OGH vom 30.03.2009, 7Ob8/09s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen Raffaela R*****, geboren am *****, vertreten durch die Mutter Dr. Regina R*****, beide: *****, die Mutter vertreten durch Eckert & Fries Rechtsanwälte Gesellschaft m.b.H. in Baden, Vater Dipl.-Ing. Günther W*****, vertreten durch Spitzauer & Backhausen Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Besuchsrecht, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 688/08g-S-28, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom , GZ 16 P 75/05k-S-22, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die Eltern der außerehelich geborenen Minderjährigen leben getrennt, der Vater hat seinen ständigen Aufenthalt in der S*****.
Die Minderjährige beantragt, a) das Besuchsrecht zwischen ihr und ihrem Vater derart zu regeln, dass er sie - nach Maßgabe seiner Anwesenheit in Österreich - einmal im Monat von zu Hause abholt und nach vier Stunden wieder zurückbringt, in eventu b) den Vater zu einem einmaligen Besuchskontakt von zwei Stunden zu verpflichten. Sie brachte vor, sie habe den ausdrücklichen und nachhaltigen Wunsch, ihren Vater kennen zu lernen. Das minderjährige Kind habe ein gesetzlich verankertes Recht auf persönlichen Verkehr mit dem nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Elternteil, dem eine Verpflichtung dieses Elternteils zur Ausübung des Besuchs gegenüberstehe. Eine Abweisung des darauf gerichteten Antrags des Kindes ohne inhaltliche Prüfung nach § 108 AußStrG käme nur dann in Betracht, wenn dies dem Kindeswohl entspräche, was hier aber nicht der Fall sei. Überdies betreffe diese Bestimmung nur Anträge auf Festsetzung eines regelmäßigen Besuchskontakts, nicht jedoch die Bestimmung eines einmaligen Kontakts. Im Vorfeld der Einbringung des Antrags sei versucht worden, mit dem Vater eine Einigung zustande zu bringen, was an dessen unkooperativem Verhalten gescheitert sei.
Der Vater sprach sich mehrfach gegen die Festsetzung von Besuchen aus. Ein Elternteil, der den persönlichen Verkehr mit seinem Kind ablehne, könne nicht zum Besuch gezwungen werden. Das Gesetz unterscheide nicht zwischen einmaligen oder mehrmaligen Besuchskontakten.
Der Jugendwohlfahrtsträger befürwortete den Besuch zwischen Vater und Kind wenigstens zum Kennenlernen. Dies entspreche dem Kindeswohl, weil die Minderjährige diesen Wunsch gut überdacht habe und es für sie wichtig sei, sich mit dem Vater als Teil ihrer Biographie auseinanderzusetzen. Sie sei auf eine Konfrontation mit dem Vater gut vorbereitet.
Der Vater nahm vor dem Rechtshilfegericht in der S***** im Beisein der Rechtsvertreterin der Minderjährigen zu deren Antrag und zum Bericht des Jugendwohlfahrtsträgers Stellung. Er stellte in Frage, ob es sinnvoll sei, in dieser Sache die Hilfe des Gerichts in Anspruch zu nehmen. Die Frage müsse auf familiärer und zwischenmenschlicher Ebene geklärt werden. Er sei von seiner Entscheidung überzeugt, dass es langfristig im Interesse aller Beteiligten sei, weiterhin keinen Kontakt zu seiner Tochter und zur Mutter des Kindes zu pflegen. Eine Änderung dieser Haltung könne aus seiner Sicht nicht aufgrund von gerichtlichen Anweisungen herbeigeführt werden. Seiner Meinung nach sei eine gerichtliche Anweisung kein geeignetes Mittel und eine schlechte Basis zur Inszenierung eines Besuchskontakts. Er sehe sich unter den gegebenen Umständen nicht in der Lage, eine wie immer geartete Rolle als Vater einzunehmen. Ihm wurde vor dem Rechtshilfegericht in Anwesenheit der Rechtsvertreterin der Minderjährigen die Rechtslage dargelegt. Er wurde auch darauf hingewiesen, dass die Aufrechterhaltung des Kontakts mit beiden Elternteilen dem Wohl des Kindes entspreche. Vorschläge zu einer gütlichen außergerichtlichen Einigung wollte der Vater im Hinblick darauf, dass er wegen der Geschehnisse der letzten 13 Jahre seine Vaterrolle nicht habe wahrnehmen können, nicht machen.
Das Erstgericht wies den Antrag ab. Eine Durchsetzung der Besuchspflicht eines Elternteils nach § 148 ABGB komme nicht in Betracht. Der Antrag sei nach § 108 AußStrG ohne inhaltliche Prüfung abzuweisen, weil der Vater die Besuchskontakte ausdrücklich ablehne und auch nach Belehrung bei dieser Ablehnung bleibe. Abgesehen davon entspreche es nicht dem Kindeswohl, der Minderjährigen falsche Hoffnungen zu machen, der Vater könnte sich doch noch für sie interessieren. Sie müsste durch das Unterbleiben der Besuche enttäuscht sein, was schädlicher als eine einmalige Klarstellung sei.
Das Rekursgericht bestätigte den Beschluss. Der Vater habe im erstinstanzlichen Verfahren sowohl vor dem Rechtshilfegericht als auch durch seinen Rechtsvertreter mehrfach ausdrücklich die Ausübung des persönlichen Verkehrs mit seiner Tochter abgelehnt. Die Ablehnung durch den bevollmächtigten Rechtsanwalt sei nicht zu beanstanden, sondern liege vielmehr im Wesen einer rechtlichen Vertretung. Der Bestimmung des § 108 AußStrG sei Rechnung getragen. Der mit dieser Vorgangsweise durchgeführte Versuch des Erstgerichts, zu einer gütlichen Einigung zu gelangen, habe sich als erfolglos erwiesen. Eine ergänzende weitere Einvernahme des Vaters sei nicht nötig. Für eine Differenzierung zwischen einem regelmäßigen Besuchsrecht und der Festlegung eines einmaligen Besuchskontakts biete § 108 ABGB keine Basis. Es sei daraus auch nicht zu entnehmen, dass die Belehrung und der Versuch der gütlichen Einigung vor dem erkennenden Pflegschaftsgericht vorzunehmen sei. § 148 ABGB räume zwar dem Kind ausdrücklich ein Recht auf persönlichen Verkehr mit dem nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Elternteil ein, doch könne der Elternteil gemäß § 108 AußStrG nicht zu Durchführung dieser Besuchskontakte gezwungen werden.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil oberstgerichtliche Judikatur zur Frage fehle, inwieweit unter Bedachtnahme auf § 148 ABGB iVm § 108 AußStrG ein nicht mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebender Elternteil gegen seinen Willen zur Ausübung des persönlichen Verkehrs verpflichtet werden könne.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Minderjährigen mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Vater beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung ist das Recht auf persönlichen Verkehr zwischen Eltern und Kindern ein allgemein anzuerkennendes Menschenrecht. Darüber hinaus ist ein Mindestmaß persönlicher Beziehungen eines Kindes zu beiden Elternteilen höchst erwünscht und wird im Dienst der gesunden Entwicklung des Kindes allgemein gefordert (RIS-Justiz RS0047754). Damit soll die Bindung zwischen Eltern und Kind aufrecht erhalten, eine Entfremdung verhindert und Gelegenheit gegeben werden, sich vom Erziehungs- und Gesundheitszustand des Kindes zu überzeugen (RIS-Justiz RS0049070). Schon vor dem KindRÄG 2001 war in Lehre und Rechtsprechung anerkannt, dass es sich auch beim Besuchsrecht - wie bei den anderen rechtlichen Elementen des Eltern-Kind-Verhältnisses - nicht allein um ein Elternrecht handelt, sondern auch um ein Recht des Kindes, dem eine entsprechende Elternpflicht (nämlich mit dem Kind Kontakt zu pflegen) gegenübersteht (7 Ob 102/06k; Thunhart in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 148 ABGB Rz 1 ff; Stabentheiner in Rummel3 1. ErgBd § 148 ABGB Rz 1; Nademleinsky in Schwimann3 § 148 ABGB Rz 3; Hopf in KBB2 § 148 ABGB Rz 1, je mwN). Mit der Neufassung des § 148 ABGB durch das KindRÄG 2001 wurde das Recht auf persönlichen Verkehr explizit als Recht des Kindes formuliert. Er lautet:
„Lebt ein Elternteil mit dem minderjährigen Kind nicht im gemeinsamen Haushalt, so haben das Kind und dieser Elternteil das Recht, miteinander persönlich zu verkehren. Die Ausübung dieses Rechts sollen das Kind und die Eltern einvernehmlich regeln. Soweit ein solches Einvernehmen nicht erzielt wird, hat das Gericht auf Antrag des Kindes oder eines Elternteils die Ausübung dieses Rechts unter Bedachtnahme auf die Bedürfnisse und Wünsche des Kindes in einer dem Wohl des Kindes gemäßen Weise zu regeln."
Wie schon nach alter Rechtslage ist grundsätzlich für die Regelung des Besuchsrechts allein das Wohl des Kindes ausschlaggebend (RIS-Justiz RS0047958).
Die RV 296 BlgNR 21. GP 34 legt dar, dass ein Recht des Kindes normiert und damit auch psychologischen und soziologischen Erkenntnissen Rechnung getragen werden sollte, wonach die Aufrechterhaltung ausreichender persönlicher Kontakte zwischen dem Kind und dem Elternteil, bei dem es nicht lebt, für die weitere Entwicklung des Kindes von besonderer Bedeutung ist. In diesem Zusammenhang wird nach der RV die Elternverantwortung dadurch betont, dass die Ausübung des Rechts auf persönlichen Verkehr das Kind und die Eltern einvernehmlich regeln sollen. Nur soweit ein solches Einvernehmen nicht erzielt werden kann, wird das Gericht - wie bisher - die Ausübung dieses wechselseitigen Rechts in einer dem Wohl des Kindes gemäßen Weise zu regeln haben. Die Erkenntnis, wonach der persönliche Verkehr des Kindes mit dem nicht betreuenden Elternteil besonders wichtig ist, und der Umstand, dass es sich nunmehr primär um ein Recht des Kindes handelt, sollen auch den Blick aller Beteiligten dafür schärfen, dass es in ihrer gemeinsamen Verantwortung liegt, diesen Kontakt nach Kräften zu fördern. Ergänzt wird diese grundsätzlich neue Sicht des persönlichen Verkehrs als Recht des Kindes durch das Bemühen, wirksamere, für das Kind aber gleichzeitig schonendere Sanktionsmechanismen für die Fälle vorzusehen, in denen die Ausübung des Rechts auf persönlichen Verkehr zu Lasten des Kindes ohne gerechtfertigten Grund vereitelt wird. Ist der - nunmehr kraft Gesetzes zur Aufrechterhaltung der persönlichen Kontakte verpflichtete - nicht betreuende Elternteil dazu nicht bereit, wird es in der Regel wenig Sinn machen, ihn gegen seinen Willen dazu zu zwingen. Eine Durchsetzung dieses Rechts des Kindes mit den traditionellen Beugemitteln wird nicht dem Wohl des Kindes dienen (§ 185b Abs 2 AußStrG aF). Dokumentiert der nicht betreuende Elternteil durch die Verweigerung des persönlichen Verkehrs ein tiefgreifendes Desinteresse, ist es gerechtfertigt, ihm auch seine Informations- und Äußerungsrechte nach § 178 Abs 1 ABGB zu versagen (§ 178 Abs 3 zweiter Satz ABGB). Neben dieser Sanktion sieht der Entwurf - im Begutachtungsverfahren mehrfach erhobenen Forderungen folgend - vor, dass das Recht auf Pflichtteilsminderung nach § 773a ABGB dem besuchsunwilligen Elternteil (wie auch dem den persönlichen Kontakt verweigernden Kind) nicht zustehen soll (§ 773a Abs 3 ABGB).
Nach § 178 Abs 3 2. Satz ABGB entfallen die Informations- und Äußerungsrechte nach § 178 Abs 1 ABGB, wenn der mit der Obsorge nicht betraute Elternteil grundlos das Recht des Kindes auf persönlichen Verkehr ablehnt. Nach § 773a Abs 3 ABGB steht dem Elternteil, der die Ausübung des Rechts auf persönlichen Verkehr mit dem Pflichtteilsberechtigten grundlos abgelehnt hat, das Recht auf Pflichtteilsminderung auf die Hälfte (wenn zu keiner Zeit zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten ein wie in der Familie zwischen solchen Verwandten gewöhnliches Naheverhältnis besteht) nicht zu. Auch § 108 AußStrG nF sieht (im Wesentlichen wie § 185b AußStrG aF) vor, dass der persönliche Verkehr gegen den Willen des Elternteils nicht durchgesetzt werden soll. Er lautet, soweit hier von Bedeutung:
„Lehnt ein nicht mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebender Elternteil ausdrücklich die Ausübung des persönlichen Verkehrs ab und bleiben eine Belehrung über die Rechtslage, und darüber, dass die Anbahnung oder Aufrechterhaltung des persönlichen Verkehrs mit beiden Elternteilen grundsätzlich dem Wohl des Minderjährigen entspricht, sowie der Versuch einer gütlichen Einigung erfolglos, so sind Anträge auf Regelung des persönlichen Verkehrs ohne weitere inhaltliche Prüfung abzuweisen und ist von der Durchsetzung des persönlichen Verkehrs abzusehen."
Nach der RV 224 BlgNR 22. GP zu § 108 AußStrG ist aufgrund des Ansatzes, dass auch der persönliche Verkehr ein Recht des betroffenen Kindes ist, dem Minderjährigen die Möglichkeit eines Antrags auf Besuchsregelung eingeräumt, wenngleich damit kein Anspruch auf Besuchsregelung auch gegen den Willen des nicht erziehenden Elternteils verbunden ist. Mit der Antragslegitimation wird zunächst der allgemein anerkannten psychologischen und soziologischen Erkenntnis Rechnung getragen, wonach die Aufrechterhaltung ausreichender persönlicher Kontakte zwischen dem Kind und dem Elternteil, bei dem es nicht lebt, für die weitere Entwicklung des Kindes von besonderer Bedeutung sind. Auch Art 9 Abs 3 iVm Art 10 Abs 2 KRK (Kinderrechtekonvention) betont das Recht des nicht Volljährigen auf persönlichen Verkehr mit beiden Elternteilen. Aufgrund eines solchen Antrags ist die Regelung des Besuchs mit dem nicht erziehenden, getrennt lebenden Elternteil jedenfalls zu erörtern. Verweigert dieser Elternteil trotz dieser Erörterung weiterhin den persönlichen Kontakt, ist der Antrag ohne weitere inhaltliche Prüfung abzuweisen.
Im Schrifttum wird zu der dargestellten Rechtslage die Ansicht vertreten, dass der besuchsverpflichtete Elternteil, der den persönlichen Verkehr mit dem Kind ablehnt, nicht zur Ausübung des persönlichen Kontakts gezwungen werden kann, also das Kind gegenüber einem desinteressierten Elternteil das Besuchsrecht nicht zwangsweise durchsetzen kann (Thunhart aaO Rz 47, Nademleinsky aaO Rn 11 und 36; Stabentheiner aaO Rz 1a; Deixler/Hübner in Rechberger, AußStrG § 108 Rz 5; Hopf in Ferrari/Hopf, Reform des Kindschaftsrechts, 81; Fucik/Kloiber, AußStrG § 108 Rz 2; Kohlegger in ÖJZ 1998, 121 [129]; Feil/Marent, AußStrG § 108 Rz 3; Tews, Besuchsrecht, Obsorge ua, 167).
Auch wenn das Kindeswohl grundsätzlich für jede Regelung des Besuchsrechts allein ausschlaggebend ist, so ergibt sich - im Gegensatz zur Rechtsmeinung der Revisionsrekurswerberin - kein Anhaltspunkt dafür, dass entgegen der eindeutigen Gesetzeslage und den vorhin zitierten ErlRV § 108 AußStrG einschränkend derart ausgelegt werden müsste, dass das Kind doch sein Recht auf persönlichen Kontakt gegen einen Elternteil, der dies ablehnt, - zumindest einmalig - durchsetzen könnte, wenn es dem Kindeswohl im Einzelfall entspräche. § 148 ABGB legt zwar programmatisch die Rechte des Kindes und des Elternteils, mit dem das Kind nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, fest. Wenn sich aber ein Elternteil seiner Verpflichtung entzieht, sieht das Gesetz lediglich die oben dargelegten Sanktionen vor, nämlich den Verlust seiner Informations- und Äußerungsrechte nach § 178 Abs 1 ABGB und den Verlust des Rechts auf Pflichtteilsminderung nach § 773a Abs 3 ABGB. Eine Durchsetzungsmöglichkeit gegen den Willen des Elternteils ist nicht normiert. Nach § 108 AußStrG ist der Antrag vielmehr ohne weitere inhaltliche Prüfung abzuweisen. Der Gesetzgeber hat dabei vorweg die generelle Abwägung, dass eine zwangsweise Durchsetzung des Besuchsrechts nicht dem Wohl eines Kindes dient, selbst vorgenommen. Dies entspricht auch der bisherigen Judikatur, nach der im Fall ernstlicher Verweigerung der persönliche Verkehr gegen den Elternteil nicht durchsetzbar ist (RIS-Justiz RS0107648).
Liegen also die Voraussetzungen des § 108 AußStrG vor, so hat keine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Antrag und damit auch keine Prüfung des Kindeswohls im konkreten Fall zu erfolgen. Die eindeutige Gesetzeslage bietet keinen Anhaltspunkt für Ausnahmen, und zwar weder für die Festsetzung eines einmaligen Besuchskontakts noch für die Möglichkeit der zwangsweisen Durchsetzung eines Initialkontakts.
Es ist daher zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 108 AußStrG im vorliegenden Fall vorliegen.
Nach § 108 AußStrG muss dem Elternteil eine Belehrung über die Rechtslage erteilt werden und darüber, dass die Anbahnung oder Aufrechterhaltung des persönlichen Verkehrs mit beiden Elternteilen grundsätzlich dem Wohl des Minderjährigen entspricht. Weiters muss der Versuch einer gütlichen Einigung erfolglos sein.
Entgegen der Rechtsmeinung der Revisionsrekurswerberin hat der Vater seine Ablehnung mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht, und zwar nicht nur in seinen Schriftsätzen und Rechtsmitteln (vertreten durch einen Rechtsanwalt), sondern auch persönlich bei seiner Vernehmung vor dem Rechtshilfegericht. Seine Ablehnung, „eine wie immer geartete Rolle als Vater" einzunehmen, gab er während der Tagsatzung nicht auf. Jene Textpassagen, auf die sich die Minderjährige bezieht, lassen daran keinen wie immer gearteten Zweifel aufkommen. Sie wurden überdies nur auf die Frage ihrer Rechtsvertreterin gemacht, „was anderes getan werden könnte, als sich an das Gericht zu wenden".
Aus dem Protokoll ergibt sich die Belehrung des Vaters über die Rechtslage, zumal auch die Vertreterin der Revisionsrekurswerberin darauf hinwies. Weiters gab der Vater laut Protokoll an, darüber im Klaren zu sein, dass mit der Anbahnung des persönlichen Verkehrs dem Wohl der Minderjährigen grundsätzlich entsprochen würde. Dem Vater wurden persönlich die nötigen Belehrungen vor dem Rechtshilfegericht erteilt, sodass damit jedenfalls den Erfordernissen des § 108 AußStrG genüge getan ist.
Die Revisionsrekurswerberin stützt sich darauf, dass die Belehrung des Vaters und seine Erklärung, den persönlichen Verkehr mit seinem Kind abzulehnen, nur vor dem Pflegschaftsgericht selbst und nicht vor dem Rechtshilfegericht erfolgen dürften. Derartiges ist aber dem Gesetz nicht zu entnehmen. Eine Beweisaufnahme bzw Vernehmung von Personen durch den ersuchten Richter im Ausland ist auch im Außerstreitverfahren zulässig (§ 35 AußStrG). Es genügen die vor dem Rechtshilfegericht abgegebenen Erklärungen.
Die ablehnende Stellungnahme des Vaters zum persönlichen Verkehr mit der Revisionsrekurswerberin vor dem Rechtshilfegericht ist eindeutig. Es gibt keine Veranlassung für die von der Revisionsrekurswerberin geforderte amtswegige (weitere) Abklärung seiner Haltung im Sinn des § 13 AußStrG. Da der Vater ohnehin persönlich vor dem Rechtshilfegericht seine ablehnende Erklärung abgab, kann es dahingestellt bleiben, ob sich das Gericht nur mit einer vom Rechtsvertreter verfassten schriftlichen Stellungnahme begnügen könnte.
Sofern - wie im Besuchsrechtsverfahren - eine mündliche Verhandlung nicht zwingend vorgeschrieben ist, steht es dem Gericht frei, eine Tagsatzung über die Sache anzuordnen (§ 18 AußStrG), das heißt, das Gericht ist dazu nicht verpflichtet. Durch die Ablehnung des Vaters kam hier keine gütliche Einigung über das Besuchsrecht zustande. Wie bereits dargelegt, sieht das Gesetz - im Gegensatz zum Wunsch der Revisionsrekurswerberin - nicht vor, dass Elternteil und Kind obligatorisch zu einer Tagsatzung beim erkennenden Gericht persönlich erscheinen müssen, um mit ihnen persönlich die Erzielung einer gütlichen Einigung zum Besuchsrecht zu versuchen.
Im vorliegenden Fall wurde der Vater im Sinn des § 108 AußStrG persönlich sowohl über die Rechtslage als auch über die Wichtigkeit des persönlichen Verkehrs für das Wohl der Minderjährigen belehrt und hat dennoch die Ausübung des persönlichen Verkehrs und eine gütliche Einigung abgelehnt. Es sind also die Voraussetzungen des § 108 AußStrG erfüllt. In diesem Fall ist der Antrag des Kindes auf Regelung des persönlichen Verkehrs ohne weitere inhaltliche Prüfung abzuweisen. Dies haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt.