OGH 16.05.2013, 5Ob80/13w
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. M***** E*****, geboren am *****, 2. Gemeinde K*****, beide vertreten durch Mag. Stefan Weiskopf und Dr. Rainer Kappacher, Rechtsanwälte in Landeck, wegen Ab- und Zuschreibung ob der Liegenschaften EZZ 67 und 258 je GB *****, aus Anlass des Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , AZ 52 R 90/12k, mit dem infolge Rekurses der Antragsteller der Beschluss des Bezirksgerichts Landeck vom , TZ 21762/12, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1. Nach § 1 Abs 1 Satz 1 ERV 2006 können alle Eingaben und Beilagen von Eingaben an Gerichte und Staatsanwaltschaften nach Maßgabe der §§ 5, 8a, 9, 10 und 10a ERV 2006 elektronisch eingebracht werden. Gemäß § 5 Abs 1 ERV 2006 müssen elektronisch eingebrachte Eingaben und elektronisch zuzustellende Erledigungen sowie Beilagen der Schnittstellenbeschreibung nach § 5 Abs 2 ERV 2006 entsprechen. Eingaben und Erledigungen können grundsätzlich auch als PDF-Anhang entsprechend der Schnittstellenbeschreibung nach § 5 Abs 2 ERV 2006 übermittelt werden.
1.2. Nach § 5 Abs 2 ERV 2006 hat das Bundesministerium für Justiz eine Beschreibung über die Art der Datenübermittlung, der vollständigen Datenstruktur, der zulässigen Beilagenformate, einschließlich der Regeln über die Feldinhalte und den höchstzulässigen Umfang für alle elektronischen Eingabe- und Erledigungsarten (Schnittstellenbeschreibung) auf der Website „www.edikte.justiz.gv.at“ bekannt zu machen. Darüber hinaus haben die Übermittlungsstellen allfällige Spezifikationen der von ihnen angebotenen Zusatzdienste auf ihrer Website zu veröffentlichen.
1.3. Gemäß § 10 Abs 1 Satz 1 ERV 2006 können auch Eingaben und Beilagen im Grundbuchverfahren elektronisch eingebracht werden.
2. Nach § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 sind Rechtsanwälte und Notare - nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten - zur Teilnahme am Elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung ist wie ein Formmangel zu behandeln, der zu verbessern ist (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26). Für Eingaben eines Rechtsanwalts oder Notars ab dem maßgeblichen Stichtag (§ 98 Abs 15 Z 1 GOG), die - wie hier der Revisionsrekurs der Rechtsmittelwerber - auf dem Postweg und nicht im Elektronischen Rechtsverkehr eingebracht werden, ist demnach ein Verbesserungsverfahren durchzuführen. Die bisherige Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0124215; RS0124335; RS0124555), die in der nicht auf elektronischem Weg eingebrachten Eingabe keinen die geschäftsordnungsgemäße Behandlung hindernden Formmangel erkannte und von einem folgenlosen Verstoß gegen eine reine Ordnungsvorschrift ausging, kann infolge Änderung der Rechtslage für solche Eingaben seit nicht mehr aufrecht erhalten werden. In gewollter Abkehr von dieser Judikatur müssen die im neu gefassten § 89c Abs 5 GOG idF BGBl I 2012/26 genannten ERV-Teilnehmer/innen in Hinkunft den Elektronischen Rechtsverkehr zwingend verwenden (ErläutRV 1676 BlgNR 24. GP 3). Das gesetzwidrige Absehen von der Nutzung des Elektronischen Rechtsverkehrs durch zur Nutzung Verpflichtete soll - als Verletzung einer zwingend einzuhaltenden Formvorschrift (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26) - zu einem Verbesserungsverfahren und bei einem Ausbleiben der Verbesserung zur Zurückweisung der Eingabe führen (JAB 1699 BlgNR 24. GP 1; RIS-Justiz RS0128266).
3. Die Rechtsmittelwerber haben vorliegend den Revisionsrekurs nicht im Elektronischen Rechtsverkehr eingebracht. Dies wäre im Lichte der zuvor beschriebenen Rechtslage nur dann zulässig, wenn dafür die technischen Möglichkeiten fehlten. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden:
3.1. Nach den „Neuerungen im Grundbuch ERV“ (Dateiname: GB_NeuerungenERV.doc Dok-Version: 1.5 vom ; http://www.edikte.justiz.gv.at/edikte/km/kmhlp 05.nsf/all/gbneu!OpenDocument) wurden „aus Gründen der Übersichtlichkeit“ (...) für die GB-Version 1.5 gegenüber der in Produktion befindlichen GB-ERV-Version 2.0v unter 4.1.2 näher aufgelistete Strukturelemente aus den Schemadateien entfernt, darunter auch die (bislang ohnehin noch nicht freigeschaltet gewesene) „Folgeeingabe/Rekurs, Folgeeingabe/Zurückziehung“. Daraus folgt zunächst, dass im Grundbuchverfahren eine besondere Struktur für die Einbringung eines Rechtsmittels nicht zur Verfügung steht.
3.2. ERV-technisch sind Rechtsmittel im Grundbuchverfahren allerdings keine Folgeanträge (keine Eingabe unter der bisherigen TZ); vielmehr sind Rechtsmittel als „sonstige/sonstige Neueintragung“ (neue TZ) erforderlichenfalls verbunden mit einem in einem GOG-Archiv zu hinterlegenden PDF-Anhang einzubringen.
3.3. Es mag zwar zutreffen, dass der ERV-Grundbuch eine eigene Anwendung bildet und nicht als Bestandteil des ERV-Verfahrensautomation Justiz (VJ) anzusehen ist; im vorliegenden Kontext geht es allerdings ausschließlich um die Einhaltung des § 89c Abs 5 GOG, welche Bestimmung nicht zwischen einzelnen ERV-Anwendungen unterscheidet. Solange daher für ein Rechtsmittel in Grundbuchsachen keine gesonderte Struktur zur Verfügung steht, welche gemäß § 10 Abs 3 ERV 2006 zwingend einzuhalten wäre, wird dem § 89c Abs 5 GOG auch dadurch entsprochen, dass das Rechtsmittel im ERV-Verfahrensautomation Justiz (VJ) als „sonstige Ersteingabe“ mit PDF-Anhang unter Bezugnahme auf die TZ des Erstgerichts eingebracht wird.
4. Demnach sind die Akten dem Erstgericht zurückzustellen, welches die Rechtsmittelwerber gemäß § 75 Abs 2 AußStrG iVm § 10 Abs 4 AußStrG - § 82a GBG gilt nur für das verfahrenseinleitende Grundbuchgesuch - unter Setzung einer angemessenen Frist zur Einbringung seines Revisionsrekurses im Elektronischen Rechtsverkehr (im Sinn des Punktes 3.2. bzw 3.3.) aufzufordern haben wird. Wird die gesetzte Frist eingehalten, so gilt das Anbringen als zum ursprünglichen Zeitpunkt eingebracht (§ 10 Abs 5 Satz 1 AußStrG).
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. M***** E*****, geboren am *****, 2. Gemeinde K*****, beide vertreten durch Mag. Stefan Weiskopf und Dr. Rainer Kappacher, Rechtsanwälte in Landeck, wegen Ab- und Zuschreibung ob der Liegenschaften EZ 67 und 258 je GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , AZ 52 R 90/12k, mit dem infolge Rekurses der Antragsteller der Beschluss des Bezirksgerichts Landeck vom , TZ 21762/12, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Rekursgericht hat über Zulassungsvorstellung der Antragsteller nachträglich ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch nach § 62 Abs 1 AußStrG zulässig sei. Zwar reduziere sich die maßgebliche Rechtsfrage darauf, ob ein fehlerhafter Grundbuchantrag vorliege, weil die Antragsteller die Bescheinigung nach § 15a ForstG weder in ihrem Antrag erwähnt noch als Urkunde beigebracht hätten. Es sei den Antragstellern aber in der Auffassung beizupflichten, dass es - insbesondere im Lichte der weitreichenden Verbesserungsmöglichkeiten nach den §§ 84, 85 ZPO - keine gesicherte oberstgerichtliche Judikatur zur Reichweite der Verbesserungspflicht im Sinne des „relativ neuen“ § 82a GBG gebe, sodass der Zulassungsausspruch entsprechend abzuändern gewesen sei.
Die Antragsteller machen in ihrem Revisionsrekurs geltend, eine forstrechtliche Bescheinigung gemäß § 15a ForstG sei in dem Fall, dass ein zu teilendes Grundstück - wie hier - zumindest teilweise die Benützungsart „Wald“ aufweise, eine für die Erledigung erforderliche Urkunde. Deshalb wäre im vorliegenden Fall zwingend ein Verbesserungsauftrag zu erteilen gewesen. Da die Bescheinigung gemäß § 15a ForstG als Stampiglie ausnahmslos auf einem in Papierform vorliegenden Gleichstück des elektronischen Originals des Teilungsplans angebracht werde, und nicht auf dem elektronischen Original, auf welches das Grundbuchgericht aufgrund des vom Antragsteller beim Grundbuchantrag angegebenen BEV-Geschäftsfalls und BEV-Sicherheitscodes zugreife, liege eine ungewollte Regelungslücke vor, welche nicht zu Lasten der Antragsteller ausgelegt werden dürfe. Die Anbringung der Bescheinigung gemäß § 15a ForstG als Stampiglie auf einem in Papierform vorliegenden Gleichstück des elektronischen Originals des Teilungsplans widerspreche zudem dem Zweck des § 2 Abs 2 LiegTeilG, zumal dadurch nicht mehr gewährleistet sei, dass das Grundbuchgericht über Grundstücksteilungen tatsächlich auf der Grundlage des von der Vermessungsbehörde bescheinigten Plans entscheide, könnte doch das in Papierform vorliegende Gleichstück des elektronischen Originals des Teilungsplans, auf welchem die Bescheinigung gemäß § 15a ForstG angebracht werde und welches die Entscheidungsgrundlage für die Bescheinigung darstelle, manipuliert worden sein. Diese Manipulationsgefahr bzw Zweckverfehlung des § 2 Abs 2 LiegTeilG könnte nur dadurch vermindert werden, dass das mit der Bescheinigung gemäß § 15a ForstG versehene Gleichstück des elektronischen Originals des Teilungsplans vollständig in Urschrift an das Grundbuchgericht übermittelt werde. Doch genau dazu seien die Antragsteller gemäß § 2 Abs 2 letzter Satz LiegTeilG nicht verpflichtet. Lege der Antragsteller seinem Antrag diese Urkunde nicht in Urschrift bei und sei das Gericht der Meinung, dass die Beilage dieser Urkunde erforderlich gewesen wäre, dürfe der Antrag jedenfalls nicht ohne Erteilung eines Verbesserungsauftrags abgewiesen werden.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs der Antragsteller mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Zurückweisung des Revisionsrekurses infolge Fehlens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG ist - wie folgt - kurz zu begründen (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 75 Abs 2 GBG):
1. Grundsätzliche Ausführungen zur Reichweite der Verbesserungsmöglichkeiten nach den §§ 84, 85 ZPO oder zu § 82a GBG sind hier nicht erforderlich. Das Rekursgericht erkennt selbst, dass vorliegend nur zu beurteilen ist, ob die Antragsteller die Bescheinigung gemäß § 15a ForstG ordnungsgemäß vorgelegt haben. Insoweit ist - im Hinblick auf die offenbar gegenteilige Ansicht des Rekursgerichts - lediglich klarzustellen, dass es sich bei der genannten Bescheinigung (nur) um eine Bewilligungsurkunde handelt (allgemein dazu Rassi, Grundbuchsrecht² Rz 122; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht 1.01 § 87 GBG Rz 1), auf welche sich der Antragsteller folglich nicht ausdrücklich berufen, sondern diese nur zur Einsicht vorlegen muss (vgl 5 Ob 58/07a).
2. Gemäß § 2 Abs 2 LiegTeilG ist im Grundbuchantrag auf die Speicherung des Plans und die Bescheinigung nach § 39 VermG im Geschäftsregister der Vermessungsbehörde hinzuweisen. Diese Urkunden sind dem Antrag nicht beizulegen. Die Anbringung der Bescheinigung gemäß § 15a ForstG als Stampiglie auf einem in Papierform vorliegenden Gleichstück des Teilungsplans mag die Praxis mancher Verwaltungsbehörde sein, eine gesetzliche Verpflichtung besteht für eine solche Vorgangsweise jedoch nicht. Vielmehr stellt die Bescheinigung gemäß § 15a ForstG eine an sich selbstständige Urkunde dar (vgl 5 Ob 58/07a; zum möglichen Inhalt siehe etwa Zierl, Die neue grundbuchsrechtliche Bestimmung des § 15a Forstgesetz, NZ 1988, 221).
3. Nach § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 sind Rechtsanwälte und Notare - nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten - zur Teilnahme am Elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Gemäß § 89c Abs 1 GOG gelten für Eingaben im Elektronischen Rechtsverkehr grundsätzlich die Bestimmungen über den Inhalt schriftlicher Eingaben. Soweit dies in der Verordnung nach § 89b Abs 2 GOG angeordnet ist (§ 1 Abs 1 ERV 2006), sind nach § 89c Abs 2 Z 3 GOG Beilagen zu elektronischen Eingaben in Form von elektronischen Urkunden (Urschriften oder elektronischen Abschriften von Papierurkunden) anzuschließen (zu den verschiedenen Arten der Einbringung von Urkunden zu einem ERV-Gesuch vgl Bayer, ERV-Grundbuchsanträge zum Wohnungseigentum [2011] 74). Die Antragsteller haben die Bescheinigung gemäß § 15a ForstG bislang nicht in einer - im ERV zulässigen - Weise vorgelegt, somit auch nicht die Möglichkeit des § 82a Abs 5 GBG formgerecht wahrgenommen; schon aus diesem Grund erweist sich die Gesuchsabweisung im Ergebnis als zutreffend, ohne dass sich in diesem Zusammenhang eine erhebliche Rechtsfrage stellt.
Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
Schlagworte | Grundbuchsrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00080.13W.0516.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAD-70014