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OGH vom 24.11.1999, 3Ob92/99x

OGH vom 24.11.1999, 3Ob92/99x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Walter Poschinger und Mag. Anita Taucher, Rechtsanwälte in Graz, gegen die verpflichtete Partei Ulrike S*****, vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wegen Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft, infolge der Revisionsrekurse der verpflichteten Partei gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 4 R 410/98p-34, womit die einstweilige Verfügung des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 51 E 57/97p-26, berichtigt mit Beschluss vom , GZ 51 E 57/97p-27, bestätigt wurde, und vom , GZ 4 R 411/98k-35, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 51 E 57/97p-29, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revisionsrekurse und die von der betreibenden Partei zum Revisionsrekurs gegen den Beschluss vom eingebrachte Revisionsrekursbeantwortung werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Parteien sind je zur Hälfte Miteigentümer einer Liegenschaft mit einem Geschäfts- und Wohnhaus. Zur Durchsetzung der mit rechtskräftigem Urteil angeordneten Zivilteilung betreibt die betreibende Partei die Versteigerung der gemeinschaftlichen Liegenschaft gemäß § 352 EO.

Der Schätzwert der Liegenschaft wurde rechtskräftig mit S 4,226.000 festgesetzt.

I. Zum Revisionsrekurs der Verpflichteten gegen den Beschluss des Rekursgerichtes vom , 4 R 410/98p-34:

In der Tagsatzung vom , deren Gegenstand die Feststellung der Versteigerungsbedingungen war, beantragte die betreibende Partei, der Verpflichteten mit einstweiliger Verfügung gemäß § 382 Abs 1 Z 6 EO die Belastung ihres Hälfteanteils zu verbieten.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung bis zur Rechtskraft des Zuschlags oder bis zur rechtskräftigen Einstellung des Verfahrens und verfügte gemäß § 384 Abs 2 EO die Anmerkung des Belastungsverbots im Grundbuch bei dem betreffenden Liegenschaftsanteil. Das Erstgericht nahm als bescheinigt an, es sei zu besorgen, dass durch eine weitere Belastung des Liegenschaftsanteils der Verpflichteten eine Zivilteilung faktisch verhindert oder jedenfalls wesentlich erschwert werde.

Das Rekursgericht bestätigte infolge Rekurses der Verpflichteten diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteigt und der (ordentliche) Revisionsrekurs zulässig sei, weil - soweit feststellbar - jüngere Rechtsprechung zu dem hier vorliegenden Problem dem Bedeutung über den vorliegenden Fall hinaus zukomme, fehle. In der Sache bejahte das Rekursgericht (der Entscheidung ZBl 1925/125 und Ziehensack, Die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft 151 folgend), die Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung bei Gefährdung der Durchsetzbarkeit des Zivilteilungsanspruchs wegen drohender übermäßiger Belastung von Liegenschaftsanteilen einzelner Miteigentümer. Die Erlassung der einstweiligen Verfügung erscheine auch deswegen notwendig, weil nach herrschender Auffassung die Anmerkung der Teilungsklage nicht dieselben Wirkungen habe; sie bewirke nämlich keine Beschränkung der dinglichen Rechte der Miteigentümer, insbesondere schmälere sie nicht deren Rechte, ihre Anteile (weiter) zu belasten.

Der Revisionsrekurs der Verpflichteten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zulässig.

Dem betreibenden Gläubiger steht auf Grund des rechtskräftigen und vollstreckbaren Teilungsurteils ein Anspruch auf Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft zu, bei dem es sich um einen anderen Anspruch im Sinn des § 381 EO handelt, der bei Gefährdung nach § 381 Z 1 EO mit einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 6 EO gesichert werden kann (ZBl 1925/125; Heller/Berger/Stix 2747; Konecny, Der Anwendungsbereich der einstweiligen Verfügung 304 f; Ziehensack, Die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft [1998] 151). An dieser klaren Rechtslage wurden weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur Zweifel geäußert. Ob im konkreten Einzelfall die Voraussetzungen für ein Belastungsverbot vorliegen, stellt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar.

2. Zum Revisionsrekurs der Verpflichteten gegen den Beschluss des Rekursgerichtes vom , 4 R 411/98k-35:

Das Erstgericht genehmigte nach Verhandlung vom die von der betreibenden Partei vorgelegten Versteigerungsbedingungen mit einer Maßgabe in Punkt 12.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss infolge Rekurses der Verpflichteten teilweise in Punkt 12. ab, bestätigte den erstgerichtlichen Beschluss jedoch im übrigen. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteigt und der (ordentliche) Revisionsrekurs zulässig sei, weil, soweit feststellbar, Rechtsprechung zu der Frage, ob es (bei Fehlen eines Einverständnisses) dennoch zulässig ist, einen vom Schätzwert abweichenden höheren Ausrufspreis dann festzusetzen, wenn der die Zustimmung dazu verweigernde Miteigentümer die Verfahrenslage etwa durch übermäßige Belastung seines Miteigentumsanteils selbst herbeigeführt habe, fehle. Das Rekursgericht sei von der Entscheidung 3 Ob 106/84 abgewichen, die sich aber mit diesem speziellen Problem nicht befasse.

Das Rekursgericht bestätigte die Festsetzung des Ausrufspreises mit S 6,000.000, somit über dem rechtskräftig bestimmten Schätzwert von S 4,226.000, weil dies unter den besonders gelagerten Umständen dieses Falls zu billigen sei. Es werde zwar in der Rechtsprechung und Literatur die Ansicht vertreten, dass ein den Schätzwert übersteigender Ausrufspreis nur mit Zustimmung der Parteien bestimmt werden dürfe, weil ein solcher Vorgang zur Vereitelung der Versteigerung führen könnte. In einem Spannungsverhältnis dazu stehe die wohl herrschende Auffassung, wonach bei einer - wie hier - ungleichen Belastung der Miteigentumsanteile der Gefahr, dass die übrigen Miteigentümer bei der gerichtlichen Feilbietung der Liegenschaft durch die Erzielung eines wegen der Belastung der Miteigentumsanteile des anderen Miteigentümers den Verkehrswert ihrer Miteigentumsanteile nicht entsprechenden Meistbotes geschädigt werden könnten, durch Bestimmung eines entsprechend hoch angesetzten Ausrufspreises, durch Erteilung eines Depurierungsauftrages an den anderen Miteigentümer oder durch die Gewährung eines Wertausgleiches zu begegnen sei. Im vorliegenden Fall habe der betreibende Gläubiger daher ein Interesse, den Ausrufspreis (das geringste Gebot) in zumindest der doppelten Höhe des auf dem Anteil der Verpflichteten haftenden Höchstbetragspfandrechtes festzusetzen. Nach den vorliegenden Verfahrensergebnissen komme die Erteilung eines Depurierungsauftrages und eines Wertausgleiches nicht in Betracht. Die Rechtsprechung nehme erkennbar nicht darauf Bedacht, dass der Miteigentümer, der sich gegen einen über dem Schätzwert liegenden Ausrufspreis wendet, selbst die Verfahrenslage geschaffen habe (haben könne), die zu einem höheren Ausrufspreis führe. In der gegenwärtigen Lage könne auch nicht gesagt werden, dass ein Anbot nicht zu erzielen sein könnte.

Der Revisionsrekurs der Verpflichteten ist ebenfalls mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Auch die Revisionsrekursbeantwortung der betreibenden Partei ist unzulässig, weil für den zu entscheidenden Fall eine Revisionsrekursbeantwortung nicht im Gesetz vorgesehen ist.

Das Rekursgericht hat einen den Schätzwert übersteigenden Ausrufspreis bestimmt. Dabei folgt es der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach der Gefahr, dass die übrigen Miteigentümer bei der gerichtlichen Feilbietung einer Liegenschaft durch die Erzielung eines Meistbots, das wegen der ungleichen Belastung nur eines Anteiles dem Verkehrswert ihrer Miteigentumsanteile nicht entspricht, geschädigt werden könnten, durch die Bestimmung eines entsprechend hoch angesetzten Ausrufspreises, durch Erteilung eines Depurierungsauftrags oder durch Wertausgleich Rechnung zu tragen ist (RdW 1994, 11). Das Rekursgericht hält sich somit bei seiner Entscheidung im Einzelfall im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes; eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung liegt nicht vor, zumal dem Rekursgericht eine auffallende Fehlbeurteilung, die unter den angeführten Umständen Voraussetzung für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses wäre (vgl RZ 1994/45 ua), nicht vorzuwerfen ist.