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OGH vom 10.05.2006, 7Ob94/06h

OGH vom 10.05.2006, 7Ob94/06h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich M*****, vertreten durch Dr. Michael Brunner und Dr. Elmar Reinitzer, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei G***** AG (vormals I***** AG), *****, vertreten durch Dr. Nikolaus Gabor, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 33.890,69 sA, über die außerordentliche Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 206/05m-41, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Revisionswerber macht in der Zulassungsbeschwerde im Wesentlichen geltend, sein Rechtsmittel sei entgegen der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz zulässig, da

1.) das Berufungsgericht die zentrale, vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschiedene, über den vorliegenden Prozess hinaus bedeutsame Rechtsfrage, ob ein gekipptes Fenster im Sinne von Art 5 Z 1 ABH 1998 „verschlossen" sei oder nicht, falsch gelöst habe und

2.) dem Versicherungsnehmer im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine (angebliche) Obliegenheitsverletzung durch eine Hilfsperson angelastet worden sei. Zur Zeit des Einbruches sei nämlich nicht er, der Kläger, Versicherungsnehmer gewesen, sondern der ruhende Nachlass. Er, der Kläger, sei lediglich Hilfsperson des Nachlasses gewesen. Da Obliegenheiten keine Erfüllungshandlungen gemäß § 1313a ABGB seien, hafte der Versicherungsnehmer nach ständiger Rechtsprechung für ihre Verletzung durch Hilfspersonen nicht.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesen Ausführungen vermag der Revisionswerber einen tauglichen Grund für die Zulassung seines außerordentlichen Rechtsmittels nicht aufzuzeigen:

Zu 1.): Da Versicherungsbedingungen in aller Regel einen größeren Personenkreis betreffen, ist ihre Auslegung, sofern dazu - wie hier - nicht bereits oberstgerichtliche Judikatur existiert, revisibel, es sei denn, die betreffende Bestimmung wäre so eindeutig formuliert, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung in Betracht zu ziehen ist.

Letzteres trifft im vorliegenden Fall zu:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Art 5 der dem gegenständlichen Versicherungsvertrag zugrunde gelegten Allgemeinen Bedingungen für die Haushaltsversicherung (ABH 1998) lauten:

1.) Wenn die Versicherungsräumlichkeiten auch nur für kurze Zeit von allen Personen verlassen werden, sind die Türen zu versperren, Fenster und sonstige Öffnungen ordnungsgemäß verschlossen zu halten sowie vorhandene und vertraglich vereinbarte Sicherungen vollständig anzuwenden.

...

3.) Die vorstehenden Obliegenheiten gelten als vereinbarte Sicherheitsvorschriften im Sinne des Art 3 ABS. Verletzt sie der Versicherungsnehmer, ist der Versicherer nach Maßgabe des § 6 VersVG von der Verpflichtung zur Leistung frei.

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach Vertragsauslegungsgrundsätzen (§§ 914 ff ABGB) auszulegen. Die Auslegung hat sich am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren (RIS-Justiz RS0050063), wobei die einzelnen Klauseln, wenn sie - wie hier - nicht auch Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen sind (RIS-Justiz RS0008901) und stets der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen ist (7 Ob 231/04b; 7 Ob 58/05p mwN uva). Nach diesen zur Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen kann es entgegen der Ansicht des Revisionswerbers keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass ein gekipptes Fenster nicht im Sinne der zitierten Bedingung „ordnungsgemäß verschlossen" ist. Da dies nach allgemeinem Verständnis völlig auf der Hand liegt, erfüllt diese Frage nicht die Kriterien einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO. Zu 2.): Die Ansicht, dem Kläger komme es zugute, dass er die die Leistungsfreiheit der Beklagten nach sich ziehende Obliegenheitsverletzung zu einem Zeitpunkt begangen habe, als ihm das Erbe noch nicht eingeantwortet und er daher noch nicht Eigentümer des versicherten Hauses gewesen und dass er nur als Hilfsperson des ruhenden Nachlasses eingeschritten sei, ist schon deshalb verfehlt, weil nicht der ruhende Nachlass, sondern der Kläger selbst Versicherungsdeckung in Anspruch nehmen will. Davon, dass der Kläger als bloße Hilfsperson im Sinne der eine Haftung für Hilfspersonen verneinenden Judikatur (Grubmann, VersVG5 § 6 E 21 mwN) anzusehen wäre, kann keine Rede sein.

Der Revisionswerber wirft auch im Rahmen seiner Rechtsrüge keine erhebliche Rechtsfrage auf und vermag insbesondere keine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes, die ein Einschreiten des Obersten Gerichtshofes erforderte, aufzuzeigen: Gegen die Richtigkeit der Rechtsauffassung der Vorinstanzen, die Obliegenheit nach § 6 Abs 2 VersVG sei nicht unverschuldet verletzt worden und dem Kläger sei der ihm obliegende Kausalitätsgegenbeweis nicht gelungen, bestehen keinerlei Bedenken.

Damit erweist sich die außerordentliche Revision als unzulässig und muss zurückgewiesen werden.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).