Ob97/17m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Bernd Roßkothen, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die verpflichtete Partei E*****, vertreten durch Dr. Hartmut Ramsauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 53 R 56/17t, 57/17i-20, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Salzburg vom und vom , GZ 8 E 540/17i-5 und -11, abgeändert wurden, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Beschlüsse des Erstgerichts wiederhergestellt werden.

Die Kosten des Revisionsrekurses werden mit 455,64 EUR (hierin enthalten 55,94 EUR USt und 120 EUR Barauslagen) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Text

Begründung:

Die Betreibende und ihre Tochter, die Verpflichtete, wohnen in baulich getrennten Wohnungen im selben Haus. Die Heizungsanlage für das gesamte Haus befindet sich im Keller und ist nur von der Wohnung der Verpflichteten zugänglich.

Mit vollstreckbarer einstweiliger Vorkehrung des Bezirksgerichts Salzburg vom , GZ 11 C 22/17d2, wurde der Verpflichteten zur Sicherung des ruhigen Besitzes der Betreibenden an der von ihr bewohnten Wohnung 1.) verboten, die Heizungsanlage absichtlich auf circa 16 Grad Celsius Tagestemperatur abzusenken, und 2.) geboten, die Heizungsanlage wieder so einzustellen oder durch einen Fachmann so einstellen zu lassen, dass die Raumtemperatur in der Wohnung der Betreibenden in der Zeit von 7:00 Uhr bis 22:00 Uhr wieder jedenfalls 22 Grad Celsius erreicht und in den Nachtstunden nicht weiter als auf 18 Grad Celsius absinkt, wie etwa durch Erhöhung der Vorlauftemperatur.

Das bewilligte der Betreibenden aufgrund dieses Titels antragsgemäß die Unterlassungsexekution gemäß § 355 EO sowie die Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Kosten des Exekutionsverfahrens und verhängte über die Verpflichtete wegen Titelverstößen am 30. und 31. Jänner und am 1., 3., 4., 6., 8. und Geldstrafen. Diesen Beschlüssen lag das Vorbringen der Betreibenden im Exekutionsantrag und mehreren Strafanträgen zugrunde, in ihren Wohnräumen habe die Raumtemperatur an den genannten Tagen tagsüber jeweils nur im Einzelnen angeführte, deutlich unter 22 Grad Celsius (nämlich zwischen 17,4 und 19 Grad Celsius) liegende Werte erreicht.

Das wies infolge Rekurses der Verpflichteten den Exekutionsantrag und die weiteren Strafanträge ab. Der Exekutionstitel enthalte sowohl ein Verbot als auch ein Handlungsgebot. Das Verbot, die Heizungsanlage auf ca 16 Grad Celsius Tagestemperatur abzusenken, könne eine Bewilligung der Unterlassungsexekution schon deshalb nicht rechtfertigen, weil die Betreibende ein solches Verhalten der Verpflichteten gar nicht behauptet habe. Das im Titel ausgesprochene Handlungsgebot könne nicht nach § 355 EO, sondern, weil es um eine vertretbare Handlung gehe, nur nach § 353 EO vollstreckt werden. Der Betreibenden sei ohnehin bereits die Exekution nach § 353 EO bewilligt worden. Selbst wenn man im vorliegenden Fall aufgrund der Art des Titels auch zur Durchsetzung des Handlungsgebots eine Exekution nach § 355 EO in Betracht ziehen wollte, käme keinesfalls eine Kumulierung mit einer Exekution nach § 353 EO in Betracht.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands jeweils 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil gesicherte oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Abgrenzung der Exekutionsarten in einem vergleichbaren Fall und zur Frage fehle, ob und in welcher Form zur Durchsetzung eines Handlungsgebots eine Exekution nach § 353 EO neben einer Unterlassungsexekution nach § 355 EO geführt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der der Betreibenden ist wegen einer vom Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Fehlbeurteilung des Rekursgerichts und .

1.

Das Bewilligungsgericht hat bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag zu prüfen, ob das Begehren (§ 54 EO) durch den Exekutionstitel gedeckt ist (§ 7 EO). Es hat nicht zu untersuchen, was der Verpflichtete nach dem Gesetz zu leisten hat, sondern nur, wozu er im Titel verpflichtet wurde (RIS-Justiz RS0000217 [T5]).

2. Wie das Rekursgericht richtig erkannt hat, normiert der Titel sowohl eine Unterlassungs- als auch eine Handlungs-(Wiederherstellungs-)pflicht der Verpflichteten. Da sich die Unterlassungspflicht auf eine Raumtemperatur von 16 Grad Celsius bezieht, kann entgegen der Auffassung des Rekursgerichts jedoch nicht von vornherein gesagt werden, dass die von der Betreibenden behaupteten Raumtemperaturen „schon logisch“ nicht den Schluss zuließen, die Verpflichtete habe gegen diese Unterlassungspflicht verstoßen.

3. Bei isolierter Betrachtung der titulierten Unterlassungspflicht könnte tatsächlich fraglich sein, ob die von der Betreibenden inkriminierten Raumtemperaturen im Bereich zwischen 17,4 und 19 Grad Celsius noch unter „circa 16 Grad Celsius“ zu subsumieren sind, wie groß also die Bandbreite ist, die der Begriff „circa“ eröffnet. Wollte man, wie das Rekursgericht, eine Abweichung um 1,4 bis 3 Grad Celsius als zu groß ansehen, wäre nicht bloß eine Raumtemperatur von (maximal) 19 Grad Celsius, sondern auch eine von knapp über 16 Grad Celsius nicht mehr vom Unterlassungstitel umfasst. Angesichts der im Spruch desselben Titels weiters normierten Handlungspflicht, wonach die Verpflichtete für Tagestemperaturen von zumindest 22 Grad Celsius Sorge zu tragen hat, kann allerdings kein Zweifel daran bestehen, dass sich die – wenngleich unscharf formulierte – Unterlassungspflicht auf jede (Tages-)Temperatur in den Wohnräumen der Betreibenden bezieht, die unter 22 Grad Celsius liegt.

4. Die vom Rekursgericht aufgeworfene Rechtsfrage nach der Zulässigkeit der Kumulierung der Exekution nach § 353 und nach § 355 EO zur Durchsetzung der auch titulierten Handlungspflicht stellt sich deshalb gar nicht.

5. In Stattgebung des Revisionsrekurses sind daher die Beschlüsse des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 EO. Bemessungsgrundlage ist jedoch (auch) im Exekutionsverfahren nur der Betrag von 580 EUR (§ 10 Z 1 iVm § 13 lit a RATG). Die Pauschalgebühr für den Revisionsrekurs gegen die Entscheidung über den Exekutionsantrag (TP 4 Z III lit a GGG) beträgt lediglich 120 EUR, weil auch nach § 19 Abs 1 GGG die Bemessungsgrundlage im Exekutionsverfahren jener im Titelverfahren (gemäß § 16 Abs 1 Z 1 lit a GGG 750 EUR) entspricht.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00097.17M.0607.000
Schlagworte:
Exekutionsrecht

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