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OGH vom 24.04.2001, 4Ob93/01g

OGH vom 24.04.2001, 4Ob93/01g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** reg GenmbH, ***** vertreten durch Dr. Georg Freimüller und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei p***** AG, ***** vertreten durch Dr. Georg S. Mayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 400.000 S), infolge "Revisionsrekurses" (richtig: Rekurses) der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 15 R 215/00y-11, womit der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 38 Cg 73/00x-7, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 32.171,40 S (darin 5.361,90 S USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin zählt neben AFP, AP und Reuters zu den vier ältesten Nachrichtenagenturen weltweit. Sie gehört in Österreich zu den führenden Anbietern von Informations-Dienstleistungen und zugehöriger System-Technologie. Die Klägerin versorgt die Märkte "Medien", "Politik und öffentliche Verwaltung" sowie "Banken und Industrie" mit multimedialen Nachrichten- und Informationsdiensten und leistungsorientierten Wissensmanagementsystemen. Ein Kennzeichen der Klägerin ist seit 1989 die Möglichkeit, die von der Klägerin angebotenen Dienste über "A*****-Online" zu beziehen. Darüber hinaus werden den Kunden der Klägerin seit Jahren zahlreiche Nachrichtendienste und Informationspakete zur Nutzung auf kundeneigenen Homepages angeboten.

Die Beklagte ist auf die Vermittlung von High Tech- und Wirtschafts-Nachrichten über das Internet spezialisiert. Die Redaktion der Beklagten umfasst derzeit 16 Mitglieder in den Ressorts Unternehmen/Finanzen, Medien/Kommunikation, Computer/Telekommunikation und Gesundheit/Leben. Zur Beschaffung von Informationen werten die Mitglieder der Redaktion eine Vielzahl verschiedener Quellen, darunter 150 - 200 Zeitungen und Zeitschriften, rund 60 Fernseh-Stationen sowie insbesondere auch das Internet (etwa 600 Online-Quellen) aus. Verwendet werden zu mehr als 50 % englische, italienische, französische, osteuropäische, spanische und US-amerikanische Quellen. Darüber hinaus sind die Redakteure der Beklagten zur Beschaffung von Informationen auch unmittelbar vor Ort tätig. Sie besuchen Pressekonferenzen und Presse-Events, nehmen an Pressefahrten teil und besuchen Messen. Die so erlangten Informationen werden teils bearbeitet, teils unbearbeitet (absatzweise) übernommen und erscheinen danach auf der Homepage der Beklagten. Die Beklagte illustriert die von ihr gesammelten Informationen auch mit Lichtbildern, an denen ihr keine Urheber- bzw Leistungsschutzrechte zustehen. Die von der Beklagten gesammelten Informationen sendet sie zum einen kostenlos an Abonnenten, die online bei ihr die Zusendung von Nachrichten zu bestimmten Themengebieten bestellt haben, zum anderen speichert sie die Nachrichten in einer frei und kostenlos zugänglichen Datenbank. Darüber hinaus bietet die Beklagte den Verkauf von Nachrichten an und erzielt Einnahmen durch die Schaltung von Werbebanners auf ihrer Homepage. Die Beklagte verwertet Nachrichten ausländischer Agenturen, ohne zu diesen in einer vertraglichen Beziehung zu stehen. Sie hat niemals Nachrichten der Klägerin als (Informations-)Quelle bei ihrer Arbeit verwendet. Sie wurde von den Unternehmen, deren Nachrichten sie als (Informations-)Quelle bei ihrer Arbeit verwendet, nicht gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, jegliche Form von Nachrichten und Lichtbildern oder Lichtbildwerken, an denen die alleinigen oder ausschließlichen Nutzungsrechte nicht der Beklagten gehören, ohne entsprechende Genehmigung der Rechtsinhaber im Internet oder in sonstiger Weise zu verbreiten und/oder zu veröffentlichen und/oder zum Abruf aus einer Datenbank über Internet öffentlich bereitzuhalten;

in eventu, jede Form von Nachrichten, an denen die alleinigen oder ausschließlichen Nutzungsrechte anderen Nachrichtenagenturen oder Medieninhabern zustehen, ohne deren Genehmigung im Internet oder in sonstiger Weise zu verbreiten und/oder zu veröffentlichen und/oder zum Abruf aus einer Datenbank über Internet öffentlich bereitzuhalten;

in eventu, Nachrichten anderer Nachrichtenagenturen oder Medieninhaber derart abzuschöpfen, indem diese Nachrichten ohne Zustimmung der jeweiligen Nachrichtenagenturen oder Medieninhaber genutzt (übernommen) und geringfügig redaktionell bearbeitet und durch die Einräumung der Zugriffsmöglichkeit auf den Nachrichtendienst der Beklagten verbreitet und/oder veröffentlicht werden und/oder zum Abruf aus einer Datenbank über Internet öffentlich bereitgehalten werden.

Die Beklagte verfolge ihr Ziel, eine umfassende Internet-Nachrichtenagentur zu werden, mit unlauteren Mitteln. Sie übernehme in zahlreichen Fällen und zum größten Teil wortident Meldungen verschiedener Nachrichtenagenturen, ohne mit diesen eine rechtsgeschäftliche Beziehung eingegangen zu sein. In manchen Fällen erfolge eine geringe redaktionelle Bearbeitung. Die Nachrichtenagenturen hätten die Beklagte mehrfach aufgefordert, die Verletzung ihrer Rechte zu unterlassen. Die Beklagte habe stets den Standpunkt vertreten, auf die Urheberrechte aller Quellen Rücksicht zu nehmen und zu der von ihr gewählten Vorgangsweise berechtigt zu sein. Die unentgeltliche Übernahme fremder Agenturmeldungen sei rechts- und sittenwidrig iSd § 1 UWG, weil sich die Beklagte durch ihr Verhalten im direkten Wettbewerb mit der Klägerin einen nicht unbeträchtlichen Vorteil verschaffe. Wer ohne jede eigene Leistung, ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang das (auch ungeschützte) Arbeitsergebnis eines Dritten ganz oder in erheblichen Teilen glatt übernehme, um so dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen, handle wegen schmarotzerischer Ausbeutung fremder Leistung sittenwidrig. Die in Frage stehenden Agenturmeldungen bzw redaktionellen Berichte von Verlagen seien Werke iSd § 2 Z 1 UrhG. Die Klägerin habe als direkt mit der Beklagten im Wettbewerb stehende Nachrichtenagentur Anspruch gemäß § 1 UWG darauf, dass die Beklagte beim Sammeln und Verbreiten von Informationen die gesetzlichen und vertraglichen Schranken beachte. Die systematische Übernahme fremder - allenfalls auch ungeschützter - Arbeitsergebnisse zu Zwecken des Wettbewerbs sei sittenwidrig. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse daran, dass Mitbewerber im geschäftlichen Wettbewerb sich an die gesetzlichen Vorschriften hielten. Die Beklagte verletze systematisch Ausschließlichkeitsrechte, wodurch sie sich einen unberechtigten Vorsprung gegenüber jenen Mitbewerbern verschaffe, die - wie etwa die Klägerin - diese Schutzrechte respektierten und als Lizenznehmer eine Vergütung zahlten. Die Klagebefugnis der Klägerin bestehe unabhängig davon, ob die unmittelbar Verletzten gegen die Beklagte vorgingen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass gerade die regelmäßige, planmäßige und organisierte Übernahme fremder Inhalte aus unterschiedlichen Quellen die Verfolgung von Urheberrechtsverstößen durch die tatsächlich Berechtigten nicht einfacher mache. Zu Unrecht berufe sich die Beklagte auf eine freie Werknutzung nach § 44 Abs 1 UrhG. Die D***** GmbH (d*****) habe ihr zustehende Ansprüche aus der Verletzung urheberrechtlicher Ausschließlichkeitsrechte hinsichtlich jener von der Beklagten verbreiteten Nachrichten, die ohne Zustimmung der d***** veröffentlicht worden seien, an die Klägerin abgetreten.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Sie habe ihren Redaktionsmitgliedern die strikte Anweisung erteilt, keine urheberrechtlich geschützten Texte unverändert oder auch nur unwesentlich verändert zu übernehmen. Die Beklagte werte nur frei verfügbare Information aus verschiedenen Informationsquellen aus. § 1 UWG schütze nur den, dessen Leistung nachgeahmt werde. Es sei nicht sittenwidrig, ein - wenn auch mit Mühen und Kosten errungenes - fremdes Arbeitsergebnis oder fremden Fleiß auszunützen. Auch von einer systematischen Urheberrechtsverletzung durch die Beklagte an Werken Dritter könne keine Rede sein. Bei den in Frage stehenden Agenturmeldungen und redaktionellen Berichten von Verlagen handle es sich nicht um Werke iSd § 2 Z 1 UrhG. Im Internet frei zugängliche Nachrichten fielen selbst im Falle des Bestehens von urheberrechtlichem Schutz unter die freie Werknutzung gemäß § 44 Abs 1 UrhG. Einzelne der von der Beklagten als Informationsquellen benützten Texte seien möglicherweise urheberrechtlich geschützt; jedenfalls sei die Klägerin nicht Urheberin dieser Texte.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Klägerin mache nicht die Verletzung eigener Rechte geltend, sondern die Verletzung von Rechten Dritter, wozu sie gemäß § 81 ff UrhG nicht aktiv legitimiert sei. Wenn sie nunmehr einen ihr urheberrechtlich nicht zustehenden Anspruch über den Umweg des UWG geltend zu machen versuche, setzte dies voraus, dass besondere Umstände einen zusätzlichen sittenwidrigen Tatbestand ergäben. Soweit sie dazu vorbringe, dass derjenige, der ohne jeden eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang das ungeschützte Arbeitsergebnis eines Dritten ganz oder in erheblichen Teilen glatt übernehme, um so dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen, wegen schmarotzerischer Ausbeutung fremder Leistung sittenwidrig handle, sei ihr zu entgegnen, dass die Beklagte kein Arbeitsergebnis der Klägerin übernehme. Im wörtlichen Übernehmen einzelner Textabschnitte von Anbietern im Zusammenhang mit dem Sammeln von Informationen aus hunderten Quellen liege - anders etwa als bei glatter Übernahme eines Arbeitsergebnisses durch Vervielfältigung oder Abschreiben - kein sittenwidriges Verhalten.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluss auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil das Rekursgericht zwar der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gefolgt sei, doch habe sich dieser mit der (neuen) Rechtsansicht des BGH, die zu einem entgegengesetzten Ergebnis komme, noch nicht auseinandergesetzt. Die (planmäßige) Missachtung von Ausschließlichkeitsrechten Dritter könne gegen § 1 UWG verstoßen. Da es sich bei den Streitteilen zweifellos um Mitbewerber handle, könne der Klägerin ihre Legitimation zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen der Beklagten nicht mit dem Argument abgesprochen werden, sie sei nicht unmittelbar geschädigt, leite sie doch ihre Ansprüche nicht etwa aus dem Urheberrecht oder sonstigen absolut geschützten Rechtspositionen, sondern ausschließlich aus ihrer Stellung als Mitbewerberin ab. Jeder subjektiv vorwerfbare Gesetzesverstoß begründe im Wettbewerb unabhängig davon, ob die verletzte Norm wettbewerbsregelnden Charakter habe, dann auch einen Verstoß gegen § 1 UWG, wenn er in der Absicht begangen werde, im Wettbewerb einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen; diese Absicht sei bei einer Wettbewerbshandlung zu vermuten. Dass die der Beklagten vorgeworfenen Normverletzungen objektiv geeignet seien, den freien Leistungswettbewerb zu beeinträchtigen, könne nicht zweifelhaft sein, weil die Beklagte zugestehe, für die Auswertung und Verwertung der von ihr herangezogenen Agenturmeldungen - anders als im Geschäftsverkehr üblich - kein Entgelt zu entrichten. Es könne keinen Unterschied machen, ob ein Mitbewerber bei seinen Wettbewerbshandlungen Urheberrechte Dritter oder aber andere (absolut) geschützte Rechtspositionen Dritter (etwa fremdes Eigentum oder fremden Besitz) verletze. Wenn der BGH im Zusammenhang mit § 1 UWG Urheberrechtsverstöße anders behandle als sonstige Gesetzesverstöße, sei dem nicht zu folgen. Der BGH stelle - anders als der OGH - auf die Zielrichtung der jeweiligen Vorschrift ab und leite daraus ab, dass die Verletzung fremden Urheberrechts auch dann nicht zu Ansprüchen von Mitbewerbern wegen unlauteren Wettbewerbs führe, wenn sie geeignet sei, den Wettbewerb zu beeinflussen. Das Urheberrecht bezwecke nach dieser Ansicht nämlich nicht, den Wettbewerb durch Aufstellung gleicher Schranken zu regeln und dadurch zur Chancengleichheit der Wettbewerber beizutragen, sondern wolle vielmehr allein die Interessen der Urheber und derjenigen schützen, die ihre Rechtsposition von diesem ableiteten; der durch Urheberrechtsverletzungen erlangte Wettbewerbsvorsprung rechtfertige es daher allein nicht, anderen dadurch benachteiligten Unternehmen Unterlassungsansprüche aus § 1 UWG zuzugestehen. Andernfalls - so die Argumentation des BGH - bestünde ein Widerspruch zur Zielsetzung des UrhG, dem Urheber grundsätzlich die Verfügungsbefugnis darüber zuzugestehen, ob und wie sein Werk verwertet werde; diese Verfügungsbefugnis schließe auch die freie Entscheidung darüber ein, ob und wie gegen Verletzer vorgegangen werden solle bzw dass Rechtsverletzungen hinzunehmen seien. Demgegenüber vertrete das Rekursgericht die Auffassung, die freie Entscheidung des Berechtigten, Gesetzesverstöße zu verfolgen oder Rechtsverletzungen hinzunehmen, sei keineswegs eine Besonderheit des UrhG. Auch Eigentümer oder Besitzer, die durch planmäßige Eigentumseingriffe oder Besitzstörungen im Zuge von Wettbewerbshandlungen eines Unternehmers beeinträchtigt würden, könnten allein darüber entscheiden, ob sie den ihnen zukommenden Eigentums- oder Besitzschutz in Anspruch nehmen oder aber - allenfalls auch wegen der den einzelnen Verletzten nur in geringfügigem Maße treffenden Beeinträchtigung - darauf verzichteten. Dies schließe aber keineswegs aus, dass ein Mitbewerber nach wettbewerbsrechtlichen Vorschriften die Unterlassung eines solchen - gegen § 1 UWG verstoßenden - Verhaltens begehre, das dem Verletzer einen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen rechtstreuen Mitbewerbern verschaffe, die von derartigen Gesetzesverstößen Abstand nähmen. Ganz in diesem Sinne habe der OGH - wenn auch im Rahmen eines obiter dictum - ausgeführt, dass die Missachtung von Ausschließlichkeitsrechten einen Verstoß gegen § 1 UWG bewirken könne, weil sich Wettbewerber, die solche Rechte missachteten, einen unberechtigten Vorsprung vor ihren Mitbewerbern, die diese Rechte respektierten und als Lizenznehmer eine Vergütung zahlten, verschafften; als mögliche Ausschließlichkeitsrechte kämen hier Patent-, Muster-, Urheber-, Namens-, Marken- und Ausstattungsrechte in Frage. Sollten der Beklagten daher tatsächlich planmäßige (rechtswidrige) Eingriffe in fremde Urheberrechte vorzuwerfen sein, bestünde ein Unterlassungsanspruch der Klägerin zu Recht. Das Erstgericht habe - ausgehend von seiner abweichenden Rechtsansicht - Feststellungen zu den zur Beurteilung der urheberrechtlichen Problematik maßgeblichen Fragen unterlassen, was es im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben werde. Dabei werde nach Aufnahme der von den Streitteilen beantragten Bescheinigungsmittel zu klären sein, ob es sich bei den von der Beklagten verwerteten bzw übernommenen Nachrichten um Werke iSd § 2 Z 1 UrhG handle und ob die betroffenen Nachrichtenagenturen einen Rechtevorbehalt iSd § 44 Abs 1 zweiter Satz UrhG publiziert hätten, sofern es sich um Nachrichten iSd § 44 Abs 1 UrhG handle. Sollte sich ein Urheberrechtseingriff nicht erweisen lassen, käme dem Unterlassungsbegehren nur dann Berechtigung zu, wenn der Beklagten insoweit ein schmarotzerisches Nachahmen vorgeworfen werden könne, als sie (planmäßig) die Arbeitsergebnisse der betroffenen Nachrichtenagenturen in größeren Passagen wortident ("glatt") übernommen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehlt, ob auch ein Mitbewerber den planmäßigen Eingriff in Urheberrechte Dritter im Rahmen einer auf § 1 UWG gestützen Klage geltend machen kann; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Nach Auffassung der Beklagten sei es alleiniger Zweck von Urheberrechten als Individualrechten, die Interessen der Urheber und derjenigen zu schützen, die ihre Rechtsposition von diesen ableiteten, nicht hingegen, den Wettbewerb durch Aufstellung gleicher Schranken zu regeln. Es sei daher allein Sache des Rechtsinhabers, ob und wie er von seinen Abwehrrechten Gebrauch mache, ob er also seine Rechte verteidige, die Rechtsverletzung hinnehme oder aber sich mit dem Rechtsverletzer arrangiere. Gleiches gelte auch für andere individuelle, mit absoluter Wirkung geschützte Rechtsgüter, wie etwa Eigentum oder Markenrechte. Eine allfällige Verletzung von Urheberrechten Dritter begründe keinen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch eines Mitbewerbers, weil andernfalls in unvertretbarer Weise in die Dispositionsfreiheit des unmittelbaren Rechtsinhabers eingegriffen würde. Dazu ist zu erwägen:

Die Frage, ob eine Verletzung bestehender Urheberrechte zugleich unlauteren Wettbewerb bedeutet, wird in Lehre und Rechtsprechung kontroversiell beantwortet.

Die in Deutschland wohl hM (Baumbach/Hefermehl Wettbewerbsrecht22 § 1 UWG Rz 1; weitere Nachweise bei Schricker, Urheberrecht**2, Einl Rz

39) vertritt im Anschluss an den BGH (WRP 1999, 417 - Elektronische Pressearchive) die Auffassung, Ansprüche wegen unlauteren Wettbewerbs könnten nicht allein darauf gestützt werden, dass ein Mitbewerber im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit fremde Urheberrechte regelmäßig verletze, deren gewöhnliche Verwertung nicht oder nur gegen Entgelt möglich sei. Erlange er dadurch Vorteile im Wettbewerb, so rechtfertige dieser Wettbewerbsvorsprung allein nicht, dadurch benachteiligten Unternehmen Unterlassungsansprüche nach § 1 UWG einzuräumen. Die Verfügungsbefugnis darüber, ob und wie sein Werk verwertet werde, stehe grundsätzlich dem Urheber zu. Die Anwendung des § 1 UWG sei neben den sondergesetzlichen Regelungen des UrhG allerdings dann nicht ausgeschlossen, falls besondere, außerhalb der Sonderschutztatbestände des UrhG liegende Umstände hinzuträten, welche die beanstandete Handlung als unlauter erscheinen ließen (BGH aaO 419).

Schricker (Urheberrecht**2, Einl Rz 38f) meint demgegenüber, es sei zwar in erster Linie Sache des Rechtsinhabers, im Fall der Verletzung von Urheberrechten die vorgesehenen Sanktionen ins Werk zu setzen. Unterbleibe aber die urheberrechtliche Sanktionierung, so könne sehr wohl ein Interesse der gesetzestreuen Mitbewerber daran erwachsen, dass gegen den Rechtsbrecher wettbewerbsrechtlich vorgegangen werde, um zu verhindern, dass er sich durch den Rechtsbruch einen ungebührlichen Wettbewerbsvorsprung verschaffe. Als Beispielsfälle unterbleibender urheberrechtlicher Sanktionierung nennt er solche, in denen der Rechtsinhaber unbekannt oder die Rechtslage ungeklärt ist oder diffuse Rechte zahlreicher Rechtsinhaber in geringerem Umfang verletzt werden, von denen sich keiner zu einer Reaktion bemüßigt sehe, nämlich etwa die ungenehmigte gewerbliche Verwertung älterer ausländischer Spielfilme auf Videokassetten oder ein Dokumentationsdienst, der laufend die Rechte zahlreicher wissenschaftlicher Urheber verletzt, ohne dass einer der Betroffenen zu einem Vorgehen herausgefordert werde. Nach Schricker (aaO 39 mwN) sei der Aspekt der Erzielung eines Wettbewerbsvorsprungs durch Rechtsbruch wettbewerbsrechtlich fassbar: Unlauter handle, wer die Missachtung fremder Urheberrechte in einer Weise wettbewerblich ausnutze, die geeignet sei, einen Vorsprung gegenüber der gesetzestreuen, die Urheberrechtslage respektierenden Konkurrenz zu begründen. Ein Vorsprung liege bereits darin, dass der Verletzer sein Sortiment erweitern und ohne Verzögerung durch Nachsuchen um Genehmigung anbieten könne; auch eine Preisunterbietung bedeute einen Wettbewerbsvorsprung. Zumindest bei einer planmäßigen und systematischen Ausnutzung der Urheberrechtsverletzung im Wettbewerb müsse § 1 UWG zum Zuge kommen.

Der Oberste Gerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, dass gegen § 1 UWG auch verstoßen kann, wer Ausschließlichkeitsrechte (etwa Patent- oder Lizenzrechte) missachtet, weil er sich vor den Mitbewerbern, die diese Rechte respektieren und etwa Lizenzgebühren zahlen, einen ungerechtfertigten Vorsprung verschafft (MR 1988, 22 - K.I.T.T.; 4 Ob 243/99k; vgl auch ÖBl 1973, 90 - Venyl); als Kläger trat in diesen Fällen jedoch stets der angebliche Rechtsinhaber auf (ähnlich die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung 4 Ob 135/98a, bei der ein Mitbewerber eine Verletzung seines Eigentumsrechts an Transportkisten geltend machte).

In der Entscheidung 4 Ob 405/76 hatte der erkennende Senat die auf § 1 UWG gestützte Wettbewerbsklage eines Mitbewerbers wegen kommerzieller Nutzung von Lichtbildern von Fußballern unter Verstoß gegen § 78 UrhG (fehlende Einwilligung der Abgebildeten) durch Herausgabe von Sammelalben und dazu passenden Fußballer-Bildern durch die Beklagten zu beurteilen und sprach aus, § 78 UrhG diene ausschließlich dem Schutz der Persönlichkeit des Abgebildeten und verfolge keine wettbewerbsregelnde Absicht; ein Verstoß gegen diese wettbewerbsrechtlich neutrale Vorschrift könne nur dann als sittenwidrig iSd § 1 UWG angesehen werden, wenn die Beklagten bewusst und planmäßig in der Absicht gehandelt hätten, sich durch diesen Gesetzesverstoß einen Vorsprung vor ihren gesetzestreuen Konkurrenten zu verschaffen. Letztere Voraussetzung lag in diesem Fall deshalb nicht vor, weil die Beklagten aus gutem Grund (nämlich infolge Vorliegens einer Bewilligung durch den ÖFB) davon ausgehen durften, zur Veröffentlichung der Spielerbilder berechtigt zu sein.

Die in dieser Entscheidung noch zum Ausdruck kommende Unterscheidung zwischen einem Verstoß gegen wertneutrale Normen und einem Verstoß gegen wettbewerbsregelnde Normen hat der Oberste Gerichtshof mittlerweile aufgegeben (vgl dazu Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 33 Rz 93). An dem dort ausgesprochenen Grundsatz, dass ein Mitbewerber wegen der Verletzung fremder Ausschließlichkeitsrechte (dort: Persönlichkeitsrechte) dann wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend machen kann, sofern der Rechtsverletzer bewusst und planmäßig in der Absicht gehandelt hat, sich durch diesen Gesetzesverstoß einen Vorsprung vor seinen gesetzestreuen Konkurrenten zu verschaffen, kann aber im Anschluss an die deutsche Rechtsprechung und entgegen den Überlegungen Schrickers nicht festgehalten werden.

Nach dem Grundsatz der Spezialität des UrhG und der Subsidiarität des UWG vermag die Übernahme einer urheberrechtlich geschützten Leistung für sich allein noch keine Unlauterkeit iSd § 1 UWG zu begründen. Zutreffend verweist der BGH (WRP 1999, 417 - Elektronische Pressearchive) auf die Zielsetzung des UrhG, dem Urheber grundsätzlich die Verfügungsbefugnis darüber zu geben, ob und wie sein Werk verwertet wird. Ebenso wie es dem Urheber freisteht, einzelnen Wettbewerbern Nutzungsrechte zu vergeben, die er anderen verweigert, ist es ihm überlassen, Rechtsverletzungen hinzunehmen oder zu verfolgen. Diese Entscheidungsbefugnis würde dem Urheberberechtigten zumindest teilweise auch dann genommen, wenn er darauf beschränkt würde, lediglich mit Wirkung für die Zukunft wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen dadurch die Grundlage zu nehmen, dass er in Eingriffe in seine Rechte einwilligt oder Nutzungsrechte einräumt, weil die Rechtswidrigkeit bereits begangener Urheberrechtsverletzungen und die daraus Dritten für die Vergangenheit erwachsenen wettbewerbsrechtlichen Schadens- und Auskunftsansprüche nicht rückwirkend durch eine entsprechende Erklärung des Urheberberechtigten beseitigt werden könnten.

Wenn das Rekursgericht in seiner Argumentation Urheberrechtsverletzungen durch einen Mitbewerber unter die zu § 1 UWG entwickelte Fallgruppe des Erlangens eines Wettbewerbsvorsprungs infolge Rechtsbruchs einordnet, lässt es unberücksichtigt, dass das Urheberrecht (ebenso wie etwa auch das Marken- oder Patentrecht) bestimmten privilegierten Personen (zB dem Urheber oder dem Werknutzungsberechtigten) Ausschließlichkeitsrechte einräumt, nicht aber allgemein verbindliche Verhaltensnormen für jedermann (wie etwa das Gewerbe-, Lebensmittel- oder Arzneimittelrecht) aufstellt. Dieser strukturelle Unterschied verhindert die wettbewerbsrechtliche Gleichstellung eines Verstoßes gegen das UrhG mit Verstößen etwa gegen die Gewerbeordnung, aber auch gegen das (durch Anordnung von Offizialdelikten gegenüber jedermann strafrechtlich geschützte) Eigentumsrecht. Ein von Amts wegen zu ahndender Verstoß etwa gegen die Gewerbeordnung oder das Eigentumsrecht kann deshalb im Lichte des § 1 UWG einem nur vom Verletzten wahrzunehmenden Eingriff in fremde Urheberrechte nicht gleichgehalten werden.

Einem ähnlichen Gedanken liegt auch die Lehre und Rechtsprechung zu § 1 UWG zugrunde, wonach das Nachahmen einer sonderrechtlich nicht geschützten Leistung nicht von jedem Mitbewerber, sondern nur von demjenigen wettbewerbsrechtlich geltend gemacht werden kann, dessen Leistung nachgeahmt worden ist (Koppensteiner aaO § 34 Rz 28 mwN; Baumbach/Hefermehl aaO § 1 UWG Rz 440 mwN), es sei denn, dass dadurch - neben den verletzten individuellen Interessen des unmittelbar Betroffenen - auch schützenswerte Belange der Allgemeinheit (und damit auch der Mitbewerber) betroffen werden (Baumbach/Hefermehl aaO § 13 UWG Rz 6 mwN). Darauf, dass durch die behaupteten Urheberrechtsverletzungen der Beklagten nicht nur die reinen Individualinteressen der Klägerin betroffen wären oder sonst besondere, außerhalb der Sonderschutztatbestände des UrhG liegende Umstände hinzuträten, die die beanstandeten Handlungen als unlauter iSd § 1 UWG erscheinen ließen (BGH, WRP 1999, 417 - Elektronische Pressearchive), stellt der Sicherungsantrag aber nicht ab.

Der erkennende Senat teilt somit die dem Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts zugrundeliegende Rechtsansicht nicht. Damit stellt sich aber die Frage der Aktivlegitimation im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin, die d***** habe ihr zustehende Ansprüche aus der Verletzung urheberrechtlicher Ausschließlichkeitsrechte hinsichtlich jener von der Beklagten verbreiteten Nachrichten, die ohne Zustimmung der d***** veröffentlicht worden seien, abgetreten. Die Klägerin verweist in ihrer Rekursbeantwortung in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung MR 1994, 22 (M. Walter) = ÖBl 1994, 36 - Luftbild II und vertritt die Ansicht, weil ihr nicht nur das prozessuale Durchsetzungsrecht, sondern auch der dahinter stehende materiell-rechtliche Anspruch abgetreten worden sei, liege keine unzulässige gewillkürte Prozessstandschaft vor.

Im Bereich des Wettbewerbsrechts entspricht es der bereits gesicherten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden kann (WBl 1989, 61 [Thiery] = RDW 1989, 63; WBl 1992, 101 = MR 1992, 124; MR 1994, 22 [M. Walter] = ÖBl 1994, 36 - Luftbild II, wbl 2000, 289; Baumbach/Hefermehl UWG22 EinlUWG Rz 323). Im österreichischen Prozessrecht ist nämlich eine gewillkürte Prozessstandschaft (also eine vertragliche Übertragung der bloßen Klagebefugnis ohne zugrundeliegenden materiell-rechtlichen Anspruch) grundsätzlich nicht möglich (Fasching LB2 Rz 344 mwN; Fucik in Rechberger, ZPO2 vor § 1 Rz 4 mwN).

Auch im Urheberrecht wurde im Einklang mit dieser Rechtsprechung die Klagebefugnis zur Wahrnehmung der dem Urheber oder Leistungsschutzberechtigten eingeräumten Ausschließlichkeitsrechte (nur) in jenen Fällen auch einem Dritten zuerkannt, in denen diesem nicht nur prozessuale Durchsetzungsrechte allein, sondern auch materielle Rechte abgetreten worden sind. Dies betraf etwa den Fall eines Lichtbildherstellers, der die ihm zustehenden (materiellen) Verwertungsrechte zulässigerweise (§ 74 Abs 2 UrhG) treuhändig einer Verwertungsgesellschaft übertragen hat, woraus auch deren Recht folgte, Rechtsverletzungen im eigenen Namen gerichtlich zu verfolgen (MR 1994, 22 [M. Walter] = ÖBl 1994, 36 - Luftbild II), oder den Fall eines Urhebers, der einer Verwertungsgesellschaft Werknutzungsrechte (und damit auch das Recht auf Urheberbezeichnung gemäß § 20 UrhG) im Rahmen eines (Elemente eines Treuhandvertrags enthaltenden) Wahrnehmungsvertrags eingeräumt hat, womit die Verwertungsgesellschaft auch berechtigt war, im eigenen Namen gegen Verstöße gegen das ihr übertragene Verwertungsrecht vorzugehen (SZ 59/119 = JBl 1986, 780 = MR 1986, H5, 14 [zust. M. Walter] = ÖBl 1986, 162 - Weihnachtslieder). Auch nach den Gesetzesmaterialien (abgedruckt bei Ciresa, UrhG § 81 Rz 6) und der Lehre (Dillenz, Praxiskommentar zum österreichischen Urheberrecht, 224) kann der auf § 81 UrhG gestützte Unterlassungsanspruch (nur) sowohl vom Urheber als auch vom Werknutzungsberechtigten geltend gemacht werden.

Keiner dieser Fälle liegt hier vor. Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, von der d***** Werknutzungsrechte eingeräumt erhalten zu haben; solches ergibt sich auch nicht aus dem Text der Abtretungserklärung (Beilage ./AH). Insoweit sich die Klägerin daher auf eine ihr von der d***** übertragene urheberrechtliche Position beruft, liegt dieser in Wahrheit nur ein prozessuales Durchsetzungsrecht ohne einer damit korrespondierenden materiellen Rechtsbefugnis (und damit also eine unzulässige Prozessstandschaft) zugrunde. Die Rechtssache erweist sich demnach im Provisorialverfahren auch unter diesem Gesichtspunkt als spruchreif im Sinne einer Abweisung des Sicherungsantrags.

Dem Rekurs war deshalb Folge zu geben und der erstgerichtliche Beschluss wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.