OGH vom 29.04.2004, 6Ob89/03m

OGH vom 29.04.2004, 6Ob89/03m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Reinhard B*****, Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen, ***** vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Partei B***** ***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Gerald Gärtner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 14.690,94 EUR samt Anhang, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 13/03y-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 15 Cg 156/02x-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 875,34 EUR (davon 145,89 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen und erbrachte für die Beklagte auf Grund eines mit ihr geschlossenen Vertrags Leistungen.

Mit seiner am eingebrachten Klage begehrte der Kläger von der Beklagten Zahlung des restlichen Entgelts von 14.690,94 EUR sA zunächst an sich und zuletzt zu Handen der T***** ***** Bank AG. Letzterer sei zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung mit Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom unter anderem die Exekution durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung der Forderung des Klägers gegen die Beklagte bewilligt worden. Im Hinblick auf die Klagsforderung habe dies nach § 308a EO ausschließlich zur Folge, dass das Klagebegehren auf Leistung an den Überweisungsgläubiger richtig zu stellen sei. Seit Eintritt der Fälligkeit der ersten Teilrechnung und seit der Überweisung der Forderung seien mehr als drei Monate verstrichen.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die vom Kläger geltend gemachte Forderung sei überhöht und noch nicht fällig.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, dass die Klagsforderung mit Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom gemäß § 294 EO zu Gunsten der T***** ***** Bank AG ausdrücklich als unbeschränkt pfändbare Forderung gepfändet und dieser zur Einziehung überwiesen wurde.

Rechtlich führte es aus, die Überweisung einer Forderung nehme dem Verpflichteten die Einziehungsbefugnis und damit das aus dieser erwachsende Klagerecht. § 308a EO eröffne dem Verpflichteten jedoch hinsichtlich seiner beschränkt pfändbaren Forderungen unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, diese Forderungen selbst mit Klage zu Gunsten des betreibenden Gläubigers geltend zu machen. Bei unbeschränkt pfändbaren, zur Einziehung überwiesenen Forderungen bestehe dieses Klagerecht nicht. Trotz Erörterung habe der Kläger keine Tatsachen behauptet, aus denen die beschränkte Pfändbarkeit der Klagsforderung abgeleitet werden könnte. Der Kläger habe seine Aktivlegitimation nicht dargelegt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts und verneinte die vom Kläger geltend gemachten Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 308a EO, insofern er nur beschränkt pfändbare Forderungen erfasse. Der Wortlaut des § 308a EO stelle nur auf beschränkt pfändbare Forderungen ab. Eine Gesetzeslücke liege nicht vor. Deshalb seien die Voraussetzungen der vom Kläger gewünschten Analogie nicht gegeben. Das Klagerecht nach § 308a EO diene vor allem dazu, Nachteile des Verpflichteten, die aus einer Untätigkeit des Gläubigers bei der Eintreibung der Schuldforderung resultieren könnten, abzuwenden. Insbesondere die in § 290a EO genannten Forderungen seien für den Verpflichteten gewöhnlich von existenzieller Bedeutung. Ihm verbleibe nur das Existenzminimum. Das Gesetz nehme in Kauf, dass sich der Verpflichtete mit dem notwendigsten Einkommen abfinden müsse, auch wenn die darüber hinausgehenden Einkünfte gewöhnlich weitgehend die Lebensgrundlage des Verpflichteten darstellen. Deshalb würden diese gegenüber anderen Forderungen berechtigterweise verschieden behandelt, die zwar auch, aber nicht gewöhnlich für den Verpflichteten von derartiger Bedeutung sein können. Ein entsprechend sachlich gerechtfertigter Zweck liege auch dem § 291e EO zu Grunde, der allerdings nur auf Antrag anzuwenden sei. Wenn auch die Einschränkung in dieser Bestimmung auf die Vergütung für „persönlich" geleistete Arbeiten im Verhältnis zu solchen Einkünften, die nicht aus persönlich geleisteten Arbeiten resultierten, bedenklich erscheinen könne, liege darin noch kein Grund, Forderungen generell, ungeachtet ihrer rechtlichen Qualifikation, im Sinn des § 308a EO zu behandeln. Ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz liege daher nicht vor. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer analogen Anwendung des § 308a EO auf unbeschränkt pfändbare Forderungen nicht vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem Aufhebungsantrag.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Revisionswerber vertritt zusammengefasst - gestützt auf Äußerungen im Schrifttum - den Standpunkt, eine analoge Anwendung des § 308a EO - insbesondere in Konstellationen wie der vorliegenden - sei aus zivil- und verfassungsrechtlichen Gründen nicht nur möglich, sondern unmittelbar angezeigt, um die insbesondere von Oberhammer (in Angst, EO § 308a Rz 3) aufgezeigten Gleichheitswidrigkeiten aufzuheben. Dem Inhaber einer Forderung, die gepfändet und überwiesen worden sei, stehe zudem jederzeit die Klage auf Leistung an den Pfandgläubiger frei, sodass - ohne weitere Bezugnahme auf § 308a EO - die Aktivlegitimation jedenfalls gegeben sei, weil der Kläger gerade dies begehrt habe.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

I. Die Überweisung einer gepfändeten Forderung zur Einziehung bewirkt gemäß § 308 EO vor allem, dass grundsätzlich nur noch der Überweisungsgläubiger berechtigt ist, die überwiesene Forderung gegen den Drittschuldner geltend zu machen (8 ObA 40/01t = EvBl 2001/165, 730 mwN; RIS-Justiz RS0003874; Oberhammer in Angst, EO § 308 Rz 7). Dem Verpflichteten fehlt im Umfang der Pfändung und Überweisung die Sachlegitimation zur Geltendmachung dieser Forderung (7 Ob 278/99d = RdW 2001, 88; Zechner, Forderungsexekution [2000] 229 ff, 343 ff mwN). Mit Zustimmung des Überweisungsgläubigers bleibt der Verpflichtete aber weiterhin zur Geltendmachung des überwiesenen Anspruchs befugt (2 Ob 509/96 mwN; Oberhammer aaO § 308 Rz 10; s aber Burgstaller/Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 308 Rz 19). Tritt etwa der Überweisungsgläubiger im Prozess des Verpflichteten gegen den Drittschuldner auf Seite des Klägers als Nebenintervenient in den Prozess ein, so ist darin seine Zustimmung zur weiteren Prozessführung zu erblicken, sodass in einem solchen Fall die Klagslegitimation des Verpflichteten auch im Umfang der exekutiven Überweisung weiterhin zu bejahen ist. Für das Vorliegen der Zustimmung ist der Verpflichtete im Prozess beweispflichtig (Oberhammer aaO § 308 Rz 10). Eine solche Zustimmung hat der Kläger aber nicht behauptet.

Soweit die gepfändete Forderung dem betreibenden Gläubiger nur teilweise, nämlich bis zur allenfalls geringeren Höhe des betriebenen Anspruchs, überwiesen wurde, ist der Verpflichtete nicht gehindert, die vom Pfändungsband gleichfalls erfasste Restforderung geltend zu machen; er kann jedoch nur noch auf Gerichtserlag klagen (7 Ob 278/99d; Zechner aaO 350 f; vgl Oberhammer aaO § 308 Rz 9). Ein derartiger Fall ist jedoch hier nicht gegeben, weil der betriebene Anspruch der Überweisungsgläubigerin 83.9983,89 EUR beträgt (Akt 21 E 1168/02i des Bezirksgerichts Innsbruck) und somit höher als die hier eingeklagte Forderung ist.

Soweit eine Forderung erst gepfändet wird, nachdem der Verpflichtete diese gegen den Drittschuldner eingeklagt hatte, berührt die Forderungspfändung die Sachlegitimation des Verpflichteten gemäß § 234 erster Satz ZPO nicht, findet doch diese Bestimmung auf jede Art von Einzelrechtsübergang während des Prozesses, also auch auf die exekutive Überweisung von Forderungen nach den §§ 303 ff EO, Anwendung. Folge der Forderungspfändung ist aber, dass im Fall eines Leistungsbegehrens statt auf Zahlung auf gerichtlichen Erlag zu erkennen ist (2 Ob 509/96 mwN). Im vorliegenden Fall war die Forderung des Klägers aber schon vor Klagseinbringung gepfändet und zur Einziehung überwiesen worden.

Die Auffassung des Klägers, dass der Verpflichtete stets zur Geltendmachung der überwiesenen Forderung berechtigt sei, wenn er nur Zahlung an den Überweisungsgläubiger begehre, ist somit nach herrschender Ansicht unzutreffend.

II. Von dem Grundsatz, dass die Überweisung einer gepfändeten Forderung zur Einziehung dem Verpflichteten die materiellrechtliche Einziehungsbefugnis und damit das aus dieser erwachsende Klagerecht nimmt, macht der seit geltende § 308a EO, der durch die ASGG-Nov 1994, BGBl 1994/624 eingefügt wurde, eine Ausnahme:

Wurde demnach eine beschränkt pfändbare Forderung gepfändet und überwiesen und hat der betreibende Gläubiger diese nicht bereits gerichtlich geltend gemacht, so kann auch der Verpflichtete den pfändbaren Teil zu Gunsten des betreibenden Gläubigers gerichtlich geltend machen,

1. insoweit nicht der betreibende Gläubiger binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Streitverkündung mit Schriftsatz oder durch Erklärung in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung in den Rechtsstreit eintritt oder

2. wenn drei Monate seit der Überweisung und dem Eintritt der Fälligkeit der Forderung abgelaufen sind (§ 308a Abs 1 Z 1 und 2 EO).

Das Klagerecht des Verpflichteten nach dieser Bestimmung bezieht sich auf den pfändbaren Teil einer beschränkt pfändbaren Forderung nach den §§ 290a, 290b, 291d, 292e EO. Es ist aber auch ein Anspruch auf einmalige Vergütung im Sinn des § 291e einer beschränkt pfändbaren Forderung in den Rechtsfolgen gleichzuhalten, wenn dem Verpflichteten durch Beschluss des Exekutionsgerichts ein bestimmtes Existenzminimum überlassen wurde. Er ist dann wie im Fall einer von vornherein nur beschränkt pfändbaren Forderung zu schützen (Zechner aaO 364). In Ergänzung der Bestimmung des § 290a Abs 1 Z 2 EO räumt § 291e EO dem Verpflichteten einen Pfändungsschutz für den Fall ein, dass er als Entgelt für seine Arbeitsleistung nicht wiederkehrende Leistungen erhält. Sein hauptsächlicher Anwendungsbereich betrifft daher selbständig erwerbstätige Verpflichtete. Ist nämlich eine nicht wiederkehrende Vergütung für persönlich geleistete Arbeiten, die die Erwerbstätigkeit des Verpflichteten vollständig oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen, gepfändet, so hat nach § 291e Abs 1 EO das Exekutionsgericht dem Verpflichteten auf seinen Antrag so viel zu belassen, wie er während eines angemessenen Zeitraums für seinen notwendigen Unterhalt sowie den Unterhalt der Personen, denen er gesetzlichen Unterhalt gewährt, bedarf. Bei der Entscheidung sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verpflichteten frei zu würdigen. Dem Verpflichteten ist nicht mehr zu belassen, als ihm nach freier Überzeugung im Sinn des § 273 ZPO verbleiben würde, wenn er Einkünfte im Sinn des § 290a EO in der Höhe der Vergütung hätte. Der Antrag ist insoweit abzuweisen, als die Gefahr besteht, dass der betreibende Gläubiger dadurch schwer geschädigt werden könnte.

Klagt der Verpflichtete gemäß § 308a EO die gepfändete und überwiesene Forderung ein, erfolgt dies zu Gunsten des bzw der betreibenden Gläubiger(s), weshalb das Klagebegehren auch auf Leistung an ihn (sie) zu lauten hat (8 ObA 40/01t mwN).

Zu § 308a EO führen die ErläutRV 1654 BlgNR 18. GP, 28 f aus:

"1. Es wird vorgeschlagen, dem Verpflichteten hinsichtlich seiner beschränkt pfändbaren Forderungen (§ 290a) unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit zu eröffnen, diese Forderung selbst geltend zu machen, wenn dies der betreibende Gläubiger nach Fälligwerden der Forderungen unterlässt. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass der Verpflichtete die Chance einer gerichtlichen Durchsetzung der strittigen Forderung häufig besser beurteilen kann als der betreibende Gläubiger. Dieser ist oft nicht bereit, das Prozessrisiko auf sich zu nehmen. Der Verpflichtete hat aber an der Einbringung seiner Forderung durch Zahlung an den betreibenden Gläubiger allein schon deshalb ein erhebliches Interesse, weil sich dadurch seine Verpflichtungen verringern und möglicherweise das ihn belastende Exekutionsverfahren beendet werden kann. Dazu kommt, dass es sich bei den beschränkt pfändbaren Forderungen um solche handelt, bei denen der Gläubiger (Verpflichtete) besonders schutzwürdig ist.

Durch die neue Regelung wird im Übrigen auch vermieden, dass der betreibende Gläubiger wegen Verzögerung der Betreibung nach dem § 310 Abs 3 EO schadenersatzpflichtig wird.

2. Von der hier vorgesehenen Regelung über die Geltendmachung des gepfändeten und überwiesenen Teils der Forderung durch den Verpflichteten wäre die Pfändung und Überweisung während eines bereits anhängigen Rechtsstreits nicht erfasst. Für diesen Bereich soll die Regelung des § 234 ZPO unberührt bleiben.

Unverändert soll auch die Möglichkeit für den betreibenden Gläubiger oder bei dessen Eintritt gemäß Z 1 für den Verpflichteten weitergelten, dem Prozess als Nebenintervenient beizutreten (s JBl 1960, 501).

Die gerichtliche Geltendmachung durch den Verpflichteten ginge, würde sie ausgeübt, der Kuratorenbestellung nach dem § 310 Abs 4 EO vor; subsidiär bliebe diese aber freilich weiter möglich."

Oberhammer (in Angst, EO § 308a Rz 3) führt aus, vom Anwendungsbereich her stelle § 308a Abs 1 EO auf beschränkt pfändbare Forderungen (§ 290a EO) ab. Ein Klagerecht des Verpflichteten im Sinn des § 308a EO solle offenbar bei unbeschränkt pfändbaren, zur Einziehung überwiesenen Forderungen nicht bestehen. Die Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Forderungen nach § 290a EO könne - entgegen den Materialien - nicht damit begründet werden, dass der Verpflichtete in diesen Fällen besonders schutzwürdig sei, weil der gepfändete Teil der Forderung dem Verpflichteten ohnedies nicht zur Deckung seines Unterhalts zu Gute komme. Die ratio der Beschränkung von § 308a EO auf Forderungen nach § 290a EO könnte allenfalls darin liegen, dass bei beschränkt pfändbaren Forderungen ohnedies (neben dem Klagerecht des betreibenden Gläubigers im Hinblick auf den gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Forderungsteil) auch ein Klagerecht des Verpflichteten im Hinblick auf den unpfändbaren Teil bestehe. Dass umgekehrt eine Einklagung auch des pfändbaren Teiles Voraussetzung der Anwendbarkeit von § 308a EO sei, sei dieser Bestimmung jedoch nicht zu entnehmen. Sowohl bei beschränkt pfändbaren als auch bei unbeschränkt pfändbaren Forderungen bewirke die Verzögerung der Einziehung dieselben Rechtsnachteile für den Verpflichteten, nämlich eine verzögerte Schuldbefreiung im Verhältnis zum betreibenden Gläubiger, und die Gefahr eines Rechtsverlustes wegen Verjährung der gepfändeten Forderung. Insofern sei die von Abs 1 getroffene Differenzierung zwischen unbeschränkt und beschränkt pfändbaren Forderungen sachlich nicht gerechtfertigt. Auch dürfe nicht übersehen werden, dass es auch bei unbeschränkt pfändbaren Forderungen die Möglichkeit gebe, dass der Verpflichtete den nicht zur Einziehung überwiesenen Forderungsteil selbst (auf Gerichtserlag) einklagen könne (s dazu oben I.). Zumal diese Situation der in § 308a EO geregelten Konstellation von der Problemlage her ähnlich gelagert sei, sollte jedenfalls in diesem Fall § 308a EO analog auch bei unbeschränkt pfändbaren Forderungen angewendet werden. Auf Grund der bei beschränkt und unbeschränkt pfändbaren Forderungen gleichen Interessenlage des Verpflichteten, eine Verzögerung der Einziehung zu seinen Lasten zu verhindern, solle nach Auffassung des Autors § 308a EO auf alle Fälle der Verzögerung der Einziehung von Forderungen, dh also auch bei unbeschränkt pfändbaren Forderungen, analog angewendet werden.

Dazu ist zunächst nur zu bemerken, dass sich der Anwendungsbereich des § 308a EO - wie schon dargelegt - nicht nur auf beschränkt pfändbare Forderungen nach § 290a EO, sondern auch auf die übrigen beschränkt pfändbaren Forderungen bezieht.

Burgstaller/Höllwerth (in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 308a Rz 2) befürworten trotz des eingeschränkten Wortlauts des § 308a EO eine analoge Anwendung auch auf andere Fälle. Immerhin könne auch die Existenz von Gewerbetreibenden daran hängen, dass eine umstrittene Forderung rechtzeitig geltend gemacht und eingezogen werde. Außerdem erscheine es dogmatisch fraglich, ob der Inhaber einer Lohnforderung eine völlig andere Rechtsposition zu seiner eigenen Forderung haben könne als ein anderer Forderungsberechtigter. Wenn der Gläubiger auch berechtigt sei, die Forderung einzuziehen, so bleibe sie doch im Vermögen des Schuldners. Der Schuldner könne daher Handlungen vornehmen, die das Recht des Gläubigers nicht beeinträchtigten. So könne er etwa auf Feststellung der Forderung oder auf Leistung an den Gläubiger klagen (hiezu verweisen die Autoren auf deutsches Schrifttum und ein Judikat des deutschen Bundesgerichtshofs); und zwar zumindest dann, wenn eine besondere Interessenlage für das Klagerecht des Verpflichteten spreche, zB wegen Verjährung, Gefährdung von Sicherheiten oder drohendem Vermögensverfall des Drittschuldners oder Bedrohung der Existenzgrundlage wie bei beschränkt pfändbaren Forderungen. Das Klagerecht des Verpflichteten dürfe aber nicht auf beschränkt pfändbare Forderungen eingeschränkt werden; § 308a EO sei daher analog auf andere Fälle anzuwenden.

Burgstaller/Höllwerth ist zuzugeben, dass der Verpflichtete auch nach erfolgter Überweisung weiterhin Inhaber der Forderung bleibt (vgl nur Oberhammer aaO § 308 Rz 7). Nach der Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs (vgl NJW 1968, 2059; BGHZ 114, 138 = NJW 1991, 3148; NJW 2001, 2178), der Burgstaller/Höllwerth offenbar folgen, bewirkt die Überweisung lediglich, dass der Verpflichtete (Pfändungsschuldner) die Forderung nicht mehr für sich einziehen, also nicht Leistung an sich verlangen kann. Rechtshandlungen, die weder den Bestand der Pfandrechte noch den der gepfändeten Forderung beeinträchtigen, sind ihm infolge der bei ihm verbliebenen Berechtigung dagegen gestattet. Aus diesem Grund darf er auf Leistung an den Pfändungsgläubiger (Überweisungsgläubiger) klagen, und zwar aus eigenem Recht. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Klage folgt schon aus dem Interesse des Schuldners, von der dem Pfändungsgläubiger gegenüber bestehenden Verbindlichkeit befreit zu werden. Da sich die Prozessführungsbefugnis schon daraus ergibt, dass ihm die Forderung (noch) gehört, benötigt er insoweit keine Erklärung des Gläubigers, die ihm eine entsprechende Berechtigung erteilt. Einschränkend vertreten hingegen etwa Brehm in Stein/Jonas21, ZPO § 835 Rz 33; Lüke in Wieczorek/Schütze³, ZPO § 835 Rz 30, Smid in MünchKomm ZPO² § 835 Rz 18, die Auffassung, die Klage des Verpflichteten gegen den Drittschuldner auf Leistung an den Überweisungsgläubiger sei nur bei besonderer Interessenlage gestattet, zB wegen drohender Verjährung der überwiesenen Forderung, Gefährdung von Sicherheiten oder drohenden Vermögensverfalls des Drittschuldners.

Wie unter I. gezeigt ist in Österreich nach herrschender Ansicht die Rechtslage anders. In der Tat bestätigt § 308a EO den oben wiedergegebenen Grundsatz, hätte es doch sonst kein Bedürfnis gegeben, diese Bestimmung der Exekutionsordnung einzufügen. Bei dem von Burgstaller/Höllwerth vertretenen Standpunkt stellte sich die Bestimmung als Einschränkung der Möglichkeiten des Verpflichteten dar. Insofern vermag die Argumentation dieser Autoren nicht zu überzeugen.

III. Wenngleich ein besonderes Interesse an einer Klage auf Leistung an den Überweisungsgläubiger auch bei unbeschränkt pfändbaren Forderungen bestehen kann, zB wenn der Verpflichtete den Eintritt von Verzögerungsschäden wegen drohender Verjährung oder die Gefahr eines Vermögensverfalls des Drittschuldners abwehren will und der in § 310 Abs 3 EO normierte Schadenersatzanspruch des Verpflichteten gegen den Überweisungsgläubiger oft nicht hinreichen wird, weil der Verpflichtete damit dem Risiko eines weiteren Prozesses und dem eines Vermögensverfalls beim Überweisungsgläubiger ausgesetzt wäre, muss die Frage, ob aus diesen Erwägungen bei besonderer Interessenlage des Verpflichteten die analoge Anwendung des § 308a EO bei unbeschränkt pfändbaren Forderungen zu bejahen ist, hier nicht abschließend beantwortet zu werden.

Der Kläger hat nämlich ein besonderes Interesse an seiner Klage auf Leistung an den Überweisungsgläubiger im konkreten Fall mit keinem Wort dargetan. Seiner Revision ist daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.